Wolf | Glücksreaktor | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Wolf Glücksreaktor


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-455-00440-3
Verlag: Tempo
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-455-00440-3
Verlag: Tempo
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein Roman über Freundschaft, Freiheit und die immerwährende Suche nach dem echten Leben.
Sommer 1994 in der fränkischen Provinz: Fred ist siebzehn und steht auf Physik, Marihuana und die Freundinnen seiner Mutter. Mit seinem besten Freund Nick entdeckt er den Technoclub Das Boot und Ecstasy, den perfekten Gegenentwurf zur kleinbürgerlichen Tristesse der Erwachsenen. Doch sein Aufbegehren wird zum Kampf gegen die physikalischen Naturgesetze und Fred läuft Gefahr, seinen besten Freund und am Ende sich selbst zu verlieren.
GLÜCKSREAKTOR ist Rebellion, Rave und Ekstase – ein atemraubender Leserausch.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Cover
Titelseite
Motto
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TRACKLIST
Über Max Wolf
Impressum


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Am Samstag laufen wir gegen neun Uhr abends bei Natalie ein. Kurz darauf sind wir in unserer Gleichgewichtskonfiguration: Nick und ich hängen vollentspannt in den Sesseln, Natalie liegt flach ausgestreckt auf dem Sofa, ein dünner Rauchfaden strömt aus ihrem Mund Richtung Decke. Natalie hält mir die Tüte hin, ich will sie fragen, was denn nun ist, ob es geklappt hat, aber dann lass ich das, das ist unlocker. Irgendwann fängt Natalies Körper an, zwischen Schlafzimmer und Wohnzimmer zu schwingen. Sie gleitet in ihr Schlafzimmer, einige Minuten später kommt sie zurück, mit einer anderen Klamotte am Körper, sie begutachtet sich von allen Seiten im großen Spiegel, wirft uns einen Blick zu, dann gleitet sie zurück in ihr Schlafzimmer. Bei jedem Schwingungsvorgang verwandelt sich die Höhenenergie des Pendels in kinetische Energie, um sich dann doch wieder in Höhenenergie zurückzuverwandeln. Höhenenergie, kinetische Energie, Höhenenergie, genau so ist das mit unserem Leben: Wir kommen aus dem unendlichen Nichts, tauchen für ein paar Jahre hier auf, um dann doch wieder in das unendliche Nichts zu verschwinden. Nick raucht und blättert in dem Buch, das hier schon letztes Mal herumlag, Flow – Das Geheimnis des Glücks, der Typ auf dem Buchdeckel hat was von Scientology, Mann. Flow, ich will Natalie fragen, was das sein soll, die steht gerade in einem roten Faltenrock vor dem Spiegel, dann fällt mein Blick auf die Uhr, es ist kurz vor Mitternacht, und das klickt mich in einen anderen Modus. Sag mal, frage ich, hat das denn eigentlich geklappt? Nick hört schlagartig auf, in dem Buch zu blättern, und dreht sich zu Natalie. Das hatte ich ganz vergessen, sagt Natalie. Sie macht zwei Schritte zum Sofa, öffnet ihre Handtasche und zieht ein kleines, durchsichtiges Plastiktütchen hervor, das sie uns hinhält. In dem Tütchen sind einige rosafarbene Tabletten zu sehen, und in diesem Moment spüre ich, wie die Aufregungssignale durch meine Schaltungen schießen. Korrekte Sache, sagt Nick und lacht und hat dabei einen Gesichtsausdruck drauf, als ob er genau wüsste, was Natalie da in der Hand hält. Natalie fingert zwei von den Dingern aus dem Tütchen und drückt sie Nick und mir in die Hand. Geschrumpfte, rosafarbene Paracetamol, auf der einen Seite haben die ein Herz eingepresst, verdammt cool sehen die aus. Das sind Love, sagt Natalie. Und genau so fühlt man sich auf denen, sie lächelt. Nehmen wir die jetzt gleich?, frage ich. Natalie sieht mich erstaunt an, dann schüttelt sie den Kopf. Ecstasy nimmst du nur beim Raven, sagt sie und greift nach der Schachtel Zigaretten, die auf dem Tisch vor dem Sofa liegt. Ist das etwa eure erste Pille? Pille, irgendwo habe ich das schon einmal gehört, und so wie Natalie das sagt, klingt das maximal lässig. Ich nicke und fühle mich wie der Vollhorst. Immerhin weiß ich jetzt, was da in meiner Hand liegt. Die nehmen wir, wenn wir im Boot sind, sagt Natalie. Und das geht ab, oder was?, fragt Nick. Natalie lacht, dann zündet sie sich eine Zigarette an und nimmt einige Züge. Stellt euch vor, sagt sie, dass ihr nur noch Gefühl seid. Gefühl und Musik. Und dann verschmelzt ihr mit allen anderen. So ungefähr fühlt sich das an. Sie schaut uns an und zieht noch einmal an ihrer Zigarette. Nur viel besser, sagt sie dann. Auf meinem Gesicht breitet sich ein monstermäßiges Grinsen aus, ich drehe mich zu Nick, der stiert auf das Teil in seiner Hand, als ob er das alles durch Anstieren auslösen könnte. Ihr könnt auch erst einmal eine Halbe nehmen, sagt Natalie. Warum denn das, fragt Nick. Auch ich schüttle sofort den Kopf. Schon gut, sagt Natalie. Auf jeden Fall müsst ihr die wegpacken. Bis wir in Nürnberg sind, ist das egal, da könnt ihr die in der Tasche behalten. Aber vor dem Parkplatz muss die da raus. Dem Parkplatz?, frage ich. Der Parkplatz vom Boot, sagt sie. Wenn ihr da aussteigt, dürft ihr nichts in der Tasche haben. Ich nicke und fühle mich schon wieder so krass gut. Aber ihr habt ja nur eine Pille, sagt sie dann. Die könnt ihr in ein Stück Taschentuch wickeln und in den Mund stecken. Im Notfall schluckt ihr die.   Wir sitzen im weißen Golf von Natalie, Nick auf dem Beifahrersitz, ich hinten. Als wir auf die Autobahn Richtung Nürnberg auffahren, regelt Natalie die Musik nach oben. Nick zündet die Tüte an, die er vor der Abfahrt gedreht hat. Es ist dunkel draußen, und die warme Luft, die durch das offene Fenster hereinströmt, verbindet sich mit den elektronischen Klängen zu einem wohligen Stoffgemisch. Natalie wippt zur Musik, Nick hat seinen Kopf entspannt gegen die Kopfstütze gelehnt, seine linke Hand macht wellenförmige Bewegungen. Es ist Samstagnacht, mein Vater liegt unter seiner Premium De Luxe Sommerdecke und träumt von seiner Beförderung zum Ameisengruppenleiter, ganz Faitach liegt im Bett und träumt, aber ich, ich bin dabei, aus einem siebzehnjährigen Dämmerzustand zu erwachen, ich bin dabei, meine Ameisenhaut aufzubrechen und abzustoßen, ich bin dabei, mein Leben zu beginnen. Auf meinem Radar taucht ein riesiges Hochdruckgebiet auf.   Habt ihr die Pillen weggepackt? Natalie dreht sich zu Nick, dann blickt sie in den Rückspiegel, zu mir. Wir sind gleich da, sagt sie. Der Adrenalinspiegel in meinen Blutbahnen nimmt schlagartig zu. Rasch fingere ich die eingewickelte Pille aus der Hosentasche und lege mir das Ding zwischen Backe und Zähne. Im Fall der Fälle werde ich das Teil mit einem Zungenschlag durch meine Speiseröhre jagen. Natalie biegt rechts ab, auf einen schmalen, schwach beleuchteten Weg. Dieser Weg bringt uns in eine andere Welt. Eben noch waren wir auf einer Landstraße im besten Ameisenland, kurz darauf sind wir auf dem Parkplatz vom Boot. Natalie parkt, wir steigen aus, und sofort kommen uns meterhohe Energie- und Gute Laune-Wellen entgegen. Überall stehen kleine Grüppchen an den Autos, alles zuckt und tänzelt und lacht, von überall schwingt uns Elektroschall entgegen, pumpend, blubbernd, zwitschernd. Das ist kein Parkplatz, Mann, das ist eine brodelnde Raketenabschussrampe. Ich schaue zu Nick, der schiebt sich gerade eine Zigarette in den Mund, dem geht es genauso wie mir, der findet das hier genauso abgefahren wie ich. Wartet erst einmal ab, was hier morgen früh los ist, sagt Natalie und lacht. Natalie checkt genau, wie uns das hier anturnt. Wir laufen quer über den Parkplatz, Natalie kennt hier anscheinend niemanden. Ich kann meine Augen nicht von den Leuten nehmen, alles ist so bunt und fröhlich hier, alles vibriert, meinetwegen können wir auch einfach hier bleiben. Wir kommen an die Seite des Parkplatzes, die der Einfahrt gegenüberliegt, vor uns liegt eine lange, steil nach unten führende Steintreppe, rechts und links davon stehen hohe Bäume. Hier geht es runter zum Kanal, sagt Natalie. Und da, sie deutet mit ihrer Hand nach rechts, da ist das Boot. Wir laufen die Stufen nach unten, die Klänge und die Stimmen vom Parkplatz werden leiser, dann ist es für einen Moment vollkommen still. Als wir unten ankommen, schwappt uns ein dumpfer Bass entgegen. Wir stehen auf einem breiten Streifen Wiese, der sich am Kanal entlangzieht. Natalie deutet noch einmal nach rechts. Vielleicht fünfzig Meter von uns entfernt erkennt man die Umrisse eines Bootes, das ist ja ein richtiges Boot, Mann, jetzt schnalle ich das erst, oben, auf dem Deck, ist buntes Licht, da stehen Leute. Ist das ein geiles Setting, Alter, sagt Nick, und obwohl hier kaum Licht ist, weiß ich ganz genau, was sich gerade auf Nicks Unterlippe abspielt. Dr. Motte zieht, sagt Natalie, als wir uns in die Schlange einreihen. Ich bin total auf die Typen vor uns fixiert. Da trägt einer eine silbrig-glitzernde Hippieweste und eine rote Cordhose, um sein rechtes Handgelenk hat er ein Tuch gebunden. Da steht ein Dreiergrüppchen mit grünen Zipfelmützen und Sonnenbrillen. Da ist ein Mädchen mit rotem Käppchen und Heidi-Zöpfen, um ihren Hals baumeln drei Schnuller. Alle hier strahlen diese tierische Energie aus, alle wippen zu den Klängen, die aus dem Boot zu hören sind. Ich schaue auf meine Jeans. Habt ihr eine Einladung? Die beiden Typen vor uns schütteln den Kopf. Ohne Einladung geht heute leider nichts, sagt der Türsteher und bewegt den einen von den beiden mit der Hand leicht zur Seite. Der Türsteher sieht zu Nick und mir, der merkt doch sofort, dass wir die Obergrünschnäbel sind, dann schwenkt er zu Natalie. Ihr seid zu dritt?, fragt er. Natalie nickt. Dann viel Spaß, sagt er. Wir laufen über einen kurzen, rostig-metallenen Steg, der das Boot mit dem Kanal verbindet, dann schieben wir uns durch einen braunen Vorhang in den Innenraum vom Boot. An der Kasse gleich hinter dem Vorhang sitzt ein Mädchen und lächelt uns zu. Ihre Augenbrauen leuchten grünlich, ihr Kopf macht wippende Bewegungen, als ob ihr Hals aus Gummi wäre. Jeder von uns legt ihr fünf Mark hin, sie drückt uns einen Stempel auf die Hand. Natalie zeigt auf einen schmalen Gang, der vom Eingangsbereich links abgeht. Da ist die Lounge und der Durchgang zum Deck, sagt sie. Morgens ist da so richtig was los. Dann nickt sie zur steil abfallenden Eisentreppe neben uns. Aber jetzt ist die Party da unten, sagt sie. In diesem Moment kommen zwei Typen die Eisentreppe hochgezuckt, die hacken mit ihren Armen den Beat in die Luft, die reden und lachen, die sind so krass gut drauf, jetzt checke ich, was für eine mächtige Energie hier durch den Raum schwirrt. Dann geht es die Treppe nach unten. Mit jedem Schritt schwappen uns frische Klang- und...


Wolf, Max
Max Wolf, geboren 1976 in der Schweiz, aufgewachsen in Süddeutschland. Der promovierte Evolutionsbiologe arbeitet an einem Leibniz-Forschungsinstitut in Berlin und ist für seine Arbeiten in der Verhaltensforschung mit internationalen Preisen ausgezeichnet worden. Glücksreaktor ist sein erster Roman.

Max Wolf, geboren 1976 in der Schweiz, aufgewachsen in Süddeutschland. Der promovierte Evolutionsbiologe arbeitet an einem Leibniz-Forschungsinstitut in Berlin und ist für seine Arbeiten in der Verhaltensforschung mit internationalen Preisen ausgezeichnet worden. Glücksreaktor ist sein erster Roman.



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