E-Book, Deutsch, Band 75, 64 Seiten
Reihe: Lore-Roman
Winter Lore-Roman 75
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7325-9311-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die Ehe ist kein Glücksspiel
E-Book, Deutsch, Band 75, 64 Seiten
Reihe: Lore-Roman
ISBN: 978-3-7325-9311-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Sonja von Rassmussen ist ein Wildfang. Mit ihrem kurzen Haar und den abgetragenen Männerkleidern sieht sie aus wie ein Junge. Aus Männern aber macht sie sich nichts, vielmehr ist sie mit Leib und Seele bei der landwirtschaftlichen Arbeit und träumt davon, später einmal die Nachfolge ihres Vaters anzutreten und die Führung des Guts zu übernehmen.
Als Martin von Möllendorf, Fabrikantensohn und ein Spielgefährte aus Kindertagen, mal wieder sein Kommen ankündigt, interessiert Sonja das zunächst herzlich wenig. Doch sein Besuch soll eine unvorhergesehene Wendung nehmen, als Martin Sonja einen Antrag macht, vielmehr ein Arrangement anbietet. Die kleine Rassmussen ist zunächst geschockt über seine Offenheit, doch nach etwas Bedenkzeit willigt sie in diese Vernunftheirat ein. Martin ist erleichtert, kann er so dem Wunsch seines Vaters nachkommen und zugleich mit seinem Junggesellenleben weitermachen. Doch er wird schon bald bereuen, dass er sich an die kleine Kratzbürste Sonja gebunden hat, die es gar nicht einsieht, die brave Ehefrau zu spielen ...
Autoren/Hrsg.
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Die Ehe ist kein Glücksspiel
Schicksalsroman um eine folgenschwere Entscheidung
Von Helga Winter
Sonja von Rassmussen ist ein Wildfang. Mit ihrem kurzen Haar und den abgetragenen Männerkleidern sieht sie aus wie ein Junge. Aus Männern aber macht sie sich nichts, vielmehr ist sie mit Leib und Seele bei der landwirtschaftlichen Arbeit und träumt davon, später einmal die Nachfolge ihres Vaters anzutreten und die Führung des Guts zu übernehmen.
Als Martin von Möllendorf, Fabrikantensohn und ein Spielgefährte aus Kindertagen, mal wieder sein Kommen ankündigt, interessiert Sonja das zunächst herzlich wenig. Doch sein Besuch soll eine unvorgesehene Wendung nehmen, als Martin Sonja einen Antrag macht, vielmehr ein Arrangement anbietet. Die kleine Rassmussen ist zunächst geschockt über seine Offenheit, doch nach etwas Bedenkzeit willigt sie in diese Vernunftheirat ein. Martin ist erleichtert, kann er so dem Wunsch seines Vaters nachkommen und zugleich mit seinem Junggesellenleben weitermachen. Doch er wird schon bald bereuen, dass er sich an die kleine Kratzbürste Sonja gebunden hat, die es gar nicht einsieht, die brave Ehefrau zu spielen …
„Es ist schön, einmal ein paar Tage lang nichts zu tun zu haben“, stellte Alexander von Möllendorf fest und streckte seine langen Beine von sich. „Du bist um dein Leben zu beneiden, Viktor“, fuhr er fort. „Arbeitest den ganzen Tag in frischer Luft, siehst wachsen, was du ausgesät hast …“
„Oder auch nicht, wenn Petrus nicht mitspielt“, berichtigte Viktor von Rassmussen ihn lachend. „Es ist fast ein Witz, denn ich beneide dich oft genug um dein Leben. Da sitzt du in deinem komfortablen Büro, und wenn es regnet, stört es dich nicht, Kälte macht dir auch nichts aus, sie erreicht dich nicht. Während ich armer Stoppelhopser bei jedem Wetter raus muss.“
„Aber der ständige Ärger, den man in solch einer Firma hat. Wenn man sich nicht um jeden Dreck kümmert, dann läuft nichts. Ein Glück, dass Martin so gut eingeschlagen ist. Er entlastet mich sehr gut.“
„Schade, dass du ihn nicht mitgebracht hast.“
„Er kommt am Sonnabend, bis dahin hält er die Stellung in der Firma. Soll er ruhig etwas tun, in seinem Alter wurde uns auch nichts geschenkt. Weil wir gerade von Schenken reden – gieß mir noch einen Schluck ein, Viktor.“
Er hielt dem Hausherrn sein geleertes Glas hin.
„Ich verstehe allerhand von geistigen Getränken, aber einen Likör wie bei dir bekommt man sonst nirgendwo.“
„Kein Wunder, es handelt sich um ein uraltes Familienrezept, und wir stellen ihn selbst her. Ich gebe dir ein paar Flaschen mit.“
Viktor von Rassmussen trank sein Glas in genüsslichen Schlucken leer.
„Hast du eigentlich nie daran gedacht, deinen Likör im Großen herzustellen?“, fragte er dann.
„Wie meinst du das?“
„Ganz einfach, indem du eine Fabrik errichtest. Um diesen Likör wird man sich reißen. Natürlich muss man vorher kräftig die Werbetrommel rühren, sonst kann man heutzutage nichts mehr verkaufen, aber wenn es sich einmal herumgesprochen hat, wie gut er schmeckt …“
„Erstaunlich, gerade letzte Woche habe ich noch mit Constanze darüber gesprochen. Leider geht es nicht. Dafür braucht man mehr Geld, als ich besitze.“
„Ein paar hunderttausend Mark wären für den Anfang natürlich erforderlich. Aber wenn die Sache erst läuft, bist du von deiner Landwirtschaft unabhängiger.“
Viktor von Rassmussen lachte. „Ein paar hunderttausend Mark“, stieß er hervor. „Du sagst das so, als handele es sich um eine Kleinigkeit. Ich habe kein Bargeld, jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang, und deshalb …“
Viktor von Rassmussen zuckte die Schultern.
„Keine Bank wird mir auf solch ein Projekt hin Geld leihen, und das kann man den Leuten nicht einmal übelnehmen. Weiß man denn, ob die Sache wirklich klappt?“
„Was hältst du eigentlich von Martin?“
Dieser Themawechsel kam Viktor von Rassmussen sehr überraschend, und entsprechend erstaunt sah sein Gesicht auch aus.
„Sehr viel, das weißt du doch. Wie kommst du gerade jetzt darauf?“
Alexander von Möllendorf schob sein leeres Glas auf dem Tisch hin und her.
„Es ist eine Idee … Sie geht mir schon länger im Kopf herum.“ Er beugte sich vor und sprach mit gedämpfter Stimme weiter. „Es wird Zeit, dass Martin heiratet. Und … du hast eine sehr hübsche und verständige Tochter …“
„Du meinst, die beiden …?“ Im ersten Impuls schüttelte Viktor von Rassmussen den Kopf. „Sie kennen sich kaum, und von Liebe kann überhaupt nicht die Rede sein.“
„Was heißt schon Liebe? Beide sind vernünftig, und … es würde mir natürlich ein Vergnügen sein, deine Likörfabrik zu finanzieren, wenn Sonja meine Schwiegertochter wird. Das Geld bleibt dann ja sozusagen in der Familie. Weißt du, ich habe eine Schwäche für deine Tochter. Gibt es in ihrem Leben einen Mann, der …?“
„Nein, ganz bestimmt nicht. Sie macht sich überhaupt nichts aus Männern.“
„Es ist ein Vorschlag … rede mal mit ihr. Mit Martin kann man auskommen. Für sein Alter ist er sehr vernünftig. Es wäre mir nur lieb, würde er etwas solider werden. Nicht, dass er jetzt gerade herumsumpft, aber er hat ständig Affären … Kann man ihm ja auch nicht übelnehmen. Er sieht gut aus, den Mädchen gefällt er … Aber er sollte allmählich vernünftiger leben.“
„Eine phantastische Idee, Sonja und dein Sohn … Darauf bin ich überhaupt noch nicht gekommen, Alexander. Aber ob die Kinder mitspielen werden?“
„Man muss sie fragen. Warum nicht? Ich sehe keinen vernünftigen Grund, der gegen solch eine Verbindung spricht. Lass uns darauf noch einen Schluck trinken. Und auf deine künftige Fabrik. Mit solch einem Likör kannst du ein reicher Mann werden.“
Der Gutsbesitzer lächelte schief. Er braucht mich nicht mit Geld zu ködern, dachte er. Er würde nie bereit sein, auf Sonja einen Druck auszuüben, nur damit er das Kapital zur Errichtung einer Fabrik bekam. Andererseits war Martin von Möllendorf ein Mann nach seinem Herzen.
„Ich werde heute Abend noch mit Constanze darüber sprechen.“
***
„Wo ist meine Tochter?“, fragte Constanze von Rassmussen.
Wanda, die Köchin, Mamsell und guter Geist des Hauses war, erwiderte mürrisch:
„Wo soll die schon sein? Draußen natürlich. Und das bei dem Wetter. Ich möchte wetten, sie hat sich bei dem Schauer nicht einmal untergestellt, und wenn sie sich was wegholt … Gnädige Frau, Sie müssen unbedingt etwas tun, so kann es doch nicht weitergehen.“
Frau Constanze seufzte. „Das sagen Sie so leicht. Ich weiß nicht, was ich noch machen soll.“
„Sie lebt wie ein Junge, und das ist nicht richtig. Sie kann nicht einmal ein Spiegelei braten.“
„Irrtum.“ Sonja von Rassmussen, ihr Gesprächsthema und Sorgenkind, hatte die Tür schwungvoll aufgerissen und die letzten Worte noch gehört. „Zu verhungern brauche ich mal nicht, Wanda.“
„Wie sehen Sie bloß wieder aus!“ Die Mamsell schüttelte entsetzt den Kopf. „Schauen Sie nur mal in den Spiegel, Fräulein Sonja. Wie eine aus dem Wasser gezogene Katze. Sollte mich gar nicht wundern, wenn Sie morgen mit einer Lungenentzündung im Bett liegen.“
„Ein bisschen Regen macht mir nichts aus“, versicherte Sonja. „Die Felder konnten ihn gut gebrauchen. Es wurde allerhöchste Zeit, dass es mal regnete.“
„Wanda hat recht, du musst dich wirklich schnell umziehen, Sonja“, mischte sich Frau Constanze ein. „Dass du dein Haar so kurz trägst …“
„Wie ein Junge“, knurrte Wanda dazwischen. „Wenn Sie das schön finden, Fräulein Sonja … Ein Mädchen, das auf sich hält, möchte doch hübsch aussehen. Wie wollen Sie bloß mal einen Mann bekommen, wenn Sie so herumlaufen“, seufzte Wanda.
„Ich will keinen Mann.“
„Unsinn, alle Mädchen wollen einen Mann, machen Sie mir doch nichts vor. Nur die miesen behaupten das Gegenteil, weil ihnen die Trauben zu hoch hängen. Wenn ein Mann die haben wollte, die würden sofort Ja sagen. Gnädige Frau, finden Sie nicht auch, dass Fräulein Sonja das Haar länger tragen müsste? Von hinten sieht sie aus wie ein Junge.“
„Wenn du wüsstest, wie gern ich ein Junge wäre“, äußerte Sonja, und einen Moment wirkte ihr Gesicht verbissen.
Es war ein herbes Gesicht, das nur selten lächelte, aber damit hatte Wanda sich schon abgefunden. Nur das Fräulein Sonja so ungern Kleider trug, das konnte sie überhaupt nicht verstehen. Am liebsten lief die Tochter des Gutsherrn in Hosen umher.
Es gab ja Hosen, die auch an...




