Wolfram | Das Wüstenhaus | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Wolfram Das Wüstenhaus

Roman
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-641-05378-9
Verlag: DVA
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-641-05378-9
Verlag: DVA
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein Tag im April und die Macht des Zufalls

Auf einer Ferieninsel in Tunesien wird im Frühjahr 2002 ein Anschlag auf eine alte Synagoge verübt, bei dem mehrere deutsche Touristen ums Leben kommen. Fünf Jahre später erreicht einen Journalisten in Berlin ein merkwürdiger Anruf. Die junge Frau am anderen Ende der Leitung behauptet, sie müsse ihn dringend sprechen, denn er habe den Tod ihrer Eltern verschuldet ...

Mit der ihm eigenen »verblüffenden Leichtigkeit« der Sprache (Die Zeit) erzählt Gernot Wolfram in seinem zweiten Roman vom Zauber des Südens und dem mutigen Versuch eines jungen Mädchens, mit den Folgen eines schicksalhaften Zufalls fertig zu werden. Das Wüstenhaus ist die Geschichte einer Konfrontation zweier vollkommen unterschiedlicher Menschen auf der Suche nach sich selbst, inmitten einer ihnen fremd bleibenden Kultur.

Terrorismus und die Frage nach Schuld – ein beunruhigender Roman von hoher Aktualität.
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(S. 113-114)

Er faltete langsam die Briefseiten mit der Erzählung zusammen und verstaute sie in der Schublade seines Schreibtischs in einer Mappe, in der sich neben Zeitungsartikeln, Fotos und Majas Heft Notizen befanden, die er in der letzten Woche akribisch gesammelt hatte. Auf die Mappe hatte er mit schwarzem Stift in Druckbuchstaben das Wort »Insel« geschrieben. Er ging zum Fenster, goss sich frischen Kaffee in seine Tasse und blickte in den Hof hinaus. Die Männer des Transportdienstes standen vor der Restaurantküche und warfen sich gegenseitig Bierbüchsen zu, die sie aus einem Karton holten. Seit der Rückkehr aus Frankreich fiel es ihm schwer, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren.

Warum ging ihm bloß die Begegnung mit Maja nicht mehr aus dem Kopf? Warum hatte er ständig das Bedürfnis, sie anzurufen, ihre Stimme zu hören und zu erfahren, wie es ihr ging? Und jetzt noch dieser merkwürdig lange, ausführliche Brief von ihrem Onkel, den er nicht mal kannte und der glaubte, Majas Verhalten rechtfertigen zu müssen. Die Bäume im Hof trugen immer noch kräftig grüne Blätter, obgleich einige von ihnen an den Rändern schon bräunlich zu werden begannen. Es wurde kälter.

In der Restaurantküche sah er die Leute, die nun die in Cellophanfolie eingehüllten Platten vom Mittagsbüfett abräumten und durch das Fenster mit den Männern des Transportdienstes redeten. Er erinnerte sich, dass er noch vor Kurzem daran gedacht hatte, in einem Zustand der Zuverlässigkeit angekommen zu sein, hier, an diesem vertrauten Ort, umgeben von seinen Sachen, den Bildern an der Wand, den in der Ecke aufgestapelten Exemplaren seines neuen Buches. Stattdessen hatte er nach dem Treffen mit Maja wichtige Termine abgesagt, hatte sich eine Pressekarte für die Ausstellung besorgt und sich bei den Behörden in Paris gemeldet, um seinen Aufenthalt in dem Hotel zu Protokoll zu geben.

Ohne lange zu überlegen, war er mit dem Nachtzug nach Frankreich gefahren (die merkwürdigen Träume in dem leeren Abteil, die Strommasten am Morgen, der Duft nach Kaffee in der Bahnhofshalle). Ihm fielen die verwunderten Fragen der Beamten ein - »Warum melden Sie sich erst jetzt bei uns, wenige Monate vor dem Prozess?« -, ihre Blicke, wie sie lustlos seine Aussagen aufzeichneten und ihm mit noch größerer Gleichgültigkeit die Bilder vorlegten, zu denen er ebenso wenig sagen konnte wie Maja.

Wie überflüssig und fehl am Platz war er sich in diesen Räumen vorgekommen. Welche Zeitverschwendung mochten ihm die Vernehmer insgeheim vorgeworfen haben, als sie ihn händeschüttelnd in die Gänge dieses verschlungenen Großtraktes entließen. Schließlich hatte er Maja angerufen, nachdem er sie am Vormittag auf der Treppe im Foyer des großen steinernen Gebäudes mit den ausladenden Portaltreppen gesehen hatte. »Kannst du dich mit mir treffen? Jetzt?« Sie hatten sich in der Nähe des Vernehmungsgebäudes in einem Park verabredet. Er sah alles wieder genau vor sich.


Wolfram, Gernot
Gernot Wolfram, 1975 in Zittau in Sachsen geboren, arbeitet als Autor und Publizist und lehrt an verschiedenen Hochschulen. 1995 erhielt er den Landespreis für deutsche Sprache und Literatur Baden-Württemberg, 2002 den Walter-Serner-Preis. 2003 erschien bei DVA sein vielbeachteter Erzählungsband »Der Fremdländer« und 2005 sein Debütroman »Samuels Reise«. Für einen Auszug aus seinem neuen Roman erhielt er 2010 den Inselschreiberpreis Sylt. Gernot Wolfram lebt in Berlin und Kufstein (Österreich).



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