Lachenicht / Puschner | Die Französische Revolution | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 164 Seiten

Lachenicht / Puschner Die Französische Revolution


2. aktualisierte Auflage 2016
ISBN: 978-3-534-74150-2
Verlag: wbg Academic in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

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ISBN: 978-3-534-74150-2
Verlag: wbg Academic in Herder
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Die Französische Revolution bildet eine entscheidende Zäsur für die französische wie auch die europäische Geschichte. Sie markiert den Beginn der Moderne und legte die Grundsteine für Entwicklungen, die unsere heutige Welt prägen. Susanne Lachenicht legt eine gut lesbare und gleichzeitig aktuelle Darstellung vor, die nicht nur die politische, sondern auch die kulturelle und soziale Revolution in den Blick nimmt. Im Fokus stehen nicht nur König, Hof und Minister und das Zentrum der Macht bzw. der Revolution – Paris –, sondern auch die Départements und der ländliche Raum, in dem zu dieser Zeit immer noch die meisten Bewohner lebten. Deutlich wird aber auch, wie durch neue politische Verhaltensweisen, durch Sprache, Symbole und neue Öffentlichkeiten, ein Umbruch in der politischen Kultur in Frankreich stattfand, der auch für die gesamte westliche Welt entscheidende Veränderungen hervorbrachte.

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II. Vorgeschichte und Ursachen


Überblick

Zu den langfristigen Ursachen der Französischen Revolutionen werden in der Forschung heute demographische Veränderungen, Ressourcenzugangsprobleme für Teile des Dritten Standes und ein Reformstau gerechnet, der sich sowohl auf der Ebene der Massen als auch der Eliten nicht zuletzt auch als ein Wahrnehmungsproblem manifestierte. Die Krise des wurde von den Zeitgenossen als gravierend wahrgenommen, geschürt nicht zuletzt auch durch den Modernisierungs- und Fortschrittsglauben der Aufklärung und ihre Forderungen, u.a. nach mehr Rationalität und Meritokratie, nach Rechtsgleichheit, Meinungs-, Presse- und Religionsfreiheit. Ebenso hatte sich das Königtum in den Augen vieler Untertanen diskreditiert. Tatsächlich befanden sich Feudalismus und Ständegesellschaft schon in einem Zustand der Auflösung, so dass v.a. deren letzten Reste als besonders drückend empfunden wurden. Inspiriert wurden die Revolutionäre in Frankreich nicht zuletzt auch durch die Unabhängigkeitsbewegung der Vereinigten Staaten von Amerika (1775–1783). Zu den Auslösern der Krise bzw. der Französischen Revolution gehören die scheiternden Reformen der Jahre 1787/88 und die Weigerung des Ersten bzw. Zweiten Standes, die Finanzprobleme Frankreichs mit lösen zu helfen, aber auch die Wirtschafts- und Hungerkrisen der späteren 1780er Jahre. Die Finanzkrise bzw. der drohende Staatsbankrott waren nicht zuletzt ein Resultat der Kriege, an denen sich Frankreich im Laufe des 18. Jahrhunderts beteiligt hatte, der Siebenjährige Krieg (1756–1763) und der Unabhängigkeitskrieg der Vereinigten Staaten von Amerika (1775–1783). Als 1789 die Generalstände zusammentraten, um die Probleme der französischen Nation zu lösen, dachte jedoch niemand an eine Revolution.

1775

Mehlkrieg: Unruhen wegen Preissteigerung von Grundnahrungsmitteln in Paris und Umland

1776, 4. Juli

Unabhängigkeitserklärung der Dreizehn Kolonien in Britisch-Nordamerika (ab 1777 Vereinigte Staaten von Amerika)

1785

„Halsbandaffäre“ Königin Marie Antoinettes von Frankreich

1786

Plan des französischen Ministers Calonne zur Sanierung der Staatsfinanzen

1787, 22. Feb.

Eröffnung der Notabelnversammlung in Versailles

8. April

Entlassung Calonnes, Loménie de Brienne wird sein Nachfolger

25. Mai

Entlassung der Notabelnversammlung

Juni

Reformgesetze Briennes

16. Juli

Pariser fordert den König auf, die Generalstände einzuberufen

1787/88

sogenannte Adelsrevolte

1788

Versorgungskrise und Hungersnot

8. Aug.

Einberufung der Generalstände für den Mai 1789

24./26. Aug.

Brienne wird entlassen, Necker als leitender Minister zurückberufen

Nov./Dez.

Zweite Notabelnversammlung

27. Dez.

Necker setzt die Verdoppelung der Zahl der Abgeordneten des Dritten Standes durch

Die Forschung hat sich – auch in vergleichender Perspektive – immer wieder intensiv mit den lang- und mittelfristigen Ursachen und Auslösern der Französischen Revolution beschäftigt. Ziel einer solchen Ursachenanalyse ist es nicht zuletzt, den Ausbruch von Revolutionen, die immer Unordnung und Gewalt mit sich bringen, wenn nicht genau zu prognostizieren, dann doch zumindest mit gewissen Wahrscheinlichkeiten vorhersagen zu können. Dass dies nicht immer gelingt, zeigt die Überraschung, mit der europäische Medien Anfang 2011 auf den Ausbruch der Revolutionen in Nordafrika reagierten. Völlig unerwartet kamen die Erhebungen gegen die wenig demokratischen Regime für Revolutionsforscher allerdings nicht. Denn hier lag eine Gemengelage vor, die in der vergleichenden Revolutionsforschung durchaus das Potenzial für eine revolutionäre Erhebung hatte: größere Gruppen an gut ausgebildeten jungen Menschen, denen der Zugang zu ihren Qualifikationen entsprechenden Berufen aus ihrer Sicht ebenso verwehrt scheint wie die Partizipation an für ihr Land wichtigen politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen, sowie schnell wachsende Preise für Grundnahrungsmittel, die jenseits der gebildeten Eliten auch die sogenannten Massen mobilisieren können. Trotz aller im Folgenden genannten Parameter, die den Ausbruch der Revolution von 1789 sicherlich begünstigten, liegt keine Zwangsläufigkeit der Entwicklungen vor.

1. Frankreich im späteren 18. Jahrhundert


Grenzen

Frankreich hatte im Laufe des 18. Jahrhunderts seine Grenzen konsolidieren können. Nord-, West- und Südgrenze standen fest und verliefen ungefähr dort, wo sie heute auch verlaufen, d.h. im Süden an den Pyrenäen, im Westen an der Atlantikküste. 1768 kam Korsika zu Frankreich. Lediglich an der Ostgrenze sollte es noch zu Gebietserweiterungen kommen: 1766 durch die Einverleibung des Herzogtums Lothringen, 1798 durch die Annexion der Republik Mulhouse und des Comtat Venaissin inklusive Avignon (1790) in der heutigen Provence. Dazu kamen die in den 1940er Jahren in Überseedepartements umgewandelten Kolonien, vor allem die Antillen und Französisch-Guyana, 1860 Nizza und das heutige französische Savoyen.

Frankreich war alles andere als ein zentralistischer Einheitsstaat. Die Staatstheorie des Absolutismus hatte sich nur in Einzelbereichen praktisch durchsetzen können. Statt Herrschaftskonzentration am Hof, in der Hand des Königs, muss für Frankreich eine Fraktionalisierung der Macht konstatiert werden. Navarra bestand immer noch als eigenständiges Königreich. In der Bretagne war Ludwig XVI. lediglich Herzog der Bretagne, in der Provence war er Graf der Provence. Es gab insgesamt sieben Provinzen mit Ständeversammlungen, daneben die sogenannten eroberten Lande , die voll der Autorität des Königs unterstanden und in denen königliche Herrschaft nicht wie in anderen Provinzen durch mächtige Zwischeninstanzen beschränkt war. Insgesamt gab es 40 Provinzen mit sehr unterschiedlichen Sprachen: neben Französisch u.a. Baskisch, Bretonisch, Provenzalisch, Okzitanisch, Moselfränkisch. Eine Homogenisierung des Rechts hatte lediglich in der Île-de-France, d.h. in der Region um Paris, stattgefunden. In Nordfrankreich wurden unterschiedliche Gewohnheitsrechte praktiziert, in Südfrankreich das geschriebene römische Recht. Das Zollrecht wurde von den einzelnen Provinzen ebenso unterschiedlich gehandhabt wie auch das Steuerrecht.

Stichwort

Absolutismus I

Absolutismus bedeutet, dass die höchste Souveränität im Staat beim Fürsten oder Monarchen liegt. Verbunden ist dieses Herrschaftsverständnis mit der Idee des Gottesgnadentums. „Absolutismus“ ist kein Begriff des 16. oder 17. Jahrhunderts, sondern wurde erst im England des frühen 19. Jahrhunderts geprägt, d.h. im Kontext einer konstitutionellen Monarchie, die das alleinige monarchische Regime als erledigt ansah. Gleichzeitig wurde der Begriff „Absolutismus“ im 19. Jahrhundert zu einem Epochenbegriff, der die Phase der Frühen Neuzeit in Europa beschreibt, in der in vielen europäischen Staaten bzw. Territorien des Reiches die ständischen Gewalten zugunsten größerer Souveränität des Herrschers ausgeschaltet wurden, was den sogenannten Dualismus von Herrscher und Ständen überwandt. Meist bezeichnet „Absolutismus“ als Epochenbegriff die Phase zwischen 1648 und 1789. In dem Land, das aus deutscher Perspektive das Paradebeispiel absolutistischer Herrschaft darstellt, das Frankreich Ludwigs XIV., des Sonnenkönigs , hat sich der Begriff nicht als Epochenbezeichnung durchgesetzt. Hier wird für die Zeit vor 1789 von „Ancien Régime“ gesprochen. Staatstheoretiker des späten 16. Jahrhunderts wie etwa Jean Bodin (1530–1596) in seinen (1576) (mit ist hier die res publica, also das Gemeinwesen, nicht die republikanische Staatsform gemeint) vertraten die Auffassung, dass der Fürst oder König nicht nur von Gottes Gnaden regiere, sondern absolute Souveränität und Kontrolle über die Gesetzgebung, Steuern, Justiz, Verwaltung, Innen- und Außenpolitik, Religion, Krieg und Frieden und die Wirtschaft haben sollte. Nach Jean Bodin gehört der französische Theologe und Hofprediger Jacques Bossuet (1627–1704) zu den wichtigsten Theoretikern des Absolutismus. Bossuet argumentierte, dass die Monarchie nicht nur die am häufigsten vorkommende,...



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