Young | Dustlands - Der Blutmond | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 448 Seiten

Reihe: Dustlands

Young Dustlands - Der Blutmond

Roman
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-10-403281-8
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 3, 448 Seiten

Reihe: Dustlands

ISBN: 978-3-10-403281-8
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



***Sabas letzter Kampf*** NICHTS IST GEWISS UND NIEMAND IST SICHER IM HERZSCHLAGFINALE DIESER PREISGEKRÖNTEN ENDZEITFANTASY Saba ist bereit, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen und DeMalo und seine Soldaten zu schlagen. Bis sie ihm begegnet und er mit seiner verführerischen Vision von New Eden, einer geheilten Erde, alle ihre Erwartungen unterläuft. DeMalo will, dass Saba ihn begleitet, im Leben und bei seinem Werk, eine gesunde, stabile, nachhaltige Welt zu erschaffen - für die wenigen Auswerwählten. Jacks Entscheidung ist klar: DeMalo zu bekämpfen und New Eden aufzuhalten. Saba verpflichtet sich diesem Kampf, immer noch unsicher, und ihre Verbindung mit DeMalo bleibt ihr Geheimnis. Gemeinsam mit ihrem Bruder Lugh, der auf ein Stück Land in New Eden hofft, führt Saba eine unerfahrene Rebellengruppe in den Kampf gegen den mächtigen und charismatischen DeMalo mit seinen Siedlern und Soldaten. Welche Chance haben sie? Saba muss handeln. Und willens sein, den Preis zu zahlen.

MOIRA YOUNG, geboren und aufgewachsen in British Columbia im Westen Kanadas, trat als Schauspielerin und Opernsängerin in Kanada und Europa auf. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Bath, England. Ihre DUSTLANDS-Trilogie erschien in zahlreichen Ländern und wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet.
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Nacht sieben


Es ist die Zeit im Jahr, wenn die Dunkelheit dem Licht jeden Tag früher im Nacken sitzt.

Bei der erstbesten Gelegenheit red ich mit Slim unter vier Augen. »Wann ist Blutmond, was meinst du?«, frag ich.

»Ich mein nicht, ich weiß es.« Er guckt zum Mond hoch, der dicker ist als gestern Nacht. »Mit dem jetzt in sieben Nächten.«

»Könnten aber auch acht sein. Oder neun. Das kann man doch nicht so genau sagen.«

»Ich leb jetzt schon fast fünfzig Jahre nach dem Zu- und Abnehmen von der Dame da. Ich kenn ihre Gesichter, und wenn ich sag, es sind sieben, dann sind es sieben. Ganz genau.« Er mustert mich fragend. »Was macht dir Sorgen?«

»Nichts.«

Tommo zieht los. Er hat die erste Wache hoch oben auf dem Painted Rock. Wir anderen versammeln uns ums Feuer – ich mit Bauchschmerzen, so nervös bin ich, weil ich warten muss, bis es Zeit wird, zu gehen und Jack in Irontree zu treffen. Hat keinen Sinn, zu früh hinzugehen. Ich bin mehr als einmal zu früh am Treffpunkt gewesen und hab dann Däumchen gedreht, weil er noch nicht da gewesen ist.

Wir machen es uns für den Abend gemütlich. Mit knirschenden Knien lässt Slim sich grunzend in seinen Klappstuhl sinken und raucht nachdenklich seine Pfeife. Ash und Molly rollen Hanffasern zu Bogensehnen. Nero kuschelt sich für ein Nickerchen in meine Jacke, und ich stell meine feuchten Stiefel zum Trocknen ans Feuer.

Es sieht vielleicht wieder alles friedlich aus, aber ich kann sie spüren. Gleich unter der Oberfläche. Die bittere Unterströmung der Zwietracht. Noch so ein Fehler von mir, und sie steigt wieder an die Oberfläche. Ich nehm’s ihnen nicht übel. An ihrer Stelle würd’s mir genauso gehen.

Wir müssen zusammenhalten. Ganz fest. Ich guck sie mir an, meine Familie, meine Freunde. Der Tanz der Flammen jagt Schatten über ihre Gesichter. Ihre vertrauten, unvertrauten Gesichter. Was wir hier tun, an diesem alten Ort, ist uralt. Es liegt der Zeit im Blut. Menschen an einem Feuer. Während die Dunkelheit sie von allen Seiten umschließt. DeMalos Worte gehen mir im Kopf rum und zwängen meine Gedanken ein.

Unsere Aussichten abwägen. Ich kann nicht klar denken. Aber ich muss. Sofort. In sieben Nächten. Ich muss mit Jack reden. Ich versuch, nicht zu oft zum Himmel zu gucken. Versuch mir nicht anmerken zu lassen, wie zappelig ich bin.

Lugh und ich sitzen eng zusammen auf einem Baumstamm, Oberschenkel an Oberschenkel. Er stupst mich an. »Hast eine Verabredung heute Nacht, hm?«, flüstert er. Ich seh ihn an. »Du guckst ständig zum Himmel«, sagt er.

Alle wissen, dass ich regelmäßig Infos krieg über DeMalo und die Tonton und das, was in New Eden los ist. Sie wissen, dass ich ihnen nicht sagen kann, von wem oder woher. Sie glauben, ich treff mich mit Brams altem Netzwerk. Mit der kleinen Gruppe von Kontakten, Informanten und Maulwürfen, die er aufgebaut hat, bevor er an jenem Tag auf der Straße nach Resurrection gestorben ist. Jack führt diese Gruppe jetzt. Er liefert die Info, ich die Taten. Planen tun wir zusammen. Ich treff nie jemand anders als ihn.

Creed hat die kleine Handquetschkommode, die Slim von Bobby French, einem Händlerkumpel, bekommen hat, in Ordnung gebracht. Jetzt probiert er sie zum ersten Mal aus. Süße Schwermut kommt schnaufend aus den rissigen Lederlungen.

»Guter Gott, sie funktioniert«, sagt Ash. »Wo hast du spielen gelernt?«

»Schaustellertruppe«, sagt er. »Quetschkommode, Seiltanz, Feuerjonglieren … das Übliche.«

Misstrauisch guckt Ash ihn an. Lügengeschichte oder Wahrheit, bei Creed ist das manchmal schwer zu sagen. »Du bist doch nie im Leben ein Schausteller gewesen«, sagt sie.

»Glaubst du etwa, ich erzähl dir alles?«, fragt er.

»Hm. Tja«, sagt sie, »das würd so einiges erklären.«

Er bearbeitet still seine Quetschkommode, während ein Schlauch mit Mollys neuestem Gebräu die Runde macht. Stinkjohannisbeerenrum diesmal, aber es ist immer dasselbe. Ein Fusel, der einem das Hirn abtötet, mit einem Rausch wie weißglühende Schmerzen. Ich verzichte. Ich brauch einen klaren Kopf.

Emmi kommt an und legt sich quer über unsere Beine. Sie vergräbt die Nase in Lughs Hemd. Ich weiß genau, wie er für sie riecht. Nach Sicherheit. Nach Zuhause.

Und da wird mir was klar. Wir sind noch nie so gewesen, wie wir jetzt sind. Noch nie. Ich mein, dass die Nähe und Gesellschaft uns allen dreien Trost gibt. Früher sind es immer nur Lugh und ich gewesen, und Em war immer außen vor. Zum ersten Mal fühlt es sich an wie Bruder und beide Schwestern zusammen. Lugh lächelt mir über Em weg zu. Heute Abend wirkt er irgendwie unbeschwerter. Er wirkt … aufgemuntert.

Ich mag gar nicht dran denken, Emmi zu Auriel zu schicken. Ohne sie zu sein. Aber es muss sein. Nur so kann ich dafür sorgen, dass sie in Sicherheit ist. Ich werd morgen mit Lugh drüber reden.

Als die Sterne übern Himmel schießen, begleitet Creed sie gemächlich auf der Quetschkommode. Die uralten Seufzer lassen das Echo unserer schroffen Worte abebben. Streichen Balsam auf die Wut. Tragen unseren aufgewühlten Tag in die Nacht.

»So eine Sternenjahreszeit hab ich noch nie gesehen.« Molly schüttelnd staunend den Kopf. »So viele Schnuppen. Wenn die so weitermachen, ist bald kein Stern mehr übrig.«

Mercy guckt schon eine Weile Lugh an. Sie starrt ihn richtig an, als ob sie nicht anders kann. Das macht ihn nervös, und er wird rot. Schließlich sagt sie:

»Es ist richtig unheimlich, wie sehr du ihr ähnelst. Eure Augen sind genau gleich. Das Gesicht, das Lächeln, sogar wie du den Kopf drehst.« Sie hat recht. Lugh ist Mas Abbild. Er zuckt die Achseln, aber ich seh, dass er sich freut. Die Zeit kriecht. Mein Magen ist völlig verkrampft. Mach schon, mach zu, ich muss Jack sehen.

Ash steht auf und reckt sich mächtig. »Meine Wache. Ich geh besser Tommo ablösen.« Sie stupst Slim mit dem Stiefel an, nicht allzu sanft. »He, schlafende Schönheit, komm mich nicht zu spät ablösen.«

Er macht sein gesundes Auge auf. »Nur keine Bange.«

Auf lautlosen Füßen, den Bogen in der Hand, verschwindet Ash in den Schatten.

Emmi fragt: »Was ist das für ein Lied, Creed?«

»Keine Ahnung«, sagt er. »Vermutlich das letzte Lied, was das alte Ding gespielt hat. Kommt mir vor, als ob es gewartet hat. Es ist noch nicht ganz so weit, zu kommen, aber es wird schon noch. Wenn es so weit ist, dann kommt es.« Er spielt leise weiter, und wirklich, nicht lang, und das Lied zeigt sich. Es ist langsam. Schlicht. Butterweich und warm von seiner Reise durch die Zeiten. »Ah«, sagt Creed.

Mir wird die Kehle eng, als ich es erkenn. Als es in meinem Herz singt. Die Melodie pendelt sich ein. Sie wartet. Darauf, dass die richtige Stimme dazukommt. Sie wartet. Auf Molly. Und die singt.

Träume zu verkaufen, schöne Träume zu verkaufen,

Angus ist hier und hat Träume zu verkaufen.

Die Erinnerung fällt über mich her. Ma, die Lugh und mir ein Schlaflied singt. Der Sonnenduft von ihrer Haut. Ihre Finger, die mir die Haare glattstreichen. Das ist zehn Jahre her. Aber diese Musik geht mir unter die Haut. Bis dahin, wo die Wunden niemals verheilen. Lugh legt mir den Arm um die Schultern. Drückt mich fest an sich.

Still jetzt, mein Kleines, ohne Angst schlaf nun ein,

Traum-Angus schickt dir einen Traum, ach so fein.

Molly singt zögernd, auf raue Weise zärtlich. Und ich weiß, ohne es zu wissen, dass sie dieses Lied Gracie vorgesungen hat. Ihrem Kind von Jack, das nach fünf Monaten am Fieber gestorben ist. Em steht auf, geht ums Feuer rum zu Molly und legt sich hin, den Kopf in ihrem Schoß. Am Silverlake ist die Musik mit Ma gestorben. Für Emmi hat es nie ein Schlaflied gegeben.

Molly singt, Creed spielt. Sie haben einen Waffenstillstand, sogar ein Lächeln füreinander in den Augen.

Noch ein einziger Ton, und ich plärre los. Und endlich ist es auch Zeit, zu gehen. Ich drück Lughs Hand. Dann steh ich auf mit Nero, der noch in meiner Jacke schläft. Tracker neben Mercys Füßen steht auch auf. Slim hebt zum Abschied die Pfeife. Creed nickt. Molly lächelt. Mittlerweile sind sie alle an meine nächtlichen Ausflüge gewöhnt.

Ich nehm meinen Köcher und den Bogen und verlass die Wärme und das Licht und meine Leute und Mas Lied. Mit Tracker an der Seite geh ich in den nachtdunklen Wald.

Ich lass Nero fliegen, und wir gehen nach Norden. Bis Irontree, wohin Jack unser Treffen verlegt hat, sind es von hier aus gut sechs Meilen. Ich bleib stehen, nur einen Augenblick. Geb unser Nachtsignal. Den Zweitontriller von einem Witwenvogel. Damit unser Wachtposten weiß, wer da unter ihm durch den Wald wandert. Die Antwort kommt vom Gipfel des Painted Rock zu mir. Es ist Ash. Sie hat Tommo abgelöst. Er ist jetzt bestimmt unterwegs zu den Annehmlichkeiten im Lager.

»Saba, warte!« Das ist Lugh, der mir zwischen den Bäumen durch hinterherläuft.

Gereizt bleib ich stehen. »Was ist?«

»Ich hab bloß sagen wollen – das Lied da … Ich hab nicht bleiben können. Das ist zu viel.«

»Ich weiß. Ich hab ein paarmal von ihr geträumt in letzter Zeit. Von Ma.«

»Schon komisch«, sagt er, »jetzt sind wir schon so lange ohne sie, und man denkt, es geht einem gut, und das ist auch so, aber dann fängt Molly an zu singen und … die ganzen Gefühle und Erinnerungen fallen aus heiterem...


Jakubeit, Alice
Alice Jakubeit übersetzt Romane, Sachbücher und Reportagen aus dem Englischen und Spanischen, u.a. Alexander McCall Smith, Greer Hendricks & Sarah Pekkanen und Eva García Sáenz. Sie lebt in Düsseldorf.

Young, Moira
MOIRA YOUNG, geboren und aufgewachsen in British Columbia im Westen Kanadas, trat als Schauspielerin und Opernsängerin in Kanada und Europa auf. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Bath, England. Ihre DUSTLANDS-Trilogie erschien in zahlreichen Ländern und wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet.

Moira YoungMOIRA YOUNG, geboren und aufgewachsen in British Columbia im Westen Kanadas, trat als Schauspielerin und Opernsängerin in Kanada und Europa auf. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Bath, England. Ihre DUSTLANDS-Trilogie erschien in zahlreichen Ländern und wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet.
Alice JakubeitAlice Jakubeit übersetzt Romane, Sachbücher und Reportagen aus dem Englischen und Spanischen, u.a. Alexander McCall Smith, Greer Hendricks & Sarah Pekkanen und Eva García Sáenz. Sie lebt in Düsseldorf.

MOIRA YOUNG, geboren und aufgewachsen in British Columbia im Westen Kanadas, trat als Schauspielerin und Opernsängerin in Kanada und Europa auf. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Bath, England. Ihre DUSTLANDS-Trilogie erschien in zahlreichen Ländern und wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet.
Alice Jakubeit übersetzt Romane, Sachbücher und Reportagen aus dem Englischen und Spanischen, u.a. Alexander McCall Smith, Greer Hendricks & Sarah Pekkanen und Eva García Sáenz. Sie lebt in Düsseldorf.



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