Wie der grüne Lifestyle Märkte und Konsumenten verändert
E-Book, Deutsch, 232 Seiten
ISBN: 978-3-86414-613-8
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Autoren/Hrsg.
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1. Regionen und Städte: Lebensqualität und Slow Citys
Wie wir in der Zukunft leben werden, hängt immer stärker davon ab, wo wir leben werden. Welche Qualitäten muss eine Stadt mit Zukunft aufweisen? Seit 2007 lebt bereits jeder zweite Bewohner der Erde in einer Stadt. Die Vereinten Nationen prognostizieren, dass im Jahre 2050 drei Viertel der Weltbevölkerung – das sind 6 Milliarden Menschen – in Städten leben werden. Vor allem in Asien und dem Nahen Osten, wo der Boom der Urbanisierung ganz neue Blüten treibt, liefern Architekten und Planer von Stadtbauprojekten aufsehenerregende Einblicke in die Stadt der Zukunft. Aber auch in anderen Teilen der Welt werden die „Quality of Life Cities“ zum Zukunftsprojekt. Der Trend dahinter: Stadtflucht in die bessere Stadt. Der gesundheitsbewusste und nachhaltigkeitsorientierte Lebensstil der LOHAS ist dabei, sich auf die Entwicklung von Städten, Standorten und Regionen auszuwirken. Die ökologische Bauweise von Häusern und Siedlungen boomt. Der Trend ist in Deutschland zwar schon seit 30 Jahren beobachtbar, bewegt sich aber erst jetzt aus der öko-sozialen Nische heraus in die gesellschaftliche Mitte. In Deutschland wurde 1991 das weltweit erste moderne Passivhaus gebaut. Inzwischen existieren in Deutschland schätzungsweise 8.000 Passivhäuser – mehr als doppelt so viele wie 2005. Und die Nachfrage nach nachhaltigen Wohnbauten steigt weiter drastisch an: Immobilienmakler melden zuhauf ein steigendes Interesse an Niedrigenergie- und Passivhäusern. Und die Handwerksbetriebe berichten glücklich von vollen Auftragsbüchern, weil Millionen von Wohnungen und Häusern nach den Anforderungen der neuen „Energiepässen“ ausgestattet werden sollen. Die energetische Sanierung und Aufrüstung wird zur zentralen Zukunftsaufgabe. Die Architektur befindet sich in einer immer stärker ökologisch determinierten Gesellschaft inmitten eines Paradigmenwechsels, wie es ihn niemals zuvor in der Geschichte gegeben hat. In vielen Ländern der Welt entstehen komplette Öko-, Solar- und Niedrigenergie-Siedlungen, in denen es darum geht, den „Ökologischen Fußabdruck“ ihrer Bewohner zu verringern. Mehr als 340 solcher „nachhaltigen“ Siedlungen gibt es inzwischen in Europa, über 170 davon allein in Deutschland.
Die Öko-Avantgarde: Von qualmenden Schornsteinen zum Haus mit Energieüberschuss
Weltweit erfahren Initiativen wie das Global Ecovillage Network (www.ecovillage.org und www.gen-europe.org), das Ecocity Project (www.ecocityprojects.net) oder Cittaslow (www.cittaslow.net) immer größeren Zuspruch. Das Ziel dieser Initiativen ist der Einsatz von regenerativen Energien, um durch ganzheitliche Lösungen zum Klimaschutz, zur Ressourcenschonung sowie zur Verbesserung der sozialen Qualitäten in Städten und Regionen beizutragen. Während Niedrigenergiehäuser in Deutschland inzwischen zum Standard im Baugewerbe geworden sind, wird das bald in allen Industrieländern der Fall sein und sich langfristig auch in den wachstumsstarken Schwellenländern etablieren. Die Zukunft aber liegt im Nullenergiehaus oder sogar Plusenergiehaus – Häuser also, die dank modernster Umwelttechnik in der Bilanz so viel oder gar mehr Energie generieren, als zu ihrer Nutzung nötig ist. Die Kosteneinsparung ist dabei nur ein Anreiz. Ebenso wichtig ist das gute Gefühl der Bewohner, „das Richtige“ zu tun. So rentiert sich der Bau eines Passivhauses im Kosten-Nutzen-Kalkül der LOHAS doppelt.
LOHAS sein heißt: Urban leben – am besten mitten im Grünen
Aber so weit muss man gar nicht gehen, um zu verstehen, wonach die LOHAS suchen: ein Leben in grüner Idylle und ländlichem Ambiente, ohne auf die Vorzüge des Urbanen und Metropolitanen verzichten zu müssen. Die Neuaneignung kleinbürgerlicher Naturverklärung: In Deutschland erleben die Schrebergärten derzeit ein hippes Comeback. Eine steigende Zahl junger Städter pachtet auf der Suche nach Entspannung und Entschleunigung reihenweise Parzellen, um dort die Freizeit zu verbringen. Durch kreative (Garten-) Architektur und subversive Auslegung der Vereinsregeln unterscheidet sich die neue Generation der Laubenpieper von den kleinbürgerlichen Subsistenzwirtschaftlern vergangener Jahrzehnte. LOHAS besetzen die Exurbs: In den USA lebt laut neuen statistischen Erhebungen bereits jeder zehnte Bewohner in den Exurbs, den ländlichen Gebieten abseits der Großstädte und der heruntergekommenen Suburbs. Die Vorteile liegen auf der Hand: Geringere Kosten gegenüber den horrenden Mieten in den Großstädten, mehr Familienfreundlichkeit, Natur und Sicherheit vor Kriminalität, die gerade auch in den Suburbs gestiegen ist. Die Vereinbarkeit des „Landlebens“ mit dem Job ist dank moderner Kommunikationstechnologien und Breitbandvernetzung auch der ländlichen Regionen heute kein Problem mehr. LOHAS-Wohnstil par excellence in England: In England spezialisieren sich Immobilienfirmen wie die Lower Mill Estate auf naturnahes Wohnen und ökologische Bauweise (www.lowermillestate.com). In Zusammenarbeit mit den renommiertesten Architekten Großbritanniens und der Welt setzen sie mit großem Erfolg auf die Verbindung von Naturschutz, modernem Komfort, Luxus und Design. Traumziele postmaterieller Welteroberer: Anbieter in der Touristikbranche gehörten zu den ersten, bei denen ein ökologisches Umdenken einsetzte. Immer öfter wird hier erkannt, dass langfristiges Wachstum vor allem im Premium-, aber auch im Mittelklassesegment künftig ohne Konzepte, die im Einklang mit der Natur stehen, nicht mehr erreicht werden kann. Designhotels wie das Vigilius Mountain Ressort in Südtirol fügen sich daher heute nahtlos in die Berglandschaft ein (www.vigilius.it). Erklärtes Ziel des Architekten Matteo Thuns ist es, die Grenze zwischen Architektur und Natur aufzuheben. Auf 1.500 Metern Höhe ist es nur per Seilbahn oder zu Fuß erreichbar und verspricht Gästen einen Ort der Ruhe und Entspannung. Es bietet Luxus ohne Protz. Beheizt wird es mit einer kohlendioxidneutralen Biomasseanlage und gewann zahlreiche Auszeichnungen wie den Klimahaus-Preis „A“ oder den GEO-Spezial-Award „Bestes Designhotel“.
Die Stadt der Zukunft setzt auf Lebensqualität und Greenstyle
Einer der wichtigsten Maßstäbe des Lifestyle of Health and Sustainability ist Lebensqualität. Und diese wird heute von der Mehrheit der Menschen mit einer intakten und gesunden Umwelt in Verbindung gebracht: Fragt man etwa die Europäer, sagen sieben von zehn, dass der Zustand der Umwelt ihre persönliche Lebensqualität beeinflusst. In Ländern mit vergleichsweise geringen Öko-Standards, die besonders von Umweltproblemen betroffen oder vom Tourismus abhängig sind, ist die Zustimmung überdurchschnittlich hoch.
Downshifting-Städte und „Slow-Citys“
„Downshifting“ nennen wir den Trend zum einfacheren, „entschleunigten“ und ökologischeren Leben. Bezogen aufs Wohnen und das Leben in der Stadt oder auf dem Land, bedeutet das: mehr Nachbarschaft statt Konsum, mehr Natur statt Autos, mehr soziale Bindungen statt Alltagsstress, mehr Lokalität und Regionalität statt Globalisierung. Dieser Trend wird jetzt auch für Urbanistikkonzepte fruchtbar gemacht. Eine solche Downshifting-City ist beispielsweise SocióPolis: 13 namhafte Architektenteams entwarfen einen Masterplan für einen neuen Stadtteil der spanischen Stadt Valencia, wo Urbanität auf agrarische Nutzflächen trifft und die Vision einer solidarischen Stadtgemeinschaft Realität werden soll. Die innovative urbane Architektur stellt sich den Pluralitäten und Asymmetrien einer globalisierten Welt und gibt gleichzeitig eine Antwort auf die vielfältigen und hybriden Lebensstile. Neben dem Ziel der Förderung und Entwicklung einer besseren sozialen Interaktion der Bewohner sieht der Entwurf der autofreien Stadt vor, ausnahmslos jedem Gebäude ein Grundstück mit landwirtschaftlicher Nutzfläche zuzuordnen (www.sociopolis.net). Urban Farming ist einer der wichtigsten Begriffe der Stadtarchitektur der Zukunft. „Ökologische Städte müssen Landwirtschaft betreiben“, sagt Jac Smith, Präsident des „Urban Agriculture Network“. Mit intensiver Nahrungsproduktion an den Rändern oder inmitten der Stadt soll der ökologische Fußabdruck der Bewohner verringert werden. Vom Fast Food zum Slow Food war der Ursprungsgedanke der Slow-Bewegung im Ursprungsland Italien. Das gleiche Ziel verfolgt auch „cittaslow“, eine internationale Vereinigung lebenswerter Städte, die Menschen nicht mehr nur in puncto Lebens(mittel)qualität und ursprünglicher, hochwertiger Esskultur „entschleunigen“ will (www.cittaslow.net). Über die Veredelung des Kulinarischen hinaus haben sich die Städte und Gemeinden mit dem Label „cittaslow“ der Wahrung des kulturellen Erbes und der Erhöhung urbaner Lebensqualität verschrieben. Darunter fallen nicht nur die Förderung des ortsansässigen Handwerks und ökologischer Landwirtschaft...