E-Book, Deutsch, 238 Seiten
Wilken / Popp Freizeit-kulturelle Bildung im Lebenslauf
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-17-044837-7
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gestaltung und Förderung von der Kindheit bis ins Alter
E-Book, Deutsch, 238 Seiten
ISBN: 978-3-17-044837-7
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Prof. Dr. Udo Wilken lehrte als Erziehungswissenschaftler und Theologe an der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Popp ist Professor für human- und sozialwissenschaftliche Zukunfts- und Innovationsforschung an der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien sowie Gastwissenschaftler am Institut Futur der Freien Universität Berlin. Mit Beiträgen von: Dieter Brinkmann, Elmar Drieschner, Ayaan Güls, Martina Heichinger, Susanne Keuchel, F. Hartmut Paffrath, Gunter A. Pilz, Michael Pries und Ulrich Reinhardt.
Autoren/Hrsg.
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Einführung
Die Befähigung zu einer sinnvollen, verantwortungsbewussten sowie gegenwarts- und zukunftsorientierten freizeit-kulturellen Lebensgestaltung ist eine individuelle und gesellschaftliche Erziehungs- und Bildungsaufgabe, die sich über den gesamten Lebenslauf erstreckt. Ihr widmen sich aus unterschiedlichen Perspektiven die einzelnen Beiträge dieses Buches.
Beginnend mit der familialen und institutionellen Bildung in der frühen Kindheit sowie in der Phase der schulisch begleiteten Entwicklung des heranwachsenden jungen Menschen können die vermittelten freizeit-kulturellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu einer entspannten, interessegeleiteten und kommunikativen Lebensführung beitragen. Diese Kompetenzen sollen dann im Erwachsenenalter mit dem Eintritt in die Berufstätigkeit, im Umgang mit Kollegen und Freunden sowie hinsichtlich Partnerschaft, Ehe und Familiengründung die weitere Kultivierung konkurrierender Optionen der Lebensgestaltung in der Alltags-, Berufs- und Freizeitwelt ermöglichen. Neben den Angeboten zur freizeit-kulturellen Bildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene richtet sich sodann der Blick auf die Altersphase. Für sie werden angemessene Gestaltungsformen zur Entfaltung und Sicherung der Lebensqualität dargestellt. Die einzelnen Buchbeiträge vermitteln durch freizeittheoretische Reflexionen, durch erfahrungsbezogene Erkenntnisse und bewährte erlebnisbezogene freizeit-kulturelle Beispiele, wie Freizeitbildung als Lebens-Kultur-Gestaltung in den unterschiedlichen Lebensphasen und Erfahrungsräumen praxisnah gelingen könnte.
In diesem Zusammenhang wird verdeutlicht, dass neben den selbstbestimmten Aneignungs- und Gestaltungsformen von Freizeitbildung auch gesellschaftlich zu fördernde lebenszeitbegleitende Freizeitangebote benötigt werden. Diese sollen dazu beitragen, dass die Kultivierung der vielfältigen Einflüsse auf die individuelle Lebensführung in den sich kontinuierlich verändernden Lebenswelten gelingt und herausfordernde Lebensbedingungen bewusster gestaltet werden können. Gleichwohl bleibt die Verwirklichung einer selbstbestimmten und verantwortungsvollen freizeit-kulturellen Interessenentfaltung auf die lebensbegleitende individuelle Bildungsbereitschaft angewiesen, auch wenn diese immer wieder aufs Neue der Motivation, Anregung und Unterstützung bedarf.
Das vorliegende Buch zur freizeit-kulturellen Bildung im Lebenslauf ist in drei größere Abschnitte gegliedert: Der erste Teil thematisiert bedeutsame individuelle und gesellschaftliche Herausforderungen unter Rückgriff auf theoretische Aspekte sowie auf den Zusammenhang von Arbeit und Freizeit. Zudem werden die bestehenden psychosozialen Bedingungen, Chancen und Schwierigkeiten bei der Teilhabe und dem Erwerb freizeit-kultureller Bildung dargestellt. Dabei wird im Besonderen die Bedeutung der selbstbestimmten Umsetzung und Gestaltung der freien Zeit im Lebenslauf herausgearbeitet. Zugleich wird auf die ökonomische Bedeutung der Vielzahl wirtschaftlicher Wachstumspotentiale verwiesen, die sich mit der Freizeitgestaltung ergeben. Gleichwohl gilt, dass der Wunsch nach einem immer höheren Lebensstandard nicht automatisch zu mehr Lebensqualität führt; zumal dann nicht, wenn die individuelle Freizeitgestaltung in eine vornehmlich konsumistische Lebensführung abdriftet. Aus der Sorge etwas zu versäumen, erwächst dabei allzu leicht Hektik und Freizeitstress, anstatt sich in der freien Lebenszeit selbstbestimmt einer interessengeleiteten, entspannten, kommunikativen und zukunftsoffen Daseinsgestaltung zuzuwenden. Mit einem Beitrag zum Verhältnis von Psychotherapiewissenschaft und Freizeit-Kultur-Gestaltung wird der erste Gliederungsteil abgeschlossen. Da Freizeitgestaltung mit der Fähigkeit verknüpft ist, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu befriedigen, erweist sich die psychische Befindlichkeit als wichtiger Einflussfaktor auf die Ausformung der Freizeit. Der daraus resultierende enge Zusammenhang von Freizeitgestaltung und psychischer Gesundheit verdeutlicht die psychoanalytische Dimension der Freizeit und zeigt, wie sich der gelingende Umgang mit der Freizeit als eine Herausforderung darstellt, die als zentrales Lebensthema für den Menschen des 21. Jahrhunderts wahrgenommen werden muss.
Der zweite Teil des Buches widmet sich differenziert der Gestaltung der Freizeitbildung von der Kindheit bis ins Alter. Dabei werden die Bedeutsamkeit der frühen familialen Kindheit, die Freizeitbildung im Rahmen der Kindertagesbetreuung sowie die damit verbundenen Aufgaben einer freizeit-kulturellen schulischen Ganztagsbetreuung thematisiert. Im Blick auf die zunehmend kulturell bedingten Unterschiede im familialen Erziehungsverhalten wird veranschaulicht, welche Hilfen insbesondere auch bildungsfernen und sozioökonomisch schwächeren Familien bei der Entwicklung von angemessenem Freizeitverhalten zu vermitteln wären, damit sich bei den Kindern nicht vornehmlich passiv-rezeptive Verhaltensweisen ausbilden. Insgesamt wird betont, dass sich die erwachsenen Bezugspersonen mit zunehmender interessegeleiteter Selbsttätigkeit der Kinder bei der Vorstrukturierung der freien Zeit zurücknehmen können und eine Überfülle an Freizeitangeboten vermeiden sollten.
Mit Blick auf freizeit-kulturell passende Gestaltungsformen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden sodann die Einstellungen, Interessen und Vorlieben in diesen Lebensphasen herausgearbeitet und es wird auf entsprechend anregende freizeit-kulturelle Angebote verwiesen. Dabei gilt, dass Jugendliche grundsätzlich nicht als homogene Gruppe betrachtet werden sollten, denn sie unterscheiden sich deutlich nach familiärem Hintergrund, Lebensstandard, sozialen Milieus, kulturellen Szenen und formalem Bildungsniveau. Dennoch gibt es gemeinsame Merkmale, die sie als Generation charakterisieren. Für die freizeit-kulturelle Arbeit mit Jugendlichen ist es daher essenziell, die bestehenden sozialen Dynamiken zu verstehen, um ihre Bedürfnisse und Perspektiven im Kontext vielfältiger Einflüsse gezielter ansprechen zu können. Für Jugendliche bedeutet dies, dass sie befähigt werden sollen, ihre Zukunft aktiv, selbstbestimmt und nachhaltig zu gestalten. Als hilfreich haben sich dabei Bildungslandschaften erwiesen, die auf Grund ihrer flexiblen Bildungsstrukturen eine enge Verzahnung von Schule, Jugend-, Sozial- und Kulturarbeit ermöglichen.
Als aufschlussreich erweisen sich sodann die Ausführungen zu den aktuellen freizeitbezogenen statistischen Daten der erwachsenen Bevölkerung. Sie verdeutlichen die vielfältig vorhandenen Interessen, Wünsche und Bedürfnisse im Blick auf die Bedeutung einer freizeit-kulturellen Lebensgestaltung. Zugleich machen sie unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte deutlich, wie wichtig ein reflektierter und bedürfnisorientierter Umgang mit dem jeweils gegebenen Freizeitbudget ist.
Betrachtet man zudem den gegenwärtigen demographischen Wandel auf Grund des deutlichen Anstiegs der Lebenserwartung von älteren Menschen, so wird einsichtig, wie sich dies auch in besonderer Weise auf den sozial-kulturellen Stellenwert der Freizeit in unserer Gesellschaft auswirkt. Für die immer stärker wachsende Bevölkerungsgruppe älterer Personen bedeutet der Eintritt in den Ruhestand, sich neuen Herausforderungen zu stellen und sich mit den veränderten Bedingungen und Ansprüchen hinsichtlich der Gestaltung der vor ihnen liegenden Lebensfreizeit auseinanderzusetzen. Die damit einhergehenden Chancen und Risiken werden herausgearbeitet und es wird auf die gesamtgesellschaftliche Verpflichtung verwiesen, freizeit-kulturelle Teilhabe zu fördern. Dabei zeigt sich, welche Bedeutung ein angemessener Umgang mit den unterschiedlichen Formaten der freizeit-kulturellen Lebensgestaltung für diesen heterogenen Personenkreis hat, um durch sinnvolle und befriedigende Aktivitäten zur Lebenszufriedenheit beizutragen.
Der dritte Buchabschnitt veranschaulicht exemplarische Beispiele freizeit-kultureller Entwicklungen. Hier werden zunächst bewährte erlebnispädagogisch gestaltete Freizeitformate vorgestellt, die sich auf Grund ihrer handlungsorientierten kommunikativen Aktionen als geeignet erweisen, eine anregende freizeit-kulturelle Lebensgestaltung zu ermöglichen. Zudem besitzen diese Angebote das Potential, nicht nur flüchtige Eindrücke, sondern nachhaltig wirksame Lern- und Erlebnissituationen zu generieren, und zwar durch selbstgesteuerte, bisweilen auch anstrengende Aktivitäten, bei denen es um etwas anderes geht, als nur den routinierten »Alltag« zu meistern. Damit wird anschaulich, dass und wie entsprechende Angebote der Erlebnispädagogik von der Kindheit bis ins Alter zu einer individuell passenden Lebens- und Erlebnisgestaltung beitragen können, und wie sie in der Tradition ganzheitlicher Bildung durch humanistisches Denken und Handeln mit Ihren Aktionen das Erlebnis freizeit-kultureller Selbstverwirklichung fördern.
Die nachfolgende Thematik zum Fußballsport verdeutlicht seine Bedeutung als eine der beliebtesten Freizeitinteressen. Als Grund dieser spezifischen Faszination wird darauf verwiesen, dass Fußball für die Zuschauer noch nicht zu einem austauschbaren Segment der Unterhaltungsbranche geworden ist, nicht zuletzt deshalb, weil er bei vielen Menschen zu psychischer Entlastung beiträgt. Dies verdeutlichen auch die beschriebenen Wandlungen der...