Historischer Krimi
E-Book, Deutsch, 219 Seiten
ISBN: 978-3-86282-487-8
Verlag: Acabus Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Autoren haben die Lücken in den historischen Überlieferungen genutzt, um sie mit einem fesselnden Kriminalfall zu füllen, in dem Fakten und Fiktion verschmelzen. Alles könnte so geschehen sein, und vielleicht war es auch so …
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Leseprobe aus Kapitel 1: Petzensteiner packte sein Bündel und zögerte: 'Sag mal Martin, mir geht diese Begegnung mit dem Priester eben vor der Herberge nicht aus dem Kopf. Er war doch recht aufdringlich.' Martin lachte: 'Er hat die Gelegenheit genutzt und mir etwas zugeflüstert.' 'Etwas Geheimes?' 'Er sagte, er sei ein Anhänger von mir und gehöre zu einer Gruppe von Priestern hier in Worms, die längst schon die reformatorischen Gedanken lebten und predigten. Und er versicherte mich seines Beistandes, wann immer ich ihn brauche. Er ist einer der Domprediger.' Petzensteiner nickte nachdenklich. Warum hatte der Priester das für nötig gehalten? Würde es in Worms so gefährlich werden? 'Ach ja, und rate mal, was er noch sagte?', fragte Martin verschmitzt. Petzensteiner zuckte mit den Schultern. 'Diese Stadt ist eine Schlangengrube.' 'Das ist aber kein Grund zur Freude', sagte Petzensteiner und ging mit seinem Packen auf die Tür zu. Da klopfte es. Er öffnete sie einen Spalt breit. Vor ihm stand ein beleibter Mann und verbeugte sich: 'Lieber Augustinerbruder. Ich bin Conrad Peutinger und möchte den verehrten Doktor Martin Luther, den ich in diesem Zimmer wähne ...' Weiter kam er nicht, denn Martin rief von drinnen: 'Nur herein, mein lieber Mitverschwörer. Ich freue mich, dich hier zu treffen.' Petzensteiner hieß den Besucher mit einer freundlichen Geste eintreten und half ihm aus seinem mit kostbarem Pelz besetzten Mantel. Die beiden Männer umarmten sich und nahmen am Tisch Platz. Petzensteiner wusste nicht so recht, wohin mit sich. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben die Tür. Falls noch mehr Besuch kam, würde er den Zerberus geben. Bestimmt war der Gast ein reicher Kaufmann, dachte er. Doch offensichtlich war er ein Gelehrter und ein sehr gewichtiger Politiker obendrein. Conrad Peutinger, so entnahm er dem Gespräch, hatte Martin das Leben gerettet, als er vor drei Jahren schon einmal zu einem Disput mit einem päpstlichen Kardinal in Augsburg erscheinen musste. 'Das Verhör war nicht ungefährlich', erinnerte sich Peutinger. 'Ich konnte mich gegen die Finten der Kurie nur schützen, indem ich mich noch und noch auf die Bibel berief. Und so werde ich's auch diesmal tun', sagte Luther und tat einen großen Zug aus seinem Becher. 'Ich befürchte, dass es hier in Worms keinen Disput geben wird. Die wollen sich nicht auf eine Diskussion mit dir einlassen, sondern dich lediglich verhören', antwortete Peutinger besorgt, doch Martin schien ihm gar nicht zuzuhören. Die Erinnerung hatte ihn wohl noch fest in ihren Klauen: 'Revocco! Revocco! Revocco sollst du sagen, dieses eine Wörtchen nur!' 'Lieber Luther!' Peutinger sprach jetzt lauter. 'In Augsburg habe ich dir noch zur Flucht verhelfen können. Hier werde ich das nicht wieder tun.' 'Jetzt kannst du dir so etwas nicht mehr leisten, du bist ja auch Berater des Kaisers.' 'So nahe bin ich nicht an ihm', sagte Peutinger ruhig. 'Aber Besonnenheit, das ist mein Rat für dich, ist mitunter mehr wert als Sturm und Drang.' 'Jetzt klingst du wie Erasmus!', rief Martin aus. 'Ja, den Erasmus von Rotterdam verehre ich.' Petzensteiner stand auf und schenkte Martin noch einmal Wein nach. So würde er sich wieder beruhigen, hoffte er. 'Du bist doch dabei, wenn die Causa Lutheri verhandelt wird?', fragte Luther seinen Gast. 'Gewiss. Und eines verspreche ich dir: Ich werde genaues Protokoll führen, damit die Wahrheit für alle Zeit erhalten bleibt.' Während sich die beiden verabschiedeten und Petzensteiner Peutinger in seinen Mantel half, rief eine Stimme von draußen: 'Kaum angekommen, steckt man schon die Köpfe zusammen.'