Gras / Seibert | Good bye, Fassbinder | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Gras / Seibert Good bye, Fassbinder

Das deutsche Kino nach 1989
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-89581-367-2
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das deutsche Kino nach 1989

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-89581-367-2
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Deutsche Erstausgabe eines umfassenden Standardwerks über die aktuelle deutsche Kinolandschaft.

Nach der großen Ära des Autorenfilms in den siebziger Jahren überrascht heute ein neues deutsches Kino, dem man auch international mit Interesse begegnet. Pierre Gras stellt das deutsche Kino der letzten fünfundzwanzig Jahre in einem gut lesbaren Gesamtbild dar, indem er einzelne Regisseure vorstellt und die unterschiedlichen künstlerischen Strömungen und Schulen beschreibt. Es werden Arthouse-Filme genauso gewürdigt wie der deutsche Dokumentarfilm und das kommerzielle Kino. Außerdem liefert Gras Informationen zur Förder- und Finanzierungslandschaft und über Filmhochschulen und Festivals.

'Eine vergleichbare Publikation gibt es nicht.' Christoph Hochhäusler

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Vorwort Es dauerte einige Jahre, ehe der Neue Deutsche Film, als dessen Geburtsstunde das Oberhausener Manifest von 1962 gelten darf, im Bewusstsein unserer französischen Nachbarn ankam. Zieht man als Gradmesser den Wettbewerb von Cannes heran, so war in den fünfziger Jahren der bedeutendste deutsche Regisseur ein gewisser Harald Braun (Der fallende Stern, Herz der Welt, Solange du da bist). Die frühen Sechziger sahen Altmeister Wolfgang Staudte mit dem längst vergessenen Kriminalfilm Der letzte Zeuge und den damals 44-jährigen Bernhard Wicki mit der zahmen Dürrenmatt-Verfilmung Der Besuch an der Croisette. Den ersten Vorstoß einer neuen Generation machte 1964 der spätere Klimbim-Fernsehproduzent Michael Pfleghar, damals 31 Jahre jung, mit der Kriminalsatire Die Tote von Beverly Hills. Am Drehbuch hatte Hansjürgen Pohland mitgewirkt, einer der Unterzeichner von Oberhausen. Der Durchbruch gelang 1966, als gleich zwei deutsche Spielfilmdebüts in den Wettbewerb eingeladen wurden, Ulrich Schamonis Es und Volker Schlöndorffs Der junge Törless. Der perfekt Französisch sprechende Schlöndorff wurde bald Dauergast in Cannes. Auch sein zweiter und dritter Film, Mord und Totschlag und Michael Kohlhaas – Der Rebell konkurrierten um die Goldene Palme. Auf einmal waren deutsche Filme politisch geworden, zeitgenössisch, an gesellschaftlichen Veränderungen interessiert. »Der alte Film ist tot. Wir glauben an den neuen«, hatte es in Oberhausen geheißen. Der »neue Film« definierte sich durch den Bruch mit allem, wofür das deutsche Kino gestanden hatte. Er identifizierte sich mit den Aufbruchsbewegungen anderer Länder, vor allem wohl mit der französischen Nouvelle vague. In den siebziger Jahren wäre das Festival von Cannes ohne die junge Generation westdeutscher Filmemacher kaum vorstellbar gewesen. Peter Lilienthal nahm mit Malatesta, Johannes Schaaf mit Trotta, Rainer Werner Fassbinder mit Angst essen Seele auf und Despair – Eine Reise ins Licht, Werner Herzog mit Jeder für sich und Gott gegen alle und Woyzeck, Wim Wenders mit Im Lauf der Zeit und Der amerikanische Freund, Peter Handke mit Die linkshändige Frau am Wettbewerb teil. Die »Semaine de la critique« und die »Quinzaine des réalisateurs« sowie der 1978 eingeführte »Certain regard« zeigten weitere Filme der Genannten sowie Werke von Uwe Brandner, George Moorse, Reinhard Hauff, Werner Schroeter, Jean-Marie Straub und Danièle Huillet, Alexander Kluge, Peter Stein, Helma Sanders, Edgar Reitz, Hans-Jürgen Syberberg, Hans Noever und anderen. Die Krönung kam mit der Goldenen Palme, die sich Francis Ford Coppolas Apocalypse Now 1979 mit Volker Schlöndorffs Die Blechtrommel teilen musste. Im Jahr darauf gewann Schlöndorffs Grass-Adaption den »Oscar« als »bester fremdsprachiger Film«. Zum ersten Mal erhielt ein deutscher Film diese Auszeichnung. Und für die nächsten 23 Jahre zum letzten Mal. Doch kurz darauf war die Euphorie über den Neuen Deutschen Film, der auf einmal gar nicht mehr so neu strahlte, nicht nur in Frankreich verflogen. Rainer Werner Fassbinders Tod mit nur 37 Jahren im Juni 1982 musste als trauriges Symbol für den Niedergang des westdeutschen Autorenkinos herhalten. Als ich 1987 nach Paris zog, in die Welthauptstadt der Cinephilie, krähte kein Hahn mehr nach dem Kino des »Outre-Rhin«. In Paris kam Anfang der neunziger Jahre die Rede von der »Nouvelle Nouvelle vague« auf, und das junge französische Kino schien unvergleichlich interessanter als das des Nachbarlandes. Nicht dass es in dieser Zeit in Westdeutschland keine interessanten Regiedebüts gegeben hätte. Aber nur wenige dieser Filme kamen je in den Verleih, es fehlte an Kontinuität. In Frankreich sei es deutlich schwerer als in Deutschland, einen ersten Film zu realisieren, erklärte man mir. Doch wer den Durchbruch geschafft hatte, konnte darauf hoffen, weiterzuarbeiten. Die Anerkennung durch Filmkritik und Filmbranche half, selbst im kleinen Maßstab. In Deutschland hingegen (und daran hat sich leider nicht viel geändert) war ein zweiter, dritter oder vierter Film gegen eben so viele Widerstände zu erkämpfen wie jedes Debüt. Kino für Kunst zu halten war eine lächerliche Vorstellung, umso mehr, wenn es sich um das eigene Land handelte. Das verworrene bundesrepublikanische Fördersystem tat ein Übriges. Im Wettbewerb der Berlinale wurden deutsche Beiträge nicht selten verlacht oder ausgebuht. Unvorstellbar damals, dass sich das deutsche Kino in absehbarer Zeit erholen würde, unvorstellbar, dass es so bald wieder das Interesse des cinephilen Frankreich finden könnte. Und doch kommt die erste umfassende Monographie des deutschen Nachwende-Films aus Frankreich. Pierre Gras’ kenntnisreiches Buch kann und will nicht vollständig sein. Seine Leistung besteht indes nicht nur darin, die wesentlichen Strömungen der letzten 25 Jahre mit großer Genauigkeit und kritischer Anteilnahme zu zeichnen. Er weiß vielmehr um ihre Entstehungsgeschichte, um ihre ökonomischen wie künstlerischen Ursprünge, und er widmet sich exemplarisch und treffsicher wichtigen Vorbildern, Vorläufern und Einflüssen der heute aktiven Filmregisseure in Deutschland. Unsere Sympathie in der Zeit nach der Wende galt alten Haudegen des westdeutschen Films wie Roland Klick oder Klaus Lemke, die mehr oder weniger unstet, aber beharrlich außerhalb des subventionierten und fernsehfinanzierten Systems arbeiteten. Nicht zu vergessen der von Eric Rohmer beeinflusste und bis heute bemerkenswert aktive Rudolf Thome. Alle drei debütierten in den sechziger Jahren mit frechen Kopien amerikanischer Genrefilme. Ihr Einfluss auf die jungen Filmemacher der Nachwendezeit ist unverkennbar. Dann gab es Christoph Schlingensief mit seinen provokanten, respektlosen, intelligenten Undergroundfilmen, die die Spießigkeit des linksalternativen Gutmenschentums entlarvten. Wenn es unter den jungen deutschen Filmemachern einen würdigen Fassbinder-Nachfolger gab, dann ihn. Doch Schlingensief ging den umgekehrten Weg und fand seine Erfüllung in den neunziger Jahren im Theater und künstlerischen Aktionismus. Der andere Lichtblick jener Zeit hieß Romuald Karmakar. Seinem originellen, formal wie politisch klugen und unangepassten, allzu oft gründlich missverstandenen Werk widmet Pierre Gras zu Recht ein umfangreiches Kapitel. So autark Karmakar stets gearbeitet hat, so konstitutiv ist sein Werk für das Selbstverständnis der intellektuellen Filmkritik im heutigen Deutschland und der unter dem problematischen Begriff »Berliner Schule« zusammengefassten Filmregisseure. Pierre Gras beschreibt die deutsche Filmindustrie der neunziger Jahre als »international bedeutungslos« und »unoriginell«. Und doch steht sie für ein Wiedererstarken des Interesses am heimischen Kino. Mit »platten« Komödien wie den von Bernd Eichinger produzierten Manta Manta oder Der bewegte Mann stieg der Marktanteil deutscher Filme signifikant. Ihr Erfolg schuf die wirtschaftliche Grundlage für eine neue Generation von Filmemachern; womöglich inspirierte er andere, die Gunst des Publikums mit ernsthafteren Stoffen zu finden. Pierre Gras sieht in diesen Filmen »junge Männer und Frauen auf der Suche nach neuen Rollen«. Deutschland hat sich nach dem Mauerfall neu definieren müssen. Dass das wachsende Selbstbewusstsein des wiedervereinigten Landes sich im Kino vor allem in Schwänken und Plattitüden niederschlug, die im Ausland bestenfalls Achselzucken hervorrufen konnten, forderte kritischere Geister geradezu heraus. Und nicht alles, was im Gewand der Komödie daherkam, war frei von Tiefgang. Die Filme von Detlev Buck zum Beispiel besaßen einen regionalen Humor, der Lust auf die Auseinandersetzung mit der Stimmung im eigenen Land machte. Bucks zweiter Spielfilm Wir können auch anders … schaffte es in den Wettbewerb der Berlinale und brach dort mit Klischees, in denen der deutsche Film dieser Zeit erstarrt schien. Am Ende der neunziger Jahre dann gelang dem Filmnarren und ehemaligen Kinobetreiber Tom Tykwer der Befreiungsschlag. Lola rennt passte in keine der Schubladen, in die man das deutsche Kino gemeinhin einsortierte. Der wilde, exzessiv stilisierte Film beeindruckte schon deswegen, weil er alles über Bord warf, deswegen man sich für den typischen deutschen Film schämte: die biederen Literaturverfilmungen, die dialoglastige Dramaturgie, das verschnarchte Betroffenheitskino. Für das Image der hiesigen Filmproduktion wirkte Lola rennt enorm befreiend. Die Regisseure der sogenannten »Berliner Schule«, der sich die vorliegende Bestandsaufnahme des deutschen Films ausführlich widmet, fanden eine völlig andere Situation vor als die Pioniere des Neuen Deutschen Films vierzig Jahre zuvor. Ihnen fehlt das Feindbild von »Papas Kino«, das im Oberhausener Manifest großspurig für tot erklärt werden musste. Sie können sich wie Christian Petzold und Thomas Arslan entspannt am Vorbild des amerikanischen Kinos bedienen, ohne zu plagiieren, ohne in die Falle des Zitatenkinos zu tappen. Sie haben...


Pierre Gras, Jahrgang 1960, hat lange für die Cinémathèque française gearbeitet. Er hat zahlreiche Texte über das deutsche Gegenwartskino geschrieben und ist als Spezialist regelmäßiger Gast auf Veranstaltungen zum aktuellen deutschen Film. Gras ist Dozent für Filmökonomie an der Sorbonne, Paris.

Marcus Seibert, geboren in Aachen, lebt heute in Köln. Freier Drehbuchautor, Schriftsteller und Übersetzer. Neben zahlreichen Buchveröffentlichungen lange Zeit tätig als Drehbuchautor für die "Lindenstraße". Derzeit verschiedene Filmprojekte, Erzählungen, Mitherausgeber der Filmzeitschrift "Revolver".



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