Whittenburg Engel küssen besser
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95576-130-1
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
ISBN: 978-3-95576-130-1
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Engel küssen besser Witwer Sam ist fasziniert, als er die bezaubernde Glory kennenlernt. Allerdings behauptet Glory allen Ernstes, ein Engellehrling zu sein! Sie ist mit der himmlischen Mission betraut, Sam endlich wieder die Liebe beizubringen und auch die kleine Allie ihren Schmerz vergessen zu lassen ...
Karen Toller - Whittenburg hat an beiden Küsten Amerikas gelebt - der Atlantik- und der Pazifikküste. Sie bevorzugt die Landschaft von Nordost - Oklahoma, wo sie aufgewachsen ist. Sie mag den Wechsel der Jahreszeiten in Tulsa, wo sie mit ihrem Ehemann, einem Fotografen lebt. Schon in frühen Jahren hat Karen begeistert gelesen. Aber sie schrieb auch schon als Kind Geschichten und begann eine ernstzunehmende Karriere als Autorin 1981 als ihr erstes Buch veröffentlicht wurde. In einem Kurs für angehende Autoren lernte sie, dass das Schreiben eines Romans nicht so einfach war, wie es aussah. Aber sie beendete ihr erstes Manuskript nach ein paar Monaten und fing ein neues an. Und ein neues...und ein neues...Heute hat sie acht Romane unter dem Pseudonym Karen Whittenburg veröffentlicht. Momentan schreibt sie an ihrem nächsten Roman.
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1. KAPITEL
Allison Jill Oliver drückte den weichen Körper ihres Lieblingskuscheldrachens fest an sich, während sie auf Zehenspitzen aus ihrem Zimmer zur obersten Treppenstufe schlich. Wie eine Ballerina hob sie den Saum ihres Nachthemds und wartete einen Augenblick, bevor sie lautlos zum nächsten Treppenabsatz hinunterhuschte. Dort wartete sie erst still wie ein Mäuschen im Schatten und schob sich dann zum Geländer hinüber, um durch die Holzstäbe hindurch nach unten in die Eingangshalle sehen zu können. “Schschsch, Hunny”, flüsterte sie dem Stofftier ins Ohr. “Du musst ganz still sein, sonst schickt er uns wieder ins Bett zurück.”
Der schon ziemlich abgenutzte Drache schwieg gehorsam, und Allie drückte seinen ausgeleierten dürren Hals noch fester an sich, während sie auf die halb offen stehende Tür von Sams Arbeitszimmer starrte. Da war er drin – da war er immer drin, wenn er zu Hause war –, und am liebsten wäre sie auch hineingegangen, hätte sich auf seinen Schoß gesetzt und ihn gebeten, ihr eine Geschichte vorzulesen. Aber Sam mochte nicht, wenn man ihn störte. Und er mochte ihr auch nichts vorlesen. Er würde nur wieder sagen, dass sie jetzt fünf Jahre alt und damit alt genug sei, um zu verstehen, dass er müsse, und dass sie wie ein großes Mädchen und solle. Das hatte er ihr schließlich noch vor gesagt.
Allison seufzte und ließ sich auf den Boden plumpsen. Sie steckte die nackten Füße durch die Zwischenräume im Geländer und ließ die Beine in den Treppenschacht baumeln. Sie hatte keine Lust auf dieses blöde Schlafen. Sie wollte lieber vorgelesen bekommen. Das war nämlich ihr Lieblingsbuch, und seit Sam sie bei Grandma abgeholt und nach Hause gebracht hatte, hatte es ihr keiner mehr vorgelesen. Sam sagte nur, dass sie es ja schon auswendig kenne und es sich selbst vorlesen könne. Aber sie konnte sich eben nicht an alle Wörter erinnern, nur auf welcher Seite sie standen, und manchmal brachte sie sie durcheinander.
Grandma sagte, dass jeder mal etwas durcheinander bringt. Sogar Sam. Grandma gefiel fast genauso sehr wie ihr, Sam allerdings mochte Geschichten. Allie glaubte sogar, dass er nicht einmal sie mochte, obwohl Grandma das immer behauptete.
“Wenn ich Sie während Ihrer Geschäftszeiten hätte erreichen können, müsste ich nicht so spät am Abend noch anrufen.” Selbst draußen auf dem Treppenabsatz war die Ungeduld in Sams Stimme noch deutlich zu hören.
Allison umklammerte einen Geländerpfosten und presste das Gesicht an das Holz.
“Und ob das ein Notfall ist!” Sams Stimme klang nun sehr verärgert. “Ich habe morgen früh um acht einen wichtigen Termin, und Sie müssen mir ein anderes Kindermädchen schicken. Und zwar sofort.” Er machte eine Pause, dann wurde seine Stimme wieder lauter. “Aber ich habe Miss Maggard entlassen. Sie ist einfach gegangen … übrigens ohne zu kündigen … Bitte? Wieso um alles in der Welt ist das Schuld …? Natürlich weiß ich, dass Allie manchmal schwierig ist … Sie ist letztes Jahr bei ihrer Großmutter vielleicht etwas zu sehr verwöhnt worden, aber die Kleine ist gerade mal fünf Jahre alt. Wie soll sie da bitte eine erfahrene Nanny wie Miss Maggard in weniger als einer Woche vertreiben können? Das ist ja lächerlich!”
Allison verzog den Mund. Sie hatte niemanden verleiben wollen, aber sie war froh, dass Miss Maggard weg war. Die war gar nicht nett gewesen. Außerdem hatte sie eine große Nase, ihre Zähne klickten genauso wie die kleine Uhr auf Sams Schreibtisch, und zum Mittagessen gab es bei ihr immer nur Käsebrote. Jeden Tag Käsebrote. Und für Hunny machte sie nie Apfelmus.
“Ich will mich nicht mit Ihnen streiten”, fuhr Sam fort, und seine Stimme klang nun etwas versöhnlicher. “Ich verstehe Sie, Mrs Klepperson, aber Sie müssen doch jemanden haben, über den Sie kurzfristig verfügen können. In Ihrer Annonce betonen Sie doch – und jetzt zitiere ich –, ‘Die Kindermädchen-Agentur ‘Schutzengel’ wird mit jedem Notfall fertig. Unsere Engel helfen Ihnen jederzeit aus.’ Finden Sie jetzt auch einen für mich, oder muss ich mich an eine andere Agentur wenden?”
Allison kaute auf der Unterlippe und ließ die Beine vor und zurück baumeln, vor und zurück.
“Ich verstehe. Das ist sicher Ihr gutes Recht, Mrs Klepperson, aber im Interesse des Rufs Ihrer Agentur schlage ich doch vor, dass Sie das noch einmal überdenken, verdammt noch mal!” Der Telefonhörer wurde aufgeknallt, und dann hörte man nur noch wütend geknurrte, undeutliche Worte.
Allie hielt ihrem Drachen die Ohren zu. “Hör nicht hin, Hunny. Sam ist nicht auf dich böse. Er weiß, dass es nicht deine Schuld ist, dass Miss Maggard abgehauen ist und er nun einen anderen finden muss.” Sie strich über Hunnys weichen klumpigen Kopf. “Wenn Mummy statt im Himmel bei uns wohnen würde, wäre Sam nicht immer so wütend, und er müsste nicht so viele Arbeiten machen, und er würde uns jeden Abend vorlesen.”
Musik kam aus dem Büro, und Allison seufzte aus tiefstem Herzen. “Er hört wieder , flüsterte sie. “Jetzt wird er böse traurig.” Grandma hatte ihr erzählt, dass Sam sich bei dieser Musik an ihre Mutter ‘innerte, aber Allie mochte nicht. Sie erinnerte sich auch nicht an ihre Mutter. Und manchmal hatte sie Angst, dass Sam weggehen und nie zurückkommen würde, und dass sie sich dann auch an ihn nicht mehr erinnern würde.
Sie hörte Glas auf Glas klimpern und wusste, dass er sich etwas zum Trinken eingoss. Sie drückte die Augen ganz fest zu und wünschte, jetzt in Sams Büro zu sein. Ein Mal vor langer Zeit hatte sie auf dem Sofa schlafen dürfen, während er am Schreibtisch arbeitete, und als sie aufgewacht war, hatte er ihr ein Glas Orangensaft gegeben und ihr eine Geschichte vom allerkleinsten Engel erzählt. Er hatte sogar gesagt, dass dieser Engel als Kuscheltier einen kleinen Drachen hatte, damit Hunny sich nicht ausgeschlossen fühlte. Nachdem Mummy tot war, hatte Allie ihn gebeten, ihr die Geschichte noch einmal zu erzählen, aber er sagte, dass er keine Geschichten von Engeln kennen würde. Hunny hatte geweint und geweint und wollte gar nicht schlafen gehen. Allison musste ihm sein “Puff”-Lied vorsingen, obwohl sie gar nicht alle Wörter kannte, und Hunny weinte trotzdem immer weiter, die ganze Nacht.
Allie nahm die Vorderfüße des Drachens und setzte sich ihn auf den Schoß. Sie zog ihn heftig an den spärlichen Barthaaren, die aus seinem Kinn wuchsen, und zwang ihn, sie mit seinen schwarzen Knopfaugen anzusehen. “Und fang nicht an zu weinen, Hunny”, warnte sie ihn in strengem Flüsterton. “Denn ich werde dir nicht wieder ‘Puff’ vorsingen. Du bist jetzt nämlich groß und musst aufhören, dich wie ein Baby zu benehmen. Und wenn du weiter Probleme machst, dann gibt dir niemand Apfelmus. Du muss also jetzt brav sein, wie der Drache von dem allerkleinsten Engel.” Sie schüttelte das Stofftier, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. “Hast du mich verstanden?”
Sie wusste, dass Hunny schmollen würde. Darum drückte sie ihn fest an ihr Nachthemd und erzählte ihm, er sei der beste Drache auf der ganzen Welt, und dass sie ihn sehr lieb hatte und sich etwas ausdenken würde, damit Sam nicht mehr so oft böse war, weil Miss Maggard gegangen war und er einen anderen Schubsengel besorgen musste, der auf sie beide aufpasste.
Und plötzlich hatte sie eine Idee. Sie fand sie so wunderschön, dass sie einen Augenblick nachdenken und sie bewundern musste, bevor sie sie Hunny anvertrauen konnte. “Wir könnten einen Engel für Sam besorgen”, flüsterte sie. “Dann ist er wieder glücklich und … und … er liest uns eine Geschichte vor.” Schon bei dem Gedanken daran fühlte sie sich richtig gut.
Aber wie sollte sie einen Engel besorgen? An den Teil der Geschichte konnte sie sich nicht erinnern. Allie dachte einige Minuten angestrengt nach, dann seufzte sie tief und zog sich am Geländer hoch. “Wir müssen Sam fragen”, sagte sie dann.
Das wollte Hunny zwar nicht, aber Allison zog ihn einfach am Schwanz hinter sich her, als sie die restlichen Treppen hinunterstapfte und leise zur Tür des Arbeitszimmers schlich. Dort zögerte sie einen Augenblick und gab der Tür dann einen kleinen Schubs, sodass sie mit einem verräterischen Quietschen nach innen aufging. Sam schien es nicht gehört zu haben, denn er blieb zurückgelehnt in seinem großen schwarzen Stuhl sitzen und hörte nur .
“Sam?”, sagte sie ganz leise, als würde sie einer Maus ins Ohr flüstern, und wartete auf seine Antwort. Als er sie immer noch nicht bemerkte, schluckte sie und sagte etwas lauter noch einmal: “Sam?”
Er hob den Kopf. “Allison! Was machst du schon wieder hier unten? Habe ich dir nicht gesagt, was passiert, wenn du noch einmal aufstehst?”
Seine Stimme klang so streng, dass sie eine Gänsehaut bekam, und sie starrte ihn einfach nur an, während sie Hunny umklammerte und ihn sich beschützend an die Brust drückte.
“Was ist es denn dieses Mal?”, fragte er. “Noch etwas zu trinken?”
Sie schüttelte heftig, aber schweigend den Kopf und blieb wie angewurzelt stehen.
Der Stuhl knarrte, als Sam sich nach vorne beugte. “Allie”, sagte er mit einer sanften Stimme, die sie jedoch genauso wenig mochte wie die laute, “warum bist du nicht im Bett?”
Sie holte tief Luft und platzte dann mit ihrer Frage heraus: “Wo wohnen die Engel?”
“Nein, Allie, nicht heute Abend.” Er nahm seine...