Bubmann / Klek | Davon ich singen und sagen will | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 232 Seiten, Format (B × H): 190 mm x 135 mm

Bubmann / Klek Davon ich singen und sagen will

Die Evangelischen und ihre Lieder

E-Book, Deutsch, 232 Seiten, Format (B × H): 190 mm x 135 mm

ISBN: 978-3-374-05577-7
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mit Protestsongs machten sie ihrem Unmut Luft. Mit Gassenhauern prägten sie eine neue Art des Singens. Gemeint sind die Protestbewegungen der Moderne – aber eben auch die Reformatoren des 16. Jahrhunderts. 'Vom Himmel hoch, da komm ich her' – 'Ein feste Burg ist unser Gott' – 'Die beste Zeit im Jahr ist mein' – all diese Kirchenlieder waren ursprünglich Volkslieder.
Die Erlanger Musikwissenschaftler Konrad Klek und Martin Bubmann lassen eine Reihe von Fachleuten der Kirchenmusik zu Wort kommen. Sie erklären, weshalb Gesang der privaten Erbauung dient, wo die Singebewegungen herkommen, warum 'Stille Nacht, Heilige Nacht' zum Welterfolg wurde – und was das alles mit unserer Gesangskultur heute zu tun hat.
Der schöne und kluge Band ist bebildert und erscheint zum EKD-Themenjahr 'Reformation und Musik'. Ein Muss für alle aktiven Sänger, Bläser oder sonstige Instrumentalisten, aben ebenso für die, die gern zuhören.


[»Davon ich singen und sagen will«.The Protestants and their songs]
With protest songs they vented their resentment. With popular songs they coined a new way of singing. This is about the modern protest movements – but also about the reformers of the 16th century. »Vom Himmel hoch, da komm ich her«, »Ein feste Burg ist unser Gott«, »Die beste Zeit im Jahr ist mein« – all these sacred hymns were originally folk songs.
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„Ein feste Burg ist unser Gott“
Ein Lied im Wandel der Zeiten
Michael Fischer Um berühmte Kunstwerke ranken sich Legenden. Von Luthers Lied Ein feste Burg ist unser Gott wird berichtet, eine Gemeinde in Schweinfurt habe es im Jahr 1532 gegen den Willen des Pfarrers in der Kirche gesungen, die Jugend gar auf den Straßen. Danach soll bald die Reformation eingeführt worden sein. Eine andere Legende überliefert, Kurfürst Pfalzgraf Friedrich III. habe wegen des Chorals in seinem Land keine Festungen bauen lassen: „Ein feste Burg ist unser Gott“ – nicht aber von Menschenhand gemachte Gebäude. Vom schwedischen König Gustav Adolf heißt es, er habe im Kampf gegen die kaiserlichen Truppen das Lied anstimmen lassen und nach dem Sieg den Vers „Das Feld muss er behalten“ ausgerufen. Eduard Emil Koch schreibt in seiner 1876 erschienenen Geschichte des Kirchenlieds und Kirchengesangs, selbst die reformierten französischen Hugenotten seien „freudig mit diesem Gesang, ohne ihren Glauben zu verleugnen“ gestorben. Im Ersten Weltkrieg soll ein verwundeter Soldat auf dem Operationstisch Ein feste Burg gesungen haben. Und Kochs Hymnologenkollege Wilhelm Nelle kolportiert 1917, ein Engländer habe geschrieben, man könne sich gar nicht vorstellen, „wie schrecklich es ist, das Maschinengewehr auf ein Regiment zu richten, das mit dem Gesange des Lutherliedes heranstürmt“. Legenden wie diese sagen viel über religiöse Mentalitäten aus. Die Schreiber, Tradenten und Leser dieser Erzählungen glaubten an Zeichen, welche den endzeitlichen Sieg des Guten im Diesseits bezeugen. Und speziell die Errettungs- und Siegesgeschichten des Ersten Weltkriegs dienten einer nationalreligiösen Erbauung, die keinen Unterschied zwischen Welt und Gottesreich gelten ließ. „Ein feste Burg ist unser Gott“, Doppelseite aus dem Babstschen Gesangbuch von 1545. Martin Luther und Psalm 46 Die historische Wirklichkeit hinter solchen Legenden ist oft weniger heroisch. Martin Luther hat Ein feste Burg ist unser Gott gegen Ende der 1520er Jahre als Glaubens- und Vertrauenslied gedichtet. Es ist im Klugschen Gesangbuch aus dem Jahr 1533 nachgewiesen und war vermutlich schon in der verlorengegangenen Erstauflage von 1529 enthalten. Früher hieß es, das Lied stehe sachlich oder zeitlich in Zusammenhang mit dem Speyrer Reichstag im April 1529, auf dem die Mehrheit der Stände beschlossen hatte, Luthers Anhänger wieder zu ächten, die darauf hin unter Protest die Versammlung verließen – daher die Bezeichnung „Protestanten“. Dieser Zusammenhang ist möglich, aber nicht zwingend. Luther dichtete das Lied in Anlehnung an Psalm 46 als christliche Aneignung und Fortführung. Zentral war für ihn das Vertrauen auf Gott, Ausgangspunkt der Dank für eine Errettung. Einer altkirchlichen Tradition folgend legte er den Psalm christologisch aus. Christus steht im Mittelpunkt: das Feld muss er behalten (Strophe 2). Ebenso unüberwindlich wie der Sohn Gottes ist das Wort. Es richtet und stürzt den Teufel (Strophe 3) und behält seine Gültigkeit auch dann, wenn der Gläubige sein Eigentum oder Leben verliert (Strophe 4). Am Schluss steht die Zuversicht Das Reich muss uns doch bleiben in endzeitlicher Dimension. Scharf unterscheidet Luther Welt und Himmel, Gott und Teufel. Seine Burg- und Wehr-Metaphorik ist sehr konkret. So konnte Ein feste Burg als Kriegslied verstanden werden, gegen konfessionelle Gegner oder gegen Feinde wie die Türken, die Europa militärisch bedrohten. Diese kämpferische Interpretation von Luthers Dichtung widerspricht seinen Intentionen nicht unbedingt. Bei seiner Auslegung des 46. Psalms in den Summarien (1531) nennt er ihn ein Danklied des Volkes Israel „wider aller Könige und Heiden Wüten und Toben“. Jetzt singe man den Psalm Gott zu Lobe, „dass er bei uns ist, und sein Wort und die Christenheit wunderbarlich erhält, wider die höllischen Pforten, wider das Wüten aller Teufel und Rottengeister, der Welt, des Fleisches, der Sünden, des Todes etc.“. Diese Verbindung von religiöser Innerlichkeit und politischer Öffentlichkeit war in der Frühen Neuzeit allgemein verbreitet. Die Feinde der eigenen Religion bedrohten demnach die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Mehr noch: Sie zogen den Zorn Gottes auf das Gemeinwesen herab. Insofern war der Kampf gegen die Gegner der wahren Religion nicht nur erlaubt, sondern geradezu geboten. Luthers Lied im Gottesdienst In der Liturgie war Ein feste Burg ist unser Gott ursprünglich nicht dem Thema „Kirche“ und schon gar nicht dem festlichen Reformationsgedächtnis zugeordnet. Vielmehr sollte das Lied in der Fastenzeit, bevorzugt am Sonntag Oculi, erklingen. An diesem Tag werden die Gläubigen in der Epistellesung zu einem reinen Leben ermahnt – ohne schandbare Worte und Narrenteidinge oder Scherze (Epheser 5,4). Das Evangelium lenkt den Fokus auf eine Dämonenaustreibung Jesu. In dieser Perikope wird Jesus von der Menge vorgeworfen, er treibe den Teufel durch Beelzebub, den obersten der Teufel, aus (Lukas 11,15). Christus verweist auf seine Vollmacht und sieht die Heilung als Zeichen für das herannahende Gottesreich. Verknüpft man die biblischen Botschaften dieses Fastensonntages mit dem Liedtext, ist weder Triumphalismus noch Streitlust angesagt, sondern sittlicher Ernst. Im Laufe der Zeit ging die liturgische Zuordnung des Liedes zur Fastenzeit verloren und damit der inhaltliche Zusammenhang mit Anfechtung und Buße. Zunächst kam das Lied zur Rubrik „Wort Gottes“, schließlich über das Thema „Kirche“ zum Reformationsfest. Diese Entwicklung ist bereits im frühen 18. Jahrhundert im Gange, wie das Vollständige und Vermehrte Leipziger Gesangbuch aus dem Jahr 1729 belegt. Im Inhaltsverzeichnis ist Ein feste Burg sowohl dem Sonntag Oculi als auch dem Reformationsfest („Lieder vom Worte Gottes“) zugeordnet. Ein feste Burg als Reformations- und Lutherdenkmal Das Lied Luthers fand im 16. Jahrhundert schnell Eingang in lutherische Kirchengesangbücher, Schul- und Chorliederbücher, auch in das reich ausgestattete Babstsche Gesangbuch aus dem Jahr 1545. Dort steht Ein feste Burg unter den Psalmliedern und ist dezidiert als eine Schöpfung Martin Luthers ausgewiesen. Die Nennung des Autors Luther diente zunächst als Nachweis der Rechtgläubigkeit und suggerierte höchste religiöse Autorität. Später wurde das Lied selbst zu einem Denkmal für Luther und die Reformation. Dieser Prozess setzte schon früh ein. 55 Jahre nach dem Tod des Reformators erschien ein Epinikion Lutheri (Leipzig 1601), ein Preisgesang auf Luther und sein Lied Ein feste Burg ist unser Gott. Ähnliche Veröffentlichungen mit Bezugnahme auf dieses Lied folgten, etwa zur 100-jährigen Erinnerung an den Wormser Reichstag (Darmstadt 1622) oder zur 200-Jahrfeier des Augsburger Bekenntnisses. Hierzu erschien die Ausführliche Historie und Erklärung des Helden-Liedes Lutheri ‚Eine feste Burg ist unser Gott!‘ (Hannover 1731). Im 19. Jahrhundert erlebte die Monumentalisierung des Liedes neue und bis dahin ungeahnte Formen. Die Reformation wurde nicht mehr primär als religiöse, sondern als kulturelle und nationale Befreiungstat erlebt und erinnert. Sie stieg zu einem Gründungsmythos der deutschen Kultur auf. Luther wurde verehrt als politisch-religiöser Nationalheiliger, „das Lutherlied“, wie es jetzt hieß, wurde zum Symbol für diesen Mythos. Erklingt Ein feste Burg ist unser Gott, ruft es bis heute die Konnotationen Religion – Kultur – Nation ab. Stich aus „Gedenkblätter zur Erinnerung an die Enthüllungsfeier des Luther-Denkmals in Worms“, Worms 1868, Frontispiz. Einen großen Anteil an dieser Neubewertung des Liedes hatten die Romantiker mit ihrer Volksliedkonzeption. 1806 wurde Ein feste Burg in die Sammlung Des Knaben Wunderhorn aufgenommen, die „alte deutsche Lieder“ vereinigen wollte. Interessant ist die Überschrift „Kriegslied des Glaubens“. Dieser vorher nicht belegte Titel spielt auf die herkömmliche Vorstellung einer mit geistlichen Mitteln kämpfenden Kirche an, lässt aber auch militärische und nationale Deutungen zu. Andere weltliche Liedsammlungen, Studenten- und Turnerliederbücher im frühen 19. Jahrhundert übernahmen diese Überschrift. Die Befreiungskriege und das studentische Wartburgfest 1817, im Jahr des 300-jährigen Reformationsgedächtnisses, taten ein Übriges, um Ein feste Burg zu einem Denkmal für Freiheit und Emanzipation – individuell wie national – aufzuwerten. Postkartenmotiv zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Unter Glockengeläut, Kanonensalven und Absingen von Ein feste Burg ist unser Gott wurde 1868 das Wormser Reformationsdenkmal enthüllt. Das Lied erklang nicht nur als schmückendes Beiwerk, es lag der Denkmalskonzeption selbst zugrunde. Ein zeitgenössischer Beobachter schrieb: Dieses hehre Denkmal des Protestantismus […], es steht auf einem gewaltigen Stufenunterbau, umschlossen von Mauern und Zinnen mit den Wappen der Städte, welche zuerst die Reformation in ihren Mauern aufnahmen und schützten, es macht den Eindruck wie das Lied, welches der Gottesstreiter mitten in Kampf und Not siegesbewusst...


Peter Bubmann, Dr. theol., Jahrgang 1962, studierte Evangelischen Theologie in München und Heidelberg sowie Kirchenmusik in München. Er ist Pfarrer der Evang.-lutherischen Kirche in Bayern und seit 2002 als Professor für Praktische Theologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sowie als Melodist und nebenamtlicher Kirchenmusiker tätig.
Bubmann ist Mitherausgeber der Zeitschrift 'Musik & Kirche', Mitgliedschaft in theologischen wie kirchenmusikalischen Fachverbänden und Träger des Bad Herrenalber Akademiepreises.

Konrad Klek, Dr. theol., Jahrgang 1960, Studium der Evangelischen Theologie und Kirchenmusik, ist Professor für Kirchenmusik am Fachbereich Theologie und Universitätsmusikdirektor in Erlangen und Präsident der Internationalen Herzogenberg-Gesellschaft: Klek hat zahlreiche Publikationen zur Kirchenmusik in Geschichte und Gegenwart, Werkbesprechungen im Bach-Handbuch des Laaber-Verlags und Noteneditionen vorgelegt.


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