Woodman Auf leisen Tatzen ins Glück
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-641-16594-9
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 416 Seiten
ISBN: 978-3-641-16594-9
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Tessa Wilde ist Tierarzthelferin mit Leib und Seele. Als der Wagen, der sie ausgerechnet zu ihrer eigenen Hochzeit bringen soll, einen Hund anfährt, denkt sie keine Sekunde nach und rettet das Tier. Sie schafft es zwar in letzter Minute noch zur Trauung, aber vor dem Altar geht es turbulent weiter: Jack Miller, einer ihrer ältesten Freunde, stürmt in die Kirche und fleht sie an, Nein zu sagen. Tatsächlich kommt Tessa ins Zweifeln und lässt die Hochzeit platzen. Ist vielleicht doch Jack der Mann ihres Lebens? Als sie anfangen, zusammen in der Tierklinik zu arbeiten, knistert es auf jeden Fall gewaltig zwischen den beiden ...
Cathy Woodman ist Autorin mehrerer Romane und ausgebildete Tierärztin. Sie hat ein ganzes Haus voller Haustiere, auch wenn sie sich mittlerweile ausschließlich dem Schreiben widmet. Auf leisen Tatzen ins Glück ist Cathy Woodmans fünfter Roman bei Blanvalet.
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KAPITEL 1
Dieses Jahr, nächstes Jahr, irgendwann, niemals
Es kommt nicht jeden Tag vor, dass ich in der hellen Aprilsonne in einem Rolls-Royce über die Landstraßen Devons rolle, während mein Dad an meiner Seite mit seinem vollen Bariton »Bringt mich pünktlich zum Altar« singt. Seine Begeisterung ist ansteckend, und ich bin mir nicht sicher, wer von uns beiden aufgeregter ist, er oder ich.
An der nächsten Kreuzung hinter dem Grat des bewaldeten Steilhangs, von wo aus ich die glänzenden Windungen des Flusses durch die Bäume hindurch sehen kann und den Glockenturm der Kirche, der sich über die kleine Ortschaft im Tal erhebt, biegt der Chauffeur rechts ab. Dort, wo die einspurige Straße sich zu einer Ausweichstelle verbreitert, springt eine dunkle, vierbeinige Gestalt direkt vor uns auf die Straße.
»Was zum Teufel!« Der Chauffeur tritt mit aller Kraft auf das Bremspedal, und die Sekunden scheinen wie in Zeitlupe zu verstreichen, während der Wagen schlitternd zum Stehen kommt. Ein unheilvoller Schlag, dann herrscht Stille.
»Nicht, Tess!«, sagt mein Dad, doch ich bin bereits mit hochgerafftem Kleid aus dem Auto gesprungen. Die Absätze meiner Schuhe – meiner wunderschönen elfenbeinfarbenen Brautschuhe – versinken im Schlamm am Straßenrand, als ich um den Rolls-Royce herum nach vorn gehe, wo ein großer schwarzer Hund reglos auf dem Asphalt liegt.
»Oh mein Gott!« Ich will mich neben ihn knien, um ihm zu helfen, doch mein Dad hält mich zurück.
»Nicht, Tess«, wiederholt er. »Es ist zu spät. Ich glaube, er ist tot.«
Leer vor Sorge und Schock starre ich den Hund an, einen hübschen Kerl mit blutiger Nase und einem kleinen weißen Fleck auf der Brust. Ich wünsche mir so sehr, dass er okay ist.
»Er lebt«, seufze ich erleichtert auf, als der Hund den Kopf hebt und blind den Blick in meine Richtung dreht. Die Zunge fällt ihm seitlich aus dem Maul, und seine Ohren liegen flach an den Seiten des breiten Schädels.
»Er sieht aus, als würde er Sternchen sehen«, bemerkt mein Dad, während der Chauffeur seine Aufmerksamkeit der Beule an der Frontseite des Wagens zuwendet, der bei dem Zusammenstoß definitiv schlechter weggekommen ist. »Was sollen wir jetzt tun?«
»Er muss zum Tierarzt«, sage ich und blicke unseren Fahrer voller Hoffnung an.
»Keine Sorge wegen der Autositze«, sagt er trocken. »Schaffen wir ihn in den Wagen.«
Innerhalb kurzer Zeit liegt der Hund mit blutender Nase auf dem Beifahrersitz, und ich denke, dass das nicht gerade ein vielversprechender Anfang ist. Mein Dad sieht aus, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen. Dank seines Vorschlags, wir sollten eine kleine Runde drehen, was ich ursprünglich für eine prima Idee gehalten hatte, haben wir inzwischen mehr Verspätung, als traditionell erwartet wird.
»Ich lasse Sie auf dem Weg zum Tierarzt bei der Kirche aussteigen und fahre den Rolls gleich in die Werkstatt, um den Schaden begutachten zu lassen, ehe ich Sie wieder abhole«, sagt der Chauffeur und streckt die Hand aus, um den Hund zu stützen, während wir die erste Serpentine den Hügel hinab nach Talyton St. George nehmen, woraufhin der Hund eine Wolke feinen roten Nebels ausniest.
»Nein, wir müssen zuallererst zum Tierarzt.« Ich bin Tierarzthelferin und habe bei der Behandlung von genügend Unfallopfern assistiert, um zu wissen, dass man nie vorhersehen kann, wie es ausgeht. Manchmal überleben gerade die Tiere nicht, die anfangs noch relativ unversehrt wirken.
»Sie hat recht – wir müssen direkt zum Otter House, der Kleintierpraxis«, sagt mein Dad. »Gehen Sie nicht über LOS und ziehen Sie nicht zweihundert Pfund ein. Oh, Tessa, weißt du noch, wie wir Monopoly gespielt haben, als du ein kleines Mädchen warst? Und Scrabble? Beim Scrabble hast du immer gewonnen.«
»Dad, bitte, nicht jetzt.« Die Worte bleiben mir schier im Hals stecken, als ich fortfahre: »Ich werde sonst noch ganz traurig.« Mir schießt der Gedanke durch den Kopf, es könne ein schreckliches Omen sein, dass wir den Hund angefahren haben. Nicht dass ich abergläubisch wäre. Nicht wirklich. Es ist bloß so, dass ich ziemlich erschüttert bin. Bisher verläuft mein großer Tag nicht gerade nach Plan.
Es ist Samstag, Markttag, und wir brauchen eine Weile, um durch die engen Einbahnstraßen und über den Marktplatz zu fahren, wo die lokalen Anbieter ihre Produkte verkaufen – von Eiern von freilaufenden Hühnern und Apfelkuchen bis hin zu handgestrickten Pullovern und fleischfressenden Pflanzen –, doch schließlich kommen wir vor der Tierarztpraxis an, wo der Chauffeur den Wagen im absoluten Halteverbot parkt und in die Praxis läuft, um einen Tierarzt zu holen. Ich biete meine Hilfe an, doch Dad besteht darauf, dass ich im Wagen bleibe, und angesichts der Umstände hat er wahrscheinlich recht.
Ich betrachte mich im Rückspiegel. Mein dunkles, fast schwarzes Haar ist zu einem Knoten hochgesteckt. Einzelne Strähnen kringeln sich um meine Wangen. Auf meinen Augenlidern glänzt perlmuttfarbener Lidschatten, und meine Lippen sind scharlachrot geschminkt. Insgesamt komme ich mir eher vor wie Schneewittchen als wie ich selbst. Eigentlich bin ich eher der Typ für den natürlichen Look, mein Haar fällt mir normalerweise in weichen Wellen auf die Schultern, und ich benutze auch nicht viel Make-up. Aber mir gefällt der Effekt. Ich könnte eine Hollywoodschauspielerin sein – mit ein bisschen Fantasie vielleicht Gemma Arterton.
Ich lehne mich zurück und warte, wobei ich durch das Fenster die kleine Menschenansammlung betrachte, die sich auf dem Bürgersteig versammelt hat, um den alten Rolls zu bewundern und einen Blick auf die Braut zu erhaschen. Ich senke den Blick auf den Brautstrauß auf meinem Schoß und erlaube mir zu lächeln. Das bin ich, Tessa Wilde, und wenn jetzt bald jemand kommt, um den Hund zu holen, werde ich Nathaniel Cooper heiraten, meinen besten Freund, Geliebten und Mann meiner Träume. Okay, ich bin achtundzwanzig, und meine Träume haben ziemlich lange gebraucht, um Realität zu werden, doch jetzt endlich ist es so weit.
Der Fahrer ist zurück und öffnet mit gekonntem Schwung die Beifahrertür für Maz, eine der Tierärztinnen vom Otter House. Sie trägt einen lila OP-Kittel, und ein Ehering baumelt an einer Kette um ihren Hals, als sie sich ins Auto beugt und dem Hund ein Halsband mit Leine über den Kopf streift. Als sich das Halsband um seinen Hals zusammenzieht, knurrt der Hund, springt aus dem Wagen und taumelt dann blind über den Bürgersteig. Maz führt ihn in die Praxis, die Leine fest in der Hand, während der Chauffeur sich hinters Steuer schiebt und – vielleicht aus Sorge um die Befindlichkeit der Braut – sein Jackett auf den Blutfleck legt, den der Hund hinterlassen hat.
»Wir brauchen nicht länger als ein paar Minuten, um von hier zur Kirche zu gelangen«, sagt er und lässt den Motor an, der wie eine große Katze schnurrt. »Bisher habe ich noch jede Braut rechtzeitig zu ihrer Hochzeit gebracht«, fügt er hinzu, woraufhin mein Dad wieder so aussieht, als wolle er jeden Moment losweinen.
»Bitte, nicht.« Ich nehme seine Hand in meine und drücke sie. »Für den Hund wird bestens gesorgt.«
»Ich rege mich nicht wegen des Hundes auf.« Sein Gesicht ist gerötet, was auf den Champagner zurückzuführen ist, den wir gemeinsam vor unserem Aufbruch in meinem Elternhaus getrunken haben, wo ich meine letzte Nacht als ledige Frau verbracht habe. »Oh, es tut mir so leid, mein Schatz. Ich bereite dir Kummer.« Er zieht ein gemustertes Taschentuch aus der Brusttasche seiner Anzugjacke und putzt sich lautstark die Nase.
»Dad, das Taschentuch ist ein Teil deines Outfits.« Ich fange an zu kichern, denn ich kann ihm nicht böse sein. »Passend zu dem von Nathan und Mike.« Mike ist Nathans Trauzeuge.
Wieder entschuldigt sich mein Dad. »Ich kann nichts dagegen machen. Du magst ja groß und erwachsen sein, Tessa, aber für mich bleibst du immer meine kleine Prinzessin.« Er dreht sich zu mir und legt mir den Arm um die Schulter, ohne auf meinen Schleier und den Brautstrauß zu achten, und umarmt mich ungestüm. Tränen schießen mir in die Augen, als ich die Hände in seinem Nacken falte. »Ich weiß, dass deine Mum mir ständig sagt, ich solle es so betrachten, dass ich einen Schwiegersohn bekomme und keine Tochter verliere, aber es gefällt mir überhaupt nicht, dass ich dich ziehen lassen muss.«
»Ich dachte, du willst, dass ich glücklich bin«, sage ich sanft.
»Natürlich will ich das«, meint Dad und rückt ein wenig von mir ab. »Achte nicht weiter auf mich. Ich bin ein bisschen überreizt.« Er grinst mich an. »Ich hätte besser nichts trinken sollen.« Nach einer kurzen Pause fährt er fort. »Bist du nicht nervös? Ich war wie gelähmt, als ich deine Mutter heiratete.«
»Irgendwie bin ich gleichzeitig nervös und aufgeregt. Alles wird gut sein, wenn es vorbei ist.« Rasch korrigiere ich mich. »Ich meine, wenn der Tag heute vorbei ist.«
»Man heiratet nur einmal. Na ja, zumindest gilt das für deine Mum und mich.«
»Hattest du jemals Zweifel?«, frage ich ihn.
»Ob ich das Richtige tat?« Er schüttelt den Kopf. »Überhaupt keine, denn genau wie du bei Nathan wusste ich von dem Tag an, als ich ihr das erste Mal begegnete, dass ich den Rest meines Lebens mit ihr verbringen wollte, in guten wie in schlechten Zeiten …« Er hält inne, um seinen Bauch zu tätscheln, ehe er fortfährt: »… in fetten und noch fetteren Jahren.«
Ich lächle ihn zärtlich an. Vielleicht würde er sich in...