Zweig | Silberne Saiten | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 250 Seiten

Reihe: Gesammelte Werke in Einzelbänden

Zweig Silberne Saiten

Gedichte
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-10-400202-6
Verlag: S. Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Gedichte

E-Book, Deutsch, 250 Seiten

Reihe: Gesammelte Werke in Einzelbänden

ISBN: 978-3-10-400202-6
Verlag: S. Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mit einem Nachwort von Knut Beck. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Neunzehnjährig begann Stefan Zweig seine Schriftstellerkarriere als Dichter. Sein erstes Buch ?Silberne Saiten?, mit einer Auswahl von 50 Gedichten, erschien 1901 - die Presse beachtete es freundlich-kritisch. Seinen zweiten Lyrikband, ?Die frühen Kränze?, erschien 1906. Hier konnte er seine Sprache schon fester konturieren und »ein geschlossenes Gemälde einer Empfindungsperiode geben«, wie ein Rezensent erklärte. Später entwickelte er die Prosa zu seiner eigentlichen Ausdrucksform und formulierte nur noch gelegentlich Verse. Diese Ausgabe fasst unter dem Titel des Erstlings alle Gedichte Stefan Zweigs, die er selbst zu Büchern sammelte, zusammen.

Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren und lebte ab 1919 in Salzburg, bevor er 1938 nach England, später in die USA und schließlich 1941 nach Brasilien emigrierte. Mit seinen Erzählungen und historischen Darstellungen erreichte er weltweit in Millionenpublikum. Zuletzt vollendete er seine Autobiographie ?Die Welt von Gestern? und die ?Schachnovelle?. Am 23. Februar 1942 schied er zusammen mit seiner Frau »aus freiem Willen und mit klaren Sinnen« aus dem Leben.
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Fahrten

Ein Wandrer, der zwei Fremden

Und keine Heimat hat.

Noch immer hat kein liebes Band

Mich angeschmiegt an stillen Sinn,

Noch wird mir Heimat jedes Land,

Dem ich gerad zu Gaste bin.

Den hellen Straßen geh ich nach

Wie Staub, der nach den Rädern rennt,

Gern rastend unter einem Dach,

Wo nicht ein Herz das meine kennt.

Landfahrer ward ich mit dem Wind

Und des Gedenkens ganz entwöhnt,

Daß mir daheim noch Freunde sind,

Die ich mir einst als Glück ersehnt.

Ein Träumer in die runde Welt,

Der wegwärtswandernd schon vergißt,

Wohin der eigne Sinn ihn schnellt

Und wo sein Herz zu Hause ist.

Sonnenaufgang in Venedig

Erwachende Glocken. – In allen Kanälen

Flackt erst ein Schimmer, noch zitternd und matt,

Und aus dem träumenden Dunkel schälen

Sich schleiernd die Linien der ewigen Stadt.

Sanft füllt sich der Himmel mit Farben und Klängen,

Fernsilbern sind die Lagunen erhellt. –

Die Glöckner läuten mit brennenden Strängen,

Als rissen sie selbst den Tag in die Welt.

Und nun das erste flutende Dämmern!

Wie Flaum von schwebenden Wolken rollt,

Spannt sich von Turm zu Türmen das Hämmern

Der Glocken, ein Netz von bebendem Gold.

Und schneller und heller. Ganz ungeheuer

Bläht sich das Dämmern. – Da bauscht es und birst,

Und Sonne stürzt wie fressendes Feuer

Gierig sich weiter von First zu First.

Der Morgen taut nieder in goldenen Flocken,

Und alle Dächer sind Glorie und Glast.

Und nun erst halten die ruhlosen Glocken

Auf ihren strahlenden Türmen Rast.

Stille Insel
(Bretagne)

Glocken über die Fluren

Hör ich vom Lande wehn

Und kann schon die Konturen

Der runden Türme nicht mehr sehn.

Die Nacht, das Meer, zwei blaue Bänder

Durchstickt mit Sternengold,

Haben die Ränder

Der Insel in ihre Falten gerollt.

Alles wird Ferne und

Sinkendes Schweigen.

Wortlos neigen

Die Winde sich nahe an meinen Mund.

Weit und wie ohne Wiederkehr

Scheint dies alles, das mir entgleitet,

Die braunen Hügel, das blinkende Meer,

Die Bäume, die winkend im Hafen stehn,

Die Glocken, die über die Wasser wehn.

Und ich bin schon bereitet

Ins Dunkel, das sich drohend verbreitet,

Mit ihnen zu gehn

Abendallein

Mit meinem lastenden Einsamsein.

Da weht von den späten

Gehöften zwischen den Hügeln, die

Mit leisem Schritt in den Abend treten,

Noch eine schüchterne Melodie.

Und süß beklommen höre ich, wie

Kinder zu Gott in das Dunkel hinein

Um Schlaf und gütige Träume beten.

Nächte am Comersee

Von diesen Nächten, den sternelichtklaren

– Herz mit deinem ruhlosen Schritt! –

Was nimmst du von diesen wunderbaren

Nächten auf deine Wege mit?

Was du empfandest, wenn rings in der Schale

Des Teiches das Silber überschwoll

Und tief bis in die ruhenden Tale

Ein Strom von zitternden Sternen quoll?

Kann das verschatten, wie über dem Hügel

Weiße Blende in Nacht verging,

Wenn sich bläulich der eilende Flügel

Einer Wolke dem Mond umhing?

Kann das verwehn, wie die schweigsamen stillen

Blumen, die ihr heißes Gebet

Über die kunstvollen Türen der Villen

An dein atmendes Herz geweht?

Kann das verzittern, wie – leiser und blasser,

Eine sinkende Perlenschnur –

Der Mondglanz über das Wiegen der Wasser

Hinrann ins Dunkel und ohne Spur?

Bleibt dir denn nichts vom Raunen der schwanken

Zypressen hart an dem Ufergang

Und dort von all den Träumergedanken,

Eine Runde lang, eine Stunde lang?

Vielleicht nur ein Vers vom Wiegen des Windes

Und blinde Sehnsucht zurück in die Zeit,

Wie Duft gelöst in ein wehendes lindes

Gefühl unsagbarer Zärtlichkeit.

Brügge
I

Bei Tag ist alles hier Gewöhnlichkeit.

Die Straße klingt vom Holzschuhtritt der Bauern,

Vom Lärm der Weiber, die am Markte kauern.

Allein im milden Glanz der Abendzeit

Erwacht der alten Häuser leises Trauern.

Die Glocke mahnt … Und in den dunklen Mauern

Erstehn die Träume der Vergangenheit.

II

Hier sind die Häuser wie alte Paläste,

Der Abend hüllt sie in traurigen Flor,

Die Straßen sind leer, wie nach einem Feste,

Wenn sich der Schwarm frohlärmender Gäste

Schon fern in die schweigende Nacht verlor.

Die prunkenden Tore mit rostigen Klinken

Sind längst nicht mehr zum Empfang bereit,

Verstaubt und verwittert die Kirchturmzinken,

Die in den Nebel träumend versinken

Wie in das Meer ihrer Traurigkeit.

Und in den Nischen an dunkelnden Wänden,

Da lehnen Gestalten aus bröckelndem Stein,

Und reglos, in heimlichen Wortespenden

Sprechen sie leise die alten Legenden

In die tiefe Schwermut der Straßen hinein …

III

Die weißen Wolken fremder Lande,

Die nie ein Turm erklommen hat,

Sie scheinen nah im Spiegelrande

Und eingestickt dem schwarzen Bande

Der stillen Wasser dieser Stadt.

Wie Mädchen, die zur Messe schreiten,

So fromm und fürchtig ist ihr Gehn.

Man sehnt sich sehr, sie zu begleiten

Und über Trauer alter Zeiten

Mit ihnen sinnend hinzuwehn …

IV

Lind weht der Abendfriede in die stille Stadt,

Der Sonne goldnes Blut verströmt in den Kanälen,

Und eine Sehnsucht, die nicht Weg und Worte hat,

Beginnt nun von den grauen Türmen zu erzählen.

Die alten Glocken singen dumpf und wunderbar

Von Tagen, da ihr Jubelruf das Land umspannte,

Des Lebens Glanz tief unten in den Straßen war

Und fackelfroh das Wimpelspiel des Hafens brannte,

Von reichen Tagen wundersam und längst verglüht

Und die wie erster Kindertraum so fern geworden.

Das Ave schweigt … Und langsam stirbt der Glocken Lied

Und zittert aus in leise bebenden Akkorden.

Die letzten Töne nimmt ein lauer Abendwind,

Und einsam irrt der Nachhall in die toten Gassen,

Die alle schweigsam und ganz schmerzverschüchtert sind,

Ein blindes Kind, das jäh die Führerhand verlassen. –

Durchs stille Wasser streift ein wildes Schwanenpaar,

Und leise raunt die Flut, die schwingensacht erschauert,

Von einer schönen Frau, die Königin einst war

Und nun im dunklen Nonnenkleide einsam trauert …

Stadt am See
(Konstanz)

Schon fern, in dämmernder Verschönung

Die ernste Linie einer deutschen Stadt,

Geschmiegt in Wolken von so zarter Tönung,

Wie sie allein der Juniabend hat.

Im Uferpark Musik aus dunklen Lauben

Ein Lied: kennst du das alte Lied nicht mehr?

So lieb, so trüb wie Saft aus schweren Trauben

Ganz langsam quillt das Lied die Wellen her.

Da klingt dein Herz, als ob es Heimweh hätte,

Und sieht doch diese Stadt zum erstenmal,

Zum erstenmal die dunkle Silhouette,

Die schleiernd tränt im fahlen Mondenstrahl.

Frauen

Wenn ich im Dämmern liege,

Drückt mich das Dunkel kaum.

Wie eine weiche Wiege

Wiegt mich der alte Traum,

Der Traum der schönen Frauen,

Wen tröstete der nicht?

Kaum fühl ich seine Hände,

So neigen sich die Wände,

Die nahe Nacht zerbricht,

Und helle Bilder tauen

Sanft nieder aus dem lauen

Flutenden Rosenlicht.

Blühen

Die Mädchen in den ersten Tagen

Des Frühlings sind so wunderbar.

Noch wissen sie es nicht zu sagen

Und fühlen doch wie Kronentragen

Die Blüten hoch in ihrem Haar.

Des Windes leisen Violinen

Wandern sie nach im Lenzgebet,

Und eine Sehnsucht ist in ihnen,

Die ihre blassen Träumermienen

Mit vielen Feuern überweht.

Und aller Dinge dumpfes Streben

Gewinnt in ihnen seinen Sinn.

Der jungen Erde Rausch und Beben,

Sie tragen es mit ihrem Leben

Schon träumend in den Frühling hin.

Die Zärtlichkeiten

Ich liebe jene ersten bangen Zärtlichkeiten,

Die halb noch Frage sind und halb schon Anvertraun,

Weil hinter ihnen schon die wilden Stunden schreiten,

Die sich wie Pfeiler wuchtend in das Leben baun.

Ein Duft sind sie; des Blutes flüchtigste Berührung,

Ein rascher Blick, ein Lächeln, eine leise Hand –

Sie knistern schon wie rote Funken der Verführung

Und stürzen Feuergarben in der Nächte Brand.

Und sind doch seltsam süß,...


Zweig, Stefan
Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren und lebte ab 1919 in Salzburg, bevor er 1938 nach England, später in die USA und schließlich 1941 nach Brasilien emigrierte. Mit seinen Erzählungen und historischen Darstellungen erreichte er weltweit in Millionenpublikum. Zuletzt vollendete er seine Autobiographie ›Die Welt von Gestern‹ und die ›Schachnovelle‹. Am 23. Februar 1942 schied er zusammen mit seiner Frau 'aus freiem Willen und mit klaren Sinnen' aus dem Leben.

Stefan ZweigStefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren und lebte ab 1919 in Salzburg, bevor er 1938 nach England, später in die USA und schließlich 1941 nach Brasilien emigrierte. Mit seinen Erzählungen und historischen Darstellungen erreichte er weltweit in Millionenpublikum. Zuletzt vollendete er seine Autobiographie ›Die Welt von Gestern‹ und die ›Schachnovelle‹. Am 23. Februar 1942 schied er zusammen mit seiner Frau 'aus freiem Willen und mit klaren Sinnen' aus dem Leben.



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