Ibraheem | Ketten zerfallen zu Staub | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Ibraheem Ketten zerfallen zu Staub

Die wahre Geschichte einer Frau, die lieber mit Christus sterben würde, als ohne ihn zu leben
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7751-7655-2
Verlag: Hänssler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die wahre Geschichte einer Frau, die lieber mit Christus sterben würde, als ohne ihn zu leben

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-7751-7655-2
Verlag: Hänssler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Diese mitreißende und lebendig geschriebene Lebensgeschichte gibt tiefe Einblicke in das Leben im Sudan und erzählt von dem unerschütterlichen Glauben einer Frau, die sich weigerte, ihren Glauben an Jesus zu verleugnen. Eine packende Lektüre, die einem nah geht! Mariam wächst unter traumatischen Bedingungen als Kind einer christlichen Mutter im Sudan auf. Als sie sich weigert, dem Islam beizutreten, wird sie zum Tod verurteilt. Im Gefängnis durchlebt sie unmenschliche Grausamkeit, doch gleichzeitig eine tiefe Nähe zu Jesus. Nach einem internationalen Aufschrei und der Fürsprache von unter anderem Papst Franziskus kommt sie frei.

Mariam Ibraheem (Jg. 1987) ist im Sudan geboren und aufgewachsen. Sie ist Mutter von zwei Kindern und lebt heute in den USA. Mutig setzt sie sich für alle Frauen ein, die aufgrund ihres Geschlechts Gewalt erfahren, und für Menschen, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden.
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1


EIN FLÜCHTLINGSKIND WIRD GEBOREN


Ich bin am 3.?November 1987 in einem Flüchtlingslager im Nordostsudan zur Welt gekommen. Meine Mutter war Waise und mein Vater ein gesuchter Mörder. Was für ein eigenartiger Start ins Leben, mögen Sie denken, aber ob Sie es glauben oder nicht, es sollte für mich noch viel eigenartiger kommen.

Im Flüchtlingslager Twawa ging es rau zu; wild und unberechenbar. Es gab unzählige Vorschriften, aber ebenso viele Menschen, die sich nicht darum scherten. Nach meiner Erfahrung ist die Bezeichnung Lager eigentlich unangemessen, da man bei einem Lager eher an eine vorübergehende Unterkunft denkt. Manche Menschen waren tatsächlich nur auf der Durchreise, einigen bot sich irgendwann die Gelegenheit, weiterzuziehen. Für andere aber, wie für meine Familie, war es ein langfristiger Wohnsitz. Ich bin dort aufgewachsen, wie schon meine Mutter vor mir.

Twawa lehrte mich, was ich über die Welt wissen musste. Es war kein malerisches afrikanisches Dorf, wo der Mensch im Einklang mit der Natur lebt und das das Titelbild der Zeitschrift National Geographic zieren könnte. Es war ein realistisches Abbild der Wirklichkeit, die ich vom Leben im Sudan zu erwarten hatte: hässlich?– unhygienisch, überfüllt, verseucht?– und wegen der feindseligen Einstellung der Muslime gegenüber Christen und Äthiopiern auch gefährlich. Mir war es fremd und vertraut zugleich. Ein Ort lebhafter, in bunten Farben tanzender Erinnerungen, die mich mein Leben lang verzaubern, aber auch verfolgen sollten. Ich war wie ein Pilger auf der Durchreise. Twawa würde noch lange in mir präsent sein, wenn ich schon längst nicht mehr dort lebte.

»Wann ziehen wir aus Twawa weg, Mama?«, fragte ich von Zeit zu Zeit, nicht unbedingt, weil ich wegwollte, sondern einfach aus Neugier, da viele, die wir kannten, unser Lager verließen. Es gingen mehr Menschen aus Twawa weg, als neu hinzukamen. Meine Mutter, Zahra, fand meine Frage nur selten einer Antwort würdig. Sie war eine stille, untersetzte Frau, die gewöhnlich nicht mehr sprach als nötig. Doch obwohl sie nicht viele Worte machte, tobte tief in ihrer Seele ein Sturm dunkler Geheimnisse von Schmerz, Zurückweisung und häuslicher Gewalt, den sie nach außen hin zu verbergen versuchte.

Aber wir wussten davon. Alle. In einem kleinen Dorf gibt es keine Geheimnisse.

Meine Mutter lebte schon in Twawa, seit sie zehn Jahre alt war. Sie kannte das Lager, und das Lager kannte sie. Twawa war ihre Heimat, seit sie wegen einer schweren Hungersnot, verschärft durch Krieg und den Aufstieg des Kommunismus, aus Äthiopien geflohen war.

Meine Mutter hielt sich immer sehr bedeckt über die Umstände, unter denen ihre Eltern umgekommen waren und die sie schließlich an einen solch elenden Ort wie Twawa geführt hatten. Was sie erlebt hatte, war zu traumatisch. Soviel ich weiß, war sie nach der Bombenexplosion, die ihr Elternhaus zerstört hatte, halb taub und völlig verstört. Nach dem Tod ihrer Eltern kam sie selbst nur knapp mit dem Leben davon. Sie und ihre zwölfjährige Schwester Medina zogen mit einer kleinen Flüchtlingskarawane durch die Wüste und flohen über die Ostgrenze in den Sudan.

Für die beiden verlorenen Waisenmädchen aus Äthiopien ging es nun ums blanke Überleben. Dank ihres angeborenen Scharfsinns fand meine Mutter immer wieder Wege, das unsägliche Elend zu ertragen. Von ihrer Familie war ihr nur noch ihre Schwester geblieben; die beiden standen mit leeren Händen da, doch es gelang meiner Mutter, für sie beide eine vorübergehende Unterkunft in einem kleinen von den Vereinten Nationen gegründeten Flüchtlingslager zu finden. Sie hatten nicht vor, lange zu bleiben. Wie die anderen Flüchtlinge wären sie gerne nach Äthiopien zurückgekehrt, aber aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen Jahre, aus Jahren Familien, die eine neue Generation von Lagerbewohnern in Twawa hervorbrachten. In meiner Kindheit legte meine Mutter immer großen Wert darauf, dass ich wie sie Überlebensstrategien lernte.

Mamas Muttersprache war Amharisch, die Arbeitssprache Äthiopiens, die mit dem Hebräischen verwandt ist. Bald war ihr klar, dass sie Arabisch lernen musste, um sich in ihrem neuen Umfeld im Sudan zurechtzufinden. So wie Arabisch sind auch Hebräisch und Amharisch afroasiatische Sprachen der semitischen Familie. Viele der in den Sudan geflohenen Äthiopier galten als Juden, deren Verbindung bis in die Zeit von König Salomo und der Königin von Saba zurückreicht. Sie wurden Falaschas genannt, ein leider ziemlich passender, aber abwertender Begriff, der »Fremde« oder »Flüchtlinge« bedeutet.

Kurz nach ihrer Ankunft im sudanesischen Flüchtlingslager wurden etwa 8000 Falaschas in einer der größten Geheimoperationen aller Zeiten, der sogenannten Operation Moses, heimlich nach Israel ausgeflogen. Als die Sudanesen erfuhren, dass Israel dabei geholfen hatte, Tausende von Äthiopiern in Sicherheit zu bringen, reagierten sie wütend. Wäre es nach ihnen gegangen, hätten die Äthiopier lieber in der sudanesischen Wüste umkommen sollen, als in Israel angesiedelt zu werden. Die gleiche Wut und der gleiche Hass würden sich eines Tages auch gegen mich richten.

Nachdem die Juden evakuiert worden waren, gab es weniger Äthiopier, die Zielscheibe der Sudanesen werden konnten. Auch wir waren Falaschas, aber ohne ein Heimatland wie Israel, das bereit war, uns herauszuschmuggeln. Denn wir waren keine jüdischen, sondern christliche Falaschas. Die sudanesischen Muslime hassten die äthiopischen Christen genauso wie die Juden. Viele der Stämme im Nordosten des Sudan waren eng mit den muslimischen eritreischen Flüchtlingen verwandt, hatten aber keine so engen Beziehungen zu den Äthiopiern.

»Hadim!«, beschimpften die Lagerwächter uns Äthiopier. Meine Mutter konnte mit dem Wort zunächst nichts anfangen, merkte aber bald, dass es »Sklave« bedeutete, und verstand ganz genau, was die Sudanesen in ihr sahen. Die Muslime hielten Äthiopier nur für Sklavenarbeit geeignet. In ihren Augen waren sie alle Hadim.

Obwohl die Vereinten Nationen das Flüchtlingslager finanzierten, führten die Sudanesen das Lager, als würden sie jeden Piaster selbst bezahlen. Von uns wurde erwartet, sie zu ehren, als wären sie es, die uns mit allem versorgten, was wir brauchten.

Mama stieß an jeder Ecke auf Widerstand, aber das konnte sie nicht aufhalten. Sie wusste um den Wert von guter Bildung. Als man ihr die Türen der kleinen Schule in Twawa öffnete, zögerte sie nicht. Hingebungsvoll lernte sie Arabisch, denn ihr war klar, dass die Sprache für sie im Sudan der Schlüssel zum Erfolg sein würde. Sie war fest entschlossen, kein Opfer zu sein. »Bildung kann dein Leben verändern«, bläute sie mir ein, als ich ein kleines Mädchen war. »Geh zur Schule und lass dich von nichts und niemandem aufhalten.«

Diejenigen, die nicht fließend Arabisch sprachen, verfielen in einem Flüchtlingslager allzu leicht in eine Opfermentalität. Denn die Sprache?– neben der eigenen Glaubenszugehörigkeit?– symbolisierte das Kastensystem im Sudan. Araber nahmen den höchsten Rang ein, gefolgt von Afrikanern, die die arabische Sprache beherrschten. Ausländer, die nur gebrochen Arabisch sprachen, gehörten einer Kaste innerhalb einer Kaste an. Christen und Juden standen ganz unten. Für alle Kasten von oben bis unten aber galt das islamische Gesetz, die Scharia.

Während meiner Zeit im Flüchtlingslager war ich zu jung, um es zu begreifen, aber alles in meinem Leben und im Leben meiner Mutter war von der Scharia geprägt, gestaltet und geleitet. Dass wir nicht an sie glaubten, änderte nichts daran, dass sie unser Leben bestimmte. Was sie von uns forderte, war nicht unser Glaube, es war unser Gehorsam. Ich wusste nicht einmal genau, was das Gesetz war, sondern lediglich, dass es da ein Gesetz gab. Erklären konnte ich es nicht, aber wie meine Mutter vor mir würde ich es an jedem Tag meines Lebens studieren müssen; und eines Tages würden meine Kinder und ich danach beurteilt werden.

Irgendwie fühlte ich mich in dem Labyrinth aus eckigen Zelten, kegelförmigen Hütten und vereinzelten Rakubas?– eine Art von Veranda, die an die Hütte angrenzt und Schutz vor der Sonne bietet?– frei von den einengenden Gesetzen. Ich lernte, das Leben zu genießen und mit meinen Freundinnen Spaß zu haben. Dass ich glücklich war, empfand meine Mutter wie eine Ehrennadel, die sie mit Stolz trug, als Beweis dafür, dass es ihr gelungen war, mir inmitten einer unmöglichen Situation ein stabiles Umfeld zu bieten. Wenn sie im Leben weiter nichts erreichen würde, so wusste sie doch, dass sie ihren Kindern zumindest ein besseres Leben als das ihre ermöglicht hatte.

Meine Mutter war die bemerkenswerteste Frau, die ich je gekannt habe. Soldaten hatten ihre Familie getötet, ihr Dorf verwüstet und ihr das Elternhaus genommen, ihren Geist aber konnten sie nicht brechen. Sie war als Waisenkind in den Sudan gekommen, doch sie bot ihren Kindern eine Familie. Sie hatte nie die Chance gehabt, an der Seite ihrer Mutter in der Küche zu stehen und von ihr zu lernen, und wurde doch die bekannteste Köchin im Ostsudan. Sie hatte keinen Vater mehr, der sie ins Geschäftsleben hätte einführen können, doch das bremste ihren Unternehmergeist nicht und hinderte sie nicht daran, ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Sie hatte nicht den Vorteil, Arabisch als Muttersprache zu sprechen, aber das hielt sie nicht davon ab, bis spät in die Nacht Sprachstudien zu betreiben, damit sie sich auf dem Markt behaupten und ihren Kindern die Sprache beibringen konnte.

Unermüdlich sorgte sie für uns, und ich lernte von ihrer unerschütterlichen Arbeitsmoral mehr als von jedem Wort aus ihrem...


Ibraheem, Mariam
Mariam Ibraheem (Jg. 1987) ist im Sudan geboren und aufgewachsen. Sie ist Mutter von zwei Kindern und lebt heute in den USA. Mutig setzt sie sich für alle Frauen ein, die aufgrund ihres Geschlechts Gewalt erfahren, und für Menschen, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden.

Bach, Eugene
Eugene Bach ist das Pseudonym für ein Mitglied der chinesischen Untergrundkirche. Er wurde im US-Militär für Spezialeinsätze ausgebildet und hilft dabei, Missionsstützpunkte auf der ganzen Welt zu errichten, u. a. im Irak und in Syrien.

Mariam Ibraheem (Jg. 1987) ist im Sudan geboren und aufgewachsen. Sie ist Mutter von zwei Kindern und lebt heute in den USA. Mutig setzt sie sich für alle Frauen ein, die aufgrund ihres Geschlechts Gewalt erfahren, und für Menschen, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden.

Eugene Bach ist das Pseudonym für ein Mitglied der chinesischen Untergrundkirche. Er wurde im US-Militär für Spezialeinsätze ausgebildet und hilft dabei, Missionsstützpunkte auf der ganzen Welt zu errichten, u. a. im Irak und in Syrien.



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