Leonhardt | Kulturelle und sprachliche Heterogenität im Englischunterricht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 348 Seiten

Reihe: Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik

Leonhardt Kulturelle und sprachliche Heterogenität im Englischunterricht

Die Rekonstruktion von Professionalisierungsprozessen berufsroutinierter Englischlehrkräfte
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-381-13673-5
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Rekonstruktion von Professionalisierungsprozessen berufsroutinierter Englischlehrkräfte

E-Book, Deutsch, 348 Seiten

Reihe: Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik

ISBN: 978-3-381-13673-5
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Umgang mit kultureller und sprachlicher Heterogenität stellt eines der zentralen Themen im Handlungsfeld Schule und Unterricht dar, bei welchem gerade berufsroutinierte Englischlehrer:innen in ihrem unterrichtlichen Handeln an Grenzen stoßen. Um diese Grenzen zu überwinden, sind Englischlehrer:innen gefordert, sich und ihr fachunterrichtliches Handeln kontinuierlich zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Diese qualitativ-rekonstruktive Studie zeigt auf, wie Englischlehrer:innen mit kultureller und sprachlicher Heterogenität im Unterricht umgehen und welche Prozesse von Professionalisierung bzw. Deprofessionalisierung im Kontext einer Fortbildung wirksam werden. Die Publikation richtet sich an Fremdsprachendidaktiker:innen, Fremdsprachenlehrkräfte, Studierende und Personen, die sich für die Themen kulturelle und sprachliche Heterogenität sowie Professionalisierung interessieren.

Carina Leonhardt arbeitet als wiss. Mitarbeiterin an der Akademie für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung der Goethe-Universität Frankfurt a.M.
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2.1 Profession, Professionalität und Professionalisierung


In einem berufssoziologischen Verständnis wird der Begriff der in Abgrenzung zum Begriff des verwendet, um die Spezifität bestimmter beruflicher Tätigkeiten hervorzuheben und Berufe anhand von bestimmten Kriterien voneinander zu unterscheiden (vgl. Horn 2016). Berufe werden als diejenigen Tätigkeiten verstanden, die in kontinuierlicher Form an Erwerbsarbeit sowie ein Mindestmaß an Qualifikation und Schulung gebunden sind (vgl. Helsper 2021: 52; vgl. auch Kurtz 2001: 189). Professionen sind „the knowledge-based category of occupations which usually follow a period of tertiary education and vocational training and experience“ (Evetts 2003: 397). Damit können alle Professionen als berufliche Tätigkeiten, jedoch nicht alle Berufe auch als Professionen aufgefasst werden (vgl. Helsper 2016). In einem ‚klassischen‘ Verständnis, welches lange Zeit zur Beschreibung der ‚freien Berufe’, wie z. B. Ärzt*innen und Jurist*innen, herangezogen wurde, lassen sich Professionen über folgende Merkmale charakterisieren (vgl. u. a. Lundgreen 2011: 9; vgl. auch Helsper 2021):

  • eine lang andauernde, theoretisch fundierte akademische Ausbildung,

  • spezifische berufsständische Normen (),

  • wissenschaftlich fundiertes Sonderwissen und Fachterminologie,

  • das Verfügen über Autonomie in der Berufsausübung,

  • sowie eine Orientierung am Gemeinwohl.

Diese Charakteristika werden im wissenschaftlichen Diskurs jedoch zunehmend kritisiert und gerade in Bezug auf den Lehrer*innenberuf in Frage gestellt (vgl. Helsper 2021). So ist die Autonomie von Lehrkräften beispielsweise aufgrund ihrer „starken Einbindung in den hierarchisch-bürokratisch geregelten Apparat der Staatsschule“ (Terhart: 2011: 204) eingeschränkt. Auch aufgrund der sich stetig wandelnden gesellschaftlichen Anforderungen lässt sich die berufliche Tätigkeit von Lehrkräften nicht mit einem starren merkmals- und klassifikationsorientierten Zugang fassen. Stattdessen wird ein pragmatisches Verständnis von Professionen zugrunde gelegt:

A different way of categorizing […] is to see professions as the structural, occupational and institutional arrangements for dealing with work associated with the uncertainties of modern lives in risk societies. Professionals are extensively engaged in dealing with risk, with risk assessment and, through the use of expert knowledge, enabling customers and clients to deal with uncertainty. (Evetts 2003: 397)

Da es professionell Handelnde zunehmend mit den Ungewissheiten und Risiken der modernen Gesellschaften zu tun haben, wird der Fokus auf die Einbettung der professionell Tätigen in gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge gerichtet und die Strukturlogik der professionellen und von Unsicherheiten geprägten Handlungspraxis in den Blick genommen. Mit Helsper (2021: 55) lassen sich Professionen vor diesem Hintergrund als

jene Formen des beruflichen Handelns […] bestimmen, die mit der stellvertretenden Krisenlösung für Personen betraut sind, wobei sich diese Krise auf zentrale Werte bezieht: etwa auf Gesundheit, psychische Integrität, auf Gerechtigkeit, soziale Teilhabe bzw. Inklusion und Bildung.

Für den Lehrberuf bedeutet dies, dass nicht mehr die Frage im Mittelpunkt steht, ob und inwiefern dieser eine Profession sei (vgl. Hericks 2019: 114). Vielmehr wird versucht, die Professionalität der Lehrkräfte kontextgebunden über die „Rekonstruktion der Handlungs- und Anforderungsstruktur“ (Helsper & Tippelt 2011: 272) zu fassen. Diesem Verständnis nach „werden Profession und ‚Professionalität‘ entkoppelt: Professionalität kann sich ohne Profession und Profession ohne Professionalität ereignen“ (ebd).

lässt sich in zwei Bedeutungsvarianten ausdifferenzieren und bezieht sich im Allgemeinen auf das konkrete Handeln professioneller Akteur*innen. In einem weiteren Sinne wird Professionalität, ähnlich wie der englische Begriff , als ideologisch-normativer Begriff verwendet (vgl. Evans 2008) und in einen engen Zusammenhang mit der Profession an sich sowie den damit verbundenen Status und Privilegien der Professionsangehörigen (wie Gehalt, Macht und Ansehen) gebracht. Professionalität in diesem Sinne lässt sich als eine „Zuschreibung an die Gesamtheit der Angehörigen einer Profession“ (vgl. Horn 2016: 155) verstehen. Bezogen auf das oben beschriebene Verständnis von Professionen zeigt sich, dass Professionalität jedoch nicht notwendigerweise an Professionen gekoppelt sein muss, denn „nicht jedes berufliche Handeln von Professionellen wäre auch als professionell im Sinne von Professionalität zu kategorisieren“ (Helsper 2021: 56). Demnach fokussiert Professionalität im engeren Sinne, ähnlich wie der englische Begriff , auf die qualitätsvolle Ausübung und Erfüllung beruflicher Anforderungen sowie Aufgaben der professionell Handelnden, was bestimmte Wissensbestände und Kompetenzen erfordert (vgl. Horn 2016). Mit Helsper (2021) ist dann von Professionalität zu sprechen, wenn die professionell Handelnden

[…] über die entsprechenden Voraussetzungen – also über verschiedene Wissensformen, insbesondere wissenschaftlich gesichertes und feldspezifisches Wissen, erfahrungsgesättigte Praxen und Handlungsmuster, (selbst)reflexive Fähigkeiten, soziale Kompetenzen und Routinen der Interaktion und Beziehungsgestaltung, verstehende Kompetenzen der Sinnerschließung des Anderen und des Fallverstehens […] verfügen, die sie in konkreten sozialen professionellen Situationen interaktiv zur Geltung bringen können. (ebd.: 56)

Bezogen auf das Handeln von Lehrkräften sind mit Professionalität „knowledge, skills and procedures that teachers use“ (Evans 2008: 8f.) gemeint, um die Anforderungen der Schul- und Unterrichtspraxis mit einer bestimmten Qualität bearbeiten zu können. So verstanden beschreibt der Begriff der Professionalität „einen Zustand von Beruflichkeit“ (Kemnitz & Nittel 2012: 34f.). Wie sich in den folgenden Kapiteln zeigen wird, kommt es bei professionellem Lehrer*innenhandeln zudem vor allem auf das Reflektieren der eigenen Handlungspraxis an. Dies spielt nicht nur bei gelingender Bearbeitung von berufs- und fachspezifischen Handlungsanforderungen eine Rolle. Der reflexiven und (selbst-)kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln und dessen Fehleranfälligkeit kommt vor allem im Moment des Scheiterns eine zentrale Bedeutung zu (vgl. Helsper 2021: 56).

Auch der Begriff der lässt sich in zweierlei Hinsicht fassen. Auf einer kollektiven bzw. gesellschaftlich-institutionellen Ebene ist mit dem Begriff die Entwicklung eines meist akademischen Berufes hin zu einer Profession mit den oben genannten Kriterien gemeint. Auch wird hierunter die Erzeugung sowie die soziale Institutionalisierung der Grundlagen für Professionalität verstanden, welches beispielsweise über das Errichten spezifischer Studiengänge, Praxisphasen oder Fort- und Weiterbildungsangebote erreicht wird (vgl. ebd.: 57). Darüber hinaus bezieht sich Professionalisierung in einem gesellschaftlich-institutionellen Sinne auf die Sicherung und Etablierung von gesetzlichen Rahmenbedingungen, welche die Herausbildung von Professionalität erst ermöglichen und damit eine institutionelle Handlungsbasis darstellen. Ein Beispiel hierfür ist die Etablierung einer Schweigepflicht oder eines organisatorischen Rahmens, welcher das professionelle Handeln nicht durch widersprüchliche Vorgaben behindert (vgl. ebd.). Auf individueller Ebene meint Professionalisierung einen (berufs-)biographischen Prozess der Herausbildung von bestimmten Wissensbesta¨nden, Kompetenzen, Motiven und Orientierungen als Voraussetzung, um die spezifischen Anforderungen eines beruflichen Handlungsfeldes bearbeiten und damit die Entwicklung von Professionalität ermöglichen zu können. Damit ist Professionalisierung in diesem Sinne ein individueller Bildungsprozess. Horn (2016) erweitert den Begriff der Professionalisierung auf der individuellen Ebene und schließt die Entwicklung, Ausbildung und Aufrechterhaltung einer professionellen Identität, d. h. eines beruflichen Selbstverständnisses, mit ein.

Bezogen auf das Handlungsfeld von Lehrkräften bezieht sich Professionalisierung auf die kontinuierliche (berufs-)biographische (Weiter-)Entwicklung der beruflichen Fähigkeiten zur Bewältigung schulischer und (fach-)unterrichtsbezogener Handlungsanforderungen (vgl. Helsper 2007: 579). Diese Form von Professionalisierung findet meist in institutionellen Kontexten statt und vollzieht sich im deutschsprachigen Raum im Rahmen der dreiphasigen Lehrer*innenbildung. Auch mit dem Begriff der werden Entwicklungsprozesse in den Blick genommen, allerdings mit einem gegenüber dem Verständnis von Professionalisierung negativen Vorzeichen (vgl. Helsper 2021: 58). Deprofessionalisierung bezieht sich auf die durch gesellschaftliche oder soziale Veränderungen hervorgerufene Einschränkung, Bedrohung oder Beeinträchtigung des professionellen Handelns. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn professionell Handelnde durch äußere Zwänge (z. B. durch eine zunehmende Bürokratisierung und Ökonomisierung) in ihrer Handlungsautonomie und -offenheit im Umgang mit ihren Klient*innen beschränkt werden. Bezogen auf das Handlungsfeld Schule und Unterricht könnte sich Deprofessionalisierung darin zeigen, dass sich Lehrkräfte gänzlich in...



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