Kessler | Immer mehr - immer besser? | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 248 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm

Kessler Immer mehr - immer besser?

Über–, Unter– und Fehlversorgung im Schweizer Gesundheitswesen
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-456-95880-4
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Über–, Unter– und Fehlversorgung im Schweizer Gesundheitswesen

E-Book, Deutsch, 248 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm

ISBN: 978-3-456-95880-4
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Überflüssige Behandlungen, Fachkräftemangel, vermeidbare Krankenhausaufenthalte: Über-, Unter- und Fehlversorgung bergen erhebliche gesundheitliche Risiken und tragen zum Kostenwachstum in der Gesundheitsversorgung bei. Gleichzeitig gilt es, den demographischen Wandel, die Zunahme an chronischen Erkrankungen und weitere große Herausforderungen zu bewältigen.Was sind die Ursachen für Über-, Unter- und Fehlversorgung konkret am Beispiel des Schweizer Gesundheitswesens?Wie kann Über-, Unter- und Fehlversorgung vermieden oder reduziert werden?Welche Akteure haben welche Handlungsspielräume?Auf welcher Ebene entscheidet sich, ob die richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort für die richtigen Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht?Werden die Ressourcen in die richtigen Bereiche investiert?Was können Organisationen oder Einzelpersonen konkret unternehmen, um die Thematik Unter-, Über- und Fehlversorgung anzugehen?Expertinnen und Experten aus dem Schweizer Gesundheitswesen schildern interdisziplinär ihre Perspektive auf Über-, Unter- und Fehlversorgung und stellen praxisnahe Lösungsansätze vor. Das Herausgeberteam der Hochschule Luzern stellt die Frage nach der Bedarfsorientierung, Qualität und Patientensicherheit als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung der Gesundheitsversorgung zusammenfassend ins Zentrum.

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Zielgruppe


Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im Gesundheitswesen, Versorgungsforscher Leistungserbringer und ihre Verbände, Gesundheitsligen und Patientenorganisationen, Fachjournalisten Gesundheitswesen und Medizin.


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Inhalt und Vorwort;7
2;Einführung;17
2.1;Über-, Unter- und Fehlversorgung. Immer mehr ist nicht immer besser! (Matthias Wächter, Oliver Kessler, Kathrin Jehle, Susanne Gedamke, Jonas Willisegger);19
2.2;Literatur;30
3;1 Überversorgung aus Sicht der Schweizerischen Akademie für Qualität in der Medizin SAQM (Michelle Gerber, Christoph Bosshard);33
3.1;1.1 Einführung;33
3.2;1.2 Was ist Überversorgung?;34
3.3;1.3 Wie kommt es zu Überversorgung und was sind mögliche Lösungsansätze?;36
3.4;1.4 Choosing Wisely und Smarter Medicine;38
3.5;1.5 Schlussfolgerungen;40
3.6;Literatur;41
4;2 Pflegerische Über-, Unter- und Fehlversorgung (Helena Zaugg);43
4.1;2.1 Pflegen als delegierte und als eigenverantwortliche Tätigkeit;43
4.2;2.2 Relevanz der pflegerischen Über-, Unter- und Fehlversorgung in der Schweiz;44
4.2.1;2.2.1 Beispiel Fixation;44
4.2.2;2.2.2 Beispiel Schmerzbehandlung;44
4.2.3;2.2.3 Beispiel Rationierung in der Akutpflege;45
4.2.4;2.2.4 Beispiel Einschätzung Pflegeaufwand;45
4.3;2.3 Lösungsansätze zur Reduktion der pflegerischen Unter-, Über- und Fehlversorgung;46
4.4;2.4 Regelungen und Anreize zur Vermeidung von Unter-, Über- und Fehlversorgung;47
4.5;2.5 Die Handlungsspielräume der Akteure im Gesundheitswesen;48
4.6;2.6 Der Beitrag des SBK an der Vermeidung von Über-, Unter- und Fehlversorgung;49
4.7;Literatur;49
5;3 Unter-, Über- und Fehlversorgung im Schweizer Gesundheitswesen aus Sicht der pharmazeutischen Industrie (Severin Zimmermann, Heiner Sandmeier);51
5.1;3.1 Hohe Qualität zu hohen Kosten im Schweizer Gesundheitswesen;51
5.2;3.2 Health Technology Assessments in der Schweiz;52
5.3;3.3 Einschätzungen zur Unter- und Fehlversorgung;53
5.3.1;3.3.1 Unterversorgung am Beispiel Schmerztherapie;53
5.3.2;3.3.2 Unterversorgung am Beispiel Hepatitis C;54
5.3.3;3.3.3 Unterversorgung am Beispiel Demenz;55
5.3.4;3.3.4 Weiterentwicklungspotenzial;56
5.4;Literatur;56
6;4 Der Einfluss von Instrumenten der Qualitätssicherung auf die medizinische Versorgung (Josef E. Brandenberg);61
6.1;4.1 Einleitung;61
6.2;4.2 Instrumente der Qualitätssicherung;62
6.2.1;4.2.1 Ärzteschaft;62
6.2.2;4.2.2 Spitäler;62
6.2.3;4.2.3 Industrie;63
6.2.4;4.2.4 Gesetze, Behörden;63
6.3;4.3 Instrumente der Qualitätssicherung und ihre Wirkung auf die Versorgung;64
6.4;4.4 Diskussion;64
6.5;4.5 Zusammenfassung;66
6.6;Literatur;66
7;5 Über-, Fehl- und Unterversorgung: die Position eines Hausarztes (Philippe Luchsinger);67
7.1;5.1 Ein konkreter Praxisfall;67
7.2;5.2 Verschiedene Handlungsoptionen des Patienten;67
7.3;5.3 Empirische Evidenz zum konkreten Fall;68
7.4;5.4 Steigende Gesundheitskosten;68
7.5;5.5 Aktuelle Über- und Fehlversorgung in der Schweiz;69
7.6;5.6 Das Problem der Unterversorgung;70
7.7;5.7 Lösungsansätze;70
7.8;Literatur;71
8;6 Einfluss der Arzt-Patienten-Beziehung auf die Überversorgung (Stefan Breitenstein, Phaedra Müller);73
8.1;6.1 Einführung;73
8.2;6.2 Aspekte der Arzt-Patienten-Beziehung;73
8.2.1;6.2.1 Shared Decision Making;73
8.2.2;6.2.2 „Gute Medizin“ im Konflikt mit Anspruchshaltungen;74
8.2.3;6.2.3 Appell an den Altruismus;74
8.3;6.3 Lösungsansätze;75
8.4;Literatur;75
9;7 Grundsätzliche Gedanken zu Über-, Unter- und Fehlversorgung (Konstantin Beck);79
9.1;7.1 Einleitung;79
9.2;7.2 Kritik an der medizinischen Sichtweise;79
9.3;7.3 Die ökonomische Sichtweise des medizinischen Bedarfs;80
9.3.1;7.3.1 Die Zahlungsbereitschaft;80
9.3.2;7.3.2 Nachfrage abhängig von Kultur und Präferenzen;81
9.3.3;7.3.3 Nachfrage abhängig vom Gesundheitszustand;81
9.3.4;7.3.4 Supplier Induced Demand;82
9.3.5;7.3.5 Nachfrage nach Präventions-Leistungen;82
9.3.6;7.3.6 Nachfrage nach Vorsorge-Untersuchungen;82
9.4;7.4 Maßnahmen zur Reduktion von Fehl- und Überversorgung;83
9.5;7.5 Fazit;85
9.6;Literatur;86
10;8 Über- oder Unterversorgung mit Medikamenten im ambulanten Bereich – sind dazu valide Aussagen möglich? (Christian Frei);89
10.1;8.1 Einführung;89
10.2;8.2 Erhebung des Verschreibungsspiegels;89
10.2.1;8.2.1 Protonenpumpeninhibitoren (PPI);90
10.2.2;8.2.2 Antibiotika;90
10.2.3;8.2.3 Wirkstoffgruppen Herz-Kreislauf;93
10.2.4;8.2.4 Statine;93
10.3;8.3 Fazit;93
10.4;Literatur;93
11;9 Die medizinische Indikation und die rechtsgültige Einwilligung als Behandlungslegitimation (Erika Ziltener);97
11.1;9.1 Begriffsdefinition;97
11.2;9.2 Die unterschiedliche Ausprägung der Fehlversorgung;98
11.2.1;9.2.1 Fehlversorgung in der Onkologie;98
11.2.2;9.2.2 Fehlversorgung in der Chirurgie;99
11.2.3;9.2.3 Fehlversorgung durch Überdiagnosen;100
11.3;9.3 Der Wunsch der Patientin als Legitimation für die Behandlung;100
11.4;9.4 Ansätze zur Vermeidung von Fehlversorgung;101
11.4.1;9.4.1 Smarter Medicine;101
11.4.2;9.4.2 Rechtsgültige Aufklärung und Shared Decision Making;102
11.4.3;9.4.3 Handlungsspielräume der Akteure;102
11.5;9.5 Das Engagement des DVSP;102
11.6;9.6 Fazit: Reformen sind dringend notwendig;103
11.7;Literatur;104
12;10 Unter- Über- und Fehlversorgung aus der Sicht der Schweizerischen Stiftung SPO Patientenschutz (Margrit Kessler);107
12.1;10.1 Unterversorgung aus der Sicht der Schweizerischen Stiftung SPO Patientenschutz;107
12.1.1;10.1.1 Ärztliche Unterversorgung;107
12.1.2;10.1.2 Unterversorgung in Alters- und Pflegeheimen;108
12.1.3;10.1.3 Unterversorgung der Akut- und Übergangspflege (AueP);108
12.1.4;10.1.4 Unterversorgung im Bereich Palliativ-Care;108
12.1.5;10.1.5 Unterversorgung aufgrund von Verständigungsproblemen und nicht „Ernst-genommen-werdens“;109
12.2;10.2 Überversorgung aus Sicht der Schweizerischen Stiftung SPO Patientenschutz;109
12.2.1;10.2.1 Rolle der Fallpauschalen;109
12.2.2;10.2.2 Versorgung am Lebensende;110
12.3;10.3 Fehlversorgung aus Sicht der Schweizerischen Stiftung SPO Patientenschutz;110
12.4;10.4 Maßnahmen zur Reduktion von Unter-, Über- und Fehlversorgung in der Schweiz;111
12.5;10.5 Beitrag der Schweizerischen Stiftung SPO Patientenschutz;112
12.6;Literatur;112
13;11 Schwere Körperverletzungen – niemand will wissen, wie viele: Über- und Fehlversorgung aus der Sicht der Patientinnen und Patienten (Urs P. Gasche);113
13.1;11.1 Im Zweifelsfall zu viel behandeln;113
13.2;11.2 Tessin als Paradebeispiel;113
13.2.1;11.2.1 Doppelt so viele Stents;114
13.3;11.3 Ungleiche Behandlungen und Fehldiagnosen;115
13.4;11.4 Festklammern an falschen finanziellen Anreizen;116
13.4.1;11.4.1 Abstrich alle drei Jahre genügt;117
13.4.2;11.4.2 Mehr Umsätze und Gewinne mit unerlaubten Anwendungen;118
13.5;11.5 Abhilfe nicht erwünscht;118
13.6;Literatur;119
14;12 Unter-, Über- und Fehlversorgung aus der Perspektive des Kantons Basel-Stadt (Peter Indra, Thomas von Allmen, Susanne Rodewald, Aref Al-Deb’i);123
14.1;12.1 Ausgangslage;123
14.2;12.2 Wie stellen wir Unter-, bzw. Über- und Fehlversorgung im stationären Bereich fest?;124
14.3;12.3 Aspekte der Finanzierung;125
14.4;12.4 Regulatorische Möglichkeiten des Kantons;126
14.4.1;12.4.1 Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW);127
14.4.2;12.4.2 Konsequente Orientierung an einem Versorgungsdurchschnitt;127
14.4.3;12.4.3 Qualitäts- und Versorgungsmonitoring;128
14.4.4;12.4.4 Durchsetzen von Empfehlungen von Smarter Medicine und dem Swiss Medical Board;128
14.4.5;12.4.5 Quantitative Regulierungsmöglichkeiten;128
14.5;12.5 Lösungsansätze im Kanton Basel-Stadt;129
14.6;12.6 Konkretes Beispiel aus der Praxis: COMI;129
14.7;12.7 Fazit;130
14.8;Literatur;130
15;13 Die Rolle der Kantone – ein Faktencheck (Michael Jordi);131
15.1;13.1 Einführung;131
15.1.1;13.1.1 Abgrenzung;131
15.1.2;13.1.2 Handlungsbedarf;132
15.1.3;13.1.3 Rolle der Kantone;132
15.2;13.2 Verlagerung von stationär zu ambulant;133
15.3;13.3 Monetäre Fehlanreize in der Gesundheitsversorgung;134
15.4;13.4 Maßnahmen zur Bekämpfung der Fehlversorgung;134
15.5;13.5 Das Maßnahmenpaket der GDK;134
15.6;Literatur;138
16;14 Überversorgung aus Sicht der Politik (Bea Heim);139
16.1;14.1 Einführung;139
16.2;14.2 Strukturelle und systemische Ursachen;140
16.3;14.3 Problematische Effekte der Spitalfinanzierung;141
16.4;14.4 Zur Rolle der Krankenkassen;141
16.5;14.5 Nationale Qualitätsstrategie unentbehrlich;142
16.6;14.6 Aufhebung des Vertragszwangs?;143
16.7;14.7 Fehlanreize;144
16.8;14.8 Kassenmonismus verhindert Lösung;145
16.9;14.9 Herausforderungen der Zukunft;146
16.10;Literatur;146
17;15 Überversorgung und Unterversorgung (David Klemperer);149
17.1;15.1 Die „richtige“ Versorgung;149
17.2;15.2 Überversorgung und Unterversorgung;152
17.2.1;15.2.1 Über- und Unterversorgung bei stabiler koronarer Herzkrankheit;152
17.2.2;15.2.2 Überversorgung und Unterversorgung aus Sicht von Ärzten und Bürgern;154
17.2.3;15.2.3 Informiertheit von Ärzten und Patienten;155
17.3;15.3 Schlussfolgerungen;155
17.4;Literatur;156
18;16 Eine „nachhaltige Medizin“ an Stelle von Über-, Unter- und Fehlversorgung (Hermann Amstad, Daniel Scheidegger);159
18.1;16.1 Ausgangslage;159
18.2;16.2 Die Ursachen der Probleme sind mehrheitlich bekannt …;159
18.3;16.3 … jedoch nicht das Ausmaß;160
18.4;16.4 Überversorgung als Ausdruck einer „Maximalmedizin“;161
18.5;16.5 „Nachhaltige Medizin“ als Alternative;161
18.6;16.6 Fazit;162
18.7;Literatur;163
19;17 Spezialisierte Versorgung – Nachsorge bei Personen mit Rückenmarksverletzung in der Schweiz (Armin Gemperli, Elias Ronca);165
19.1;17.1 Einleitung;165
19.2;17.2 Selbsteinschätzung zur Unterversorgung;167
19.3;17.3 Nutzung ambulanter Dienstleistungen;167
19.4;17.4 Zugang zu medizinischen Dienstleistungen bei Sekundärerkrankungen – stationär;168
19.5;17.5 Inanspruchnahme medizinischer Dienstleistungen insgesamt;170
19.6;17.6 Bewertung des Zugangs und der Qualität medizinischer Leistungen aus Patientensicht;171
19.7;17.7 Fazit;173
19.8;Literatur;174
20;18 Die Bedeutung der Prävention für das Gesundheitswesen (Martin Hafen);177
20.1;18.1 Einleitung;177
20.2;18.2 Präventionstheoretische Vorbemerkungen;178
20.3;18.3 Die nationale Strategie zur Prävention von nicht übertragbaren Krankheiten (NCD-Strategie);180
20.4;18.4 Health in all policies;182
20.5;18.5 Abschließende Bemerkungen;183
20.6;Literatur;184
21;19 Inwieweit können Zweitmeinungen der Unter- und Überversorgung entgegenwirken? (Katharina Rageth);189
21.1;19.1 Überversorgung in der Schweiz;189
21.2;19.2 Die Zweitmeinung als Beitrag zur Reduktion von Überversorgung;190
21.2.1;19.2.1 Wie funktionieren Zweitmeinungen?;190
21.2.2;19.2.2 Welche Zweitmeinungen werden angeboten?;191
21.2.3;19.2.3 Online-Zweitmeinung und Patientengespräch im Vergleich;191
21.3;19.3 Marktübersicht der Zweitmeinungsportale;192
21.3.1;19.3.1 Meine Zweitmeinung;192
21.3.2;19.3.2 Dein Doktor;194
21.3.3;19.3.3 DoubleCheck;194
21.3.4;19.3.4 OPcheck;194
21.3.5;19.3.5 Medexo;195
21.4;19.4 Besteht ein Reformbedarf im aktuellen System?;195
21.5;19.5 Fazit;196
21.6;Literatur;196
22;20 Ökonomisierung als Treiber für Doppelstandards in der Gesundheitsversorgung (Anna Sax);199
22.1;20.1 Einleitung;199
22.2;20.2 Ökonomie und Ökonomisierung;200
22.3;20.3 Spitäler im Fokus;200
22.4;20.4 Künstlicher Wettbewerb;201
22.5;20.5 Ambulante Praxen als Investitionsobjekte;202
22.6;20.6 Die Politik muss handeln;203
22.7;20.7 Fazit;204
22.8;Literatur;204
23;21 Immer mehr – immer besser? Zusammenfassende Überlegungen und Handlungsempfehlungen (Oliver Kessler, Matthias Wächter, Kathrin Jehle, Susanne Gedamke, Jonas Willisegger);209
23.1;21.1 Ursachen und Treiber für Über-, Unter- und Fehlversorgung;212
23.1.1;21.1.1 Zusammenfassung der Beiträge der Autorinnen und Autoren;212
23.1.2;21.1.2 Überlegungen des Herausgeberteams;215
23.2;21.2 Lösungsvorschläge und Handlungsspielräume;217
23.2.1;21.2.1 Zusammenfassung der Beiträge der Autorinnen und Autoren;218
23.2.2;21.2.2 Überlegungen des Herausgeberteams;220
23.3;21.3 Handlungsempfehlungen;223
23.4;21.4 Zum Schluss;230
23.5;Literatur;231
24;Autoren- und Stichwortverzeichnis;237


I
Einführung


Über-, Unter- und Fehlversorgung. Immer mehr ist nicht immer besser!


Matthias Wächter, Oliver Kessler, Kathrin Jehle, Susanne Gedamke, Jonas Willisegger

Die Thematik der Über-, Unter- und Fehlversorgung ist untrennbar mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Gesundheitsversorgung, den politisch-fachlichen Zielen, den zur Verfügung stehenden Ressourcen und der Rollengestaltung der wichtigsten Akteure verbunden. Darum wird in dieser Einführung zuerst eine Auslegeordnung der Governance und der staatlichen Steuerungsinstrumente vorgenommen und dabei erläutert, inwieweit die Auseinandersetzung mit dem Thema der Über-, Unter- und Fehlversorgung sowohl die Fachleute als auch die Bevölkerung zur Auseinandersetzung mit zentralen Fragen der Ausrichtung und Ziele der Gesundheitsversorgung führt. Anschließend werden die Entwicklung der gesetzlichen Rahmenordnung in der Schweiz und die Besonderheiten des heutigen Modells des regulierten Wettbewerbs beschrieben. Nach einem kurzen Überblick über den Entwicklungsstand und ausgewählte Herausforderungen des schweizerischen Gesundheitssystems gehen wir auf die Referenz der bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Versorgung als Grundlage der Definition von Über-, Unter- und Fehlversorgung ein. Angesichts der Bedeutung der Frage, mit welchen Maßnahmen auf welchen Ebenen der Über-, Unter- und Fehlversorgung wirkungsvoll begegnet werden kann, werden zuletzt die Steuerungslogik und die Handlungsspielräume im schweizerischen Modell des regulierten Wettbewerbs dargestellt.

Die Schweiz kennt auf nationaler Ebene kein eigenständiges Gesundheitsgesetz, welches die Ziele und Ausrichtung der Gesundheitsversorgung umfassend definiert. Das zentrale Steuerungsinstrument ist das Krankenversicherungsgesetz (KVG), welches Ziele wie Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit (WZW) oder Kosteneffizienz und Qualität der Leistungserbringung indirekt über die Ausgestaltung der Steuerungsmechanismen und Anforderungen auf der Ebene der Rahmenordnung umschreibt. Es bleibt den Kantonen und Gemeinden sowie den Verhandlungspartnern (Leistungserbringer und Krankenversicherer) überlassen, ergänzende inhaltliche und qualitative Ziele in kantonalen oder kommunalen Gesetzen, Verordnungen, Vereinbarungen und Leistungsaufträgen oder Tarif- und Leistungsverträgen auszuformulieren. Das schweizerische Gesundheitssystem ist föderalistisch geprägt und zugleich stark in Leistungsbereiche fragmentiert. Auf übergeordneter nationaler Ebene finden spezifischere Ziele ihren Niederschlag vor allem in Strategien (z.B. der nationalen Strategie Gesundheit 2020), strategischen Mehrjahresprogrammen (z.B. zu den Themen Palliative Care, Demenz, Gesundheit und Migration, koordinierte Versorgung chronischer Erkrankungen, Prävention von nicht übertragbaren Krankheiten), der Ausschreibung von Forschungs- und Evaluationsprogrammen bzw. -projekten (z.B. die nationalen Forschungsprogramme „Lebensende“ (NFP 67) und „Gesundheitsversorgung“ (NFP 74)) oder der Unterstützung nationaler Institutionen (z.B. Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz, Nationaler Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken ANQ oder Stiftung für Patientensicherheit).

Die Frage, welche Gesundheitsversorgung „wir“ als Patientinnen und Patienten, Versicherte und Finanzierende (über Prämien und Steuergelder), Stimmbürgerinnen und -bürger wollen, wird oft nur sehr indirekt oder durch Instrumente der direkten Demokratie wie Volksinitiativen und Referenden auf einer abstrakteren Steuerungsebene verhandelt. Die politische und öffentliche Debatte wird vom Thema der belastenden Kostenentwicklung und, damit korrespondierend, der Möglichkeiten der Kostendämpfung geprägt. Die eigentlich viel grundsätzlicheren Fragen der Bedarfsorientierung, Qualitätssicherung und Patientensicherheit werden seltener diskutiert. Der Weg zur Beurteilung der Auswirkungen von Reformen auf die Handlungsebene der Akteure – auf der sich letztlich entscheidet, ob die richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort den Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht – ist komplex und lang. Häufig wird die Frage der Umsetzbarkeit von Reformen verkürzt als Ausdruck von Interessenkonflikten zwischen verschiedenen Akteuren oder politischen Positionen im Gesundheitswesen dargestellt. In Befragungen der Bevölkerung steht einer anhaltenden Besorgnis über die steigenden Gesundheitsausgaben und Prämienbelastungen eine hohe Zufriedenheit mit einer weitgehend als hochstehend beurteilten Gesundheitsversorgung gegenüber (vgl. Gesundheitsmonitor, 2018). In diese Beurteilung mischt sich zwar oft eine anekdotische Evidenz für individuelle Begegnungen mit Über-, Unter- und Fehlversorgung. Doch Schwerpunkte, Ausmaß und Auswirkungen werden in ihren menschlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Dimensionen kaum abgebildet. Auch wenn diese Erzählungen, „dass etwas nicht gut gelaufen ist“, immer öfter durch Daten und wissenschaftliche Studien belegt werden, ist fundiertes Wissen über Bedarfsorientierung, Qualität, Patientensicherheit und unnötige Mehrkosten des Schweizer Gesundheitswesens dünn gesät.

Die wissenschaftliche und praxisorientierte Auseinandersetzung mit der Messung von Über-, Unter- und Fehlversorgung und mit ihren Ursachen und Einflussfaktoren bietet einen ergänzenden und erweiterten Zugang zu notwendigen Reformen der Rahmenordnung und entsprechenden Veränderungen der alltäglichen medizinischen Praxis. Diese Auseinandersetzung sensibilisiert erstens alle Beteiligten für Schwerpunkte und Ausmaß der Über-, Unter- und Fehlversorgung und damit für Prioritäten und konkrete Lösungsansätze. Zweitens stellt sie die Beziehung zwischen Arzt/Ärztin (oder Therapeut/Therapeutin oder Pflegende/r) und Patient/in sowie die Prozesse der Entscheidungsfindung ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Diese Kommunikationsprozesse samt ihrer institutionellen Einbettung sind die zentrale alltägliche Handlungsebene, auf der sich Bedarfsorientierung und Angemessenheit einer Leistung und damit auch das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen letztlich entscheiden. Indem diese Handlungsebene und die Referenz einer bedarfsgerechten Versorgung in den Fokus treten, werden Herausforderungen, Interessenskonflikte, Einflussfaktoren und Lösungsansätze klarer sichtbar.

Reformen der Rahmenordnung leisten einen wichtigen Beitrag, die Bereitstellung und Verteilung der finanziellen, personellen, fachlichen und zeitlichen Ressourcen für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung und Prävention zu verbessern. Aber sie reichen nicht aus, um entsprechende Strukturen, Regelungen und Prozesse in der Umsetzung sicherzustellen. Hierzu sind Verhaltensänderungen auf der individuellen Ebene, neue Kompetenzen, zusätzliches Wissen und zum Teil auch neue Koalitionen und Zusammenarbeitsformen unter den Gesundheitsakteuren notwendig.

Die Entwicklung der gesetzlichen Rahmenordnung in der Schweiz

In der Schweiz wurde die Gesundheitsversorgung im Jahr 1996 mit dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) auf ein grundlegend neues Fundament gestellt. Drei Ziele standen im Zentrum der umfassenden Reform:

  • Der gesamten Bevölkerung soll Zugang zu einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung gewährleistet werden (Versorgungsziel).
  • Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen sollen bei der Prämienzahlung finanziell entlastet werden (Solidaritätsziel).
  • Die Entwicklung der Gesundheits- bzw. Krankenversicherungskosten soll eingedämmt werden (Kostendämpfungsziel).

Wesentliche Neuerung bildete die Einführung eines abschließenden Grundleistungskatalogs, der mit einigen wenigen Ausnahmen, wie beispielsweise der Zahnmedizin, alle wesentlichen kurativen und rehabilitativen medizinischen und pflegerischen Leistungen umfasst. Die obligatorische Grundversicherung ist finanziert durch ein Kopfprämiensystem, welches durch ein einkommens- und vermögensbezogenes Prämienverbilligungssystem abgefedert wird. Die Stärkung wettbewerblicher Elemente ist ein weiterer Grundpfeiler des KVG. Mit dem neuen Krankenversicherungsgesetz sollten die Ziele einer bedarfsgerechten und qualitativ angemessenen, allen Personen zugänglichen und zugleich wirtschaftlichen Versorgung auf der Systemebene verankert werden. Durch das Versicherungsobligatorium und den umfassenden Leistungskatalog der Grundversicherung kommt der privaten Zusatzversicherung in der Schweiz eine rein ergänzende Rolle zu. Grund- und Zusatzversicherung sind aufsichtsrechtlich und in Bezug auf Leistungsverträge und Tarifverhandlungen voneinander getrennt. Es gibt aber in der Schweiz keine zwei Klassen von Versicherten in der umfassenden Grundversicherung und -versorgung.

Verschiedene Evaluationen zeigten, dass die ersten beiden Ziele (Versorgungszugang und Solidarität) zu einem - auch im Vergleich zu Gesundheitssystemen in anderen Ländern - hohen Grad umgesetzt wurden. Dies gilt unter Berücksichtigung eines nach wie vor bestehenden Verbesserungspotenzials.1 Das Ziel der Kostendämpfung wurde hingegen klar nicht erreicht und prägte von Beginn an sehr stark die politische Debatte um die Weiterentwicklung des ordnungspolitischen Rahmens des KVG. Bereits 2001 entstanden Grundlagenpapiere zum Verhältnis von Rationalisierung zu Rationierung und zu den Grundlagen einer nachhaltigen Medizin.2 Die Schweiz hat im Vergleich aller OECD-Staaten sowohl in Bezug auf den Anteil Gesamtausgaben am BIP als auch in Bezug auf die Kosten pro Einwohnerin nach den USA die zweithöchsten Ausgaben. Durch das anhaltend starke Kostenwachstum,...



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