E-Book, Deutsch, 416 Seiten
Reihe: Paperback
Barth Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8438-0662-6
Verlag: edition erdmann ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
20.000 Kilometer durch Afrika
E-Book, Deutsch, 416 Seiten
Reihe: Paperback
ISBN: 978-3-8438-0662-6
Verlag: edition erdmann ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zu einer Zeit, da Afrika als faszinierendes, aber unwägbares und gefahrenvolles Land galt, stieß ein Mann weit in das Innere des "Schwarzen Kontinents" vor: Heinrich Barth begab sich 1849 im Auftrag der britischen Regierung mit einer drei Mann starken englischen Expedition auf Entdeckungsreise durch Nordund Zentralafrika. Er besuchte die einst legendäre Goldstadt Timbuktu am Niger, wo das offizielle Missionsziel, die Erschließung von Handelsmöglichkeiten, mit der harten Realität konfrontiert wurde. Nach insgesamt 2100 Tagen in der Sahara – genannt "Bar bela mar", Meer ohne Wasser –, und im Sudan, in denen er knapp 20 000 Kilometer zurücklegte und nahezu übermenschliche Strapazen erduldete, betrat der Forscher fünfeinhalb Jahre später als einziger Überlebender der Expedition europäischen Boden – mit Informationen über Land und Leute im Gepäck, die der europäischen Wissenschaft einen neuen Erdteil aufschlossen. Heinrich Barth, der Universalgelehrte und Vater der klassischen Afrikaforschung, erkannte bereits die so wichtigen Zusammenhänge zwischen Umwelt und Geschichte. Sein Vermächtnis wirkt bis in die Gegenwart fort und wird zukünftig wichtiger denn je sein: Am Heinrich-Barth-Institut der Universität Köln wird auch Forschung im Dienst von Initiativen zur Bewahrung des Natur- und Kulturerbes Afrikas betrieben, und in der Heinrich-Barth-Gesellschaft versammeln sich viele, die sich dem Geiste Barths verbunden fühlen. Das Wissen über die Vergangenheit für eine umweltfreundliche Zukunft zu nutzen, nicht nur in Afrika, sondern auf der ganzen Welt, das ist es, was wir von Heinrich Barth lernen müssen.
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Inhalt
Einführung des Herausgebers
Kapitel 1
Heinrich Barths Lebensweg bis zur großen Reise
Kapitel 2
Vorwort im Reisewerk des Dr. Heinrich Barth
Kapitel 3
Einleitung Heinrich Barths im Reisewerk
Kapitel 4
Fertig zum Aufbruch
Reisegebiet bis Mursuk
Kapitel 5
Aufbruch nach Inner-Afrika
Abschied nehmen
Unterwegs mit dem Boot
Aufstieg aufs Gebirge
Oase Misda
Zeugen der Vergangenheit
Kapitel 6
Spuren der Römerzeit
Kapitel 7
Die "Rote Hammada"
Endlich, der Brunnen
Kapitel 8
Mühsamer Marsch durch das "Sandmeer" des Fessan
Aufbruch 2 Uhr morgens
Djerma-Garama, ein uraltes Kulturzentrum?
Kapitel 9
Aufenthalt in Mursuk
Vor dem Aufbruch ins Unbekannte
Mohammed Boro zürnt
Schwierige Verhandlungen
Kapitel 10
Das Geheimnis der Felsbilder
Erste Felsbild-Analyse
Kapitel 11
Heinrich Barth in Lebensgefahr
10 Uhr morgens: Höchste Ermattung
Kapitel 12
Über die Grenzstation Rhat hinaus ins Unbekannte
Endlich – Aufbruch!
Kapitel 13
Ein Überfall in der Wüstenöde bereitet sich vor
Alarm!
Die Taktik der "Wüstenräuber"
Kapitel 14
Gefährlicher Eintritt in das Alpenland der Wüste
"Liefert die Christen aus!"
Großer Kriegsrat
Kapitel 15
Grenze des Sudans
Der Sturm bricht los!
Briefe nach Europa
Wert eines Rasiermessers
"Als Christen schuldbefleckt" im Aïr-Bergland
Regenzeit …
Kapitel 16
"Ausflug" nach Agades
Erster Tag in Agades
Die Stunde der Versuchung
Abschied von Agades
Jahreswende (1850/51)
An einem Brunnen, südlich des Aïr-Berglandes
Zu den Abbildungen
Neue Landschaft
Trennung der Reisenden im Sudan
Die Reisenden durchziehen nun ein mit Dörfern und Feldern besetztes Land
Kapitel 17
Im "Land der Schwarzen"
Vom "afrikanischen London" zum Tschadsee
Geld zählen
Plackereien in Katsena
Kapitel 18
Einzug ins "afrikanische London"
In Kano
Banu, ein schlechter Verwalter
Große Pläne
Straßenleben einer sudanesischen Handelsstadt
Eines der glücklichsten Länder der Welt
Aufbruch von Kano nach Kukaua (Kuka)
Briefe aus der Heimat und – zwei ganze Taler
Eine unheilvolle Nachricht
Heuschrecken und Turmfalken
An Richardsons Grab
Kapitel 19
Ankunft in der Residenz Kuka
Vor der Stadtmauer
Der erstaunte Wesir
"Blutsauger" und "Nichtstuer"
Ein gewagter Entschluss
Schicksal an seidenem Faden
"Schwarze Politik" – Wie die Residenzstadt Kuka entstand
Enttäuschung am Tschadsee
Kapitel 20
Forschung und Abenteuer im "Herzen Afrikas"
Entdeckungen in Adamaua
In den Wäldern der Marghi
Der "gute weiße Gott"
Unfreundliche Tage in Yola
Kapitel 21
Erkundungsritt im Altreich Kanem
Rückblick in graue Urzeiten
Seltsame Irrfahrt eines Reitervolkes
Aufbruch zum Raubzug
Kapitel 22
In den Sumpfwäldern von Tuburi
Aufmarsch zum Kriegszug
Bescheidene Weihnacht in wildem Land
Barbarischer Besuch
Ein Wasserkampf
Kapitel 23
Gefangen in Bagirmi
In Fesseln
Einzug des Sultans in Massenja
Post aus Europa!
Gefährlicher Verdacht
Kapitel 24
Tod des Freundes und Vereinsamung
Die letzten Tage Dr.
KAPITEL 1
HEINRICH BARTHS LEBENSWEG BIS ZUR GROSSEN REISE
Der jahrelange Weggenosse von Moslems, der mit Fürsten wie ein moderner Botschafter verhandelte, wuchs unter dem an Wolken und Nebel reichen Himmel der alten Hafenstadt Hamburg auf. Giebelhäuser der Seehandelsleute säumten die Straßen. Fischhändler, Schiffsbauer und Stellmacher waren die Nachbarn. Tiefe protestantische Gottesfurcht und strenge Pflichterfüllung in geregeltem Lernablauf für die Jüngeren erfüllten die geistige Welt in dem sich industrialisierenden Abendland. Die ersten Photographier-Ungetüme kamen auf den Markt. Vater Barth gab das Geld, damit der Sohn Heinrich auf einer Bildungsreise ums Mittelmeer diese letzte Neuigkeit zur Verfügung hatte. Heinrichs Geburtsjahr war das Todesjahr Napoleons. Goethe war damals schon 72 Jahre alt, Alexander von Humboldt 52, Caspar David Friedrich 47. David Livingstone war ein Junge von 8 Jahren, der, wie viele seines Alters damals, in einer englischen Baumwollspinnerei Geld verdienen musste. Kurz bevor Heinrich Barth nach Tripolis kam, um zu seiner großen Reise aufzubrechen, erschien das Kommunistische Manifest von Friedrich Engels und Karl Marx. Revolutionen erschütterten Europa, und während der Krimkrieg tobte, hatte Heinrich Barth Mühe, sich in Timbuktu zu behaupten. Trotz der spärlichen Kontakte mit Europa ist es interessant, in den Briefen zu verfolgen, was sich von den so fernen Ereignissen dennoch darin spiegelt. Das meiste, was wir von Heinrich Barths Lebensweg wissen, überlieferte sein Schwager Gustav von Schubert (Kgl. Sächs. General-Lieutenant z. D.) in »Heinrich Barth, der Bahnbrecher der deutschen Afrikaforschung. Ein Lebens- und Charakterbild, auf Grund von ungedruckten Quellen entworfen«, Berlin 1897. Die Eltern entstammten beide dem Handwerker-Milieu. Der Vater, im Thüringer Wald zu Hause, wurde, früh verwaist, von einem in Hamburg ansässigen Onkel mit 14 Jahren aufgenommen. Seit 1801 wohnte er am Hopfenmarkt. Er war als Knochenhauer (Schlachtermeister) tätig, danach Kaufmann in überseeischen Geschäften. Er galt als »streng solider, sparsamer, rechtschaffener, dabei wagemutiger und tätiger Mann.« Die Mutter war eine Schuhmacherstochter aus Hannover, »eine schlichte und häusliche Frau«. Sie überlebte ihren Mann um sechs Jahre. Von vier Kindern der Familie war Heinrich, am 16.9.1821 geboren, das dritte. Eine der beiden Töchter heiratete Gustav von Schubert, des späteren Forschers ersten Biographen und Erben von dessen Nachlass. Als Heinrich Barth ihn kennenlernte, meinte er in seiner impulsiven Art: »Wenn Sie meine Schwester nicht glücklich machen, schieße ich Sie tot!« Der Vater wünschte im Sohn »strenge Moralität, Gewissenhaftigkeit, peinliche Ordnungsliebe, Sinn für Häuslichkeit und Familienleben zu wecken.« Da er zu Wohlstand gelangte, konnte er Heinrich eine gute Erziehung angedeihen lassen, seine ersten Bildungsreisen finanzieren und auch zu den Kosten der Hauptexpedition beitragen. Mit elf Jahren kam Heinrich 1832 auf die angesehene Hamburger Gelehrtenschule des Johanneums. Mit den Klassenkameraden hatte er kaum Kontakt. Seine Liebe galt einer eigenen Bücherei. Er arbeitete die wichtigsten Schriftsteller des griechischen und römischen Altertums durch, sprach mit 14 fließend englisch und begann danach mit dem Studium des Arabischen. Der verschlossene junge Mann entwickelte früh ein ausgeprägtes Selbstgefühl. Es fehlte die »nach außen hin sichtbare Lebensfreude.« Nach Erlangung des Reifezeugnisses (1839) begann er im gleichen Jahr das Universitätsstudium zu Berlin (bis 1844). Er studierte Altertumswissenschaft, Germanistik, Jura, Handelsgeschichte und Geographie (bei Carl Ritter). Eine erste Reise (1840/1841) führte durch Italien und verstärkte seine Neigung zur Archäologie. »Es bildete sich in mir der Plan aus, dieses Bassin (das Mittelmeer) womöglich in seinem ganzen Umfang zu durchwandern und seine Gestade rund umher aus eigener Anschauung kennenzulernen«, schrieb er 1849. Als Student pflegte er wenig Kontakt mit den Kommilitonen. Er war kein »flotter Bursch« wie Gustav Nachtigal. Ohne sich irgendwie ablenken zu lassen, arbeitete er auf das früh erkannte Lebensziel hin: »Zu sehen, wie man von Stunde zu Stunde … tiefer … in die Wissenschaft eindringt, … ist ein unendliches Vergnügen. Freilich kann es in … Egoismus … ausarten … Ich habe ein ungeheures Streben in mir …, den Menschen etwas zu nutzen, sie anzuregen …, das ist mein einziges Streben … In diesem Bewusstsein sehe ich, … dass mich die meisten verkennen, dass mich andere schändlich verleumden … Ich bin zu stolz, mich vor anderen, vor oft erbärmlichen Menschen zu rechtfertigen … Mir kommt es allein … auf meine innere Tüchtigkeit an, um so den Menschen so viel wie möglich nützen zu können, wofür ich dann freilich Anerkennung und womöglich etwas Ruhm ernten möchte.« Noch zehn Jahre später musste sein Schwager, bei Heinrichs wenig erfolgreichem Bemühen um eine angemessene Lebensstellung, seinem Tagebuch anvertrauen: »Er ist bei allem Gemüt zu schroff … und ohne Weltklugheit …, ist ein kühner und ausdauernder, aber kein gewandter Schwimmer auf dem Strome des Lebens.« Seine Doktorarbeit mit dem Prädikat »Doctrina conspicua« (durch Gelehrsamkeit ausgezeichnet) war den Handelsbeziehungen des alten Korinth gewidmet (1844). Danach folgte eine weitere Studienreise ums Mittelmeer (von Spanien über Marokko, nach Ägypten und weiter nach Konstantinopel und Griechenland, wie damals allein üblich, vorwiegend zu Pferd), aus der ein heute nur noch in wenigen Exemplaren erhaltenes, aufschlussreiches Werk hervorging: »Wanderungen durch die Küstenländer des Mittelmeeres, ausgeführt in den Jahren 1845, 1846 und 1847« (Berlin 1849, 556 S.). Er führte eine umfangreiche Reisebibliothek mit. Eine Ausgabe des Koran und des Herodot waren seine »Baedeker« auf dieser und der Großen Reise. Die Unternehmung verlief nicht ohne Zwischenfälle. Im Juni 1846 wurde er im unruhigen libysch-ägyptischen Grenzgebiet von beutelustigen Arabern überrumpelt. »Obgleich ich an Mut vielleicht nur eine zu starke Portion besitze, fehlte mir doch die Erfahrung und Übung, um mit Erfolg … in solcher Einsamkeit auf die Dauer meine Sache durchzuführen«, notierte er. Am 7. Juni wurde er angeschossen. Der kostbare Photoapparat samt Platten ging zu Bruch. »Ich stürzte mich in wilder Verzweiflung mit meinem Säbel auf die Angreifer … Ich war entschlossen, bis zum letzten Augenblick mich zu wehren und mich dann selbst zu töten.« Halb verhungert, nach nächtlichen Gewaltritten und Verlust fast aller seiner Aufzeichnungen, gelangte er am 17. Juni 1846 nach Alexandria. Eine Kugel fand sich 1865, bei der Sektion des Verstorbenen, im linken Oberschenkel eingekapselt. Vom Vater wieder mit Geld versehen, setzte Heinrich die Reise fort. Im Dezember 1847 war er wieder daheim. 14.000 Taler waren verausgabt worden. Die Reise hatte seiner Persönlichkeit den »Stempel des Gebieterischen, Abgeschlossenen und Asketischen aufgedrückt.« (W. Koner). Die Universität Berlin nahm 1848 den Bericht über diese erste große Reise zur Habilitation an. Da Heinrich Barth als Privatdozent 1849 mit Vorlesungen über die »Bodengestaltung Afrikas« wenig Erfolg hatte, auch sein Mittelmeerwerk in der aufgeregten Revolutionszeit schlechten Absatz fand, ergriff er impulsiv die unvermutet auftauchende Möglichkeit einer neuen und noch ausgedehnteren Reise. James Richardson bedrückte der Mangel an wissenschaftlicher Durchbildung, als das Londoner Foreign Office ihn mit der Durchführung der Sahara-Sudan-Expedition beauftragte. Der vielseitig interessierte preußische Gesandte zu London, von Bunsen, stellte über die Berliner Universität (C. Ritter) die Verbindung mit dem Privatdozenten Heinrich Barth her, der sogleich am 5. Oktober 1849 zusagte. Aber der besorgte Vater weigerte sich, die von jedem Teilnehmer aufzubringenden 200 Pfund zur Bestreitung der Privatbedürfnisse zuzuschießen, »… wenn ihm nicht für die Zeit nach seiner Rückkehr eine Professur mit 800 preuß. Talern garantiert würde.« (Prothero, 1958). Der gehorsame Sohn sagte ab. August Petermann, der Begründer der heute noch erscheinenden, weit bekannten »Petermanns Geographische Mitteilungen« zu Gotha, damals Astronom an der Londoner Sternwarte, vermittelte nun Adolf Overweg. Die englische Regierung verpflichtete ihn und auch Barth, dem es gelang, den Vater umzustimmen. Der preußische Kultusminister erteilte den erbetenen »wenigstens zweijährigen Urlaub.« Der Expeditions-Vertrag wurde zu London am 30.11.1849 abgeschlossen. Die beiden Deutschen reisten aber nicht als Angestellte der britischen Regierung. Das Foreign Office formulierte folgendes Programm: 1. Weg,...