E-Book, Deutsch, 240 Seiten
Reihe: Ullstein eBooks
Winter Fessle mich!
10001. Auflage 2010
ISBN: 978-3-548-92054-2
Verlag: Ullstein-Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erotischer Roman
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
Reihe: Ullstein eBooks
ISBN: 978-3-548-92054-2
Verlag: Ullstein-Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Jule Winter, geboren 1979, arbeitete nach dem Abitur mehrere Jahre als Buchhändlerin und studierte dann einige Semester Geschichte, bevor sie sich als Übersetzerin und Autorin selbständig machte. Sie lebt in Bielefeld.
Autoren/Hrsg.
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1. KAPITEL
Sie wachte abrupt auf.
In ihrem Schlafzimmer war es still. Zu still.
Isabel richtete sich auf und lauschte. Warum war sie aufgewacht? Was hatte sie aus dem Schlaf gerissen? Normalerweise schlief sie tief und traumlos, ohne mitten in der Nacht aufzuwachen …
Sie blickte auf den Radiowecker. Halb vier.
Isabel seufzte und warf sich wieder in die Kissen. Die Stille war nahezu erdrückend. War es das, was sie geweckt hatte? Aber warum?
Ihr Herz pochte heftig. Als hätte sie sich aufgeregt oder als wäre sie erregt … Ja, wenn sie einen Alptraum gehabt hätte, dann hätte sie es verstanden. Eigentlich gab es keinen Grund für dieses plötzliche Aufwachen.
Sie überlegte, ob sie aufstehen und sich eine heiße Milch mit Honig machen sollte. Aber wenn sie jetzt aufstand, kam sie bestimmt nicht mehr zur Ruhe. Nein, das Beste war, wenn sie sich auf einen alten Trick verließ, den sie schon als junges Mädchen angewandt hatte. Damals hatte sie oft abends nicht einschlafen können, und sie schaffte es schließlich, indem sie sich einredete, sie dürfe auf keinen Fall einschlafen. Sonst passierte etwas Schreckliches.
Ich darf auf keinen Fall einschlafen, sonst … sonst …
Aber was sollte ihr hier schon passieren? Sie war in ihrer kleinen Zweizimmerwohnung allein, im Haus war alles ruhig.
Zu ruhig.
Sie setzte sich wieder auf. Das war es … die Stille war zu absolut. Das Mietshaus, in dem sie wohnte, hatte acht Parteien. Und es war ein altes Gebäude. Da hörte man selbst nachts irgendwelche Geräusche. Den Nachbarn zum Beispiel, der immer erst nach Mitternacht seine Waschmaschine einschaltete. Oder die alte Frau aus dem Erdgeschoss, die hin und wieder durch den Flur tapste und nach ihrer Katze rief, die ihr durch die Wohnungstür entwischt war. Oder einfach nur ein leises Gluckern in den Wasserrohren.
Doch in dieser Nacht hörte Isabel nichts. Und vielleicht war es das, was sie geweckt hatte.
Sie stand auf und warf sich den Morgenmantel über, ehe sie in die Küche ging. Dann machte sie sich eben noch eine heiße Milch. Sie stellte einen Becher mit Milch in die Mikrowelle und schaltete das Gerät ein. Wenn sie nicht bald wieder in den Schlaf fand, würde sie morgen schrecklich unausgeruht sein …
Ich darf auf keinen Fall einschlafen, sonst …
Isabel schüttelte über sich selbst den Kopf. Was für ein dummes Spiel. War sie früher wirklich auf diesen billigen Trick hereingefallen?
Während sie wartete, dass die Mikrowelle ihre Milch erhitzte, gähnte sie. Vielleicht sollte sie ohne heiße Milch ins Bett gehen, sie war ja jetzt schon todmüde …
Ein Knacken ließ sie herumfahren.
»Hallo?«, ?üsterte sie. »Ist da jemand?« Im selben Moment kam sie sich furchtbar lächerlich vor. Wer sollte schon in ihrer Wohnung sein? Bestimmt stammte das Geräusch von der alten Frau, die wieder durch den Haus?ur schlich …
Isabel ging in den Flur. Ohne das Licht einzuschalten, schlich sie an der offenen Wohnzimmertür und der Badezimmertür vorbei. Sie öffnete die Wohnungstür und lauschte. Unwillkürlich hielt sie die Luft an.
Nichts.
Höchste Zeit für die heiße Milch. Ihre Nerven waren total überspannt.
In dem Moment, als sie die Wohnungstür wieder schloss, legte sich plötzlich ein Arm um ihren Oberkörper. Bevor Isabel schreien konnte, presste ihr jemand ein Tuch auf den Mund.
Oh, mein …
Ein süßlicher Geruch erfüllte Mund und Nase. Sie schnappte nach Luft, ihr Herz raste zum Zerspringen.
Dann war plötzlich alles um sie herum dunkel. Ein Nichts.
Sie schaffte es nicht einmal, den Gedanken zu Ende zu denken.
Als Isabel erwachte, dröhnte ihr Kopf, und ihr war übel. Sie hatte das Gefühl, die Welt drehe sich um sie. Außerdem hing der Geruch nach verbrannter Milch in der Luft.
Sie hielt die Augen geschlossen und lauschte. Versuchte zu ergründen, wo sie sich befand. Vermutlich lag sie wieder im Bett. Ja, das war die Matratze unter ihrem Körper. Ihre Arme waren seltsam verdreht und über ihrem Kopf gefesselt. Sie konnte den plastikartigen Geruch des Klebebands, mit dem ihr Mund verschlossen war, förmlich schmecken.
Panik stieg in ihr auf.
Mein Gott … Jemand war in ihre Wohnung eingedrungen und hatte sie außer Gefecht gesetzt. Und jetzt lag sie hier, wehrlos gefesselt und diesem Fremden ganz und gar ausgeliefert … Ihr wurde übel. Krampfhaft schluckte sie und kämpfte gegen den Brechreiz an.
Sie öffnete die Augen und versuchte, in der Dunkelheit ihres Schlafzimmers etwas zu erkennen. Wo war er? Was wollte er von ihr?
»Ganz ruhig.«
Ihr Kopf fuhr herum. Er saß auf dem Sessel unter dem Fenster, gegen das fahle Licht der anbrechenden Morgendämmerung war er bloß ein dunkler Schatten. Isabel versuchte, sich Details einzuprägen. Doch es gab keine Details, die sie sich einprägen konnte. Sie sah nur eine Gestalt, die scheinbar keine klar de?nierte Formen hatte und in ihrem Sessel am Fußende des Bettes saß. Jetzt beugte die Gestalt sich vor und streckte die Hand nach ihrem Fuß aus.
Sie versuchte, nach ihm zu treten.
»Bleib ruhig«, ?üsterte er.
Dass es sich bei dem Fremden um einen Mann handeln musste, bezweifelte sie keinen Augenblick lang.
»Ich möchte dir nicht weh tun, hast du verstanden? Bleib ruhig, und dir geschieht nichts. Ich verspreche es dir.«
Sie glaubte ihm kein Wort.
Warum hatte er sie denn mitten in der Nacht überfallen, betäubt, gefesselt und geknebelt? Was sollte diese Scharade, wenn er ihr nicht weh tun wollte?
»Ich will dich nicht töten.«
Und das sollte sie trösten?
Er sprach weiter beruhigend auf sie ein, als könnten seine Worte irgendwas ändern. Doch Isabel konnte sich nicht auf seine Worte konzentrieren und zerrte verzweifelt an den Fesseln. Er hatte keine Nylonschnüre oder andere dünne Seile verwendet, sondern weiche Seidentücher. Doch die Knoten saßen fest, und je mehr sie an den Fesseln zerrte, umso tiefer gruben sich die Seidentücher schmerzhaft in ihre Handgelenke.
Ihr Herz klopfte zum Zerspringen laut. Was ging hier vor sich? Wie sollte sie jemandem glauben, der so hinterrücks in ihre Wohnung eindrang und sie über?el?
Und dann sagte er zum ersten Mal etwas, das sie aufhorchen ließ, das nicht nur beruhigendes Gewäsch war.
»Ich will nur mit dir reden.«
Sie zerrte wieder an den Fesseln, versuchte, den Mund zu öffnen und irgendwas zu sagen. Er wollte nur mit ihr reden? Oh, da war sie aber erleichtert, denn wenn er nur zum Plaudern oder Kaffeetrinken vorbeigekommen war, hätte man das alles auch ein bisschen unauffälliger gestalten können. Er hätte an ihrer Tür klingeln können, tagsüber zum Beispiel, dann hätte sie ihn hereinbitten können, und sie hätten bei einer Tasse Kaffee im Wohnzimmer sitzen und reden können. Aber nein, er musste sie ans Bett fesseln.
Plötzlich wurde sie unglaublich wütend. Und es war ihr egal, was er mit ihr machte, wenn sie sich jetzt wie eine Furie aufführte. Sie versuchte, nach ihm zu treten, doch ihr nackter Fuß rutschte von seinem Knie ab, ohne ihm weh zu tun, und als sie ein zweites Mal nach ihm ausholte, ?ng er ihren Fuß mit Leichtigkeit auf.
Obwohl er Lederhandschuhe trug, fühlte sich seine Hand unter dem Leder warm an. Sanft strich sein Daumen über ihre Fußsohle. Es war eine Liebkosung, die ihre Verzwei?ung nur noch verschlimmerte und ihr die Tränen in die Augen trieb. Er sollte sie doch einfach in Ruhe lassen!
Sie versuchte, mit dem anderen Fuß nach ihm zu treten. Wieder ?ng er ihn mühelos ab, umfasste ihren Knöchel. Seine Finger strichen an ihrem Unterschenkel langsam hinauf. Sie hielt den Atem an.
»Ich will dir nichts tun.«
Er stand auf und kniete sich neben ihren Beinen auf die Matratze.
»Versprichst du, nicht zu schreien, wenn ich dir das Klebeband abnehme? Versprichst du, dass wir vernünftig miteinander reden können?«
Vernünftig miteinander reden? Er muss wahnsinnig sein.
»Ich wollte nicht, dass es so weit kommt.« Er schob sich neben sie. Jetzt saß er direkt neben ihrer Hüfte und beugte sich über sie. Im Dämmerlicht konnte sie seine Augen kaum erkennen. Das Gesicht? O ja, jetzt sah sie es – eine Skimaske verbarg seine Gesichtszüge und ließ nur Platz für Augen und Mund. Er musterte sie geradezu besorgt.
»Ich tu dir nichts«, ?üsterte er. Langsam hob er die Hand, packte das Klebeband und riss es von ihrem Mund.
Isabel keuchte auf. Im nächsten Moment schon presste er die andere Hand auf ihre Lippen und erstickte jeden Laut.
»Still«, ?üsterte er. »Dieses Haus ist verdammt hellhörig.«
Sie hätte gelacht, wenn die Situation nicht so beängstigend gewesen wäre. Sie wollte sein Gesicht sehen. Wollte nicht nur in seinen Augen, die in der...