Ferreira | Die perfekte Theorie | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Ferreira Die perfekte Theorie

Das Jahrhundert der Genies und der Kampf um die Relativitätstheorie
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-406-66138-9
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das Jahrhundert der Genies und der Kampf um die Relativitätstheorie

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-406-66138-9
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Allgemeine Relativitätstheorie war und ist der größte Triumph der modernen Physik. Von dem Augenblick an, da Einstein seine Theorie im Jahr 1915 vorschlug, wurde sie mit Enthusiasmus aufgenommen, stieß jedoch ebenso auf erbitterten Widerstand. Bis heute ist sie Anlass von Fehden, ideologischen Kämpfen, aber auch fruchtbarer internationaler Zusammenarbeit.

Der Astrophysiker Pedro G. Ferreira hat die Biographie der allgemeinen Relativitätstheorie geschrieben. Sein Buch, das sich wie ein wissenschaftlicher Roman liest und ganz ohne Gleichungen und Kurven auskommt, ist eine fesselnde Erzählung der Ideen und Personen hinter Einsteins Theorie.

„Einsteins herrliche Theorie ist annähernd ein Jahrhundert alt, und sie hat seitdem ein wahres Crescendo an Entdeckungen ausgelöst. Mehr denn je ist ihr Platz heute an der vordersten Wissenschaftsfront, unverzichtbar für unser Verständnis des Universums. Pedro Ferreira beschreibt klar und unakademisch die wissenschaftlichen Durchbrüche, die von Einsteins Theorie ausgingen, und die Persönlichkeiten, die daran beteiligt waren.“
Martin Rees

„Die perfekte Lektüre.“
Steven Strogatz

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Vorwort
Am 6. November 1919 erhob sich Arthur Eddington bei einer gemeinsamen Versammlung der Royal Society und der Royal Astronomical Society und läutete mit seiner Verlautbarung sang- und klanglos den Untergang des bislang herrschenden Paradigmas der Gravitationslehre ein. Der Astronom aus Cambridge beschrieb feierlich und etwas langatmig seine Reise zu der kleinen, üppig bewachsenen Insel Príncipe vor der westafrikanischen Küste, wo er mit einem Teleskop Bilder einer totalen Sonnenfinsternis aufgenommen hatte, und wies dabei insbesondere auf einen blassen Sternenhaufen im Hintergrund hin. Durch genaue Bestimmung der Position dieser Sterne konnte Eddington nachweisen, dass die von Isaac Newton, dem Schutzheiligen der britischen Wissenschaften, aufgestellte Gravitationstheorie, die mehr als zwei Jahrhunderte lang als Wahrheit gegolten hatte, nicht stimmte. Er forderte, dass eine neue und korrekte Theorie an ihre Stelle treten müsse – die von Albert Einstein vorgeschlagene «allgemeine Relativitätstheorie». Schon damals war Einsteins Theorie für ihr Erklärungspotenzial bezüglich des Universums ebenso bekannt wie für ihre Unverständlichkeit. Nach dem offiziellen Programm, und bevor sich alles ins abendliche London zerstreute, standen Publikum und Redner noch etwas beisammen, und der polnische Physiker Ludwik Silberstein schlenderte zu Eddington hinüber. Silberstein, selbst Autor eines Buchs über Einsteins enger gefasste «spezielle Relativitätstheorie», hatte Eddingtons Vortrag mit großem Interesse verfolgt und erklärte nun: «Professor Eddington, Sie müssen einer der drei Menschen auf der Welt sein, die die allgemeine Relativität verstanden haben.» Als Eddington nicht gleich antwortete, fügte er an: «Nur keine falsche Bescheidenheit, Eddington.» Der Angesprochene nahm ihn scharf ins Visier und entgegnete: «Ganz im Gegenteil. Ich überlege, wer die dritte Person sein könnte.»[1] Schon zu der Zeit, als ich Einsteins allgemeine Relativitätstheorie für mich selbst entdeckte, musste Silbersteins Zahl höchstwahrscheinlich nach oben korrigiert werden. Das war zu Beginn der 1980er Jahre, als Carl Sagan in der Fernsehserie Unser Kosmos erklärte, wie sich Raum und Zeit ausdehnen und gleichzeitig schrumpfen können. Ich bat meinen Vater sofort, mir die Theorie zu erklären. Er konnte aber nur dazu sagen, dass sie sehr, sehr schwierig zu verstehen sei. «Kaum jemand versteht die allgemeine Relativitätstheorie», meinte er. So leicht ließ ich mich aber nicht davon abbringen. Etwas an dieser bizarren Theorie mit ihren verformten Gittern aus Raumzeit, die sich um tiefe, trostlose Abgründe des Nichts krümmen, übte eine gewaltige Anziehungskraft aus. Die Auswirkungen der allgemeinen Relativität konnte ich in alten Folgen von Raumschiff Enterprise sehen, wenn der Sternenkreuzer von einem Schwarzen Stern in der Zeit zurückkatapultiert wurde oder wenn sich Captain James T. Kirk mit den verschiedenen Dimensionen der Raumzeit vertat. War das denn wirklich so schwer zu verstehen? Wenige Jahre später ging ich an die Universität von Lissabon und studierte Ingenieurwesen in einem für die faschistische Architektur des Salazar-Regimes typischen monolithischen Klotz aus Stein, Eisen und Glas. Passender hätte die Umgebung nicht sein können für die endlosen Vorlesungen, in denen man uns so nützliche Dinge beibrachte wie Computer, Brücken und Maschinen zu bauen. Manche von uns beschäftigten sich in der Freizeit als willkommene Abwechslung vom endlosen Büffeln mit moderner Physik, und wir alle träumten davon, Albert Einstein zu sein. Hin und wieder tauchte etwas von seinen Gedanken in unseren Vorlesungen auf. Wir lernten den Zusammenhang zwischen Energie und Masse und erfuhren, dass Licht aus Teilchen besteht. Als elektromagnetische Wellen an die Reihe kamen, führte man uns in Einsteins spezielle Relativitätstheorie ein. Diese hatte er 1905 entwickelt, im zarten Alter von 26 Jahren – nur wenig älter als wir selbst. Ein vergleichsweise fortschrittlicher Dozent riet uns, Einsteins Publikationen im Original zu lesen. Diese entpuppten sich als Muster an Prägnanz und Klarheit und standen in krassem Gegensatz zu den weitschweifigen Übungsaufgaben, die wir zu lösen hatten. Die allgemeine Relativitätstheorie, mit der Einstein die Raumzeit einführte, gehörte allerdings nicht zum Lehrplan. Irgendwann beschloss ich, mir die allgemeine Relativitätstheorie selbst beizubringen. Beim Stöbern in der Bibliothek der Universität stieß ich auf eine faszinierende Sammlung von Monographien und Lehrbüchern der berühmtesten Physiker und Mathematiker des 20. Jahrhunderts. Da war Arthur Eddington, der königliche Astronom aus Cambridge; der Göttinger Geometer Hermann Weyl; Erwin Schrödinger und Wolfgang Pauli, beide Väter der Quantenphysik – und jeder mit seiner eigenen Ansicht, wie Einsteins Theorie zu vermitteln sei. Ein Wälzer von mehr als 1000 Seiten voller blumiger Anmerkungen dreier Relativisten aus Princeton erinnerte eher an ein riesiges schwarzes Telefonbuch. Ein vom Quantenphysiker Paul Dirac verfasstes Bändchen brachte es dagegen gerade einmal auf 70 Seiten. Mir war, als wäre ich in ein neues Universum der Ideen voller faszinierender Persönlichkeiten eingetreten. Ihr Gedankengut war nicht leicht zu verstehen. Ich musste lernen, auf eine völlig neue Weise zu denken, und war dabei angewiesen auf eine anfangs kaum zu begreifende Geometrie und aberwitzige Mathematik. Wer Einsteins Theorie entschlüsseln wollte, musste diese mathematische Fremdsprache meistern. Damals wusste ich noch nicht, dass es Einstein beim Austüfteln seiner Theorie nicht anders ergangen war. Aber welche ungeahnten Möglichkeiten eröffneten sich, wenn man sich das nötige Vokabular und die Grammatik einmal angeeignet hatte! In diesem Moment begann meine lebenslange Liebe zur allgemeinen Relativitätstheorie. Es mag wie eine maßlose Übertreibung klingen, aber ich kann der Versuchung nicht widerstehen: Wer sich Albert Einsteins allgemeine Relativitätstheorie aneignet, erhält zum Lohn nichts Geringeres als den Schlüssel zur Geschichte des Universums, zum Beginn der Zeit und der Entstehung der Sterne und Galaxien des Weltalls. Die allgemeine Relativität verrät uns, was in den entlegensten Fernen des Universums zu finden ist, und erklärt, in welcher Weise dieses Wissen unsere Existenz hier und heute beeinflusst. Einsteins Theorie wirft außerdem Licht auf das, was sich in den allerkleinsten Maßstäben abspielt, wo aus dem Nichts Teilchen höchster Energie entstehen können. Sie erklärt, wie Raum und Zeit selbst als stoffliche Grundlagen der Wirklichkeit in Erscheinung treten und zu tragenden Säulen der Natur werden. Bei der intensiven Beschäftigung wurde mir klar, dass Raum und Zeit mit der allgemeinen Relativitätstheorie eigentlich erst zum Leben erweckt wurden. Der Raum war fortan nicht mehr bloß ein Ort, wo Dinge existierten, und die Zeit keine tickende Uhr, um die Dinge im Auge zu behalten. Bei Einstein sind Raum und Zeit in einem kosmischen Tanz vereint und werden von allem beeinflusst – vom kleinsten Partikel bis zur größten Galaxie. Dabei verweben sie sich zu komplizierten Mustern, die äußerst bizarre Wirkungen hervorrufen können. Im Grunde seit dem Moment ihrer Entstehung half die Theorie beim Erforschen der Natur. Das Universum erwies sich nun als dynamisches Gebilde, das sich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit ausdehnt. Es steckt voller verheerender Fehlstellen in Raum und Zeit, «Schwarze Löcher» genannt, und wird durchmessen von ungeheueren Wellen, jede annähernd mit dem Energiegehalt einer ganzen Galaxie. Die allgemeine Relativitätstheorie hat uns weiter vordringen lassen, als wir uns je hätten vorstellen können. Und noch etwas an der allgemeinen Relativitätstheorie imponierte mir von Anfang an: Obwohl Einstein nur ein knappes Jahrzehnt zu ihrer Ausarbeitung benötigte, ist sie seither völlig unverändert geblieben. Seit beinahe einem Jahrhundert gilt sie vielen als perfekte Theorie, zutiefst bewundert von allen, die das Vorrecht genießen, sich mit ihr befassen zu können. Ihre Stabilität ist sprichwörtlich, sie gilt als Kernpunkt des modernen Denkens und genießt als kulturelle Errungenschaft den gleichen Rang wie die Sixtinische Kapelle, Bachs Cellosuiten oder ein Film von Antonioni. Die allgemeine Relativitätstheorie lässt sich kurz und knapp in einer Reihe von Gleichungen und Regeln zusammenfassen. Diese sind nicht nur sehr elegant, sie verraten uns auch etwas über die reale Welt. Sie erlauben Vorhersagen über das Universum, die sich durch Beobachtungen bestätigen lassen. Einer verbreiteten Überzeugung nach sind in der allgemeinen Relativitätstheorie sogar noch weitere tiefe Geheimnisse versteckt, die nur darauf warten, aufgedeckt zu werden. Was mehr konnte ich mir wünschen? Fünfundzwanzig Jahre lang war die allgemeine Relativitätstheorie Teil meines Alltags. Sie war Gegenstand meiner Forschung und bildete die Basis von vielem, das meine Mitarbeiter und ich zu verstehen versuchten. Dabei stehe ich mit meiner Begegnung mit Einsteins Theorie keineswegs allein; auf der ganzen Welt habe ich Menschen getroffen, die in ähnlicher Weise...


Pedro G. Ferreira wuchs in Portugal und Großbritannien auf und ist nach Stationen in London, Berkeley und am CERN seit 2000 Professor für Astrophysik in Oxford. Seit mehr als 25 Jahren ist sein Forschungsschwerpunkt die Allgemeine Relativitätstheorie und die Kosmologie.



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