Wolf / Kaden / Gerecke | Tannenblut | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Wolf / Kaden / Gerecke Tannenblut

Krimi-Kurzgeschichten zum Fest
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-8271-8350-7
Verlag: CW Niemeyer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Krimi-Kurzgeschichten zum Fest

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-8271-8350-7
Verlag: CW Niemeyer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Hände hoch! Oder lieber doch den Kopf einziehen?
Und auf keinen Fall etwas schlucken, von dem man nicht genau weiß, was es ist!

Niemand kann sich sicher sein, der in der besinnlichen Weihnachtszeit auf das Fest der Liebe wartet. Denn das Böse lauert überall – mal im roten Kostüm, im Dunkel beschneiter Tannen, aber vor allem im Eis gebrochener Herzen.

Lassen Sie sich fesseln: Unsere Autoren halten heiter-skurrile, berührende und bittersüße Präsente für Sie bereit – Krimi-Kurzgeschichten, ohne die Ihnen in der Weihnachtszeit etwas fehlen würde!

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Weihnachtsworkshop
im Westerwald
Micha Krämer


Melanie Geldermann zischte „Teambildende Maßnahme … was für ein unnützer, blöder Mist“, und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Alleine bei dem Gedanken an die nächsten drei Tage schauderte es sie. Ihr Blick fiel auf die Anzeige rechts neben dem Tachometer ihres VW Golfs, auf dem die aktuelle Außentemperatur angezeigt wurde. Minus dreizehn Grad. Die Felder, Wiesen und Wälder, die rechts und links der Straße förmlich an ihr vorbeiflogen, waren von einer dicken Schicht Frost überzogen. Warum zum Kuckuck schneite es eigentlich nicht in diesem Winter? Nicht eine Flocke war bisher vom Himmel gefallen. Weder in Köln Nippes, wo sie seit einigen Jahren wohnte und arbeitete noch hier im Westerwald, wo sie die nächsten drei Tage eher widerwillig verbringen würde. Ihr Blick wanderte zum Himmel, an dem sich dunkle Wolken zusammenballten. Vorhin, im Radio, hatten sie von einem Schneesturm gesprochen, der aus Osten, von Sibirien her, auf Deutschland zurollte. Im Gepäck jede Menge Neuschnee und die sprichwörtliche sibirische Kälte. Wer es glaubte! Sie nicht. Die von den Wetternachrichten erzählten auch schon mal viel, wenn der Tag lang war.

Als sie den Ortsausgang des kleinen Städtchens Daaden passierte, zeigte das Navi noch 2,8 Kilometer bis zu ihrem Ziel, dem Schloss Friedewald in dem gleichnamigen Örtchen. Melanie tastete nach ihrem Handy auf dem Beifahrersitz und sah kurz auf das Display. Enttäuscht stellte sie fest, dass es immer noch keine neuen Nachrichten gab. Empfang hatte das Gerät zum Glück ja. Wenn auch neben dem Symbol mit der kleinen Antenne lediglich ein einziger mickriger Balken angezeigt wurde.

Was, wenn er sich nicht melden würde? Sie seufzte und krallte ihre Fingernägel in das Leder des Lenkrades. Irgendwie hatte sie einfach kein Glück mit den Kerlen. Dabei hatte sie diesmal wirklich geglaubt, dass Frank anders war als die anderen und sich bei ihr melden würde. Sie hatte ihn erst gestern am Abend „Em goldenen Kappes“, der Kneipe in ihrer Straße, kennengelernt und ihn spontan, nach einigen Gläsern Kölsch, mit nach Hause genommen. Nicht weil sie so mannstoll war und es nötig hatte, unbedingt den erstbesten Typen abzuschleppen, der ihr vor die Flinte lief. Nein, bei ihm hatte sie auf Anhieb das Gefühl, dass er endlich der Richtige war. Klar war sie schon ein wenig enttäuscht gewesen, als sie nach dem Wachwerden feststellen musste, dass das Bett neben ihr leer und kalt war. Doch zum Glück hatte sie ihm noch in der Kneipe eine ihrer Visitenkarten mit ihrer Mobilnummer zugesteckt. Er würde sich bei ihr melden. Ganz bestimmt. Sie wischte den Gedanken an Frank zur Seite und versuchte an das zu denken, was sie heute noch erwarten würde. Eine „Teambildende Maßnahme“. Melanie schlug genervt auf das Lenkrad. Was hatte sich ihr Chef, Heinz Kalbe, bloß dabei gedacht, sie und die anderen Kollegen drei Tage vor Weihnachten zu diesem blödsinnigen Workshop, Lehrgang oder wie immer man diesen Ringelpietz mit Anfassen auch nennen sollte, einzuladen? Sie hatten doch vor dem Jahresabschluss wahrlich Besseres zu tun. Außerdem waren sie doch ein eingespieltes Team. Der Großteil der fünf Mitarbeiter war schon seit Jahren in der Agentur Kalbe beschäftigt. Was zum Kuckuck sollte dann noch dieser Mist mit der „Teambildenden Maßnahme“? Okay, natürlich gab es auch eine Kollegin und einen Kollegen, die noch nicht so lange dabei waren. Hannah Küppers, eine zierliche Blonde Mitte zwanzig, hatte erst vor drei Monaten bei ihnen angefangen. Und dann war da ja noch Kevin Köster, der Azubi im zweiten Lehrjahr. Sie beugte sich nach vorne über das Lenkrad und spähte hinaus. Links voraus erhoben sich, vor dem mit schwarzen Wolken behangenen Himmel, zwischen einigen Häusern und großen, kahlen Bäumen, die Türme eines alten Gebäudes. Das musste das Schlosshotel Friedewald sein. Sie hatte, nachdem Heinz Kalbe ihnen die Einladung für die Maßnahme gemailt hatte, natürlich sofort nachgeschaut, was das denn für eine Absteige war, in die er sie da einlud. Die Fotos, Bewertungen und Berichte, die sie im Netz fand, waren auf den ersten Blick auch gar nicht mal so übel. Nein, überhaupt nicht. Einzig die Tatsache, dass das Hotel seit gut und gerne vier Jahren geschlossen sein sollte, ließ sie stutzig werden. Jedoch vermutete sie hinter dieser Info eine dieser typischen Internet-Enten. Das Internet vergaß nämlich nie. Wer einmal pleite war oder zum Beispiel fälschlich beschuldigt vor Gericht gestanden hatte, der wurde einen solchen Makel nicht mehr los. Ein Laden, der geschlossen wurde, blieb dies im Internet für immer. Da konnte zwischenzeitlich schon dreimal ein neuer Besitzer sein Glück versucht haben. Egal, wer lange genug suchte, würde bei Google und Konsorten immer wieder auf Meldungen stoßen, in denen behauptet wurde, dass der betreffende Betrieb geschlossen war. Andersherum natürlich auch. Da gab es Kneipen und Hotels, die über den Klee gelobt wurden, aber schon lange zu waren. Oder die Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken. Wirklich schlimm! Da wurden regelmäßig Suchaufrufe nach verschwundenen Personen geteilt, die bereits seit Jahren wieder zu Hause waren. Das alles nur, weil die Menschen zu faul waren, die Berichte, die sie teilten, ordentlich zu lesen und gegebenenfalls auch einmal zu hinterfragen.

Die Straße, die in einigen Kurven bergauf an alten Fachwerkhäusern vorbeiführte, wirkte wie ausgestorben. Keine Menschenseele war zu sehen. Erst als sie direkt vor dem Hauptportal des Schlosses ihren Wagen stoppte, änderte sich dieser Umstand. Aus einem silbernen Porsche Boxter, der rechts vor dem Gebäude parkte, stiegen gerade Freddie Waldmann und Hannah Küppers. Direkt daneben hockte, auf einer niedrigen Bruchsteinmauer, eingepackt wie zu einer Arktisexpedition und zu seinen Füßen einen großen Rucksack, Kevin Köster. Die viel zu kleine rot-weiße Weihnachtsmannmütze mit den blinkenden Sternchen daran wirkte nicht nur kitschig, sondern auch vollkommen deplatziert auf seinem eiförmigen Kopf. In seiner linken Hand hielt er ein Stück Holz, an dem er mit dem albernen Butterflymesser, mit dem er ständig herumspielte, schnitzte.

Melanie stellte den Motor ab und sah noch einmal auf ihr Handy. Verflucht, nun war auch noch der letzte kleine Balken neben der Antenne verschwunden. Sie seufzte erneut, verstaute das Gerät in ihrer Handtasche und stieg aus. Dann würde sie gleich eben ein bisschen um das Gebäude herum suchen müssen, um eine Stelle zu finden, an der es Empfang gab. Empfang gab es im Grunde überall. Man musste eben nur richtig suchen, dann fand man selbst an einem gottverlassenen Ort wie diesem Friedewald eine Stelle. Dennoch war dies ein Umstand, der ihr das Verbleiben in dieser Einöde nicht gerade versüßte. Warum nur hatte sie blöde Kuh sich nicht einfach heute Morgen krankgemeldet? Jetzt war es zu spät um umzukehren. Die Kollegen hatten sie ja bereits gesehen.

Der Wind, der ihr entgegenblies, als sie die Tür öffnete, war schneidend kalt und trieb zu allem Unglück nun auch noch erste winzige Schneeflocken mit sich, die wie Tausende kleine Nadeln auf ihrer Stirn und den Wangen stachen. Sie schüttelte sich. Verdammt, war das kalt. Täuschte sie sich oder war es in Köln noch um einige Grad wärmer gewesen als hier im Westerwald? Oder sollte das doch schon der angekündigte Wind aus Sibirien sein?

Kevin schien ebenfalls heftig zu frieren. Seine Lippen zitterten so stark, dass sogar der weiße Bommel der Weihnachtsmannmütze vibrierte. Wie lange der wohl hier schon wartete? An den vielen Schnitzspänen, die vor seinen Füßen lagen, gemessen, schon sehr lange. Egal! Nicht ihr Problem. Sie hätte ihn ja im Wagen mitgenommen, so, wie Heinz Kalbe ihr Chef es vorgeschlagen hatte, als er meinte, sie sollen Fahrgemeinschaften bilden. Ja, sie hätte es getan… wenn der Typ nicht immer so nach Knoblauch stänke, dass einem dabei schlecht wurde. Allein der Mief nach Dönerimbiss, wenn man an seiner offenen Bürotür vorbeiging, war grauenhaft. Auch sonst hatte es mit dem Bilden einer Fahrgemeinschaft nicht so richtig klappen wollen, da es eigentlich niemanden unter den Kollegen gab, den sie wirklich gerne mitgenommen hätte. Vielleicht noch Hannah, aber die wollte ja lieber mit Freddie in dessen Porsche fahren. Melanie vermutete schon lange, dass da was lief zwischen den beiden. Und wenn auch … ihr war es egal. Das Flittchen würde schon sehen, was es von dem hatte.

„Na, Puppe, auch schon da?“, begrüßte Freddie sie, der so lässig an seinem Porsche lehnte, als wäre er James Dean persönlich. Nett anzusehen der Typ, aber ein Blender vor dem Herrn. Wie sie selbst auf den mal reinfallen konnte, war ihr heute noch schleierhaft. Alleine für die „Puppe“ könnte sie ihm schon die Augen auskratzen. Konnte der Arsch nicht einfach mal seine blöde Klappe halten?

Melanie zwang sich zu lächeln und nickte nur höflich. Hier war jedes Wort zu viel. Sie ging an den Kofferraum, öffnete ihn, holte den Koffer heraus, stellte ihn betont lässig auf den Boden und zog den Griff heraus.

„Wir sehen uns dann später. Ich checke schon mal ein“, beschied sie den anderen und ging auf das große Portal zu.

„Kannst du vergessen … da ist zu“, hörte sie Kevin rufen.

Sie drehte sich zu ihm um. Er war aufgestanden. Sie sah, wie er den Stock wegwarf, sein Messer in die Jackentasche gleiten ließ und nun auf sie zugeschlurft kam. Die Wissenschaftler mussten sich täuschen, ging es ihr bei seinem Anblick durch den Kopf. Es gab doch Menschen, die vom Affen abstammten! Und ganz sicher war Kevin einer davon. Wäre der komische Vogel nicht auf irgendeine Art und Weise mit Heinz Kalbe,...



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