E-Book, Deutsch, 300 Seiten, eBook
Weiterbildung und Beratung im Kontext von Gender Mainstreaming
E-Book, Deutsch, 300 Seiten, eBook
Reihe: Theorie und Praxis der Diskursforschung
ISBN: 978-3-531-92470-0
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Sandra Smykalla ist Gastdozentin in der Erziehungswissenschaft und im Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Mitbegründerin und Beraterin bei gleichstellung concret.
Zielgruppe
Professional/practitioner
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Danksagung;6
2;Inhaltsverzeichnis;7
3;Einleitung;9
3.1;Gender sells!? Die Konjunktur von Gender-Training und -Beratung;11
3.2;Wissenschaftliche Kontroversen um Entgrenzung;13
3.3;Gender auf Reisen: Verhältnisbestimmungen von Theorie und Praxis;15
3.4;Orte des forschenden Blicks;17
4;1 Situierte Wissensproduktionen – Praktiken der Differenzierung;22
4.1;1.1 Differenz und Dekonstruktion in qualitativer Forschung;23
4.2;1.2 Die Kontingenz der Gegenstandskonstitution;29
4.3;1.3 Paradoxien qualitativer Geschlechterforschung;35
4.4;1.4 Spurensuche: Expert_innen-Interview und Diskursanalyse;39
4.4.1;Methodisches Vorgehen;48
4.4.1.1;Feldzugang;48
4.4.1.2;Sample;48
4.4.1.3;Durchführung der Interviews;49
4.4.1.4;Diskursanalytische Auswertung der Interviews;51
4.5;1.5 Ambivalenz als Forschungsperspektive;55
4.5.1;Die Bildung der Differenz als Gleichzeitigkeit von Herstellung und Darstellung;57
4.5.2;Die Bildung der Differenz als Konstitutionslogik von Bedeutung;57
5;2 Horizont der Differenz – Kontroversen um Gender Mainstreaming, gender und Bildung;59
5.1;2.1 Gender-Trainingslandschaften;60
5.1.1;Vorläufer und Bezüge von Gender-Trainings;64
5.1.2;Was ist neu an Gender-Trainings?;66
5.1.3;Zielgruppen, Form und Inhalt von Gender-Trainings;67
5.1.4;Ziel Gender-Kompetenz?;69
5.2;2.2 Quadratur des Kreises? Gleichstellungspolitik zwischen Mainstreaming und Separation;72
5.2.1;2.2.1 Durchsetzungsgeschichte(n) von Gender Mainstreaming;73
5.2.2;2.2.2 Diskursivierungen von Gender Mainstreaming;78
5.2.2.1;Die Bedeutung von gender;79
5.2.2.2;Die Entpolitisierung von gender;81
5.2.2.3;Die Essentialisierung normativer Grundlagen;84
5.2.2.4;Die Marginalisierung von Frauenförder- und Gleichstellungspolitik als konstitutives Außen;87
5.2.2.5;Die Vereinnahmung von Gleichstellungspolitik;89
5.2.2.6;Das Verhältnis von Geschlechterforschung und Gleichstellungspolitik;92
5.2.3;2.2.3 Horizont von Gleichstellungspolitik;95
5.3;2.3 Beyond gender? Geschlechterdifferenz zwischen Verschwinden und Manifestation;98
5.3.1;2.3.1 Bedeutungsverlust versus Entnennung der Kategorie Geschlecht;99
5.3.1.1;Zum Bedeutungsverlust der Kategorie Geschlecht;102
5.3.1.2;Die Entnennung der Kategorie Geschlecht;103
5.3.2;2.3.2 Gender als Kontrapunkt, Degendering und undoing gender;106
5.3.3;2.3.3 Horizont von gender;112
5.4;2.4 Von der Bildung zur Kompetenz? Weiterbildung zwischen Professionalisierung und Ökonomisierung;115
5.4.1;2.4.1 Pädagogische Debatten um Postmoderne und Entgrenzung;116
5.4.2;2.4.2. Kompetenzwende und Subjektkritik;121
5.4.2.1;Exkurs: Das Subjekt (in) der Pädagogik;125
5.4.3;2.4.3 Dezentralisierung von Lernorten und Kommerzialisierung der Weiter bildung;128
5.4.4;2.4.4 Erweiterung pädagogischer Grundvorgänge: Vom Erziehen zum Beraten;129
5.4.5;2.4.5 Lehrende und Lernende in der Weiterbildung;132
5.4.6;2.4.6 Horizont von Bildung;134
5.5;2.5 Figurationen der Ambivalenz – gender-orientierte Weiterbildung und Beratung zwischen Mainstreaming und Entgrenzung;135
6;3 Aushandlungsräume – Interventionen in genderorientierter Weiterbildung und Beratung;137
6.1;3.1 Zwischen Markt und Bewegung: Das Handlungsfeld genderorientierter Weiterbildung und Beratung;137
6.1.1;3.1.1 Lesarten von Gender Mainstreaming: Chance und Bedrohung;138
6.1.1.1;Gender Mainstreaming als Chance;139
6.1.1.2;Gender Mainstreaming als Bedrohung;147
6.1.2;3.1.2 Gleichstellung: Modernisierung und Transformation;152
6.1.2.1;Ziel: Modernisierung;153
6.1.2.2;Ziel: Transformation;154
6.1.3;3.1.3 Berufsbiografische Verläufe: Profession und Mission;159
6.1.3.1;Kontinuierlicher, geschlechterpolitisch-identifikatorischer Professionalisierungsmodus;160
6.1.3.2;Neuer bzw. diskontinuierlicher fachlich-pragmatischer Professionalisierungsmodus;165
6.1.4;3.1.4 Die Vermarktlichung von gender-orientierter Weiterbildung und Beratung;168
6.1.4.1;Professionalisierungskonflikt zwischen Angebot und Nachfrage;169
6.1.4.2;Professionalisierungskonflikt zwischen Profit und Selbstverwirklichung;170
6.1.4.3;Professionalisierungskonflikt mit männlichen Privilegien im Handlungsfeld;171
6.2;3.2 Zwischen Machbarkeit und Ermöglichung: Konzeptionen von Gender-Trainings;172
6.2.1;3.2.1 Organisations- und subjektorientierte Perspektiven;173
6.2.2;3.2.2 Trainingsziele: Verhaltens- und Haltungsänderung;180
6.2.2.1;Trainingsziel Verhaltensänderung;180
6.2.2.2;Trainingsziel Haltungsänderung;188
6.2.3;3.2.3 Gender-Konstruktionen: Plausibilisierung und Infragestellung;191
6.2.3.1;Die Plausibilisierung der sex-gender-Trennung;192
6.2.3.2;Die Infragestellung der sex-gender-Trennung;203
6.2.3.3;Szenario1: Die Herstellung der Geschlechterdifferenz – Von der Geschlechtsneutralität zur Geschlechtssensibilität;207
6.2.3.4;Szenario 2: Die Relativierung der Geschlechterdifferenz: Von biologischen Unterschieden zur sozialen Konstruktion;209
6.2.3.5;Szenario 3: Die Dekonstruktion der Geschlechterdifferenz: Von der Hierarchie zur Transformation;211
6.2.4;3.2.4 Didaktische Wege: Anwendung und Sensibilisierung;213
6.2.4.1;Übungen zur fachlichen Sensibilisierung und Handlungsorientierung – Geschlecht als Faktor;216
6.2.4.2;Übungen zur personen- und fachbezogenen Sensibilisierung für Unterschiede – die Arbeit mit Stereotypen;217
6.2.4.3;Übungen zur personenbezogenen Sensibilisierung für den Gegensatz – die Arbeit mit ‚dem Anderen’;221
6.2.4.4;Übungen zur personenbezogenen Sensibilisierung für Vielfalt und Privilegierung – die Arbeit mit Normalität und Tabus;223
6.2.4.5;Team-Teaching und Gendering im Team;225
6.2.5;3.2.5 Kontroversen in Gender-Trainings;231
6.3;3.3 Dilemmata professioneller Interventionsstrategien;236
6.3.1;Funktional-fachliche Interventionsstrategien;237
6.3.2;Ideell-reflexive Interventionsstrategien;240
6.3.3;Das Umsetzungsdilemma (Wollen – Sollen);242
6.3.4;Anerkennungsdilemma auf struktureller Ebene (Wollen – Dürfen);243
6.3.5;Das Glaubwürdigkeitsdilemma auf personeller Ebene (Wollen – Dürfen);243
7;4 Die Bildung der Ambivalenz – Herausforderungen für theoretisch reflektiertes Handeln;245
7.1;4.1 Gerechtigkeit und Effizienz – ein Widerspruch?;246
7.2;4.2 Gender-Regulierungen: Akteursbezogene Dilemmata der Differenz;256
7.3;4.3 Professionelles Nicht-Wissen-Können: Gender-Kompetenz als Ambivalenz-Perspektive;261
8;Ausblick;266
9;Abbildungs- und Tabellenverzeichnis;270
10;Literaturverzeichnis;271
Situierte Wissensproduktionen – Praktiken der Differenzierung.- Horizont der Differenz – Kontroversen um Gender Mainstreaming, gender und Bildung.- Aushandlungsräume – Interventionen in gender-orientierter Weiterbildung und Beratung.- Die Bildung der Ambivalenz – Herausforderungen für theoretisch reflektiertes Handeln.
4 Die Bildung der Ambivalenz – Herausforderungen für theoretisch reflektiertes Handeln (S. 245-246)
Die Unvollständigkeit jeder ideologischen Formulierung ist ganz zentral für den Begriff politischer Zukünftigkeit des radikaldemokratischen Projekts. (…) Sie lässt die Erzeugung neuer Subjektpositionen offen, die Sammlungspunkte der Politisierung werden können (Butler 1995: 256).
In diesem Kapitel werden die zentralen Ergebnisse der qualitativen Studie, die akteursbezogenen Diskursivierungen, die sich in den beschriebenen Interventionsstrategien verdichten, kritisch diskutiert. Dabei sollen die wechselseitigen Beeinflussungen von wissenschaftlichen und praxisorientierten Reflexionen näher analysiert werden, um herauszustellen, wie sie sich entsprechen, ergänzen oder konterkarieren.
Der Diskussion liegen dabei die oben beschriebenen wissenschaftlichen Kontroversen um die Entgrenzung von Bildung und gender im Kontext der Implementierung von Gender Mainstreaming zugrunde. Inwiefern im Handlungsfeld der gender-orientierten Weiterbildung und Beratung Phänomene der Entgrenzung als Bedrohung oder Chance wirksam werden und inwiefern die professionellen Interventionsstrategien zur Festschreibung oder Transformation von Geschlechterdifferenz beitragen, wird ebenso thematisiert wie Herausforderungen, die sich aus den praxisorientierten Überlegungen der Gender- Trainer_innen für geschlechtertheoretische und pädagogische Auseinandersetzungen ergeben.
Ziel ist es, Potenziale und Grenzen von Gender-Trainings als pädagogischer und gleichstellungspolitischer Intervention an der Schnittstelle der Diskurse um Gleichstellungspolitik, Geschlechterforschung und Erwachsenenbildungsforschung zu resümieren und zukünftige Herausforderungen zu skizzieren, die z.B. die Diskussion um Qualitätsstandards betreffen. Die Anerkennung der Kontingenz professionellen Handelns, verstanden als eine systematische Ambivalenz, wird für geschlechterreflektierende Wissenschaften und machtkritische Gleichstellungspolitiken produktiv gemacht.
Es werden Transformationen von Gleichstellungspolitik durch Gender Mainstreaming diskutiert, welche angesichts der Vermarktlichung, einer dominant werdenden Effizienzlogik und den Professionalisierungskonflikten die Rolle von Gender-Trainer_innen beschreiben. Es wird zudem gezeigt, welche „Gender-Regulierungen“ (gender regulations) (Butler 2004: 40) hegemonial werden, wenn die Kategorie gender in ihrer doppelten Bedeutung als Erkenntnisgegenstand und als Erkenntnisinstrument im Handlungsfeld der genderorientierten Weiterbildung und Beratung diskursiviert wird. Anschließend werden Fragen nach der Notwendigkeit von Transformationen von Bildungs- und Lernverständnissen innerhalb pädagogischer Diskussionen aufgegriffen und diese für eine Gender-Kompetenz als Ambivalenz-Perspektive nutzbar gemacht.