E-Book, Deutsch, Band 14, 168 Seiten
Reihe: Pädagogische Praxisimpulse
Rechtin Fallbasiertes Lernen in der Pflegeausbildung: Klarer Fall! Oder doch nicht?
2. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7583-8703-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine qualitative Studie zum Erleben fallbezogener Lehr- und Lernmethoden aus der Perspektive von Lehrenden an Pflegeschulen
E-Book, Deutsch, Band 14, 168 Seiten
Reihe: Pädagogische Praxisimpulse
ISBN: 978-3-7583-8703-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Anwendung fallbasierter Lehr- und Lernmethoden in der Pflegeausbildung zum Pflegefachmann bzw. zur Pflegefachfrau ist mit dem neuen Pflegeberufegesetz von 2020 verbindlich festgelegt. Die Perspektive von Lehrkräften an Pflegeschulen zum fallbasierten Lernen und deren Umsetzung in der Pflegeausbildung findet in der Pflegeforschung bisher wenig Beachtung. Das Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit ist es daher, empirische Erkenntnisse zum praktisch-pädagogischen Einsatz fallbasierter Lehr- und Lernmethoden aus der Perspektive des Lehrenden an Pflegeschulen zu sammeln. Dazu wurden Interviews mit Pflegepädagogen durchgeführt, die an verschiedenen Pflegeschulen unterrichten. Aus den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass sich fallbezogenes Lernen als State of the Art im Pflegeunterricht etabliert hat. Die Pflegepädagogen erleben dabei praktische Herausforderungen bei der Umsetzung, wie z. B. heterogene Lerngruppen oder methodenimmanente Grenzen.
Der Autor Michael Rechtin arbeitet hauptberuflich als Lehrkraft am PflegeCampus Regensburg (Bayern). Zuvor studierte er an der Fachhochschule Münster (NRW) Bildung im Gesundheitswesen, Schwerpunkt Pflege und schloss diesen erfolgreich ab (Master of Arts). Vor dem Studium wurden als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger und Fachkrankenpfleger für Nephrologie sowie Praxisanleiter berufliche Erfahrungen über mehrere Jahre in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen gesammelt. Kontakt mrechtin@pflegecampus-regensburg.de
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4 Methodisches Vorgehen
Das folgende Kapitel erläutert und begründet die methodische Planung der vorliegenden Forschungskonzeption zur Beantwortung der definierten Forschungsfragen. Die Darstellung beschreibt Forschungsdesign, Erhebungsverfahren, Sample, Auswertung, Gütekriterien des Forschungsvorhabens sowie forschungsethische und selbstreflexive Überlegungen. 4.1 Forschungsdesign Der Autor entscheidet sich für die vorliegende Forschungskonzeption eine empirisch explorative Untersuchung vorzunehmen. Gemäß dem Verständnis von Bortz & Döring (2016, S. 187-189) initiiert eine empirische Studie Lösungsansätze eines Forschungsproblems auf der Basis systematischer eigener Datenerhebung bzw. Datenauswertung. Das geplante Forschungskonzept ist als Systematische Replikationsstudie der Publikation von Daniels et al. (2015) zu betrachten. Das Forschungsdesign verändert der Autor im Gegensatz zur Studie von Daniels et al. (2015, S. 3) jedoch. Die Forschungsfragen und die Stichprobenpopulation kongruieren mit dem hier gewählten Sampling, weil jeweils Lehrkräfte, die an Pflegeschulen die Pflegeschüler unterrichten, nach den Erfahrungen und den aktuellen Praktiken zum fallbasieren Lernen befragt werden. Die Pflegepädagogen werden im Rahmen eines qualitativen Forschungsansatzes interviewt. Dieser Ansatz dient dazu die fallbezogene Lernmethodik umfassend zu betrachten und die individuellen Eindrücke zu erfassen. Darmann-Finck (2008, S. 51 & S. 60) empfiehlt qualitative Methoden zur Beforschung des POL-Lernens, welches als fallbasierte Methode gilt, um die Zusammenhänge zwischen Lehr-/Lernarrangement und individuelle Lernprozesse aufzudecken. Im Rahmen einer empirischen Bildungsforschung, die den Untersuchungsgegenstand auf Lern- und Bildungsprozesse fokussiert, ist eine Qualitative Forschungsmethode adäquat, um die Wahrnehmung der Unterrichtsmethode zu betrachten (Reinders & Ditton, 2015, S. 49 & 54). Der Autor ordnet diese Forschungskonzeption entsprechend der Typologiestruktur „Praxisbezug Empirischer Bildungsforschung“ (Stokes, 1997, zit. nach Reinders, Gräsel und Ditton, 2015, S. 259) in die „Nutzenorientierte Grundlagenforschung“ ein. Diese Forschungsweise strebt gleichzeitig theoretische und praktische Erkenntnisgewinne an (2015, S. 260). Die Informationen aus der antizipierten Erhebung dienen dazu die praktische Art und Anwendung fallbasierten Lernens an Pflegeschulen aus der Perspektive der Lehrkräfte zu erforschen, als auch deren theoretisches Verständnis für diese Lerntechnik zu deuten. Die Ergebnisse helfen dabei, allgemeine Empfehlungen für den fallbasierten Pflegeunterricht abzuleiten, wovon sowohl Lehrende als auch Schüler zukünftig in der Pflegeausbildung profitieren könnten. 4.2 Erhebungsverfahren Zur Datenerhebung verwendet der Autor ein qualitatives Interview. Die Erhebungsmethode ist in der qualitativen Forschung weit verbreitet und etabliert (Döring & Bortz, 2016, S. 365-381). Das Interview ist als halbstrukturiertes Leitfaden-Interview konzipiert. Döring und Bortz (2016, S. 372) empfehlen das Vorgehen, um qualitativ neue Erkenntnisse zu generieren. Genauso erachtet Helfferich (2011, S. 38) ein Leitfaden-Interview zur Erhebung von subjektiven Konzepten, subjektiven Theorien, Deutungsmustern, Orientierungen und Positionierungen als obligat. Darüber hinaus dient ein Leitfaden-Interview dazu, Formen des Alltagswissen unter Einhaltung einer offenen Erzählstruktur zur rekonstruieren (2011, S. 179). Diese Intention trifft den Forschungskern der vorliegenden Arbeit, die ergründen möchte, wie Lehrende an Pflegeschulen aus ihrer subjektiven Perspektive fallbasiertes Lernen in der Praxis erleben. Dazu werden einzelne Facetten zum fallbezogenen Lernen erfragt (z. B. Art der Durchführung, Stolpersteine und Herausforderungen), die Lehrende an Pflegeschulen mit ihrer persönlichen Einschätzung beantworten sollen. Leitfaden-Interviews bieten die Möglichkeit einzelne Aspekte im Sinne des Forschungsinteresses und des Forschungsgegenstandes strukturiert zu fokussieren, dabei jedoch die offene Erzählstruktur zu bewahren (S. 179). Der Leitfaden besteht aus einem Grundgerüst an Fragen, die sich aus der Literaturrecherche zum fallbezogenen Lernen speisen und der Beantwortung der Forschungsfragen dienen. Der Vorteil eines halbstrukturierten Interviews liegt in der Möglichkeit, spontan neue Fragen oder Themen einzubeziehen, die aus der Interviewsituation heraus entstehen (Döring & Bortz, 2016, S. 372). Diese Herangehensweise scheint insbesondere beim zu Grunde liegenden Thema sinnvoll zu sein, weil das Thema sehr vielschichtig und breitgefächert daherkommen. Die Erstellung des Interview-Leitfadens erfolgt nach dem SPSS-Prinzip von Helfferich (2011, S. 182-185) Das Prinzip ermöglicht die systematische Filterung geeigneter Fragen in vier Schritten (Sammeln, Prüfen, Sortieren, Subsumieren). Es unterstützt, das eigene theoretische Wissen zum fallbasierten Lernen explizit zu vergegenwärtigen und die impliziten Erwartungen sichtbar zu machen (2011, S. 182). Die vier Bearbeitungsschritte gemäß Helfferich wurden für die vorliegende Forschungskonzeption wurden durchgeführt. Das Ergebnis zeigt die Tabelle 4. Tabelle 3: Fragenkatalog zum halbstrukturierten Leitfaden-Interview für das vorliegende Forschungskonzept (Quelle: Eigene Darstellung) 4.3 Sample
Der Stichprobenumfang bezieht sich auf sieben Lehrkräfte, die an Pflegeschulen unterrichten. Das Ziel entspricht der Empfehlung von Helfferich (2011, S. 175), die beispielsweise für Diplomarbeiten einen Stichprobenumfang (Anzahl der Interviews) von mindestens sechs Fällen vorsieht. In der Rekrutierung der Befragten wird darauf geachtet, Kontrastierungen aber auch typische Verteilungen hinsichtlich der soziodemografischen Merkmale Geschlecht, Alter, Abschluss, Berufserfahrung zu erreichen. Entsprechend dem Credo von Merkens (1997, S. 100, zit. nach Helferich, 2011, S. 173) ist „eine angemessene Repräsentation in diesem Sinne […] immer dann erreicht, wenn einerseits der Kern des Feldes gut vertreten ist und andererseits auch die abweichenden Vertreter hinreichend in die Stichprobe aufgenommen worden sind.“ In der Kategorisierung von Döring und Bortz (2016, S. 303-304) kann die vorliegende Sampling-Strategie als „Stichprobe gemäß qualitativen Stichprobenplan“ definiert werden. Der vorab festgelegt Stichprobenplan soll eine Vielfalt an Fällen berücksichtigen (2016, S. 304). Der Stichprobenplan wird in Tabelle 5 mit den soziodemografischen Daten dargestellt. Tabelle 4: Stichprobe mit soziodemografischen Daten (Quelle: Eigene Darstellung) Der Tabelle 5 ist zu entnehmen, dass die Geschlechterverteilung durch die weiblichen Lehrkräfte dominiert ist. Die Zuteilung ist bewusst gewählt und orientiert sich an Auszählungen aus der Literatur. So liegt beispielsweise der Anteil an weiblichen hauptberuflichen Lehrkräften an Schulen des Gesundheitswesens in Nordrhein-Westfalen bei 74,1 % (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, 2021, S. 58). Die Altersstruktur der Probanden ist breit gefächert, um die Meinung mehrerer Altersklassen zu repräsentieren. Genaue aktuelle statistische Daten über die spezielle Altersverteilung von Lehrkräften an Pflegeschulen sind häufig in den einzelnen Bundesländern nicht vorhanden. Eine aktuelle Erhebung konnte aus dem Hessischen Pflegemonitor (2021, o. S.) entnommen werden. Daraus ist ersichtlich, dass die Gruppe der hauptamtlichen Lehrkräfte an Pflegeschulen eine breite Altersspanne aufweisen (unter 41 bis über 65-Jährige). Sicherlich unterscheiden sich die Zahlen zwischen den Bundesländern. Die Daten bieten dem Autor jedoch einen Anhaltspunkt für die Planung der Altersstruktur des Samples. Im Forschungsfeld der Pflegelehrer an Pflegeschulen ist die Heterogenität in Bezug auf den Bildungsabschluss per se gegeben, weil die Pflegelehrerbildung in Deutschland sehr unterschiedlich strukturiert ist (Sahmel, 2018, S. 46). Aktuell ist das Lehrerstudium in der Pflege sowohl an universitären Einrichtungen als auch an Fachhochschulen verortet, wodurch eine deutliche Spaltung hervorgerufen wird (2018, S. 44). Die Umwandlung in die Bachelor/Master-Struktur führte zu einer noch größeren Unübersichtlichkeit in der Lehrerbildung im Pflegebereich und kann daher metaphorisch treffend als „Labyrinth“ bezeichnet werden (S. 46-49). Arens und Brinker-Meyendriesch (2020, S. 9) identifizierten und kategorisierten in ihrer Dokumentenanalyse bei 60 Studiengängen mit den beruflichen Fachrichtungen Pflege und Gesundheit allein sieben verschiedene Studienmodelle lehrerbildender Studiengänge in diesem Bereich. Die Vielfältigkeit der Abschlüsse beabsichtigt der Autor in der Probandengruppe abzubilden. Zwei Interviewpersonen absolvierten zusätzlich das Referendariat. Die Jahre an Berufserfahrung sind mit den befragten Personen verknüpft. Auch hier beabsichtigt der Autor eine breite Spannweite zu kontrastieren. Insgesamt kann mithilfe dieser begründeten Merkmale eine angemessene Repräsentation der Lehrkräfte an Pflegeschulen erreicht...