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E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Williams Hyundai!


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7693-3370-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-7693-3370-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nach dem Tod seines Vaters, erkennt der Erzähler, dass seine Mutter an Demenz leidet und begibt sich mit ihr auf eine fünfzehnjährige Odyssee, in deren Verlauf viele ungewöhnliche und schräge Situationen gemeistert werden müssen. Der Wunsch der Mutter nicht vorzeitig in die Hände der Betreuungs- und Pflegebranche zu geraten, respektiert ihr Sohn und schafft stattdessen über eine Distanz von sechshundert Kilometern ein Netzwerk von Alltagshilfen und Kommunikationsstrukturen, die seiner unerschrockenen und freiheitsliebenden Mutter einen möglichst ungefährdeten Alltag ermöglichen. Immer wieder brechen tragende Säulen dieses Konstrukts ein und erfordern eine Neuausrichtung ihres Lebens. Dabei erwächst zwischen Mutter und Sohn ein Band der Liebe und des Vertrauens, das für ihre letzten Jahre unersetzlich ist. Hyundai! gewährt tiefe Einblicke in die Auswirkungen einer Krankheit, die unsere Gesellschaft zunehmend beschäftigt, bleibt dabei aber leicht und optimistisch und ist ein Vergnügen zu lesen: "Da standen wir nun beide um Mitternacht in dem hell erleuchteten, langen viktorianischen Gang; meine Mutter in ihrem blauen Nachthemd und ich splitternackt. Es war die Zeit, zu der die letzten London-Besucher von den Spätvorstellungen im Kino und Theater zurückkehren..."

Steven Williams, geboren 1965 wuchs als Kind bei den britischen Alliierten in Nordrhein-Westfalen und Nordhessen auf, bevor es ihn Mitte der achtziger Jahre nach Berlin verschlug. Seine Eltern waren Lehrer, seine Schwester verstarb 1985 bei einem Autounfall. In Berlin immatrikulierte er sich an der Hochschule der Künste und machte 1992 seinen Magisterabschluss in Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation. Dort lernte er seine Frau kennen, die heute Künstlerin ist. Neben dem Studium, und dem ausgiebigen Nachleben in Berlin - in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren - stieg er beim Spielfilm ein und fasste schnell bei internationalen Produktionen Fuß, was in Engagements als 2nd AD bei dem amerikanischen Spielfilm A Distant Country, mit Armin Müller-Stahl (USA/F 1992) und als 1st Assistant Director bei dem Spielfilm Highway Society von Mika Kaurismäki (FIN/D 1998) mündete. Ab Mitte der neunziger Jahre arbeitete er zunehmend als 1st AD bei Werbefilmproduktionen, und kam dabei mit vielen namhaften Werbefilmregisseuren im In- und Ausland zusammen. Unter anderem lebte er mit seiner Frau in Buenos Aires und verbrachte regelmäßig Zeit in Südafrika. Heute pendelt Steven zwischen Berlin und Mecklenburg hin und her, arbeitet weiter in seinem Beruf als Assistant Director, und hat mit Hyundai! sein Debüt geschrieben.

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1. Hi Mom! – 2002
Mein Vater war auf der Bühne unseres Lebens der Hauptdarsteller, während meine Mutter eher im Hintergrund als Souffleuse auftrat. Aus ihrem Kasten unter den Brettern hielt sie durch ihre Übersicht, ihr Wissen und ihre Ruhe das Stück am Laufen, bestimmte die Einsätze und half über gelegentliche Hänger hinweg. Mein Vater sorgte dagegen für die Dramatik und Unterhaltung in unserem Leben, stellte seine Schwächen zur Schau und teilte überschwänglich seine Lebensfreuden und -leiden mit uns. So lernten wir ihn besser kennen und lieben als meine Mutter. Wenn wir als Kinder auf jemanden herumtobten, dann war es mein Vater. Wenn uns jemand an die Hand nahm und in den Zoo mitnahm, dann er. Und wenn es Auseinandersetzungen in der Familie gab, hielten wir zu ihm. In seinem dreiundfünfzigsten Lebensjahr starb meine Schwester bei einem Autounfall. In den Jahren seiner Trauer, und vor allem in den anderthalb Jahren vor seinem Tod, wuchs er mir sehr ans Herz. Wir standen uns nahe und fühlten uns im Beisein des anderen wohl, ohne viele Worte zu verlieren. Obwohl ich meine Mutter auch liebte, war sie mir weniger vertraut. Als Kind war sie mir zu erwachsen und selbstständig vorgekommen, um ihre Nähe zu suchen. Ich hatte ihre Emotionen nicht intuitiv erfasst und oft nicht gewusst, was in ihr vorging. Als sie nach dem Tod meines Vaters alleine zurückblieb, richtete ich zum ersten Mal mein volles Augenmerk auf sie und versuchte, sie neu kennenzulernen. Dabei fielen mir gedankliche Nachlässigkeiten und leichte Verwirrungen auf, die ich im Nachhinein als erste Anzeichen ihrer Demenz ansehe. Genau genommen hatten sich diese Anzeichen bereits in den letzten Lebensmonaten meines Vaters gemehrt, und dazu geführt, dass ich seinen nahenden Tod völlig falsch einschätzte. 2001 lebte ich in Berlin und meine Eltern in der kleinen mittelalterlichen Stadt Marburg in Hessen. Ich wusste, dass mein Vater Krebs hatte und die Ärzte seine Lymphe davon befreit hatten. Einige Monate später entdeckten sie einen Tumor in seiner Leber. Mein Vater führte noch ein relativ normales Leben. Er war mit dem Beginn seiner Krankheit in Rente gegangen, lebte zu Hause und ließ die Chemotherapie und Bestrahlungen über sich ergehen, in der Hoffnung, das Ganze irgendwann zu überstehen. Im November 2001 rief er mich allerdings eines Tages an - wie er es immer nach seiner wöchentlichen Untersuchung beim Onkologen tat - und eröffnete mir mit fester, leiser Stimme, dass der Tumor in seiner Leber gewachsen war, und die Ärzte entschieden hatten, nicht zu operieren. Er versuchte am Telefon gefasst zu klingen, aber ich merkte, dass er mit seinen Emotionen kämpfte. Er ahnte, dass seine Genesungschancen schwanden und diese Tatsache wühlte ihn auf. Ich beteuerte, wie leid es mir tat, und fragte, ob ich etwas für ihn tun könnte. Er sagte, dass die Medikamente den Tumor hoffentlich in Schach halten würden und ihn vielleicht soweit zurückgehen ließen, dass eine Operation zu einem späteren Zeitpunkt infrage käme. Er wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Ich merkte, dass er mein junges, aufstrebendes Leben nicht belasten wollte, und nahm den Pfad, den er mir wies, dankbar an: Zeit gewinnen. Hoffnung. Das hörte sich für mich besser an als ein endgültiger Abschied. Zu Weihnachten besuchte ich meine Eltern und verbrachte - ohne es zu wissen - die letzten Tage mit meinem Vater. Zum Jahreswechsel hatte ich eine sechswöchige Reise mit meiner Frau nach Sri Lanka und Indien geplant und war unsicher, ob ich sie unter diesen Umständen antreten sollte. Mein Vater verbot mir allerdings, seinetwegen unsere Pläne zu ändern und sagte, die Medikamente zeigten Wirkung. Die sechs Wochen würden im Flug vergehen und wir sollten uns keine Sorgen machen und fahren. Ich danke ihm, und so verabschiedeten wir uns wie immer in den Jahren seiner Krankheit: er mit feuchten Augen, weil er wusste, dass jeder Abschied sein Letzter sein könnte, und ich mit einem Kloß im Hals, weil ich ihn so liebte. Einen Tag später flog ich mit meiner Frau nach Sri Lanka. Wir lebten in einer simplen Hüttenanlage im Süden Sri Lankas am Rande der Kleinstadt Tangalle und die Situation in Marburg rückte in immer weitere Ferne. Abends gingen wir gerne in einer Strohhütte am Strand essen, die zwei bis drei Paaren Platz bot und nur von Kerzen beleuchtet wurde. Der Koch bereitete das Essen auf einem offenen Feuer zu, und wir schauten jeden Morgen nach dem Schwimmen bei ihm vorbei, um zu sehen, welchen Fisch er hereinbekommen hatte. Er kaufte direkt von den Fischern am Strand, die ihren überschaubaren Fang frühmorgens mit großen Netzen aus dem Meer zogen. Eines Tages teilte er uns mit, er hätte einen schönen Hummer bekommen, den er uns am Abend zubereiten wollte. Wir waren begeistert. Der Hummer war köstlich, es war Vollmond und wir gingen nach dem Essen mit ihm am Strand auf eine singhalesische Vollmond-Party, kifften zusammen und hatten insgesamt einen tollen Abend. Und dann fing meine Frau in der Nacht zu fiebern an und lag am nächsten Morgen wie im Delirium flach. Als ich die Jungs an unserer Rezeption fragte, was sie sich eingefangen haben könnte, wollten sie wissen, was wir am Abend zuvor gegessen hatten und ob meine Frau ihre Periode hatte. Ich war etwas konsterniert, erzählte ihnen aber von dem Hummer und bestätigte das mit ihrer Periode. Sie antworteten, dass Frauen, die während ihrer Menstruation bei Vollmond Schalentiere aßen, schwer erkranken konnten. Woran wussten sie nicht. Mir kam das rätselhaft vor, also eilte ich zu unserem Koch, um ihn nach seiner Meinung zu fragen. Als er hörte, dass meine Frau ihre Periode hatte, stand auch für ihn fest, dass der Vollmond, der Hummer und ihre Menstruation eine unheilvolle Verbindung eingegangen waren. Er sagte, Dämonen hätten dabei ihre Hände im Spiel. In Tangalle kam das öfter vor. Ich konnte mit dieser Diagnose wenig anfangen, fragte ihn aber, was ich machen sollte. Er riet mir, meine Frau zu einem singhalesischen Schamanen, einem Yakadura, zu bringen. Er selbst würde mich begleiten. Der Yakadura würde in einer Zeremonie die Dämonen aus ihrem Körper vertreiben. Ich wusste nicht, was ich von dem Ganzen halten sollte. Die Vorstellung, meine Frau zu einer Hütte im Wald zu tragen, sie im Delirium auf den Boden zu legen und zuzuschauen, wie ein wildfremder Mann in einem schwarzen zotteligen Fell und mit Affenzähnen behangen, ihr in Trance mit einem Schwert die Dämonen austrieb, war mir doch zu viel Lokalkolorit. Ich sagte dem Koch, ich müsste mir das überlegen, und eilte zurück zu unserer Hütte. Obwohl unsere Hüttenanlage zu den einfacheren in Tangalle gehörte, lag eine schöne verglaste Hütte etwas abseits mit Blick aufs Meer an einem kleinen Strand. Dort wohnte der Besitzer der Anlage, ein älterer amerikanischer Millionär, mit seiner vierzigjährigen Freundin, die mich an Gena Rowlands erinnerte. Der Millionär besaß in den USA eine Fabrik für Kugellager und verbrachte jedes Jahr die Wintermonate in diesem Haus. Er war Anfang sechzig und sehr sportlich. Jeden Morgen schwamm er um die ganze Landzunge herum und kam anderthalb Stunden später glücklich und gestählt aus dem Wasser. In der vergangenen Nacht, als das Fieber bei meiner Frau eingesetzt hatte, war ich um drei Uhr morgens in die offene Hütte des Millionärs getreten, hatte Gena im Bett geweckt, und gefragt, ob sie mir helfen könnte. Sie war sofort aufgestanden, hatte nach meiner Frau geschaut und ihr ein fiebersenkendes Mittel gegeben. Als ich vom Koch zurückkam, ging es meiner Frau nicht besser. Die Lösung mit dem Schamanen überzeugte mich nicht, also ging ich erneut zu Gena und bat um ihren Rat. Sie empfahl mir, einen singhalesischen Arzt aufzusuchen und ließ sofort eine Rikscha kommen, um mich zu ihm zu bringen. Der Arzt war ein kleiner dunkler Mann und führte seine Praxis in der dritten Generation, was mich beruhigte. Bilder seiner praktizierenden Vorfahren hingen im Flur seines Hauses, in dem auch seine Praxis untergebracht war. Als ich ihm von den Leiden meiner Frau erzählte, schnappte er sofort seinen Arztkoffer, ließ seinen weißen Ambassador vorfahren und fuhr mit mir zu unserer Hütte. Er untersuchte sie und diagnostizierte eine schwere Darminfektion, die er mit indischen Antibiotika behandeln wollte. Er drückte mir einen Beutel kleiner weißer Tabletten in die Hand und sagte, ich sollte meiner Frau alle sechs Stunden eine von ihnen geben. Dann fuhr er wieder davon. Der Zustand meiner Frau änderte sich in den nächsten Tagen kaum. Sie lag weiter im Koma auf der Veranda unserer Hütte und bekam jeden Tag Besuch von dem singhalesischen Arzt und von zwei Meter langen Echsen, die wild auf dem Grundstück unseres Resorts herumliefen und sie gerne beschnupperten. Ich machte mir von Tag zu Tag mehr Sorgen und wusste mir nach einigen Tagen nicht anders zu helfen, als meinen Vater in Marburg anzurufen und ihm zu berichten, was vorgefallen war. Er hatte immer eine Lösung parat, wenn mir etwas über den Kopf wuchs. Er könnte mir bestimmt helfen. Ich erzählte ihm, dass ich Angst hatte, meine Frau könnte sterben, und fragte, ob er mir helfen würde, sie nach Hause zu fliegen, falls es nötig war. Er sagte mir wie immer uneingeschränkt...



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