E-Book, Deutsch, Band 0024
Reihe: ApeBook Classics
Wells Krieg der Welten
2. Auflage, neu übersetzt 2017
ISBN: 978-3-96130-094-5
Verlag: apebook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 0024
Reihe: ApeBook Classics
ISBN: 978-3-96130-094-5
Verlag: apebook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Eines Tages geht in England ein unbekanntes Flugobjekt zu Boden. Es ist der Vorbote unfassbarer Geschehnisse, in deren Verlauf die Menschen schmerzlich erkennen müssen, dass sie nicht alleine sind im Weltall. Und schnell wird deutlich, dass die Anderen nicht in Frieden kommen. Die Erde wird von einer technisch weit überlegenen Zivilisation vom Mars angegriffen. Der Untergang der Menschheit scheint besiegelt zu sein. Der 'Krieg der Welten' (engl. Original: 'The War of the Worlds', 1898) ist der Science Fiction Klassiker schlechthin und begründete den Weltruhm von H. G. Wells als Autor phantastischer Literatur. Nochmalige Berühmtheit erlangte das Werk 1938 durch die über das öffentliche Radio Network CBS gesendete Live-Hörspiel-Adaption in Form einer fiktiven Reportage von Orson Welles, die bei vielen Zuhörern der Sendung in den USA Irritationen auslöste, weil sie den geschilderten Angriff aus dem All für echt hielten. Das Buch wurde zudem mehrfach verfilmt, zuletzt im Jahr 2005 von Steven Spielberg. Und auch Roland Emmerichs Blockbuster 'Independence Day' ist durch die literarische Vorlage inspiriert worden. Der Umfang des eBooks entspricht ca. 300 gedruckten Seiten.
Weitere Infos & Material
1. Am Vorabend des Krieges
Niemand hätte in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts geglaubt, dass unsere Welt beobachtet würde; dass Wesen, intelligenter als die Menschen und doch ebenso sterblich, uns bei unserem täglichen Tun fast ebenso interessiert erforschen könnten, wie unsere Wissenschaftler mit dem Mikroskop jene kurzlebigen Lebewesen erforschen, die in einem Wassertropfen schwimmen und sich darin vermehren. Mit großer Selbstgefälligkeit schlenderte die Menschheit mit ihren kleinen Sorgen kreuz und quer auf dem Erdball umher, im beruhigenden Vertrauen auf ihre Herrschaft über die Materie. Vielleicht tun die mikroskopischen Lebewesen unter dem Mikroskop dasselbe. Niemand hätte Gedacht, dass der Weltraum eine Quelle der Gefahr für das menschliche Leben sein könnte. Jede Vorstellung, dass Leben auf anderen Planeten existieren könnte, wurde als unwahrscheinlich oder unmöglich abgetan. Bestenfalls kam es vor, dass manche Erdenbewohner sich einbildeten, es könnten Wesen auf dem Mars leben, vermutlich von minderwertiger Art, jedenfalls aber solche, die ein irdisches Forschungsunternehmen freudig begrüßen würden. Es ist seltsam, sich heute an diese Vorstellungen vergangener Tage zu erinnern.Denn jenseits des leeren Ozeans des Weltraums blickten Wesen, uns gegenüber so überlegen wie wir den Tieren, mit ungeheurer, kalter und unheimlicher Intelligenz, neidisch auf unseren Planeten. Ruhig und gezielt schmiedeten sie ihre Pläne gegen uns. Und am Beginn des 20. Jahrhunderts kam die große Desillusionierung über uns. Der Planet Mars, ich muss den Leser wohl kaum daran erinnern, umkreist die Sonne in einer mittleren Entfernung von 140.000.000 Meilen. Und er erhält von ihr kaum halb so viel Licht und Wärme wie wir. Der Mars muss, wenn die Nebularhypothese nur einen Kern von Wahrheit hat, älter sein als unsere Erde, und lange, ehe unser Planet zu schmelzen aufgehört hatte, muss das Leben auf seiner Oberfläche bereits begonnen haben. Weil er kaum ein Siebtel des Volumens unserer Erde ausmacht, muss sich seine Abkühlung bis zu der Temperatur, bei der Leben beginnen konnte, beschleunigt haben. Er besitzt Luft und Wasser und alles Nötige zur Erhaltung von Lebewesen. Doch der Mensch ist eitel und so verblendet in seiner Eitelkeit, dass bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nicht ein einziger Schriftsteller jemals den Gedanken äußerte, dass dort geistiges Leben überhaupt oder sogar weit über das irdische Maß hinaus entstehen könnte. Auch wurde aus den Tatsachen, dass der Mars älter ist als unsere Erde, dass er nur ein Viertel ihrer Oberfläche besitzt, und dass er weiter von der Sonne entfernt ist, nie der zwingende Schluss gezogen, dass er nicht nur von den Anfängen des Lebens entfernter, sondern auch dessen Ende näher ist. Die allmähliche Abkühlung, die auch unserem Planeten bevorsteht, ist bei unserem Nachbarplaneten schon weiter fortgeschritten. Seine physikalische Beschaffenheit ist zum größten Teil noch ein Geheimnis. Doch wissen wir mittlerweile, dass selbst in seinen äquatorialen Regionen die Mittagstemperatur kaum diejenige unserer kältesten Winter erreicht. Seine Atmosphäre ist viel dünner als die der Erde, seine Meere sind so weit zurückgetreten, dass sie kaum mehr ein Drittel seiner Oberfläche bedecken, und während des langsamen Wechsels seiner Jahreszeiten bilden sich ungeheure Schneekappen, die an jedem Pole schmelzen und seine gemäßigten Zonen periodisch überfluten. Jenes letzte Erschöpfungsstadium des Heimatplaneten, für uns noch so unglaublich weit entfernt, ist für die Marsbewohner zu einem virulenten Problem geworden. Der unmittelbare Druck der Not hat ihren Verstand geschärft, ihre Kräfte verstärkt, ihre Herzen verhärtet. Und während sie den Weltraum überblickten, sahen sie, ausgerüstet mit Werkzeugen und geistigen Gaben, die wir uns kaum träumen lassen, in nächster Entfernung, nur 35.000.000 Meilen sonnenwärts, einen Morgenstern der Hoffnung: unseren eigenen, wärmeren Planeten, grün mit Vegetation, grau mit Wasser, mit einer bewölkten Atmosphäre, die Fruchtbarkeit andeutet und bei klarer Sicht den Blick auf breite Streifen bevölkerten Landes und schmale, dicht befahrene Seen freigibt. Und wir Menschen, die diesen Stern bewohnen, müssen den anderen mindestens so fremdartig und niedrig erscheinen wie die Affen und Lemuren uns. Der intellektuelle Teil der Menschheit gibt bereits zu, dass das Leben ein unaufhörlicher Kampf ums Dasein ist, und es scheint, dass dieser Glaube auch von den Marsbewohnern geteilt wird. Unsere Welt ist voller Leben, aber in ihren Augen ist es nur minderwertiges, tierisches. Den Krieg Richtung Sonne zu tragen, ist ihre einzige Rettung vor dem Untergang, der ihnen und ihrem Planeten von Generation zu Generation immer näher kommt. Und bevor wir sie zu hart beurteilen, müssen wir uns erinnern, mit welcher schonungslosen und grausamen Vernichtung unsere eigene Gattung nicht nur gegen Tiere, wie den verschwundenen Bison und den Dodo, sondern gegen Unseresgleichen wütete. Die Tasmanier wurden trotz ihrer Menschenähnlichkeit in einem von europäischen Einwanderern geführten Vernichtungskrieg innerhalb von fünfzig Jahren vollkommen ausgerottet. Sind wir also gegenüber anderen Wesen so gnädig gewesen, dass wir uns nun beklagen dürften, wenn die Marsleute uns in demselben Geist bekriegen? Die Marsianer scheinen ihren Angriff mit erstaunlicher Präzision berechnet zu haben; ihre Kenntnisse in Mathematik sind den unseren offenbar weit überlegen, und ihre Vorbereitungen trafen sie mit fast vollkommener Einmütigkeit. Hätten unsere Instrumente es erlaubt, wir hätten die drohende Gefahr schon früh im 19. Jahrhundert bemerken können. Männer wie Schiaparelli beobachteten den roten Planeten - nebenbei bemerkt, ist es nicht seltsam, dass seit ungezählten Jahrhunderten der Mars der Stern des Krieges war? - aber sie waren nicht in der Lage, die schwankenden Erscheinungen zu erklären, die sie auf ihren Karten so genau verzeichneten. Während dieser ganzen Zeit müssen die Marsbewohner sich vorbereitet haben. Während der Opposition von 1894 wurde auf dem erhellten Teil der Scheibe des Mars ein großes Licht wahrgenommen, zuerst im Lick-Observatorium, dann von Perrotin in Nizza, später auch von anderen Beobachtern. Englische Leser hörten zuerst davon in einer Nummer der Zeitschrift »Nature« vom 2. August. Ich vermute, dass die Erscheinung der Reflex des in einer ungeheuren Vertiefung ihres Planeten angebrachten Geschützes war, aus dem ihre Geschosse auf uns abgefeuert wurden. Merkwürdige, noch unaufgeklärte Zeichen wurden in der Nähe dieses Ausbruchs im Laufe der nächsten zwei Oppositionen beobachtet. Vor sechs Jahren brach der Sturm über uns los. Als sich der Mars der Opposition näherte, verbreitete Lavelle in Java über die Telegraphendrähte der astronomischen Mitteilungsstation die seltsame Nachricht von einem immensen Ausbruch weißglühenden Gases auf dem Planeten. Dies hatte am 12. gegen Mitternacht stattgefunden. Das Spektroskop, zu dem er sich sofort begab, zeigte eine Masse flammenden Gases an, überwiegend Wasserstoff, das sich mit enormer Geschwindigkeit auf die Erde zu bewegte. Dieser Feuerstrahl war ungefähr um Viertel nach zwölf unsichtbar geworden. Er verglich ihn mit einem ungeheuren flammenden Gebläse, das plötzlich und gewaltsam aus dem Planeten hervorschoss »wie flammendes Gas aus einer Kanone«. Das erwies sich als ein selten zutreffender Ausdruck. Am nächsten Tag jedoch stand davon nichts in den Zeitungen, ausgenommen eine kleine Notiz im »Daily Telegraph«. Die Welt verharrte in Ignoranz über eine der größten Gefahren, die jemals die menschliche Rasse bedroht hat. Ich hätte von dem Ausbruch überhaupt nichts erfahren, wäre mir nicht der bekannte Astronom Ogilvy in Ottershaw begegnet. Ihn hatte die Nachricht ungemein in Aufruhr versetzt, und im Übermaß seiner Gefühle lud er mich ein, in jener Nacht mit ihm zusammen eine Prüfung des roten Planeten vorzunehmen. Trotz allem, was ich seither erlebt habe, erinnere ich mich noch ganz genau an jene Nachtwache; das schwarze und stille Observatorium, die abgedunkelte Laterne, die einen schwachen Lichtschimmer auf den Boden in der Ecke warf, das unausgesetzte Ticken des Uhrwerks am Teleskop, den länglichen Spalt im Dach, der den Blick auf das Sternenmeer offenbarte. Ogilvy schritt auf und ab, nicht sichtbar, aber hörbar. Blickte man durch das Teleskop, dann gewahrte man einen tiefblauen Kreis und darin schwimmend den kleinen runden Planeten. Es schien so ein kleines Ding, so strahlend und klein und ruhig, undeutlich versehen mit quer verlaufenden Streifen und leicht abgeflacht gegenüber dem perfekten Rund. Es war so klein, so silbern schimmernd, ein stecknadelgroßer Lichtpunkt. Es schien zu zittern, aber tatsächlich war es das Teleskop, das vibrierte, während sein Uhrwerk den Planeten im Blick hielt. Wie ich beobachtete, schien der Planet größer und wieder kleiner zu werden, sich zu nähern und wieder zu entfernen, aber es lag einfach daran, dass meine Augen übermüdet waren. Vierzig Millionen Meilen entfernt von uns, mehr als vierzig Millionen Meilen Leere. Nur wenige Menschen realisieren die immense Leere, in welche der Staub des Universums ausgesetzt ist. Dicht neben ihm im Gesichtsfeld, erinnere ich mich, waren drei kleine Lichtpunkte, drei teleskopische Sterne, unendlich fern, und um sie herum brütete die unergründliche Finsternis des leeren Weltraums. Man weiß, wie diese Finsternis in einer frostigen, sternhellen Nacht aussieht. Durch das Teleskop scheint sie noch weit tiefer. Und unsichtbar für mich, weil es so fern und klein war, legte jenes Etwas eine unglaubliche Strecke zurück; schnell und stetig flog es auf mich zu, kam in jeder Minute um viele tausend Meilen näher...