Zandt | Das Jahr des Mondes | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 356 Seiten

Zandt Das Jahr des Mondes


2. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7568-7259-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 356 Seiten

ISBN: 978-3-7568-7259-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vier Tore. Drei Wölfe. Zwei Leben. Ein Jahr. Thomas führt ein ganz normales Leben im mecklenburgischen Neubrandenburg - oder zumindest so normal, wie es für einen unter Menschen lebenden Wolf geht. Alles ändert sich, als er nach zehn Jahren auf andere seiner Art trifft. Gemeinsam stellen sie sich gegen Bürokratie und Vorurteile und lernen mehr darüber, was es bedeutet, ein Werwolf zu sein. In ihrer unerwarteten Freundschaft finden sie dabei einen Zusammenhalt, der ihnen lange Zeit gefehlt hat.

Anne Zandt lebt und arbeitet im wunderschönen Mecklenburg-Vorpommern. Diverse ihrer Kurzgeschichten sind im Rahmen der Online-Magazine Bücherstadt Kurier und Phantast, sowie in Anthologien und auf ihrem eigenen Blog erschienen. Zudem ist sie regelmäßiger Gast in Talk-Formaten auf Twitch (Weltenbau, Märchen, Mythologie/Fabelwesen, ...) und saß bereits auf der Bühne der Leipziger Buchmesse zum Thema "Diversität ist mehr als sexuelle Orientierung und Hautfarbe".

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JANUAR
WOLFSMOND
Der Schnee knarzte unter seinen Füßen, als Thomas den Trampelpfad vom Sandkrug zum Datzeberg hinaufging. Winterdienst gab es für diese Abkürzung nicht, die sich durch eine kleine Grünanlage schlängelte, um dann zu einer langen Treppe zu werden. Dank seiner Winterstiefel hatte er keine Angst auszurutschen und genoss die relative Stille und frische Luft nach einem anstrengenden Arbeitstag. Vor ein paar Tagen hatte es endlich geschneit. Das erste Mal in diesem Winter, auch wenn es bereits Januar war. Thomas liebte den Schnee. Er liebte es, wie die weiße Pracht die Welt friedlich und rein erscheinen ließ. Besonders liebte er, wie es sich auf seinem Fell und unter seinen Pfoten anfühlte, wenn er in seiner besonderen Nacht hindurchrannte. Bei seinem Glück würde es allerdings tauen, bis es dazu kam. Das Klingeln seines Telefons riss Thomas aus den Gedanken. Verwundert blieb er mitten auf der Treppe stehen. Mühsam zog er sich einen Handschuh aus, um das Handy aus seiner Umhängetasche zu fischen. Als er es endlich in der Hand hielt, starrte er auf das Display. Sandra. Sein Herz begann heftig zu schlagen. Natürlich, er schuldete ihr noch eine Antwort. Bevor Thomas sich durchringen konnte, das Gespräch anzunehmen, hatte sie bereits aufgelegt. Er seufzte erleichtert. Das gab ihm eine Schonfrist, denn sie rief nie zweimal an. Stattdessen wartete sie auf seinen Rückruf. Gedankenverloren verstaute Thomas das Handy in seiner Tasche und zog sich den Handschuh wieder an, während er weiter die Treppe hinaufstieg. Jeder Blick auf seinen Wandkalender hatte Thomas diesen Monat daran erinnert, dass Sandra in der Vollmondnacht ihren Geburtstag feierte. Seit Anfang des Jahres überlegte er, ob er es riskieren sollte mitzufeiern. Vor zwei Wochen war die Einladung gekommen und seitdem schob er die Entscheidung auf. Er war hin- und hergerissen. Er wollte mehr Zeit mit seinen Freunden verbringen, die er seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte. Ihre Truppe traf sich unregelmäßig, entweder alle auf einmal oder in kleineren Runden. Sie hatten sich kurz nach seiner Ankunft in Neubrandenburg auf dem Burgfest in Penzlin kennengelernt. Ein einfaches Gespräch über Musik, Gewandungen und Waffen wurde zu Freund- und Bekanntschaften, die sich auch nach Monaten ohne Kontakt so anfühlten, als ob keine Zeit vergangen wäre. Vor allem war jedes Treffen eine Möglichkeit, in Sandras Nähe zu sein, ohne dass zu sehr auffiel, wie oft sein Blick zu ihr huschte und wie albern er sich bei Unterhaltungen mit ihr anstellte. Seit er sie kannte, bewunderte Thomas sie aus der Ferne, war ihr Freund in allen Lebenslagen geworden, aber mehr traute er sich nicht. Sie wäre nicht die erste Frau, mit der er anbandelte, aber er wollte mehr, wollte, dass sie ihn verstand und akzeptierte. Doch seine Angst vor einer Abweisung war zu groß, um es zu riskieren. Der Wind wehte ihm um die Nase, als er am Spielplatz oberhalb der Treppe vorbeiging. Normalerweise störte ihn das nicht, doch gerade erinnerte ihn die Kälte, die ihm bis ins Mark kroch, an all die Dinge, die schiefgehen könnten. Was, wenn er sich zu früh verwandelte? Was, wenn seine Freunde ihn nicht gehen lassen wollten? Was, wenn ihm jemand folgte? Was, wenn – Zusammen mit der Kälte schüttelte er die Gedanken ab, als er seine Wohnung betrat. »Hey! Du bist der Einzige, der mir noch nicht gesagt hat, ob er zu meinem Geburtstag kommt!«, grüßte Sandra ihn verspielt, nachdem sie seinen Rückruf angenommen hatte. »Oh, ist das echt schon so weit?«, fragte Thomas, sein Blick auf den Kalender gerichtet, auf dem genau diese Information stand. »Nächsten Donnerstag«, kam prompt die Bestätigung. »Ah, ja, ich weiß nicht –«, begann er, wurde aber sogleich unterbrochen. »Oh, komm schon! Es ist mein Geburtstag und alle werden da sein! Sogar Ole! Ihr habt euch doch bestimmt auch schon ’n halbes Jahr nicht mehr gesehen!« Ein Argument, mit dem auch Ole ihm bereits mehrfach in den Ohren gelegen hatte. Im Gegensatz zu Sandra hielt sich dessen Hartnäckigkeit allerdings in Grenzen, wenn Thomas’ Ausrede offensichtlich nicht ganz wasserdicht war. Sandra erzählte von weiteren Leuten, die zugesagt hatten, und endete dann mit: »Außerdem musst du auch mal rauskommen, das ist dir klar?« Sie scherzte nicht zum ersten Mal über sein Eigenbrötler-Dasein und war eine der wenigen, die ihn trotzdem immer wieder einluden. Und nicht lockerließ, wie er es erhofft und befürchtet hatte. »Abgesehen davon weiß ich genau, dass du noch nie im Brauhaus warst und immer schon hinwolltest.« Thomas konnte regelrecht ihr Grinsen hören. Er seufzte. Seit Jahren erzählten seine Freunde von dem Restaurant die Rostocker Straße raus, aber bisher hatten sie es nicht geschafft, gemeinsam dort hinzugehen. Ihm war bewusst, dass er nicht einfach Nein sagen konnte. Zu sehr würde es nach einer Ausrede klingen. Viel lieber hätte er es ausgesessen und so getan, als hätte er es vergessen. Doch das war nun keine Option mehr. »Lass mich noch mal meine Termine prüfen und ich ruf dich morgen an.« »Versprochen?« Ihre Stimme klang erfreut und hoffnungsvoll. Thomas lächelte. »Versprochen.« Kaum hatte er aufgelegt, runzelte er die Stirn. Er brauchte einen Plan. Vorher wollte er keine endgültige Entscheidung treffen, denn eine Teilnahme barg einige Risiken. Die Gegend, in der das Restaurant sich befand und somit die potentiellen Laufgründe, kannte er nicht. Zusätzlich dazu würde er nicht rechtzeitig zurückkehren können, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Bevor er loslegte, machte er sich einen Happen zu essen und brütete darüber, wie er am besten vorgehen sollte. Anschließend schaltete er seinen Standrechner ein und öffnete eine Onlinekarte. Dort suchte er den Wallensteinkeller, wie das Brauhaus offiziell hieß, und betrachtete die Gegend für eine lange Zeit, dann suchte er weitere Informationen zu Bushaltestellen, Orten und Wegen. Eine Ecke sah vielversprechend aus und stellte sich als Gartenanlage heraus. Mit einem Zeichenprogramm fügte er der automatisch erstellten Route weitere Linien und Notizen hinzu. Als er alle Informationen zusammengetragen hatte, druckte Thomas eine Satelliten- und eine Kartenansicht der Strecke aus und legte sie in eine Mappe, die er immer in seiner Arbeitstasche dabeihatte. Neben den Karten waren mehrere beschriebene und leere Blätter darin. Diese Vorbereitung erledigt, schaltete er seinen Fernseher an, um sich ein wenig berieseln zu lassen. Nur für einen Augenblick wollte er nicht über die negativen Konsequenzen nachdenken und die nötige Ruhe zum Schlafen finden. Nach der Arbeit am nächsten Tag machte Thomas sich auf den Weg zum Restaurant. Er hätte den Bus nehmen können, aber das war ihm zu umständlich. Die fünf Minuten, die der Bus am Busbahnhof stand, konnte er genauso gut nutzen, um die Innenstadt einmal von Osten nach Westen zu durchqueren. Zum Glück war kein Markttag, das hieß, die Menge an Menschen, die ihm auf der Turmstraße und auf dem Marktplatz entgegenkam oder im Weg stand, hielt sich in Grenzen. Als er schließlich die andere Seite erreichte, schritt er durch das Treptower Tor zur Ringkreuzung, die ihn in die Rostocker Straße führen würde. Das alte Backsteingemäuer barg wie immer einen Hauch der Vergangenheit, stünden nicht die Werbeschilder des Eisladens und moderne Holztische zwischen den Innenwänden am anderen Ende des Torgangs. Die Straße überquert, ging Thomas vorbei am Kornhus immer weiter an der Straße entlang. Dröhnend fuhren Autos an ihm vorbei und bliesen ihre Abgase in die Luft. Vielleicht hätte er so dicht am Vollmond nicht im Feierabendverkehr seine Erkundungstour machen sollen. Vielleicht hätte er vor Wochen eine Entscheidung treffen sollen. Vielleicht. Nein, hätte er, als Sandra ihn das erste Mal gefragt hatte, zugesagt, hätte er seine Meinung noch mehrfach geändert. Hätte er gleich abgesagt, hätte sie trotzdem versucht, ihn dazu zu bringen zu kommen. Mit Kopfhörern in den Ohren hoffte Thomas, mit Hilfe seines MP3-Players den Lärm auszublenden. Wie er bis zum Brauhaus kam, hatte er sich gemerkt, dafür musste er nur an der richtigen Stelle von der Hauptstraße abbiegen. Der weitere Weg sah auch nicht schwierig aus, dennoch holte Thomas die Karte mit der Wegbeschreibung aus seiner Mappe. Am Restaurant vorbeigehend, folgte er dem Weg zur Gartenanlage. An deren Eingang nahm er die Kopfhörer ab und schaltete die Musik aus. Für diesen Teil brauchte er alle seine Sinne. Selbst ohne den Mond waren diese besser als die eines normalen Menschen. Für ihn war es ein Leichtes zu erkennen, ob jemand in letzter Zeit hier gewesen war. Auf der Kartenansicht machte Thomas die Notizen, das Satellitenbild nutzte er für die Orientierung. Der Hauptweg führte geradeaus durch die gesamte Gartenanlage, alle paar Meter zweigten Wege ab, die zu den aneinandergereihten Garteneingängen führten. Nachdem Thomas bereits einige Abzweigungen passiert hatte, bog er schließlich nach links ab. Zusätzlich zu den Hecken und Wegen zeichnete er die...



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