E-Book, Deutsch, 99 Seiten
Weiß Das Schicksal von Arbeitsverhältnissen bei einem Betriebsübergang aus deutscher und europarechtlicher Sicht
1. Auflage 2009
ISBN: 978-3-8366-2699-6
Verlag: Diplomica Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 99 Seiten
ISBN: 978-3-8366-2699-6
Verlag: Diplomica Verlag
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Das Buch beschäftigt sich mit den Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf Arbeitsverhältnisse sowohl aus deutscher als auch europarechtlicher Sicht. Zunächst wird erläutert, wie das BAG den Betriebsübergang schon immer gesehen hat und auf die Entstehungsgeschichte der RL 77/187/EWG und speziell diese Richtlinie eingegangen. Danach werden maßgebliche Entscheidungen des EuGH an den Beispielen Christel Schmidt, Ole Rygaard./.Strø Mølle, Albert Merckx und Ayse Süzen aufgezeigt, welche Resonanzen es in Europa daraufhin gab und wie sich die deutsche Rechtsprechung diesen Entscheidungen angepasst hat.
Der letzte Teil der Arbeit setzt sich mit dem Anwendungsbereich des § 613a BGB, den Tatbestandsvoraussetzungen für einen Betriebsübergang sowie haftungs- und kündigungsrechtlichen Fragen auseinander. Außerdem wird das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer und die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers behandelt.
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Weitere Infos & Material
1;Inhaltsverzeichnis;2
2;Abkürzungsverzeichnis;4
3;Abbildungsverzeichnis;7
4;1. Einführung;8
5;2. Der Betriebsübergang nach BAG-Rechtssprechung bis zur Umsetzung der RL 77/187/EWG;9
5.1;2.1 Entstehungsgeschichte der Richtlinie;12
5.2;2.2 RL 77/187/EWG;16
5.2.1;2.2.1 Anwendungsbereich der Richtlinie;16
5.2.2;2.2.2 Rechtsfolgen der Richtlinie;21
5.2.3;2.2.3 Sonderfall Konkurs;26
6;3. Maßgebliche Entscheidungen des EuGH;27
6.1;3.1 Rechtsprechung des EuGH;27
6.1.1;3.1.1 Christel Schmidt;27
6.1.2;3.1.2 Ole Rygaard ./. Strø Mølle;29
6.1.3;3.1.3 Albert Merckx;29
6.1.4;3.1.4 Ayse Süzen;31
6.2;3.2 Resonanz der Entscheidungen;34
6.3;3.2.1 im britischen Recht;34
6.3.1;3.2.2 im dänischen Recht;35
6.3.2;3.2.3 im deutschen Recht;36
6.3.3;3.2.4 im französischen Recht;37
7;4. Deutsche Rechtssprechung nach dem Urteil des EuGH;37
7.1;4.1 Trainerwechsel kein Betriebsübergang: BAG, Urteil vom 05.02.2004 – 8 AZR 639/02;38
7.2;4.2 Kein Betriebsübergang bei Umstellung von Fachverkauf auf Discounter: BAG, Urteil vom 13.07.2006 – 8 AZR 331/05;38
7.3;4.3 Betriebsübergang I – Bodenpersonal einer Fluglinie: BAG, Urteil vom 16.05.2007 – 8 AZR 693/06;40
7.4;4.4 Kein Widerspruchsrecht bei Erlöschen des bisherigen Arbeitgebers: BAG, Urteil vom 21.02.2008 – 1 AZR 157/07;41
7.5;4.5 Spaltung eines Betriebs als Betriebsänderung: BAG, Beschluss vom 18.03.2008 – 1 ABR 77/06;42
7.6;4.6 Betriebsübergang – Gründung einer Gesellschaft zur Personalgestellung: BAG, Urteil vom 21.05.2008 - 8 AZR 481/07;43
8;5. Heutige Geltung und Auslegung des § 613a BGB;44
8.1;5.1 Anwendungsbereich des § 613a BGB;45
8.1.1;5.1.1 Sachlicher Anwendungsbereich;45
8.1.2;5.1.2 Persönlicher Anwendungsbereich;52
8.1.3;5.1.3 Räumlicher Anwendungsbereich;56
8.2;5.2 Tatbestandsvoraussetzungen;58
8.2.1;5.2.1 Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils;58
8.2.2;5.2.2 Übergang durch Rechtsgeschäft;59
8.2.3;5.2.3 Übergang auf einen neuen Inhaber;61
8.2.4;5.2.4 Zeitpunkt des Übergangs;61
8.3;5.3 Rechtsfolgen des Betriebsübergangs;61
8.3.1;5.3.1 Übergang der einzelvertraglichen Rechte und Pflichten auf den neuen Inhaber;62
8.3.2;5.3.2 Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen;63
8.3.3;5.3.3 Fortgeltung von Tarifverträgen;65
8.4;5.4 Haftung;66
8.4.1;5.4.1 Haftung des Erwerbers;66
8.4.2;5.4.2 Haftung des bisherigen Inhabers;67
8.5;5.5 Besonderer Kündigungsschutz im § 613a Abs. 4 BGB;68
8.5.1;5.5.1 Kündigung aufgrund des Betriebsübergangs;69
8.5.2;5.5.2 Kündigung aus anderen Gründen;71
8.6;5.6 Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht;72
8.6.1;5.6.1 Unterrichtung der Arbeitnehmer;72
8.6.2;5.6.2 Voraussetzungen eines wirksamen Widerspruchs;77
8.6.3;5.6.3 Bindung an einen erklärten Widerspruch;78
8.6.4;5.6.4 Folgen eines wirksam ausgeübten Widerspruchsrechts;79
9;6. Zusammenfassung;81
10;Anhang;83
11;Literaturverzeichnis;96
Kapitel 3.2.3, im deutschen Recht
Eine bloße Funktionsnachfolge wird in Deutschland nicht als Betriebsübergang gewertet. Daher ist § 613a BGB nicht auf die Funktionsnachfolge anwendbar und somit eine Funktionsnachfolge strikt von einem Betriebsübergang zu trennen. Voraussetzung für einen Betriebsübergang ist, dass der Erwerber Betriebsmittel, zumindest teilweise, als Gegenstände eines gegenständlich-räumlichen Betriebsteils übernimmt. Bestätigung hat diese Auffassung auch in der sog. „Bewachungsentscheidung“ und im „Spühlküchenfall“ durch das BAG gefunden. Nach Verkündung der Entscheidung im Fall Christel Schmidt Mitte der neunziger Jahre durch den EuGH herrschte in Deutschland deswegen auch große Empörung. Die Literatur äußerte harsche Kritik. Gelegentlich orientierte sich die Rechtsprechung an der Christel-Schmidt-Entscheidung des EuGH, dennoch hatte das BAG Schwierigkeiten, entsprechend dem EuGH eine Auftragsnachfolge als Betriebsübergang zu bewerten. Aus diesem Grund hat das BAG dem EuGH erneut einen Fall der Auftragsnachfolge vorgelegt, damit dieser über die Anwendbarkeit der Richtlinie entscheidet.
Nachdem der EuGH im Fall Ay?e Süzen seine Entscheidung verkündete, nahm das BAG das Vorabentscheidungsersuchen zurück, weswegen der EuGH über diese Vorlage nicht mehr urteilen konnte. Die Ay?e-Süzen-Entscheidung gab nämlich Antwort darauf, ob die Richtlinie bei einer Funktionsnachfolge anwendbar ist und daher war das BAG der Ansicht, dass der Vorabentscheidungsersuch nicht mehr aufrechterhalten werden muss.
Den deutschen Gerichten war es also möglich, an ihrer bisherigen Rechtsprechung festzuhalten und eine reine Funktionsnachfolge nicht als Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB zu bewerten. In seiner Entscheidung vom 13. November 1997 verwies das BAG ausdrücklich auf die Ay?e-Süzen-Entscheidung und stellte fest, dass bei einer Funktionsnachfolge kein Betriebsübergang vorliege.
Auch in Deutschland hat die reine Funktionsnachfolge keine Anwendbarkeit des § 613a BGB zur Folge. Allein die Übernahme einer Tätigkeit fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 613a BGB, wenn dann müssten weitere Merkmale vorliegen, aus denen man schlussfolgern kann, dass eine wirtschaftliche Einheit übergegangen ist, die ihre Identität bewahrt hat.
Im französischen Recht
Auch in Frankreich genügt eine reine Funktionsnachfolge nicht, damit Art. L 122-12II C.T. Anwendung findet. Frankreich erkannte schon gut zehn Jahre vor dem EuGH, dass man davon abkommen muss, Art. L 122-12II C.T. bei einer reinen Funktionsnachfolge anzuwenden. Allerdings stand diese Rechtsprechung in Widerspruch zur EuGH-Rechtsprechung, bis das Urteil im Fall Christel Schmidt fiel.
Aus zwei Gründen erkannte Frankreich, dass eine Änderung der nationalen Rechtsprechung notwendig wird, außer der EuGH würde nicht bei seiner Rechtsprechung im Fall Christel Schmidt bleiben. Zum einen wurde kurz nach Verkündung der Christel-Schmidt-Entscheidung ein Vorschlag zur Änderung der Richtlinie vorgelegt, durch den die Anwendbarkeit der Richtlinie bei einer Funktionsnachfolge ausgeschlossen werden sollte und zum anderen wegen den eigenen nationalen Erfahrungen in diesem Bereich. Dennoch war man davon überzeugt, dass die Christel-Schmidt-Entscheidung eine Einzelfallentscheidung darstellt und die Funktionsnachfolge kein Betriebsübergang im Sinne der Richtlinie sei. Diese Annahme bestätigte sich, als im Fall Ay?e Süzen vom EuGH festgestellt wurde, dass die Richtlinie bei einer bloßen Funktionsnachfolge nicht angewendet werden kann. Wegen der Vermutung, dass der Fall Christel Schmidt eine Einzelfallentscheidung sei, wurde in der Zeit nach der Christel-Schmidt-Entscheidung die Anwendung des Art. L 122-12II C.T. bei einer reinen Funktionsnachfolge abgelehnt. Die Rechtsprechung, die Frankreich entwickelt hatte, stand also nur kurze Zeit in Widerspruch zur EuGH-Rechtsprechung und ist nun in Einklang mit dem europäischen Recht, so dass Art. L 122-12II C.T. bei einer bloßen Funktionsnachfolge nicht angewandt wird.




