Winkelmann | Systemisch-ressourcenorientiertes Arbeiten in der Jugendhilfe | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 217 Seiten

Reihe: Systemische Soziale Arbeit

Winkelmann Systemisch-ressourcenorientiertes Arbeiten in der Jugendhilfe


3. Auflage 2020
ISBN: 978-3-8497-8224-5
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 217 Seiten

Reihe: Systemische Soziale Arbeit

ISBN: 978-3-8497-8224-5
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kinder, Jugendliche und Familien, die über Hilfen zur Erziehung betreut werden, sind sich ihrer eigenen Ressourcen oft nicht bewusst. Was können professionelle Helfer tun, damit die Betroffenen ihre eigenen Stärken erkennen, ihr Potenzial entfalten und damit den Anforderungen des Alltags besser gerecht werden können?

Iris Winkelmann zeigt anschaulich und fundiert auf, dass Jugendhilfe und stationäre Hilfen besser gelingen, wenn die verantwortlichen Erzieher, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Psychologen ihre Arbeit systemisch ausrichten. Wo die Förderung von Ressourcen im Hilfeprozess fest verankert ist, können die betreuten Kinder, Jugendlichen und Familien Selbstwirksamkeitserfahrungen machen, die ihnen helfen, auch in schwierigen Lebenssituationen zu bestehen.

Die Autorin stützt ihr Konzept auf ihre langjährige Tätigkeit in den Hilfen zur Erziehung und auf eigene qualitative Forschungen. Neben den Ressourcen der Mitarbeiter in der Jugendhilfe berücksichtigt sie auch Kontextbedingungen wie die finanzielle und personelle Ausstattung in den Ämtern. Das Ergebnis ist ein Buch von hoher Praxisrelevanz, das sowohl den Betreuern als auch den Betreuten neue Handlungsmöglichkeiten und Optionen eröffnet.

Winkelmann Systemisch-ressourcenorientiertes Arbeiten in der Jugendhilfe jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Einleitung
»Es ist unmöglich, das, was wir tun, von dem zu trennen, wie wir darüber denken – die große Gefahr liegt darin, dass wir nicht darüber nachdenken, wie wir denken, und dann reagieren wir nur noch auf die Kinder und Jugendlichen, mit denen wir arbeiten.« (Durrant 1996, S. 15) Für stationäre und ambulante Hilfen zur Erziehung wurden im Jahr 2010 in Deutschland 7,51 Mrd. Euro ausgegeben. Ambulant wurden 2011 im Rahmen der Hilfen zur Erziehung 370.000 Kinder betreut, stationär 177.500 (hier ist auch die Vollzeitpflege enthalten). In den Hilfen nach § 34 SGB VIII (Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen) arbeiteten 2010 50.000 Fachkräfte, in den ambulanten Maßnahmen 23.500 (Fendrich, Pothmann u. Tabel 2012). Der aufgrund der starken Zunahme der ambulanten Hilfen (von 1995 bis 2010 haben sich die Ausgaben für diese vervierfacht) in den letzten Jahren prognostizierte Rückgang stationärer Unterbringungen ist nicht eingetreten. Vielmehr sind auch hier die Unterbringungszahlen noch ein wenig angestiegen. Der Bedarf von Familien an Unterstützung nimmt nicht ab, obwohl die Zahl der Kinder und Jugendlichen schrumpft. Pro Kopf ist der Hilfebedarf also gestiegen. Dies hat dazu geführt, dass die Frage der Wirksamkeit von Hilfen zur Erziehung in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus gerückt ist. Der Druck auf die freien Träger der Jugendhilfe, die die Hilfen durchführen, steigt. Sie sind mehr und mehr gefordert, die Ergebnisse ihrer Arbeit zu belegen. Woran der Erfolg einer Hilfe zur Erziehung gemessen werden kann, ist jedoch sehr vom individuellen Bedarf eines Betreuten abhängig. Steht z. B. beim einen Jugendlichen das Erreichen des Realschulabschlusses im Fokus der Hilfe, ist es bei einem anderen ein großer Erfolg, wenn er nicht für delinquentes Verhalten vor Gericht zur Rechenschaft gezogen wird. Ziele und Wirkungen von Hilfen können also nur für den Einzelfall festgelegt werden. Im aktuellen Forschungsdiskurs wird erörtert, ob die Fokussierung auf die Wirkungen der Hilfen zur Erziehung der pädagogischen Arbeit gerecht werden kann oder ob der pädagogische Anspruch fiskalischen Zwängen untergeordnet werden muss. Das Denken in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen ist mit der Frage verbunden: Wie kann eine bestimmte Wirkung am schnellsten und kostengünstigsten erzielt werden? Hieraus entsteht die Gefahr, die Bedürfnisse der Klienten2 sowie den Aspekt einer tragfähigen pädagogischen Beziehung aus den Augen zu verlieren. Mit zunehmender Deutlichkeit entsteht ein Spannungsfeld zwischen fiskalischen und pädagogischen Aspekten der Hilfen zur Erziehung. Die Erwartung, dass bei den in die Hilfen zur Erziehung investierten Mitteln auch ein Nutzen für die betreuten Kinder und Jugendlichen erzielt wird, wird durch die vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebenen Studien (Leistungen und Grenzen der Heimerziehung, JULE; Jugendhilfe-Effekte-Studie, JES) und ein Modellprojekt »Wirkungsorientierte Jugendhilfe« (ISA 2009b) deutlich. Gleichzeitig gibt es einen gesellschaftlichen Diskurs über Perspektiven und Chancen für Jugendliche ohne ausreichende Bewältigungsressourcen zur Verwirklichung ihrer Lebenspläne. In diesem Zusammenhang bietet das von Hans-Uwe Otto und Holger Ziegler (Otto u. Ziegler 2008) auf den deutschsprachigen Raum übertragene Capabilities-Konzept einen Ansatzpunkt, die gesellschaftliche Dimension der Verwirklichungschancen zu diskutieren. Insbesondere Bildungsressourcen stehen in Deutschland nicht allen Kindern und Jugendlichen in gleichem Maß zur Verfügung, sondern sind nach wie vor stark vom sozialen Status ihrer Familien abhängig. Dies bedingt seinerseits eine Ungleichverteilung von Chancen bei der Verwirklichung von Lebensentwürfen. Im Projekt »Care-Leaver« der Universität Hildesheim wurde die Lage der Jugendlichen und Jungerwachsenen in den Blick genommen mit dem Fokus: Welche Ressourcen bräuchten diese die stationären Hilfen zur Erziehung verlassenden jungen Menschen, um ein selbstständiges Leben bewältigen zu können (Köngeter, Schröer u. Zeller 2012)? Die Fähigkeit, auf Ressourcen zuzugreifen, stellt einen zentralen Motor für die Identitätsentwicklung dar und ebnet damit den Weg in ein selbstständiges Leben. Nur wenn es gelingt, interne und externe Ressourcen zu nutzen, ist ein Mensch handlungsfähig und kann mit den Anforderungen der Umwelt umgehen. Die ambulant und stationär betreuten Familien, Kinder und Jugendlichen können ihre Ressourcen aufgrund ihrer bisherigen Lebens- und Entwicklungsgeschichte häufig nur eingeschränkt nutzen. Wie kann es gelingen, sie darin zu unterstützen, einen stärkeren Zugriff auf ihre Ressourcen zu haben und damit handlungsfähiger zu sein? Aus Sicht der Verfasserin ist es der systemtheoretische Ansatz, in dem entscheidende Chancen liegen, die Familien, Kinder und Jugendlichen darin zu unterstützen, ihre Ressourcen zu nutzen. Der zentrale Ansatzpunkt dieses Buches liegt daher in der Frage: Wie kann eine systemisch-ressourcenorientierte Pädagogik dazu beitragen, Entwicklungsmöglichkeiten für die über die ambulanten und stationären Hilfen zur Erziehung betreuten Familien, Kinder und Jugendlichen zu schaffen und damit deren Handlungskompetenz zu stärken? Ausgehend von der Frage, wie Kinder, Jugendliche und Familien sich ihrer eigenen Stärken bewusst werden können und wie es ihnen gelingen kann, die Ressourcen ihrer Umwelt – z. B. die Betreuer in der Wohngruppe – zu nutzen, werden auf der Basis theoretischer Modelle und von Forschungsergebnissen Handlungsempfehlungen für den pädagogischen Alltag in den Hilfen zur Erziehung entwickelt. Ein Aspekt der Förderung insbesondere der stationär betreuten Kinder und Jugendlichen liegt darin, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich mit ihrer Herkunftsgeschichte auseinanderzusetzen. In Bezug auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen spielt die Auseinandersetzung mit der Herkunftsfamilie eine große Rolle. Eine Unterstützung der Jugendlichen darin, sich mit diesem Herkunftsmilieu zu befassen, erweitert ihre Wahl- und Handlungsmöglichkeiten. Klaus Wolf (2007, S. 39) stellt dazu fest: »Die Beziehung zu den Eltern zu klären und weiterzuentwickeln, auch um sich von ihnen lösen zu können, ist eine unvermeidbare und für die betreuten Jugendlichen oft besonders heikel zu bewältigende Entwicklungsaufgabe.« Laut Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) ist eine Rückführung stationär untergebrachter Kinder und Jugendlicher in die Herkunftsfamilie erstes Ziel der Maßnahme (SGB VIII, § 34, Absatz 1, vgl. Münder 2006, S. 439). Wie Studien zur pädagogischen Arbeit in stationären Jugendhilfeeinrichtungen aber ergeben haben, wird Elternarbeit zwar als wichtiges Element der stationären Jugendhilfe gesehen, stellt aber nur in wenigen Einrichtungen einen Arbeitsschwerpunkt dar (z. B. Conen 2002; BMfFSJ 1998). Eine Rückführung der Kinder und Jugendlichen in die Herkunftsfamilie steht also offenbar in einem großen Teil der Jugendhilfeeinrichtungen nicht im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit. Zur Zusammenarbeit mit den Eltern und zur Vermeidung von Loyalitätskonflikten der in der stationären Jugendhilfe betreuten Jugendlichen bietet der systemische Ansatz Wege zur Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit in der stationären Jugendhilfe. Er hat sich in den letzten Jahren stark in der sozialen Arbeit verbreitet und ist Teil der gängigen Alltagspraxis in der Jugendhilfe geworden. Besonders im ambulanten Bereich und in Leitungsfunktionen verfügen viele pädagogische Fachkräfte über eine systemische Ausbildung. Nach Ansicht der Verfasserin ist die Anwendung systemischer Denk- und Handlungsweisen im Gruppenalltag der stationären Jugendhilfe aber noch relativ wenig verbreitet. Pädagogische Interventionen können nach dem systemischen Verständnis von Lernen und Entwicklung eine Veränderung im Verhalten der Klientinnen bewirken, wenn diese sich entscheiden, die Angebote der pädagogischen Fachkräfte anzunehmen und für sich selbst zu nutzen. Ein flexibles Reagieren seitens der pädagogischen Fachkräfte auf Entwicklungen der Kinder und Jugendlichen ist hierfür unabdingbar. Hiermit einher geht die Überprüfung der eigenen Haltung den Kindern und Jugendlichen und ihren Familien gegenüber. Den betreuten Familien, Kindern und Jugendlichen selbstwirksame Erfahrungen, vor allem über die pädagogische Beziehung, zu vermitteln ist eine Herausforderung für die pädagogischen Fachkräfte in den Hilfen zur Erziehung. Das systemische Verständnis der pädagogischen Beziehung bereichert und unterstützt sie dabei. Das Interesse, systemische Erkenntnisse für den pädagogischen Alltag nutzbar zu machen, liegt dieser Arbeit zugrunde. Verstärkt die Ressourcen der betreuten Familien, Kinder und Jugendlichen in den Blick zu nehmen, nach geeigneteren Wegen zu suchen, diese zu fördern und den...


Iris Winkelmann, Dr. phil., Pädagogin, M. A.; Studium der Pädagogik, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Germanistik; Promotion zum Thema "Ressourcenförderung in der stationären Jugendhilfe – Eine qualitative Untersuchung zur Umsetzung systemischer Konzepte".

Weiterbildungen: Systemische Supervision (SG), Psychodramatische Familienkonstellationsarbeit, Systemische Therapie und Beratung (SG); selbstständige Supervisorin und Trainerin.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.