Chalmers / Fuchs / Taubner | Kunst und Künstlichkeit | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Chalmers / Fuchs / Taubner Kunst und Künstlichkeit

Phantasie, Abwehr und Realitätsbewältigung: Was ist noch echt, bedeutungsvoll und real?
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-95558-392-7
Verlag: Brandes & Apsel
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Phantasie, Abwehr und Realitätsbewältigung: Was ist noch echt, bedeutungsvoll und real?

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

ISBN: 978-3-95558-392-7
Verlag: Brandes & Apsel
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der dritte Band des Jahrbuch für klinische und interdisziplinäre Psychoanalyse nähert sich unter dem Titel »Kunst und Künstlichkeit« zwei Begrifflichkeiten, die beide Kulturleistungen des Menschen bezeichnen und damit auf Verzicht sowie Aneignung, Anerkennung sowie Beherrschung, Gestaltung und Symbolisierung von Natur, Natürlichem und materiell Gesellschaftlichem setzen. Das Konzept Künstlichkeit erfährt nun insbesondere durch den Diskurs um die Künstliche Intelligenz einen immensen und neuen Auftrieb. Ihr wird eine unglaubliche schöpferische Wirkmächtigkeit zugeschrieben, die in Teilen schon heute unsere Realität prägt. Wir können sie als eine Künstlichkeit verstehen, die sich irgendwie unabhängig entwickelt und etwas Eigenes hervorbringt, von dem wir nicht wissen, was es denn eigentlich ist. Was ist überhaupt Künstlichkeit? Kann sich daraus eigenes Leben entwickeln? Kommt ihr eine Form von Bewusstsein zu? Wie können wir mit künstlicher Intelligenz in Verbindung treten und was bedeutet das für uns als Subjekte?

Christine Bauriedl-Schmidt, Dr. biol. hum. Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin (DGPT) in eigener Praxis; Mitglied des Vorstands und Dozentin der Münchner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse (MAP), Sprecherin des Netzwerk Freie Institute (NFIP); Veröffentlichung 2022: Klimagefühle, Abwehr und Hoffnung auf Psychotherapie. Markus Fellner, Dr. phil. Dipl.-Psych., Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut, Psychoanalytiker (DGPT) für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Familientherapeut (DGSF), Dozent der Münchner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse (MAP), Mitglied der PsychologistsForFuture (Psy4F). Veröffentlichung 2022: Was ist psychoanalytische Aufkla?rung heute? Eine Kultur der Fu?rsorge als Antwort auf die Verletzbarkeit des Subjekts im Angesicht der Klimakrise. Sebastian Kudritzki, Studium der Sozialpädagogik und der Psychologie. Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut und Gruppenanalytiker, niedergelassenen in eigener Praxis in München. Dozent und Supervisor der MAP. Herausgeber mit Catharina Salamander bei Brandes & Apsel: Psychodynamische Behandlungstechnik bei Kindern und Jugendlichen (2019) und Psychoneurosen des Kindesalters. Symptom - Beziehung - Entwicklung (2023).
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Das Virtuelle und das Reale1


Zusammenfassung: Ich behaupte, dass die virtuelle Realität eine Art echte Realität ist. Insbesondere plädiere ich für den virtuellen Digitalismus, bei dem virtuelle Objekte reale digitale Objekte sind, und gegen den virtuellen Fiktionalismus, bei dem virtuelle Objekte fiktionale Objekte sind. Ich behaupte auch, dass die Wahrnehmung in der virtuellen Realität nicht illusorisch sein muss und dass das Leben in virtuellen Welten ungefähr den gleichen Wert haben kann wie das Leben in nicht-virtuellen Welten.

Wie real ist die virtuelle Realität? Die gängigste Meinung ist, dass die virtuelle Realität eine Art fiktive oder illusorische Realität ist und dass das, was in der virtuellen Realität passiert, nicht wirklich real ist. In sagte William Gibson treffend, dass der Cyberspace (d. h. die virtuelle Realität) eine »einvernehmliche Halluzination« ist. In Diskussionen über virtuelle Welten werden häufig virtuelle Objekte mit realen Objekten verglichen, so als ob virtuelle Objekte nicht wirklich real wären. Ich vertrete die gegenteilige Auffassung: Die virtuelle Realität ist eine Art echte Realität, virtuelle Objekte sind reale Objekte, und was in der virtuellen Realität geschieht, ist wirklich real.

Wir können uns diesem Thema über eine Reihe von Fragen nähern. (1) Sind virtuelle Objekte, wie z. B. die Avatare und Werkzeuge in einer typischen virtuellen Welt, real oder fiktiv? (2) Finden virtuelle Ereignisse, wie z. B. eine Wanderung durch eine virtuelle Welt, wirklich statt? (3) Wenn wir virtuelle Welten wahrnehmen, indem wir immersive Erfahrungen mit einer uns umgebenden Welt machen, sind unsere Erfahrungen dann illusorisch? (4) Sind Erfahrungen in einer virtuellen Welt genauso wertvoll wie Erfahrungen in einer nicht-virtuellen Welt?

Hierzu können wir zwei große Bündel von Ansichten unterscheiden. Ein Bündel, das wir als bezeichnen können (in Anlehnung an das gleichnamige Buch von Michael Heim aus dem Jahr 1998), lautet:2

(1) Virtuelle Objekte existieren wirklich.

(2) Die Ereignisse in der virtuellen Realität finden wirklich statt.

(3) Erlebnisse in der virtuellen Realität sind nicht illusorisch.

(4) Virtuelle Erfahrungen sind genauso wertvoll wie nicht-virtuelle Erfahrungen.

Und ein Bündel, das wir als bezeichnen können:

1.Virtuelle Objekte existieren nicht wirklich.

2.Die Ereignisse in der virtuellen Realität finden nicht wirklich statt.

3.Erlebnisse in der virtuellen Realität sind illusorisch.

4.Virtuelle Erlebnisse sind weniger wertvoll als nicht-virtuelle Erlebnisse.

Die vier Thesen in jedem Bündel sind von den anderen trennbar, und es ist möglich, nur eine oder zwei der Thesen in jedem Bündel in Anschlag zu bringen. Aber die Thesen in jedem Bündel passen besonders natürlich zusammen. Jede These bedarf einer Erläuterung, die ich im Folgenden geben werde.

Ich habe den philosophischen Status der virtuellen Realität schon einmal in meinem Artikel »Die Matrix als Metaphysik« von 2003 untersucht. In diesem Artikel ging es um eine perfekte und dauerhafte virtuelle Realität, wie sie in dem Film dargestellt wird. In diesem Artikel (dessen Kenntnis ich hier nicht voraussetze) habe ich argumentiert, dass, wenn wir uns in einer Matrix befinden, die meisten unserer gewöhnlichen Überzeugungen (z. B. dass es Tische gibt) richtig sind. Wenn wir nun aber feststellen, dass wir uns in einer Matrix befinden, sollten wir nicht sagen, dass es keine Tische gibt, sondern dass Tische digitale (oder rechnerische) Objekte sind, die aus Bits bestehen. Somit kann man im Falle einer permanenten und perfekten virtuellen Realität die Thesen 1-4 so formulieren:

1.Virtuelle Objekte existieren wirklich und sind digitale Objekte.

2.Ereignisse in virtuellen Welten sind weitgehend digitale Ereignisse, die tatsächlich stattfinden.

3.Bei Erfahrungen in der virtuellen Realität handelt es sich um die nichtillusorische Wahrnehmung einer digitalen Welt.

4.Virtuelle Erfahrungen in einer digitalen Welt können genauso wertvoll sein wie nicht-virtuelle Erfahrungen in einer nicht-digitalen Welt.

Die Kombination von (1) und (2) können wir als . In diesem Artikel werde ich die digitalistische Sichtweise, die ich für eine permanente und perfekte virtuelle Realität verteidigt habe, nun dahingehend erweitern, dass sie auch für die temporären und unvollkommenen virtuellen Realitäten, die mit der aktuellen VR-Technologie möglich sind, gelten.

1 Definitionen


Erstens: Was ist virtuelle Realität? Im Allgemeinen ist der Begriff »virtuelles X« zweideutig, denn es sind zwei verschiedene Lesarten möglich. In einer traditionellen Lesart bedeutet »virtuelles X« so etwas wie »als ob X, aber nicht X« (man denke an ein virtuelles Unentschieden bei einer Meinungsumfrage, das nicht wirklich ein Unentschieden ist, aber so wirkt, als ob es ein Unentschieden wäre). Nach dieser Lesart wäre die virtuelle Realität eine Als-ob-Realität, die keine Realität ist, und der virtuelle Realismus wäre per Definition ausgeschlossen. In einer neueren und heute gebräuchlicheren Sichtweise bedeutet »virtuelles X« so etwas wie »eine computerbasierte Version von X« (man denke an eine virtuelle Bibliothek, die eine computerbasierte Version einer Bibliothek ist). Diese Lesart ist neutral in Bezug auf die Frage, ob virtuelle X’s X’s sind, und die Antwort kann von Fall zu Fall variieren. Beispielsweise ist es in diesem Sinne plausibel, dass ein virtuelles Kätzchen kein Kätzchen ist, während eine virtuelle Bibliothek durchaus eine Bibliothek ist. In dieser Verwendung des Begriffs »virtueller Realität« bleibt es zumindest offen, ob die virtuelle Realität eine Form der Realität ist.3

Es gibt keine allgemein gültige Definition von virtueller Realität, und das Konzept weist eine gewisse Unschärfe und Flexibilität auf. Dennoch gibt es einen gemeinsamen Kern für die meisten Verwendungen und Definitionen des Begriffs.4 Um diesen Kern zu erfassen, gehe ich davon aus, dass eine virtuelle Realitätsumgebung eine immersive, interaktive, computergenerierte Umgebung ist. Die Tatsache, dass sie computergeneriert ist, macht diese Umgebungen virtuell (wie in der zweiten Definition oben), und die Tatsache, dass sie immersiv und interaktiv ist, macht unsere Erfahrung mit ihnen zumindest ähnlich im Vergleich zur gewöhnlichen Realität. Die drei Schlüsselbegriffe »Eintauchen« (Immersion), »Interaktion« und »Computergenerierung« lassen sich wie folgt erklären. : Eine immersive Umgebung ist eine Umgebung, die eine wahrnehmbare Erfahrung der Umgebung aus einer bestimmten Perspektive erzeugt und dem Benutzer das Gefühl der »Präsenz« vermittelt, d. h. das Gefühl, in dieser Perspektive anwesend zu sein.5 Typischerweise beinhaltet dies Einflüsse, die eine visuelle Erfahrung einer dreidimensionalen Umgebung vermitteln, möglicherweise zusammen mit auditiven und anderen sensorischen Elementen. Heutzutage ist der Standard immersiver VR-Technologie ein Head-Set mit einem stereoskopischen Display. In Zukunft kann man sich jedoch auch vorstellen, dass Brillen, Kontaktlinsen oder Implantate das Gleiche leisten könnten. : Eine Umgebung ist dann interaktiv, wenn die Handlungen des Benutzers einen wesentlichen Einfluss auf das Geschehen in der Umgebung haben. In der aktuellen VR findet diese Interaktion durch den Einsatz von Eingabegeräten wie Head- und Body-Tracking-Tools, Handheld-Controllern oder eine Computertastatur statt. : Eine Umgebung ist computergeneriert, wenn sie auf einem Berechnungsprozess wie einer Computersimulation beruht, die die Inputs erzeugt, die von den Sinnesorganen des Benutzers verarbeitet werden. In der aktuellen VR findet diese Berechnung in der Regel entweder in einem fest installierten Computer statt, der mit dem Display des Headsets verbunden ist, oder in einem mobilen Computer (z. B. einem Smartphone), der in das Headset eingebettet ist und sein eigenes Display nutzt.

Wir können auch sagen, dass eine Technologie ist, die Virtual-Reality-Umgebungen unterstützt. »Virtuelle Realität« ist im engen Sinne in etwa gleichbedeutend mit »Virtual-Reality-Umgebung«, während es als in einem weiteren Sinne sowohl Virtual-Reality-Umgebungen als auch Virtual-Reality-Technologie umfasst. Der Begriff »virtuelle Realität« wird oft in einem sehr weiten Sinne verwendet - manchmal so weit, dass er fast alle nicht standardisierten Mittel zur Erzeugung von Erfahrungen mit einer externen...


Christine Bauriedl-Schmidt, Dr. biol. hum. Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin (DGPT) in eigener Praxis; Mitglied des Vorstands und Dozentin der Münchner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse (MAP), Sprecherin des Netzwerk Freie Institute (NFIP); Veröffentlichung 2022: Klimagefühle, Abwehr und Hoffnung auf Psychotherapie.

Markus Fellner, Dr. phil. Dipl.-Psych., Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut, Psychoanalytiker (DGPT) für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Familientherapeut (DGSF), Dozent der Münchner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse (MAP), Mitglied der PsychologistsForFuture (Psy4F). Veröffentlichung 2022: Was ist psychoanalytische Aufkla¨rung heute? Eine Kultur der Fu¨rsorge als Antwort auf die Verletzbarkeit des Subjekts im Angesicht der Klimakrise.

Sebastian Kudritzki, Studium der Sozialpädagogik und der Psychologie. Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut und Gruppenanalytiker, niedergelassenen in eigener Praxis in München. Dozent und Supervisor der MAP. Herausgeber mit Catharina Salamander bei Brandes & Apsel: Psychodynamische Behandlungstechnik bei Kindern und Jugendlichen (2019) und Psychoneurosen des Kindesalters. Symptom – Beziehung – Entwicklung (2023).



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