Kleinbeck / Schmidt Führen mit Zielvereinbarung
1. Auflage 2006
ISBN: 978-3-8444-1491-2
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 98 Seiten
Reihe: Praxis der Personalpsychologie
ISBN: 978-3-8444-1491-2
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Über die Vereinbarung von Leistungszielen können die Ressourcen der Organisationsmitglieder so gefördert, gelenkt und koordiniert werden, dass sie einen möglichst effektiven Beitrag zum Erreichen der übergeordneten Unternehmensziele leisten. Im Unterschied zu vielen anderen Führungstechniken sind die verhaltenswissenschaftlichen Grundlagen des Führens mit Zielvereinbarung gut erforscht. Die hierbei gewonnenen Ergebnisse haben ein recht komplexes Geflecht von Bedingungen zutage gefördert, welche die Leistungswirksamkeit von Zielvereinbarungen beeinflussen.
Der vorliegende Band vermittelt Einblicke in diese Bedingungen und trägt hierdurch dazu bei, mögliche Fehler zu vermeiden und die Praxis des Führens mit Zielvereinbarungen produktiv zu gestalten. Anhand von Beispielen aus der Praxis wird das konkrete Vorgehen dargelegt, wie mit Zielvereinbarungen erfolgreiche Führungsarbeit zu leisten ist.
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2 Theoretische Grundlagen und Modelle Zielsetzungsmodell Das, was man aus der psychologischen Forschung über Ziele, ihre leistungsförderlichen Merkmale und die Randbedingungen ihrer Wirkungen weiß, geht im Wesentlichen auf ein Modell zurück, das als Zielsetzungsmodell („goal setting“) weit über die wissenschaftliche Fachöffentlichkeit hinaus bekannt geworden ist und die Theorie und Praxis des Managements von Humanressourcen nachhaltig beeinflusst hat (Locke & Latham, 1990a,b; Latham & Locke, 1991). Die Führungstechnik des „Management by Objectives“ spiegelt diesen Einfluss beispielhaft wider. Wie der Name des Modells schon zum Ausdruck bringt, besteht sein zentraler Analysegegenstand nicht in Leistungswirkungen von vereinbarten Zielen, sondern in den Wirkungen fremd gesetzter, das heißt vorgegebener Ziele auf die Leistung. Methodische Erfordernisse Diese Konzentration auf vorgegebene Ziele stellt nun keineswegs eine Empfehlung dieser Art der Zielbestimmung für die Führungspraxis dar; sie hat vielmehr ausschließlich methodische Gründe, die zudem leicht nachvollziehbar sein dürften. Denn nur vorgegebene Ziele lassen sich experimentell kontrollieren, in bestimmten Merkmalen variieren und in ihren Leistungswirkungen mit einiger Genauigkeit analysieren. Der „Erfolg“ dieses Vorgehens ist natürlich an die Voraussetzung geknüpft, dass die Personen die vorgegebenen Ziele auch akzeptieren, als persönliche Ziele übernehmen und zu erreichen versuchen. Hierauf wird noch näher einzugehen sein (s. Abschnitt 2.2.2). Nach heutigem Kenntnisstand kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die auf der Grundlage dieses Vorgehens gewonnenen Einsichten über Zielwirkungen auch auf Situationen selbst gesetzter und vereinbarter Ziele übertragbar sind (s. Locke & Latham, 2002). Dies sollte bei der Lektüre der folgenden Textpassagen immer „mitgedacht“ werden. 2.1 Grundannahmen des Zielsetzungsmodells Das Modell basiert auf einer ebenso einfachen, wie allgemeinen Annahme: Handlungen von Menschen sind gewöhnlich zielgerichtet; das heißt, sie stehen im Dienste der Erreichung bestimmter Ziele als angestrebte Resultate dieser Handlungen. Diese Zielgerichtetheit von Handlungen bedeutet im Umkehrschluss, dass Ziele auf das Handeln der Personen zurückwirken, es so organisieren und steuern, dass die Ziele auch erreicht werden. Dies sollte auch für Ziele gelten, die sich auf Leistungen bzw. Leistungsergebnisse beziehen. Welche Leistungen erbracht werden, sollte demnach davon abhängen, welche Leistungsziele angestrebt und im Handeln realisiert werden. Zielinhalte Ziele im Allgemeinen und Leistungsziele im Besonderen können ganz verschiedenartige Sachverhalte beinhalten; sie können alles das zum Inhalt haben, was Menschen innerhalb und außerhalb ihrer Arbeitsrolle zu erreichen anstreben. Ungeachtet dieser inhaltlichen Vielfalt und Heterogenität weisen Ziele zumindest aber zwei Merkmale auf, die ihnen gemeinsam sind und in denen sie sich graduell unterscheiden. Das erste Merkmal betrifft die Spezifität von Zielen, das zweite die Zielschwierigkeit. Zielspezifität und -schwierigkeit Ziele können einerseits recht vage oder sehr spezifisch und konkret sein. So kann man etwa bei der Erledigung einer bestimmten Aufgabe das vage und unspezifische Ziel verfolgen, „sein Bestes zu geben“ (was immer dies bedeuten mag). Bei derselben Aufgabe könnte das Ziel aber auch darin bestehen, ein konkretes, spezifisches Leistungsergebnis zu erreichen, das in Maß und Zahl ausgedrückt werden kann. Ziele können sich andererseits in der Schwierigkeit ihres Erreichens unterscheiden. Die Ziele können so bemessen sein, dass sie mehr oder weniger hohe und anspruchsvolle Anforderungen an die Leistungsvoraussetzungen der Personen stellen; hohe anspruchsvolle Anforderungen sind schwerer zu erfüllen als niedrige, weniger anspruchsvolle Anforderungen. Aus der Verknüpfung dieser Zielmerkmale mit der handlungsdeterminierenden Funktion von Zielen leiten sich die beiden Grundannahmen des Zielsetzungsmodells ab, die folgende Zusammenhänge erwarten lassen: Die Vorgabe (bzw. das Verfolgen) spezifischer und schwer zu erreichender Leistungsziele sollte sich in höheren oder besseren Leistungen niederschlagen als die Vorgabe (bzw. das Verfolgen) vager, unspezifischer oder keiner Ziele. Die Vorgabe schwer zu erreichender spezifischer Ziele sollte zu höheren oder besseren Leistungen führen als die Vorgabe leicht zu erreichender spezifischer Ziele. Grundannahmen des Zielsetzungsmodells In den Untersuchungen zur Überprüfung dieser beiden Grundannahmen erfolgt die experimentelle Variation der Zielschwierigkeit gewöhnlich durch die gestaffelte Vorgabe objektiv leichter oder schwer zu erreichender spezifischer Leistungsziele. Dabei haben die Personen unter allen Zielschwierigkeitsbedingungen jeweils dieselbe Aufgabe zu bearbeiten. Ausgehend von den individuellen Leistungen in einigen vorgeschalteten Bearbeitungsdurchgängen ohne Zielvorgaben werden die Personen dann aufgefordert, ihre Leistungen um einen bestimmten Betrag zu verbessern, dem eine individuelle Leistungssteigerung von beispielsweise 10 %, 15 % oder 20 % entspricht. Zur Variation der Zielspezifität werden dagegen inhaltlich vage Ziele vorgegeben, etwa in Form der Anweisung „Bearbeiten Sie die Aufgabe so gut wie möglich“, deren Wirkungen mit der Vorgabe sehr spezifischer Ziele verglichen werden. Die Ziele schließen in der Regel auch Festlegungen darüber ein, innerhalb welcher Zeitperioden sie zu erreichen sind. Es liegen mittlerweile mehrere hundert Einzelstudien vor, in denen die beiden Grundannahmen des Zielsetzungsmodells einer solchen empirischen Überprüfung unterzogen wurden (Latham & Locke, 1991). Von nur wenigen Ausnahmen abgesehen zeigte sich übereinstimmend, dass die Leistung mit zunehmender Zielschwierigkeit ansteigt, bis sie in ein Plateau mündet, das durch die individuellen Fähigkeitsgrenzen bedingt ist. In Abbildung 2 ist dieser Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und der Leistung grafisch dargestellt. Abbildung 2: Wirkung der Zielschwierigkeit auf die Leistung Zielschwierigkeit und Leistung Die überwiegende Mehrzahl dieser Untersuchungen konnte ebenfalls eindeutige Belege dafür liefern, dass unter dem Einfluss spezifischer, anspruchsvoller und schwieriger Ziele weitaus höhere Leistungen resultieren als unter dem Einfluss vager und unspezifischer Ziele. Diese Leistungsüberlegenheit der spezifischen Ziele wird darauf zurückgeführt, dass vage, unspezifische Ziele wie „Bearbeiten Sie die Aufgabe so gut wie möglich“ mit einem breiten Spektrum von möglichen Ergebnissen verträglich sind, während spezifische Ziele den Personen eindeutig vermitteln, welche Leistungen genau von ihnen erwartet werden bzw. welche sie von sich selbst erwarten. Im Durchschnitt aller vorliegenden Untersuchungen fallen die durch spezifische und anspruchsvolle Ziele bewirkten Leistungssteigerungen 0.5 bis 0.8 Standardabweichungen höher aus als die Leistungen bei der Bearbeitung von Aufgaben unter Bedingungen vager bzw. keiner Zielvorgaben (s. Mento, Steel & Karren, 1987; Tubbs, 1986). Zielspezifität und Leistung Die beschriebenen Ziel-Leistungs-Zusammenhänge sind darüber hinaus in einer Vielzahl von Situationskontexten gültig. Diese Zusammenhänge lassen sich bei Einzelpersonen wie auch bei Arbeitsgruppen nachweisen, in Feld- und Laboruntersuchungen, bei der Bearbeitung der verschiedensten Aufgabentypen sowie bei Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen (s. Locke & Latham, 2002). Geltungsbereich der Leistungswirkungen von Zielen Die durch Zielvorgaben bewirkten Leistungssteigerungen sind – wie bereits erwähnt – nur unter der Voraussetzung erklärbar, dass die Personen sich die vorgegebenen Ziele zu Eigen machen und mit entsprechenden Ressourceninvestitionen verfolgen. Dies gilt für vorgegebene, wie auch für vereinbarte Ziele. Hieraus ergibt sich: Arbeitsleistungen werden stark durch die Leistungsziele determiniert, die Personen verfolgen. Die massivsten Leistungseffekte gehen dabei von spezifischen, herausfordernden und schwierigen Zielen aus. 2.2 Randbedingungen der Leistungswirkungen von Zielen Wenngleich die Grundannahmen des Zielsetzungsmodells in vielen Anwendungsfeldern Geltung besitzen, so zeigen sich in den einschlägigen Untersuchungen doch auch beträchtliche Unterschiede in der Stärke der beobachteten Ziel-Leistungs-Zusammenhänge. Dies hat die Suche nach Randbedingungen angeregt, die als Ursachen für diese Variabilität in den Effektstärken in Frage kommen. Diese Suche erwies sich als recht ertragreich und führte zur Identifikation einer Reihe von Faktoren, die Einfluss auf die Stärke des Ziel-Leistungs-Zusammenhangs nehmen (s. Kleinbeck & Schmidt, 1995; Schmidt & Kleinbeck, 1999). Faktoren, die die Leistungswirkungen von Zielen beeinflussen Die Kenntnis dieser Faktoren und Bedingungen ist für die Führungspraxis von großer Bedeutung. Denn nur in Kenntnis dieser Faktoren und Bedingungen sind Führungskräfte in der Lage, sie in einer Weise zu gestalten, dass sie den Leistungswirkungen von herausfordernden und spezifischen Zielen günstige...