Kramer Volksgenossinnen an der Heimatfront

Mobilisierung, Verhalten, Erinnerung
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-647-36075-1
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection

Mobilisierung, Verhalten, Erinnerung

E-Book, Deutsch, Band Band 082, 392 Seiten

Reihe: Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

ISBN: 978-3-647-36075-1
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection



Die Studie untersucht bisher wenig beachtete Mobilisierungsformen und Bindekräfte der nationalsozialistischen Kriegsgesellschaft. Sie fasst das engmaschige Organisationsnetz ins Auge, das der Aktivierung von Frauen für Kriegsaufgaben diente, und entdeckt insbesondere den zivilen Luftschutz – von der Brandbekämpfung bis zum Dienst in Auffang- und Rettungsstellen zur Bewältigung von Folgen der Flächenbombardements – als weiblich dominiertes Handlungsfeld. Wie die Einbindung von Frauen in die 'kämpfende Volksgemeinschaft' wird auch das Spektrum der Hilfs- und Versorgungsleistungen analysiert, auf die weibliche Kriegshinterbliebene, Ausgebombte und Evakuierte Anspruch hatten. Damit leistet Nicole Kramer zugleich einen markanten Beitrag zur Erforschung der NS-Sozialpolitik.

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1;Cover;1
2;Title Page;4
3;Copyright;5
4;Table of Contents;6
5;Body;10
6;Vorwort;10
7;I. Einleitung;12
7.1;1. Ziele und Fragestellung;12
7.2;2. „Volksgenossinnen“ an der „Heimatfront“: eine methodische und begriffliche Annäherung;15
7.3;3. AufbauderArbeit;19
7.4;4. Forschungsstand;21
7.5;5. Quellenlage;26
8;II. „Menschenführung“: im Dienst der nationalsozialistischen Frauenorganisationen;32
8.1;1. Frauenorganisationen im Männerstaat: Anfänge, Aufgaben und Selbstverständnis;33
8.1.1;(a) Die Anfänge der NS-Frauenschaft;33
8.1.2;(b) Die nationalsozialistische Frauenbewegung: zum Selbstverständnis;39
8.1.3;(c) Die größte Frauenorganisation der Welt?: ein Überblick in Zahlen;48
8.2;2. Einreihung in die „Heimatfront“;51
8.2.1;(a) Die Vorbereitung auf den Krieg;51
8.2.2;(b) Rekrutierung während des Krieges;58
8.2.3;(c) Gemeinschaftsabende als Mobilisierungsbasis;65
8.3;3. Große Aufgaben und kleine Macht: Kriegsbeitrag der NS-Frauenorganisationen;70
8.3.1;(a) Kriegsaufgaben;70
8.3.2;(b) Funktion der NS-Frauenorganisationen in der Kriegsgesellschaft;79
8.3.3;(c) Die NS-Frauenorganisationen als Ermöglichungsstruktur und Kriegsarbeit als Ehrenamt;87
9;III. In der Kampfgemeinschaft: Mitarbeit im zivilen Luftschutz;104
9.1;1. Der Reichsluftschutzbund und die Mobilisierung von Frauen: Strukturen, Zahlen, Bilder;105
9.1.1;(a) Schutz gegen die Gefahr aus der Luft;105
9.1.2;(b) Der Reichsluftschutzbund;108
9.1.3;(c) Eine Organisation für Frauen?;112
9.1.4;(d) Das Bild der Kämpferin im Luftschutz;119
9.2;2. Lernziel „kämpfende Volksgemeinschaft“: die Schulungen im Selbstschutz;125
9.2.1;(a) Der zivile Luftschutz als Vorbereitung der Frauen auf den Krieg;125
9.2.2;(b) Der Reichsluftschutzbund als Luftschutzschule des Reiches;132
9.2.3;(c) Diakonissen in der Reichsluftschutzschule: eine Nahaufnahme;139
9.3;3. Von der Kämpferin zur Managerin des Alltags in den Trümmern;149
9.3.1;(a) Aktivierung des Selbstschutzes;149
9.3.2;(b) „Feuerprobe“ der Frauen im Selbstschutz;154
9.3.3;(c) Die Flächenbombardements und die Veränderung des zivilen Luftschutzes;158
9.4;4. Die Frauen im Visier : Ehrung, Verhalten, Deutung;165
9.4.1;(a) Lebende Kämpferinnen und tote Heldinnen;165
9.4.2;(b) Zwischen Verweigerung und eigen-sinniger Mitarbeit;173
10;IV. Männertod: Frauen als Kriegshinterbliebene;182
10.1;1. Nationalsozialistische Trauerhilfe;184
10.1.1;(a) „Für Führer, Volk und Vaterland“: Die Benachrichtigung der Angehörigen;185
10.1.2;(b) „In tiefer Trauer“: die Todesanzeigen der Hinterbliebenen.;194
10.1.3;(c) Gefallenenfeiern: Kirche und Partei als ungewollte Verbündete;198
10.2;2. Kriegshinterbliebenenfürsorge und -versorgung im „völkischen Wohlfahrtsstaat“;207
10.2.1;(a) Ein Gesetz des „totalen Krieges“;208
10.2.2;(b) Die Hinterbliebenen und die Bürokratie der Nähe;219
10.2.3;(c) Fürsorge-Polykratie;227
10.3;3. Die Partizipation der weiblichen Kriegshinterbliebenen am nationalsozialistischen Versorgungswerk;230
10.3.1;(a) Dankbarkeit und Enttäuschung;230
10.3.2;(b) Die Hinterbliebenenversorgung als Handlungsfeld der „Volksgenossinnen“;240
11;V. Im Luftkrieg: Frauen als Ausgebombte und Evakuierte;248
11.1;1. Die „Soforthilfe“ des Regimes und die Überlebensarbeit der Frauen;249
11.1.1;(a) Demografie des Luftkriegs;249
11.1.2;(b) Die Auffangstellen als Zentren der „Soforthilfe“;253
11.1.3;(c) Hilfen für Fliegergeschädigte;260
11.1.4; (d) Die Auffangstellen als Orte der Überlebensarbeit und des Gefühlsmanagements;265
11.2;2. Evakuierung als geschlechtsspezifische Betreuungsmaßnahme.;271
11.2.1;(a) Entwicklung der Evakuierungs- und Umquartierungspolitik;271
11.2.2;(b) Die umquartierte Frau: Bilder und Zahlen;277
11.2.3;(c) Wege in den Umquartierungsort;280
11.3;3. Am Aufnahmeort: Evakuierte in den Hilfsnetzen von Partei und Kirchen;286
11.3.1;(a) Erste Hilfen nach der Ankunft;286
11.3.2;(b) Ideelle Betreuung und Seelsorge für Umquartierte;294
11.3.3;(c) Die Beständigkeit Gottes in einer Gesellschaft der Bewegung: die Wuppertaler Evakuiertenseelsorge;301
12;VI. Die „Heimatfront“ zwischen Kriegserlebnis und Kriegserinnerung;308
12.1;1. Frauen in der „Stunde Null“: der United States Strategic Bombing Survey;309
12.1.1;(a) Ein erstes Oral-History-Projekt?;309
12.1.2;(b) Erwartungen, Bewertungen und die Frage der Schuld;315
12.2;2. „Trümmerfrau“: eine weibliche Gedenkikone in der westdeutschen Erinnerungskultur;321
12.2.1;(a) Von Trümmern und Frauen;322
12.2.2;(b) Symbol im Kampf für Frauenrechte und gegen Altersarmut;326
12.2.3;(c) „Trümmerfrauen“ zwischen Lob und Kritik;332
12.3;3. Ausblick: die guten Frauen und der Krieg der Männer;336
13;VII. Resümee;342
14;Abkürzungen;354
15;Quellen- und Literaturverzeichnis;355
15.1;Ungedruckte Quellen;355
15.2;Gedruckte Quellen;357
15.3;Zeitungen und Zeitschriften;360
15.4;Internet- und Filmressourcen;360
15.5;Literatur;360
16;Register;390
16.1;Ortsregister;390
16.2;Namensregister;392


VI. Die „Heimatfront“ zwischen Kriegserlebnis und Kriegserinnerung (S. 307-308)

Schon unmittelbar nachdem Frauen einen Luftangriff überstanden oder vom Tod des Ehemannes an der Front erfahren hatten, gingen diese Erlebnisse und Ereignisse in Erinnerungen über. Sie wurden in Tätigkeitsberichten, Feldpostbriefen oder privaten Aufzeichnungen festgehalten, verarbeitet und gedeutet. Vieles jedoch wurde nicht schriftlich festgehalten und entzieht sich daher dem Blick des Historikers. Staatlich verordnetes Gedenken, wenngleich in unterschiedlicher Formund Intensität, begleitete von Anfang an das private Erinnern. Die NS-Propaganda hielt eine Reihe von Deutungs- und Sinnstiftungsangeboten bereit und verbreitete sie in Zeitschriften, auf Plakaten oder bei Feier- und Beerdigungsveranstaltungen.

Im NS-Regime gab es klare Vorgaben, auf welche Weise an bestimmte Ereignisse oder gesellschaftliche Gruppen erinnert werden sollte. Frauen wurden als integraler Bestandteil der „kämpfenden Volksgemeinschaft“ präsentiert und der Krieg mehr denn je zu ihrer Sache gemacht. Wie entwickelte sich die Erinnerung von und an Frauen und ihre Rolle im Krieg jedoch nach der Kapitulation? Der Krieg war – zumindest was seine technische Seite anging – beendet.

Mit der Zerschlagung des NS-Regimes und der Etablierung der alliierten Militärregierungen wechselte der politische Handlungsrahmen. Soziale und wirtschaftliche Not bildeten jedoch weiterhin eine Konstante im Alltag der weiblichen Bevölkerung. Während die Kriegsfolgen das Leben in Deutschland dominierten, wurde der Krieg selbst vom täglich Erfahrenen zur Erinnerung. Dabei geht es hier um einen bestimmten Ausschnitt der retrospektiven Deutungen und Erzählungen: Die Mobilisierung und Teilhabe der Frauen an der „Heimatfront“.Welche Spuren hinterließ die Einbindung in die NS-Kriegsgesellschaft in der Erinnerung?Wie deuteten die „Volksgenossinnen“ ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges?

Welche Kriegserfahrungen prägen das öffentliche Gedenken an Frauen an der „Heimatfront“? Im Folgenden soll zunächst das persönliche Erinnern von Frauen unmittelbar nach der deutschen Kapitulation beleuchtet werden. In einem zweiten Schritt konzentriert sich die Untersuchung auf die Gedenkikone der „Trümmerfrau“, um Konjunkturen des Erinnerns herauszuarbeiten. Abschließend werden einige Gedanken über die Vorstellung von der „guten Frau“ im Krieg der Männer diskutiert.

1. Frauen in der „Stunde Null“: der United States Strategic Bombing Survey Unmittelbar nach Kriegsende, Jahrzehnte bevor in Deutschland die ersten Oral-History-Projekte starteten, wurden im Rahmen des United States Strategic Bombing Survey Tausende von Interviews mit Frauen und Männern geführt, die den Krieg an der „Heimatfront“ miterlebt hatten.

2 Nach der Zerschlagung des NS-Regimes und dem Ende des Zweiten Weltkrieges ergründeten amerikanische Sozialwissenschaftler Vorstellungen, Haltungen und Erwartungen der deutschen Zivilbevölkerung. Die Dokumente, die sie produzierten, eröffnen die Möglichkeit, das persönliche Erinnern von Frauen in einer Phase des politischen und erinnerungskulturellen Umbruchs zu studieren. Die nationalsozialistischen Sinnstiftungs- und Deutungsangebote hatten ihre Gültigkeit verloren. Neue Erinnerungsakteure betraten erst nach und nach das Feld. Die Frauen hatten aber bereits begonnen, das Erfahrene einzuordnen.


Dr. Nicole Kramer ist Wissenschaftliche Assistentin an der Universität Frankfurt a.M.



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