E-Book, Deutsch, 216 Seiten
ISBN: 978-3-95558-025-4
Verlag: Brandes & Apsel
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Autoren/Hrsg.
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Inhalt
Frank Dammasch / Martin Teising
"Die Zukunft war früher auch besser"
Frank Dammasch
Das Kind in der Moderne
Sozialpsychologische und psychoanalytische Gedanken
Vera King
Optimierte Kindheiten
Familiale Fürsorge im Kontext von Beschleunigung und Flexibilisierung
Rolf Göppel
Haben Kinder und Jugendliche größere emotionale Defizite und psychosoziale Störungen als früher?
Michael Günter
Das Spiel in der virtuellen Welt
Affektabwehr, "milde Narkose" oder Symbolisierung?
Ann Kathrin Scheerer
Das modernisierte Krippenkind
Rainer Böhm
Neurobiologische Aspekte der Kleinkindbetreuung
Ellen Lang-Langer
Das böse Objekt
Die Behandlung eines siebenjährigen Jungen mit früher Krippenerfahrung
Iris Nikulka
Weibliche Sexualität in der Adoleszenz heute
Im Spannungsfeld von Hysterie, Chirurgie und Pornografie
Gertrud Hardtmann
Kindheiten zwischen Anpassung und Widerstand
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Generationen
Jochen Raue
Nicht ohne mein Handy
Triebwünsche ausleben oder Versagung ertragen?
Die Autorinnen und Autoren
Frank Dammasch / Martin Teising
"Die Zukunft war früher auch besser"
Erfolgreiche Identitätsentwürfe des modernen Subjekts müssen durch einen stabilen Identitätskern wie durch die Fähigkeit zur Flexibilität gekennzeichnet sein. Gerade die erweiterten Möglichkeiten konfrontieren allerdings die psychische Struktur vieler Individuen mit neuen integrativen Anforderungen, denen sie nicht immer gewachsen sind. Erwachsene, aber auch viele Jugendliche leiden an Depressionen, die heute oft als Burnout etikettiert werden, und an Suchterkrankungen. Bei Kindern zeigen vermehrte Störungen der Aufmerksamkeit, der Konzentrationsfähigkeit und der Impulskontrolle, dass unsichere Beziehungserfahrungen und Beschleunigungserwartungen ihren sozialen Preis haben. Sie können als pathologischer Ausdruck einer Gesellschaft gedeutet werden, in der sich eine wachsende Zahl von Menschen durch die Beschleunigungsanforderungen der Moderne in systematische Überforderungssituationen hineinmanövriert fühlen. Dies können wir als Ausdruck eines unvermeidbaren Spannungsverhältnissen zwischen der inneren Struktur der Psyche und den wachsenden Flexibilisierungsanforderungen der Außenwelt ansehen, können es aber auch als Hinweise auf einen tiefgreifenden Spalt zwischen der inneren Bedürfnisstruktur des Subjekts und den ökonomischen und technologischen Kräften verstehen, die heute das Realitätsprinzip dominieren.
Wie sich der äußerlich erfahrbare soziale und technologische Wandel der Moderne auf die kindlichen Entwicklungs- und Bildungsprozesse und die intrapsychische Strukturbildung auswirken, ist somit Thema dieses Buches. Verändert die Moderne unser inneres Bild vom Kind? Wie gestalten sich die Lebens- und Beziehungsentwürfe heutiger Kinder und Jugendlicher im Spannungsfeld zwischen virtuellen und realen Räumen? Welche neuartigen Phänomene erweitern oder gefährden die Verarbeitungsfähigkeiten der kindlichen Psyche? Wirkt die Arbeitsbeschleunigung sich unmittelbar auf Kindheit und Jugend aus? Setzen wir unsere Kinder mit der politisch gewollten frühen Fremdbetreuung einem gesundheitsgefährdenden Stress aus? Wie beeinflusst die Internetpornografie die psychosexuelle Identitätsbildung des Jugendlichen? Welche Auswirkungen haben neue Kommunikationsmedien auf die psychosoziale Identitätsbildung oder den psychotherapeutischen Prozess? Nehmen psychische Krankheiten in der Moderne tatsächlich zu oder ist es nur der medial geschärfte Blick darauf? Wie erleben ältere und junge Menschen die Generationenspannung?
Diesen und anderen Fragen widmen sich in diesem Buch renommierte Forscher und Kliniker aus Kinderpsychotherapie, Psychoanalyse, Pädagogik, Soziologie und Medizin. Sie zeigen anhand systematischer Studien und klinischen Einzelfallanalysen detailliert auf, welche Einflüsse spezifische Anforderungen der Moderne auf die psychosoziale und psychosexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben können