Boccaccio | Filocolo | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 485-486, 864 Seiten

Reihe: Die Andere Bibliothek

Boccaccio Filocolo

oder Die verschlungenen Wege der Liebe
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8412-3773-6
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

oder Die verschlungenen Wege der Liebe

E-Book, Deutsch, Band 485-486, 864 Seiten

Reihe: Die Andere Bibliothek

ISBN: 978-3-8412-3773-6
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Geburtsstunde des europäischen Romans.

Der spanische Thronfolger Florio und die Waise Biancifiore wachsen gemeinsam auf und verlieben sich. Doch Florios Vater ist gegen die Verbindung und verkauft Biancifiore an Sklavenhändler nach Babylon. Unter dem Decknamen 'Filocolo', 'Liebesmüh', begibt sich Florio auf die abenteuerliche Suche nach seiner Geliebten. Nach unzähligen Irrungen und Wirrungen wird das Paar schließlich wieder vereint. Es ist eine spektakuläre Reise durch die großen und allergrößten Themen: Liebe, Krieg, Wahrheit, Herrschaft, Moral und die Frage nach dem Jenseits sind nur einige davon. Dabei ist Boccaccios 'Filocolo' nicht nur die Wurzel seines weltberühmten 'Decameron', er markiert auch die Geburtsstunde unseres heutigen Verständnisses von Literatur. Und demonstriert auf eindrucksvolle Weise die unerschöpflichen Möglichkeiten des Romans.



Giovanni Boccaccio (Certaldo oder Florenz 1313 - Certaldo 21.12.1375) war der uneheliche Sohn eines Florentiner Kaufmanns und einer Französin. Er wuchs in Florenz auf und ging um 1330 als Kaufmann nach Neapel, studierte die Rechte und beschäftigte sich mit der Antike. 1350 lernte er Petrarca kennen, den er als seinen Lehrer verehrte. Sein bedeutendstes Werk ist das 'Decameron' (1348/53), eine Novellensammlung, die die europäische Literatur wesentlich geprägt hat und bis heute beeinflusst. Moritz Rauchhaus studierte Deutsche Literatur, Philosophie und Europäische Literaturen in Berlin, Rom und Bordeaux. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf dem italienischen Spätmittelalter, mediterranen Identitäten und der Wechselwirkung von Kulinarik und Literatur. Für seine Übertragung von Boccaccios 'Trattatello in laude di Dante' (Büchlein zum Lob Dantes) erhielt er den Förderpreis des Mazzucchetti-Gschwend-Übersetzungspreises 2024. An der Übersetzung von 'Filocolo' arbeitete er über acht Jahre.
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Moritz Rauchhaus

Giovanni Boccaccios Filocolo


Einleitung


Giovanni Boccaccio stellte als junger Student, wohl zwischen 1336 und 1338, sein bis dahin umfangreichstes Werk fertig und nannte es nach seiner Hauptfigur Il Filocolo. Damit brachte er nichts weniger als den ersten Prosaroman in einer europäischen Volkssprache in Umlauf, die heute noch verstanden wird. Boccaccio hat selbstbewusst Neuland betreten, was aus zwei Gründen geradezu revolutionär genannt werden kann: Erstens gab es literarische Texte in der italienischen Volkssprache überhaupt erst seit hundert Jahren, zweitens wählte man im Mittelalter für bedeutsame Stoffe stets die Versform, auch für Romane. Aber Boccaccio gehörte einer neuen Generation von Dichtern an, die experimentierfreudig für ihre aufblühenden Metropolen schrieben.

Als Ende des 13. Jahrhunderts in Florenz, Neapel und anderen italienischen Großstädten ein deutlicher wirtschaftlicher Aufschwung spürbar wurde, bekamen die juristisch und kaufmännisch ausgebildeten Akteure dieser neuen Zeit eine eigene Stimme. Die Schulen passten ihre Lehrpläne an, und obwohl das Lateinische in der Kirche und an den jungen Universitäten noch dominierte, kam man plötzlich mit dem Italienischen nicht nur weiter, sondern geradezu hoch hinaus – allen voran mit Boccaccios Muttersprache, dem Florentinischen. Ein neues Lesepublikum mit ganz eigenen Lesegewohnheiten entstand, und zu den ersten Helden dieser neuen Literatur werden nicht nur Dante Alighieri (1265–1321) oder Guido Cavalcanti (1255–1300), sondern wenig später auch Giovanni Boccaccio gezählt.

Geboren wurde er in Certaldo oder Florenz im Jahr 1313, also stammt auch er, wie sein großes Vorbild Dante, aus der Toskana, die noch einige andere weltgeschichtlich bedeutende Söhne und Töchter hervorbringen sollte. Sein Vater Boccaccio di Chellino (1297–1348) war ein erfolgreicher Kaufmann, der nicht nur in den italienischen Handelsmetropolen wirkte, sondern auch in Paris, dem damaligen wirtschaftlichen Zentrum des Abendlandes. Vor allem Kaufmänner und Notare bestimmten das Bild dieser Städte, die so rasant wuchsen, dass sich schon Dante in der Generation vor Boccaccio im 16. Gesang seines Inferno vom schnellen Geld und den neuen Gesichtern in den oberen Schichten einigermaßen irritiert zeigte: »Diese neuen Leute und ihr plötzlicher Gewinn / haben dir Stolz und Überheblichkeit gebracht, / Florenz, so dass du dich darüber schon beklagen musst.« (73–75)

Giovanni Boccaccios genauer Geburtsort ist genauso unklar wie der Name seiner Mutter, die sicher nicht mit seinem Vater verheiratet gewesen ist. Die wenigen biographischen Hinweise zu Boccaccios Kindheit finden sich unter anderem in Texten wie dem Filocolo, jedoch immer nur andeutungsweise und versteckt hinter Decknamen, Allegorien oder Vergleichen (? Buch V, Kap. 8). Wahrscheinlich begann er seine Ausbildung im Alter von sechs Jahren in Florenz bei Giovanni Mazzuoli da Strada, dem Vater des Dichters Zanobi da Strada (1312–1361). Schon früh war Boccaccio mit Zanobi befreundet und las gemeinsam mit ihm Texte Ovids, aber die Studienwege der beiden sollten vorerst weit auseinandergehen. Das Lateinische spielte am Anfang von Giovanni Boccaccios Schullaufbahn keine große Rolle, denn die Interessen des Vaters setzten sich schnell durch: Anstatt sich ganz der lateinischen Grammatik zu widmen, sollte der Sohn auf Grundlage der Volkssprache das Rechnen und Buchhalten perfektionieren, um später selbst Kaufmann zu werden. Schon mit zwölf Jahren konnte Giovanni bemerkenswerte arithmetische Kenntnisse aufweisen, während Zanobi Klassiker lesen und auslegen durfte. In dieser Zeit, wohl mit 13 oder spätestens 14 Jahren, kam Giovanni mit seinem Vater nach Neapel, wo er noch weiter im Handel und später im Recht ausgebildet wurde. In dieser Stadt entstanden auch die ersten literarischen Arbeiten, denn die Poesie ließ ihn nicht los. Sehr zum Ärger seines Vaters setzte er sein intensives Selbststudium fort.

Der Umzug nach Neapel lag für den Vater nahe. Er war schon zuvor in Florenz für das Bankhaus der Familie Bardi aktiv, das einen ebenso beeindruckenden Wohlstand wie Kundenstamm aufweisen konnte: Sie liehen unter anderem dem kalabrischen Herzog Karl (1298–1328) Geld, der von 1326 bis 1327 in Florenz sogar das Amt des Signore bekleidete, also der oberste Herr der Stadt war. Karls Vater war Robert von Anjou (1278–1343), ein späterer Förderer Boccaccios, der keinen geringeren Posten als den des Königs von Neapel innehatte. Dessen Macht wurde von Norden und Süden bedroht, der König war also auf frisches Florentiner Geld angewiesen, um (nicht nur politisch) zu überleben. Wer das garantieren konnte, war natürlich mit der ganzen Familie herzlich willkommen.

Boccaccios Vater stieg zu hohem Ansehen an Roberts Hof auf, er bekam immer bedeutendere Titel verliehen und Aufgaben zugeteilt. Das Leben des jungen Studenten Giovanni wird sich in der Nähe des Castel Nuovo abgespielt haben, unweit des neapolitanischen Sitzes der Bardi, die sich – wie andere Händler auch – im Viertel Portanova niedergelassen hatten. Sein Alltag drehte sich ums Abwiegen von Geldstücken, Ausstellen von Schuld- oder Pfandbriefen, um Ein- und Auszahlungen. Dabei kam die Kundschaft nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auf den Handelsrouten über Land und Meer aus allen Ecken der Welt, die Boccaccio in seinem lateinischen Spätwerk mit enzyklopädischem Anspruch beschreiben sollte.

Doch er kam nicht nur mit den Gestalten, Problemen und Geschichten des Alltags in Berührung, durch die gehobene Stellung seines Vaters hatte er auch Zugang zum neapolitanischen Hof. Viele adlige Figuren dieses Umfelds tauchten in den späteren Texten Boccaccios wieder auf, allen voran König Robert, der wie kaum ein Fürst seiner Zeit die Künste förderte und der Region einen Frieden garantierte, um den die Neapolitanerinnen und Neapolitaner von vielen beneidet wurden.

In dieser Zeit entstanden die ersten Texte Boccaccios, die wir aus seinen eigenen Notizbüchern oder späteren Abschriften kennen: Einige Briefe auf Latein, Stilübungen wie die Elegia di Costanza und die beiden volkssprachlichen Werke La caccia di Diana (die »Jagd der Diana«) und Il Filostrato. Die »Jagd der Diana« dürfte um 1334 entstanden sein, also kurz nach dem 20. Geburtstag Boccaccios, auch wenn wegen der schlechten Quellenlage das Jahr nur geschätzt werden kann. Der Text spielt an König Roberts Hof und beschreibt eine Jagd, die die römische Göttin Diana (zuständig auch für die Keuschheit) mit den schönen Damen der neapolitanischen Hofgesellschaft veranstaltet. In einer Jagdpause sollen Opfer für Jupiter dargebracht werden, aber eine Dame möchte lieber die Liebesgöttin Venus ehren, die daraufhin der Gruppe erscheint. Schon dieses frühe Werk strotzt vor antiken Anspielungen und beweist Boccaccios Interesse an den grenzenlosen Möglichkeiten der Liebe. Die Caccia ist in Terzinen verfasst, also dem Versmaß, das Dante wenige Jahrzehnte zuvor für seine Commedia gewählt hatte. Boccaccio eifert seinem großen Vorbild Dante schon früh nach und sucht dabei seinen eigenen Stil. Und schon in seinem nächsten Werk legt er nach.

Der Filostrato (vermutlich 1335 entstanden) gilt als eines der ersten Werke der italienischen Literatur, das in Oktaven geschrieben ist, also einer Strophenform, die in den Ritterromanen des 16. Jahrhunderts zu großer Berühmtheit gelangen wird, allen voran in Ludovico Ariostos Orlando Furioso (1516). Wie der Filocolo kreist auch der Filostrato um eine mit eigenwilliger griechischer Etymologie benannte Hauptfigur. Der Name soll so etwas wie »von der Liebe besiegt« heißen und begleitet Boccaccio noch bis ins Decameron.

Der Filostrato funktioniert ähnlich wie der Filocolo: In einem Vorwort werden der neapolitanische Hof und eine begehrte Dame angesprochen, die Handlung selbst spielt lange in der Vergangenheit, in diesem Fall zu Zeiten des Trojanischen Krieges. Der Text behandelt allerdings weniger die Ereignisse des Krieges ...



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