Brockmann / Kirsch / Taubner | Mentalisieren in der psychodynamischen und psychoanalytischen Psychotherapie | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 248 Seiten

Brockmann / Kirsch / Taubner Mentalisieren in der psychodynamischen und psychoanalytischen Psychotherapie

Grundlagen, Anwendungen, Fallbeispiele

E-Book, Deutsch, 248 Seiten

ISBN: 978-3-608-11673-1
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Was eine moderne Psychotherapie braucht

- Zeigt die hohe Anschlussfähigkeit des Mentalisierens an die Psychoanalyse
- Berücksichtigt die Weiterentwicklungen des Mentalisierungskonzeptes
- Zahlreiche Fallbeispiele dienen der Veranschaulichung des Mentalisierens in seiner praktischen Anwendung
- Praxisnah und forschungsorientiert

Die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) hat sich als erfolgversprechende Methode in der Therapie psychischer Störungen erwiesen. Dieses Buch legt dar, wie die MBT im Rahmen tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapien Anwendung finden kann. Die Autoren erläutern die herausragende Bedeutung des Mentalisierens für die gegenwärtige Psychoanalyse und berücksichtigen die wesentlichen konzeptuellen Neuerungen des Mentalisierens, wobei sie den Schwerpunkt auf ambulante Einzeltherapien von Patientinnen und Patienten mit Persönlichkeitsstörungen legen.

Dieses Buch richtet sich an:

Alle psychoanalytisch tätigen PsychotherapeutInnen, die das Mentalisieren in ihre Arbeit integrieren wollen.
Brockmann / Kirsch / Taubner Mentalisieren in der psychodynamischen und psychoanalytischen Psychotherapie jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Vorwort von Peter Fonagy
Dieses Buch hat meinen Beifall und ist mir herzlich willkommen! Wie es häufig der Fall ist, wenn die Dinge noch im Werden sind: Das Neue, das seine Identität und Eigenständigkeit etablieren muss, findet sich unter Umständen separiert von seinen Ursprüngen; möglicherweise wird es, berauscht von seiner Neuheit, die Verbindung mit seinen Wurzeln und seiner Vorgeschichte nicht wahrhaben wollen und sich damit einer ständigen Quelle der Inspiration selbst berauben. Als die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) ihre chronologische und wohl auch psychologische Adoleszenz erreichte, wandte sie sich, genauso wie ihr adoleszentes Pendant, die heranwachsende Person, von der Herkunftsfamilie ab und geriet zunehmend unter den Einfluss ihrer neuen Freunde in der Welt der psychosozialen Therapien – der Entwicklungspsychologie, der evidenzbasierten Praxis, der dritten Welle der kognitiven Verhaltenstherapie, der Neurowissenschaften, der »Philosophie des Geistes«, der Anthropologie, der Sozialpsychologie usw. Und dennoch liegt der Ursprung der Mentalisierungsbasierten Therapie, historisch wie intellektuell, in der Psychoanalyse und der psychodynamischen Psychotherapie (Fonagy, 1991). Im Verlauf der vergangenen 15 Jahre hat die MBT sich zu einem integrativen Modell entwickelt, das den Schwerpunkt auf das soziale Verstehen und dessen zahlreiche Komponenten legt, also auf soziales Referenzieren, soziale Aufmerksamkeit, Empathie, Imitation, auf das Erschließen von Wünschen und Erkenntnissen und auf die Entwicklung des Selbstgewahrseins (Bateman & Fonagy, 2019). Das Besondere an dem MBT-Ansatz allerdings war das, was psychoanalytisches Denken dazu beigetragen hat. Die Mentalisierungsbasierte Therapie erreichte die Welt auf der Erfolgswelle der (sinnvoll zu ToM abgekürzten) Theory of Mind. ToM diente vor Jahrzehnten als erstes Etikett zur Bezeichnung der Fähigkeit, ein Verhalten auf der Grundlage der mentalen Prozesse der jeweiligen Person zu erklären. Das Konzept erfuhr eine Einkleidung in die Geschichte einer Puppe und deren nicht mehr zutreffenden Ansicht, was den Aufbewahrungsort eines Stücks Schokolade anging (die Schokolade war in ihrer Abwesenheit anderswohin verbracht worden), und zog buchstäblich Tausende von experimentellen Untersuchungen nach sich (Wellman et al., 2001; Imuta et al., 2016; Devine & Hughes, 2018). Als das ToM-Thema Fahrt aufnahm, wurde eine Fülle von Versuchsdesigns und philosophischen Konzeptualisierungen in den schmalen Koffer des »Eine Theory of Mind-Besitzens« gestopft (erinnert sei etwa an Daniel C. Dennetts Konzept der »intentionalen Einstellung«; Dennett, 1987). Da mit dem Terminus ToM keine saubere Trennung zwischen dem Konzept und einem experimentellen Design möglich war, und da bei Verwendung des Substantivs die Gefahr bestand, eine Aktivität bzw. einen Prozess zu verdinglichen, wurde der gleiche alternative Begriff – »Mentalisieren« – jeweils unabhängig von zwei Psychologen ins Spiel gebracht, die völlig unterschiedliche Traditionen vertraten: Uta Frith führte ihn in ihrer kognitionspsychologischen Beschreibung des Autismus ein (Frith, 1989), während George Moran, der damalige Leiter des Anna Freud Centre, und ich (Fonagy, 1989) ihn aus psychoanalytischer Perspektive und unter dem Einfluss sowohl der Bindungstheorie als auch einer wichtigen französischen Tradition der Psychosomatik (Lebovici, 1967) thematisierten. Auch wenn es mittlerweile 35 Jahre zurückliegt, erinnere ich mich deutlich, als ich die Idee zuerst am UCL präsentierte, dessen psychologische Fakultät damals fast ausnahmslos kognitivistisch orientiert war. Opposition kam von jenen, die glaubten, Autismus sei das paradigmatische Beispiel für ein Misslingen des Mentalisierens und Individuen mit dieser Diagnose seien mit der gleichen Wahrscheinlichkeit sicher gebunden wie Kinder, die sich normal entwickeln. Mentalisieren galt diesen Zuhörern als eine Fähigkeit, die sich unabhängig von sozialen Erfahrungen entfaltet, und entsprechende Defizite reflektierten in ihren Augen biologische – vermutlich genetische – Schwachstellen. Was diesen Punkt angeht, haben selbst die glühendsten Vertreter der kognitivistischen Position inzwischen etwas eingelenkt (z. B. Brink et al., 2015). Wo MBT sich einen neuen und eigenen Weg zu bahnen suchte, ging es darum, die Fähigkeit, menschliches Verhalten in Form intentionaler mentaler Zustände wahrzunehmen und zu interpretieren, in einen dynamischen Kontext zu stellen. Selbst in ihrer ursprünglichen Formulierung ging MBT über die damals gängige Definition einer evolutionär selektierten Fähigkeit hinaus, die optimale Entscheidungen zum Besten der Person und der Gemeinschaft sowie das Lernen von anderen ermöglichte, zugleich den Wettstreit förderte, die Evaluierung des anderen zuließ und sein Verhalten voraussagte. Die Theorie der MBT bejahte es, dass Mentalisieren all dies und mehr bewirkt. Aber Mentalisieren bringt auch das von der Realität losgelöste Imaginieren mit sich; es bringt Myriaden von kontextuellen Faktoren, es bringt schiefe Annahmen und Verständnisverzerrungen mit sich, hinter denen wiederum irrelevante Informationen, unzutreffende Überzeugungen, einseitige Wertvorstellungen und offene Vorurteile stehen, veranlasst durch die Identität und den Gruppenstatus von Individuen in Interaktion (s. auch Park et al., 2021). In einer Reihe von Beiträgen haben Mary Target und ich versucht, uns mit dieser Komplexität auseinanderzusetzen (Fonagy & Target, 1996a; Target & Fonagy, 1996; Fonagy & Target, 2000; Fonagy & Target, 2007a). Wir verknüpften das Mentalisieren mit Freuds Konzept der psychischen Realität und schlugen eine Reihe von Heuristiken vor, die zu einem differenzierten Gebrauch des Begriffs »Symbolisierung« in der Psychoanalyse beitrugen. Auch versuchten wir, unser Denken sowohl mit Wilfred Bion (Alpha-Funktion) als auch mit Donald Winnicott (Spiegelung und containment) in Einklang zu bringen. Nicht dass wir Erfolg gehabt hätten – aber wir machten doch den bewussten und freiwilligen Versuch, nicht auf Originalität zu pochen, wo es sie nicht gab. Die psychoanalytische Gemeinschaft, zumindest im Vereinigten Königreich, machte sich das Konzept des Mentalisierens nicht zu eigen. Ungeachtet unserer beharrlichen Bemühungen, in psychoanalytischen Fachzeitschriften zu veröffentlichen (z. B. Fonagy & Target, 1995; Fonagy & Target, 2007b; Fonagy & Allison, 2016), war das Mentalisieren kein Thema, das auf der Agenda der Britischen Psychoanalytischen Gesellschaft erschien. Das war, wie ich jetzt bei der Lektüre dieses herausragenden Buches mit einiger Verspätung feststelle, kein Indiz für Engstirnigkeit auf Seiten unserer psychoanalytischen Kollegen (nicht dass sie sich in anderen Fällen etwa nicht der Engstirnigkeit schuldig gemacht hätten). Es war unsere mangelnde Beschäftigung mit der Frage, wie sich psychoanalytische Schlüsselideen in Begriffen oder in der Sprache des Mentalisierungskonzepts wiedergeben lassen könnten. Um welche Schlüsselideen handelt es sich dabei? Es gibt eine überwältigende Anzahl psychoanalytischer Theorien, und Freud selbst veröffentlichte sehr viel mehr zur Theorie als zur Praxis der Psychoanalyse (Fonagy, 1999b). Wo ist das Unbewusste in der MBT? Wo sind die Abwehrmechanismen? Wo sind die Verursacher menschlichen Unglücks – Aggressivität, Neid, Perversion, Narzissmus und der Hauptpfeiler des psychoanalytischen Denkens, die Sexualität? Wir haben bescheidene Anstrengungen unternommen, uns dem letztgenannten Konstrukt anzunähern (Fonagy, 2008), aber im Großen und Ganzen hat die MBT die wichtigsten konzeptionellen Triebkräfte des Objektbeziehungsdenkens wie die Abwehrorganisation, die paranoid-schizoide Position und, noch grundlegender, den psychischen Konflikt ausgelassen. Ohne hier eine großartige Analogie ziehen zu wollen, meine ich doch, dass John Bowlby sich in einer ähnlichen Situation befand, als er versuchte, Ideen aus der benachbarten Disziplin der Ethologie in das psychoanalytische Denken einzuführen (z. B. Bowlby, 1981; Bowlby, 1984). Er sah es als eine herausfordernde Aufgabe an, die notwendigen Zusammenhänge herzustellen, um die Bindungstheorie für Kliniker anwendbar zu machen,...


Kirsch, Holger
Holger Kirsch, Prof. Dr. med., ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalyse und Sozialmedizin sowie Lehranalytiker (DGPT/DGIP). Er ist Professor an der Evangelischen Hochschule Darmstadt und in eigener Praxis niedergelassen.

Taubner, Svenja
Svenja Taubner, Univ.-Prof. Dr. phil., ist Psychoanalytikerin (DPG), Supervisorin und Trainerin für MBT-A (Anna Freud Center) und ist Direktorin des Instituts für Psychosoziale Prävention im Universitätsklinikum der Universität Heidelberg.

Fonagy, Peter
Peter Fonagy, Dr. phil., Dipl.-Psych., Psychoanalytiker, ist Professor am University College London und leitet das Anna Freud National Centre for Children and Families in London.
Zudem ist er Vize-Präsident der IPA, Mitherausgeber einer Anzahl bedeutender Zeitschriften, zum Beispiel des International Journal of Psychoanalysis, des Development and Psychopathology und des Bulletin of the Menninger Clinic.

Fonagy gilt als einer der weltweit führenden Köpfe der Psychotherapieforschung.

Brockmann, Josef
Josef Brockmann, Dr. phil., ist Psychoanalytiker, Lehranalytiker und seit 1988 niedergelassen als Psychotherapeut und Psychoanalytiker in Frankfurt. Seit 2008 Fortbildung in Mentalisierungsbasierter Therapie am Anna-Freud-Institut London bei Bateman und Fonagy.

Josef Brockmann, Dr. phil., ist Psychoanalytiker, Lehranalytiker und seit 1988 niedergelassen als Psychotherapeut und Psychoanalytiker in Frankfurt. Seit 2008 Fortbildung in Mentalisierungsbasierter Therapie am Anna-Freud-Institut London bei Bateman und Fonagy.

Holger Kirsch, Prof. Dr. med., ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalyse und Sozialmedizin sowie Lehranalytiker (DGPT/DGIP). Er ist Professor an der Evangelischen Hochschule Darmstadt und in eigener Praxis niedergelassen.

Svenja Taubner, Univ.-Prof. Dr. phil., ist Psychoanalytikerin (DPG), Supervisorin und Trainerin für MBT-A (Anna Freud Center) und ist Direktorin des Instituts für Psychosoziale Prävention im Universitätsklinikum der Universität Heidelberg.

Peter Fonagy, Dr. phil., Dipl.-Psych., Psychoanalytiker, ist Professor am University College London und leitet das Anna Freud National Centre for Children and Families in London.
Zudem ist er Vize-Präsident der IPA, Mitherausgeber einer Anzahl bedeutender Zeitschriften, zum Beispiel des International Journal of Psychoanalysis, des Development and Psychopathology und des Bulletin of the Menninger Clinic.

Fonagy gilt als einer der weltweit führenden Köpfe der Psychotherapieforschung.


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