E-Book, Deutsch, 342 Seiten
Zur Kultur- und Sozialgeschichte des Gartens
E-Book, Deutsch, 342 Seiten
ISBN: 978-3-8288-6981-3
Verlag: Tectum Wissenschaftsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Die Landauer Beiträge zur Kultur- und Sozialgeschichte dokumentieren die Ergebnisse der regelmäßig stattfindenden Ringvorlesungen der Universität Koblenz-Landau. Die öffentliche Vortragsreihe wird als fester Bestandteil der universitären Veranstaltungskultur vom Fachbereich Kultur- und Sozialwissenschaften am Standort Landau organisiert und widmet sich interdisziplinären Fragestellungen aus dem jeweiligen Blickwinkel der vortragenden Disziplinen. Auf diese Weise wird ein Forum für den aktiven wissenschaftlichen Austausch zwischen den Neuphilologien (Germanistik, Romanistik, Anglistik), der Kunst- und der Musikwissenschaft, der evangelischen und katholischen Theologie, der Soziologie, der Politikwissenschaft sowie der Wirtschaftswissenschaft ermöglicht und befördert.
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Einleitung „Ich wandle unter Blumen Und blühe selber mit; Ich wandle wie im Traume, Und schwanke bey jedem Schritt.“ Heinrich Heine Die beiden Eingangsverse dieses vielleicht nicht so bekannten Heine-Gedichts gaben im Sommersemester 2015 einer Landauer Ringvorlesung zur Kultur- und Sozialgeschichte des Gartens an der Universität Koblenz-Landau ihren Titel. Sie deuten nicht nur auf das weitere Themenfeld – den Garten –, sondern signalisieren mit den Hinweisen auf ‚Blumen‘, ‚Blühen‘ und ‚Traum‘, auf ‚Wandeln‘ und ‚Schwanken‘ Facetten eines bunten Straußes an Beiträgen, die der Sammelband zusammenzubinden sucht. Die Garten-Ringvorlesung setzte eine jüngere Tradition des Fachbereichs 6: Kultur- und Sozialwissenschaften fort, der in unregelmäßiger Folge öffentliche Vortragsreihen zu fächer- oder fachrichtungsübergreifenden Themenstellungen anbot und durchführte. Der Fachbereich 6 umfasst eine breite Palette kultur- und sozialwissenschaftlicher Fächer am Standort Landau, die sich regelmäßig zu Ringvorlesungen und anderen interdisziplinären Projekten zusammenfinden. Dabei stellen die Ringvorlesungen ein wichtiges Bindeglied im ausgesprochen heterogenen Gefüge der universitären Einrichtung dar und sind ein nicht zu unterschätzender Baustein ihrer Corporate Identity. Als Veranstaltungsformat sind sie ein Forum des fach(richtungs)übergreifenden Gesprächs und zugleich ein Angebot an ein am wissenschaftlichen Austausch interessiertes Publikum in Stadt und Land. Sie tragen ganz unmittelbar dem Öffentlichkeitsauftrag der Universität Rechnung und stärken die vielfältigen Kontakte zwischen Universität und Umland. Nicht zuletzt sind die Ringvorlesungen integriert in die Lehr- und Lernprogramme verschiedener Fächer der Universität und in ihrem fach(richtungs)übergreifenden Charakter ein unterrichtliches Medium für ein Lernen ‚über den Tellerrand‘ des jeweils eigenen Faches hinaus. Eine Ringvorlesung zur Kultur- und Sozialgeschichte des Gartens, an der sich gleichermaßen Germanisten, Romanisten, Anglisten, Kunst- und Musikwissenschaftler, evangelische wie katholische Theologen sowie Sozialwissenschaftler beteiligen, ist so ganz selbstverständlich vielleicht nicht. Und zumindest auf den ersten Blick erscheint sicherlich auch das gemeinsame Themenfeld ‚Garten‘ ein wenig ungewöhnlich. Das Thema ‚Garten‘ ergab sich aus der Gegebenheit, dass die Universitätsstadt Landau – die Heimat des Fachbereichs 6 – im Jahr 2015 Gastgeberin der Landesgartenschau des Bundeslandes Rheinland-Pfalz war. Die Gesamtuniversität und auch der Fachbereich 6 waren mit verschiedenen Projekten an diesem ‚Sommermärchen‘ in Sichtweite des südlichen Campus-Geländes beteiligt. Und so bot die Ringvorlesung zur Kultur- und Sozialgeschichte des Gartens ein eigenes wissenschaftliches Rahmen- und Begleitprogramm, das einmal mehr ein öffentliches Ereignis in den Raum der Universität hereinholte und aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln und mit je eigener Akzentsetzung wissenschaftlich perspektivierte. Nicht alle der gehaltenen Vorträge konnten – aus den verschiedensten Gründen – zu Beiträgen für den Sammelband umgearbeitet werden. Dafür haben einige Ausarbeitungen, die – aus anderen Gründen – im Sommersemester 2015 selbst nicht mehr für die Ringvorlesung genutzt werden konnten, den Weg in den Band gefunden. Auf jeden Fall ist ein schöner Blumenstrauß zusammengebunden, der in seiner Buntheit hoffentlich nicht nur erfreut, sondern auch das fach(richtungs)übergreifende Interesse an den vielfältigen Zugängen noch einmal weiter befördert. Den Eingang des Sammelbandes macht JÜRGEN RAAB mit grundsätzlichen Überlegungen zu einer soziologischen Ästhetik des Gartens. Zu den Desideraten der Soziologie gehört, wie Raab aufzeigt, das irritierende Fehlen einer Soziologie des Gartens wie überhaupt das Fehlen anthropologischer Beschreibungsversuche des Menschen als gartenmachendem Wesen, als homo hortensis. So dienen seine Prolegomena als Ausgangspunkt für systematische soziologische Erkenntnisinteressen, Problemstellungen und empirische Untersuchungen, die sich der Kulturbedeutung des Gartens in spezifischerer Weise zuwenden und die Gärten der Gesellschaft auf den Erfahrungs- und Handlungssinn ihrer jeweiligen politischen, wirtschaftlichen, sozialstrukturellen und kommunikativen Ordnung hin befragen können. Damit ist ein Feld eröffnet, auf dem sich auch die nachfolgenden Beiträge bewegen. KARIN FINSTERBUSCH und MARKUS SCHIEFER FERRARI wenden sich den jüdisch-christlichen Grundlagen zu, die die spätere Kultur- und Bildwelt des abendländischen Gartens maßgeblich prägen sollten. KARIN FINSTERBUSCH nimmt dazu die zweite Schöpfungsgeschichte der Hebräischen Bibel in den Blick. Sie beleuchtet und analysiert einige zentrale Erzählzüge der wohl berühmtesten biblischen Gartengeschichte – der Erzählung vom Garten Eden –, und stellt vor, wie diese Gartengeschichte als Anfangsgeschichte der Menschheit zu verstehen ist. Blaise Pascal wird gelegentlich – fälschlich – das Diktum zugeschrieben: „In einem Garten ging die Welt verloren, in einem Garten wurde sie erlöst.“ Nicht nur in der Hebräischen Bibel, sondern auch in der neutestamentlichen Überlieferung spielt der Garten eine wichtige und die spätere Bild- und Symbolkultur prägende Rolle. MARKUS SCHIEFER FERRARI setzt sich detailliert mit der dabei in Szene gesetzten Gegenüberstellung von Sündenfall und Erlösung auseinander sowie der grundsätzlichen Problematik einer solchen typologischen Darstellungsweise. Der Fokus liegt auf der Symbolik des Gartens im Johannesevangelium. Im Rahmen einer intertextuellen Lektüre eröffnet SCHIEFER FERRARI dessen Gartenmetaphorik als Verweis auf ein Leben in Fülle und den Garten als Ort der besonderen Zuwendung Gottes zum Menschen. Der Garten in der Kunstgeschichte, der Landschaftsgarten im 18. Jahrhundert und die Gartenmusik sind die Bezugspunkte eingängiger Darstellungen von CHRISTOPH ZUSCHLAG, von INA MITTELSTÄDT und von ACHIM HOFER. Dem Künstlergarten in der Kunstgeschichte wendet sich CHRISTOPH ZUSCHLAG zu. Er entfaltet an Beispielen aus dem 17. bis 21. Jahrhundert die Künstlergärten als Gartenkunstwerke, die trotz aller Individualität immer auch die verschiedenen Gartenströmungen der jeweiligen Zeit widerspiegeln. In den Künstlergärten wird der Garten zur Kunst, wobei sich Kunstgeschichte und Gartenkunst auf komplexe Weise verschränken. Der Umschlag vom barocken Gartenstil zum Landschaftsgarten des 18. Jahrhunderts wird nicht selten als eine Kultur- und im engeren Sinne als ‚Gartenrevolution‘ verstanden, der in seiner Verknüpfung mit den zentralen Werten und Ideen dieser Zeit zu sehen ist. INA MITTELSTÄDT verortet den Landschaftsgarten in seiner Funktionalität zwischen Vision, Vergnügen und Repräsentation. Sie umreißt in einem Rundgang einige zentrale Merkmale und Bedeutungsaspekte des Landschaftsgartens im 18. Jahrhundert, um einen Einstieg in eine intensivere (kulturhistorische) Beschäftigung mit historischen Landschaftsgärten zu erleichtern. Wenn ACHIM HOFER von ‚Gartenmusik‘ spricht, hat er sowohl ‚Musik in Gärten‘ als auch ‚Gärten in der Musik‘ im Blick. Der Vielfalt von Gärten – auch in historischer Perspektive – entspricht die Vielfalt der darin erklingenden Musik und ihren unterschiedlichen Funktionen. Diese ‚Musik in Gärten‘ wird von ACHIM HOFER scheinwerferartig beleuchtet, wobei er den Schwerpunkt auf die Musik in öffentlichen Gärten des 18. und 19. Jahrhunderts legt. Er geht auch der bislang wenig gestellten Frage nach ‚Gärten in der Musik‘ nach. Um Antworten zu finden, unternimmt er eine umfängliche Recherche nach Musik, die im Titel selbst einen direkten Bezug zum Thema enthält. Der hohe Stellenwert, der dem Thema Garten in der deutschen Literatur zukommt, spiegelt sich in den Beiträgen von LOTHAR BLUHM, KATHRIN HEINTZ, BJÖRN HAYER und WALTER KÜHN. LOTHAR BLUHM geht es gar nicht so sehr um den Garten als Ort, in dem es grünt und blüht, sondern um den Garten als Raum, in dem sich Menschen treffen. Im engeren Sinne schaut er auf Gartenszenen und den Garten als Raum der Entdeckung, wo Inneres sich entäußert, wo es aber auch offengelegt und sogar bloßgestellt werden kann, den Garten als Schauplatz, wo sich Bewertungsverschiebungen realisieren und wo Intimität und Publizität, Glück und Verzweiflung, Ernsthaftigkeit und Spott, Wahrheit und Täuschung dicht beieinander liegen. Dabei spannt er den Bogen von der mittelalterlichen über die frühneuzeitliche und barocke Literatur bis zur Romantik. Ein Exkurs gilt zudem jener kuriosen sprachlichen Erscheinung von Gärten und Brüdern, die tatsächlich gar keine sind. KATHRIN HEINTZ richtet den Blick auf Gartendarstellungen bei Goethe und Tieck. Am Beispiel von Goethes Die Wahlverwandtschaften und Tiecks Der Runenberg untersucht sie die wechselseitige Abhängigkeit zwischen realen und literarischen Gärten einerseits und der Geistes- und Ideengeschichte sowie politischen Vorstellungen andererseits. Zum Zwecke der Kontextualisierung wirft der Beitrag dazu auch einen kurzen Seitenblick auf reale Gärten und die Kurpfälzer Kulturlandschaft. Schaut KATHRIN...