E-Book, Deutsch, Band 1, 256 Seiten
Reihe: Blaggard's
Wiseman Gangster School
17001. Auflage 2017
ISBN: 978-3-492-97880-4
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 1, 256 Seiten
Reihe: Blaggard's
ISBN: 978-3-492-97880-4
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kate Wiseman entdeckte ihre Leidenschaft fürs Schreiben spät, aber rechtzeitig genug. Nachdem sie sich jahrelang mit unterschiedlichsten Jobs über Wasser gehalten hatte, begann sie, humorvolle Gedichte und Geschichten zu verfassen. Als die Texte länger und länger wurden und ihr dennoch die Ideen nicht ausgingen, wusste sie, dass es Zeit war, einen Roman zu schreiben - mit großem Erfolg: »Gangster School« wurde bereits vor Erscheinen für bedeutende Kinderbuchpreise nominiert. Kate Wiseman lebt mit ihrem Mann, ihrem Sohn und drei Katzen in England.
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Kapitel 1
»Du weißt schon, dass du gerade beklaut wirst, oder?«
Charlie sah von dem Spiel auf, das auf seinem Handy lief. Vor ihm hatte sich ein dunkelhaariges Mädchen aufgebaut. Es schien ungefähr so alt zu sein wie er, also zwölf, hatte eine Hand energisch in die Hüfte gestemmt und schwang eine zusammengerollte Zeitschrift. Das Mädchen war hübsch auf eine Leg dich bloß nicht mit mir an-Art. Daran änderte auch nichts, dass es einen ganzen Kopf kleiner war als er.
Die Zeitschrift war der Leitfaden von Blaggard’s, erkannte Charlie. Darin stand alles, was man über seine neue Schule wissen musste. Charlie hatte in sein Exemplar kaum hineingesehen. Es musste noch zu Hause auf dem Küchentisch liegen.
»Hä?« Charlie zog die Kopfhörer heraus, die sich dabei in seinen Haaren verfingen.
»Verschwinde«, rief das Mädchen, jedoch nicht zu ihm. Sie schoss an Charlie vorbei und schlug einer Sechsjährigen mit der Zeitschrift auf die Hand. Charlie hatte gar nicht mitbekommen, dass die Kleine sich hinter ihn geschlichen hatte. Sie zog die Hand von Charlies Laptoptasche zurück, starrte beide zornig an und stapfte enttäuscht davon. Dann lief sie zu ihren Eltern, die das Geschehen mit gespanntem Lächeln verfolgt hatten. »Ein guter Versuch«, hörte Charlie den Vater sagen, »ich bin stolz auf dich. Aus dir wird mal eine große Diebin.« Die Kleine streckte Charlie die Zunge heraus, dann versteckte sie sich hinter den Beinen ihrer Mutter.
»Mann! Danke.« Charlie lächelte seiner Retterin zu. »Ich sollte wohl besser auf meine Sachen aufpassen.«
»Klar. Das ist Blaggard’s, schon vergessen? Und noch was.« Das Mädchen hielt ihm den Leitfaden hin. »Das solltest du lesen, bevor die Schule beginnt. Und dein Hund auch.«
Charlie sah sie verständnislos an, daher blätterte das Mädchen das Heft auf. »Ist dir klar, dass er nicht mit rein darf? Hier steht es: Die Haltung von Haustieren in Blaggard’s ist strengstens untersagt. Meisterverbrecher sind herzlose Einzelgänger und vermeiden es, flauschige Kätzchen zu knuddeln. So jagt man niemandem Angst ein.«
Charlie blickte den Hund an, der ihm am Bein zu kleben schien. Er hatte lockiges, helles Fell und roch, freundlich ausgedrückt, ziemlich streng. Das Tier wimmerte leise und wandte den Blick keinen Moment von Charlies Gesicht ab. »Klar. Das weißt du ganz genau, Gruffel, oder? Auch wenn du nicht besonders froh darüber bist.«
»Gruffel? Toller Name … ist er ein Pudel?« Das Mädchen besah sich den Hund.
»Nein. Er ist ein, äh, so genau weiß ich das gar nicht.« Charlie runzelte nachdenklich die Stirn und betrachtete sein Haustier. »Könnte eine Mischung aus Spaniel und Beagle sein.«
»Ein Spangle also! Das erklärt seine Flecken. Ein gefleckter Pudel kam mir gleich komisch vor.«
Es folgte ein kurzes Schweigen, während beide den Hund musterten. »Er hat eigentlich gar keine Flecken. Er ist ganz weiß. Das ist Matsch … hoffe ich.«
Das Mädchen rümpfte die Nase. Charlie wedelte mit der Hand vorm Gesicht. Dann mussten beide lachen. »Es tut mir leid, dass er so übel riecht. Aber das ist eine lange Geschichte«, sagte Charlie.
»Vielleicht erzählst du sie mir mal irgendwann«, lächelte sie. »Ich bin Milly.«
»Klar, vielleicht«, gab er zurück. »Ich bin Charlie. Und das da drüben sind meine Eltern.«
Er zeigte auf eine zierliche Frau in einem edlen, weißen Kostüm und ihren viel größeren Ehemann, der ebenso fein und makellos gekleidet war. Sie standen in einer Gruppe Erwachsener vor dem großen Doppeltor.
Dem herrschaftlichen Eingang zu Blaggard’s.
Auf den ersten Blick sah das Tor aus wie aufgerichtete metallene Spaghetti, aber wenn man genauer hinschaute, erkannte man darin Formen. Zähnefletschende Bärenköpfe ragten aus Blättern giftigen Efeus hervor. Was sich darum rankte, sah nach kunstvoll gestalteten Brennnesseln aus.
Eine Glocke auf dem Schulgelände läutete und das Tor begann, sich summend zu öffnen.
Neun Uhr.
Die Gespräche verstummten und aller Augen richteten sich auf das Tor. Als der letzte Glockenschlag verklang, erschien eine hochgewachsene Frau in einem grauen Hosenanzug. Sie kam den baumgesäumten Weg im Innern des Schulgeländes entlang. Die Torflügel glitten vollständig auseinander, stählern und unnachgiebig wie die wachsamen Augen der Frau. Ihr glänzendes, braunes Haar war von grauen Strähnen durchzogen. Sie schritt anmutig vor die Menge der Wartenden und genoss den spontan aufkommenden Beifall.
»Danke. Willkommen, liebe Eltern, und willkommen, neue Schüler. Willkommen in Blaggard’s Schule für Große Gangster.« Sie sprach entschlossen, aber nicht unfreundlich. »Ich bin Griselda Martinet, die Direktorin. Ihr habt zweifellos bereits von mir gehört.« Sie blickte in die Runde. »Nun, es ist Zeit, dass ihr den ersten Schritt durch unser berüchtigtes Verschlungenes Tor tut. Ich werde euch vor dem Schulgebäude erwarten. Also verabschiedet euch jetzt bitte von euren Familien und folgt mir. Euer neues Leben beginnt.«
Sie trat durch das Tor, blieb in einem Fleckchen Sonnenlicht stehen und streckte sich kurz in der Wärme. Sie erinnert mich an eine Katze, dachte Milly.
Charlie umarmte seine Eltern so kurz wie möglich und seinen Hund ein wenig länger. Er und das Mädchen schlossen sich der Menge an, die sich durch das Verschlungene Tor drängte.
Gruffels Heulen begleitete sie.
Vor ihnen lag ein dichter Wald, durch den der Weg zu einem ein Stück entfernten Gebäude führte. Dessen langgestrecktes Strohdach überragte die Bäume.
Charlie fragte: »Und deine Eltern? Sind sie gar nicht hier?«
»Nein. Eigentlich wollten sie kommen, aber ich dachte, der Abschied würde zu schlimm für sie werden, vor allem für Dad.« Das Mädchen verdrehte die Augen. »Ich gehöre zur Dillane-Familie. Und du bist Charlie Partridge, nicht?«
»Wie hast du …? Das ist ja unheimlich!« Charlie sah an sich hinab. »Oh. Das Namensschild an meiner Laptoptasche. Und ich dachte schon, du könntest hellsehen!«
»Wenn ich das könnte, wäre ich nicht hier«, erwiderte Milly trocken. Als sie bei Miss Martinet ankamen, drang immer noch das Jaulen von Gruffel zu ihnen herüber, entfernt, aber eindringlich.
Die Direktorin lächelte. »Hunde! Wie anhänglich die armen Tiere doch sind! Irgendwann wird er darüber hinwegkommen. Doch nun zu wichtigen Dingen …« Sie musterte die erwartungsvollen Neuankömmlinge. »Erstens: Wenn ihr euch außerhalb des Schulgeländes bewegt und über Blaggard’s sprecht, benutzt ihr die Tarnidentität der Schule.«
»Die was?«, fragte ein Junge und kassierte dafür einen abschätzigen Blick.
»Den anderen Namen: Constance Bottomley’s Akademie für Ländliche Landwirtschaft. Die Öffentlichkeit, all diese ahnungslosen, langweiligen, gesetzestreuen Bürger, dürfen unter keinen Umständen unsere wahre Identität erfahren. Von jetzt an gilt: Je weniger ihr mit den Ahnungslosen zu tun habt, umso besser. Und noch ein paar Worte zur Schuluniform. Sicherlich könnt ihr es gar nicht erwarten, hineinzuschlüpfen. Es gibt gestreifte Einbrecher-Hoodies und sogar eine schwarze Maske für besonders förmliche Anlässe! Ja, ihr werdet zum ersten Mal in eurem Leben wie wahre Verbrecher aussehen. Also, wer brennt darauf, die Uniform anzuziehen?«
Ein Dutzend eifriger Hände schoss in die Höhe. Miss Martinet nickte. »Wunderbar! Ich bin mir sicher, ihr werdet großartig darin aussehen. ABER! Ihr dürft eure Uniform niemals, ich wiederhole, niemals außerhalb des Schulgeländes tragen. Der Grund sollte auf der Hand liegen: Die Ahnungslosen. Habe ich mich ab-so-lut klar ausgedrückt?« Von einem Lächeln war jetzt keine Spur mehr zu sehen. Ihre Augen waren schmal geworden und glitzerten wie Eiszapfen im Wintersonnenschein.
Milly und Charlie traten unwillkürlich einen Schritt zurück. Miss Martinet öffnete den Mund, um weiterzusprechen, doch im gleichen Moment kam eine Frau aus dem Wald geeilt. Sie blieb mit dem Fuß an einer Baumwurzel hängen und stolperte. Ihr Gesicht lief rot an. Sie war ein gutes Stück jünger als Miss Martinet und trug ein helles Kleid. Ihr Haar war so straff zu einem Knoten gebunden, dass es aussah, als würden ihr dadurch die Augen aus den Höhlen springen.
»Frau Direktorin, ich würde mich für diese Störung entschuldigen, wenn genug Zeit dafür wäre. Da dies nicht der Fall ist, sage ich schlicht, dass Ihre Anwesenheit unverzüglich erforderlich ist.«
»Was gibt es denn, Miss Vipond?«
Die Frau sah die erwartungsvollen Blicke aller und fuhr dann fort: »Eine Gruppe...