E-Book, Deutsch, 222 Seiten, eBook
Weis Zeitstrategien in Innovationsprozessen
2007
ISBN: 978-3-8350-9161-0
Verlag: Deutscher Universitätsverlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Neue Konzepte einer nachhaltigen Mobilität
E-Book, Deutsch, 222 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-8350-9161-0
Verlag: Deutscher Universitätsverlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Die Autoren untersuchen theoretisch die Zeitlandschaften und die vielfach unterstellten Konflikte zwischen Ökologie und Ökonomie. Anschließend analysieren sie (individuelle) Zeitorientierungen und stellen Visionen einer umweltgerechten Mobilität vor. Eine zeitstrategische Studie konkreter Innovationsprojekte zeigt auf, welche Barrieren regelmäßig zum Scheitern von Innovationen führen und wie sie überwunden werden können. Aus den Ergebnissen lassen sich Schlussfolgerungen zur Gestaltung des gesellschaftlichen Innovationsprojektes 'Nachhaltige Mobilität' ableiten.
Prof. Dr. iur. Kurt Weis (S.J.D. Harvard) war Leiter des Fachgebiets Soziologie der Technischen Universität München. Seit 1992 Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste.
Zielgruppe
Research
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Geleitwort;6
2;Vorwort;8
3;Inhalt;12
4;Zur Einführung: Nachhaltigkeit und Zeit – ein gesellschaftliches Innovationsprojekt am Beispiel „Mobilität“;16
4.1;1 Vom Schicksal großer Ideen;16
4.2;2 Nachhaltige Mobilität, Innovation und Zeit;18
4.3;3 Mobilität in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit;21
4.4;4 Realexperimente – Innovationsprozesse in der Zeit;32
5;Teil I: Zeitlandschaften – Zeiten der Natur, Wirtschaft und Gesellschaft;38
5.1;Einleitung;38
5.2;1 Die „Kategorie“ Zeit;41
5.3;2 Konzepte von Be- und Entschleunigung;45
5.4;3 Zeiten der Wirtschaft und der Natur – Konflikte und Synergien;59
5.5;4 Auf dem Weg zur nachhaltigen Innovationspolitik?;83
6;Teil II: Empirische Ergebnisse – von Visionen zu Projekten;90
6.1;Innovationen für eine umweltgerechte Mobilität – die Visionen von Mobilitätsexperten;94
6.1.1;1 Wie konstruieren Experten die umweltgerechte Mobilität der Zukunft?;94
6.1.2;2 Vorgehensweise und Forschungsfragen;98
6.1.3;3 Zukunftskonstruktionen einer umweltgerechten Mobilität – Visionen, Barrieren und Behinderer;101
6.1.4;4 Blick durch die „Zeit-Lupe“;133
6.1.5;5 Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen;154
6.2;Zeitliche Merkmale von Innovationsprozessen und Projektverläufen – Ansatzpunkte für ein besseres Projektmanagement;176
6.2.1;1 Von langen und kurzen Zeiten;177
6.2.2;2 Vom linearen zum rekursiven Modell des Projektverlaufs;179
6.2.3;3 Von der Problemfindung zur Routine und wieder zurück?;182
6.2.4;4 Vom Förderlichen und Hinderlichen zu den Höhen und Tiefen im Projektverlauf;183
6.2.5;5 Von Ereignissen, die zur Umkehr und Besinnung zwingen;189
6.2.6;6 Von innovativen und nicht-innovativen – von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Projekten;191
6.2.7;7 Vom Modell zurück in die Praxis;193
7;Teil III: Nachhaltigkeit als gesellschaftliches Innovationsprojekt;195
7.1;Von Einzelprojekten zum gesellschaftlichen Projekt „Nachhaltige Mobilität“;196
7.1.1;1 Die Phase der „Problemfindung“: Nachhaltigkeit wozu?;199
7.1.2;2 Die Phase der „Ideengenerierung“: Das Wie zur Nachhaltigkeit;208
7.1.3;3 Die Phase der „Meinungsbildung und Entscheidung“: Wie nachhaltig ist nachhaltig?;212
7.1.4;4 Die Phase der „Initiierung und Umsetzung“: Und was sagt die Wirklichkeit?;216
7.1.5;5 Die Phase der „Implementation“: Wer „nutzt“ Nachhaltigkeit?;218
7.1.6;6 Die Phase der „Routine“: Nachhaltigkeit als „politische Verquasselung“?;222
7.1.7;7 Schluss: Vom Innovationsprojekt zum Geldbeutel?;226
8;Verzeichnis der Autorinnen und Autoren;228
9;Literatur;230
Zur Einführung: Nachhaltigkeit und Zeit — ein gesellschaftliches Innovationsprojekt am Beispiel „Mobilität“.- Zur Einführung: Nachhaltigkeit und Zeit — ein gesellschaftliches Innovationsprojekt am Beispiel „Mobilität“.- Zeitlandschaften — Zeiten der Natur, Wirtschaft und Gesellschaft.- Zeitlandschaften — Zeiten der Natur, Wirtschaft und Gesellschaft.- Empirische Ergebnisse — von Visionen zu Projekten.- Innovationen für eine umweltgerechte Mobilität — die Visionen von Mobilitätsexperten.- Zeitliche Merkmale von Innovationsprozessen und Projektverläufen — Ansatzpunkte für ein besseres Projektmanagement.- Nachhaltigkeit als gesellschaftliches Innovationsprojekt.- Von Einzelprojekten zum gesellschaftlichen Projekt „Nachhaltige Mobilität“.
Zur Einführung: Nachhaltigkeit und Zeit – ein gesellschaftliches Innovationsprojekt am Beispiel „Mobilität" (S. 1)
Michael Schneider
1 Vom Schicksal großer Ideen
„Wenn ein bedeutender Mann eine Idee in die Welt setzt, so wird sie sogleich von einem Verteilungsvorgang ergriffen, der aus Zuneigung und Abneigung besteht, zunächst reißen die Bewunderer große Fetzen heraus, so wie sie ihnen passen, und verzerren ihren Meister wie die Füchse das Aas, dann vernichten die Gegner die schwachen Stellen, und über kurz bleibt von keiner Leistung mehr übrig als ein Aphorismenvorrat, aus dem sich Freund und Feind, wie es ihnen paßt, bedienen. Die Folge ist eine allgemeine Vieldeutigkeit. Es gibt kein Ja, an dem nicht ein Nein hinge."
Robert Musil: „Der Mann ohne Eigenschaften", aus: „85. General Stumms Bemühung, Ordnung in den Zivilverstand zu bringen"
Eine solche Idee ist „Nachhaltigkeit". Lässt sich unsere Mobilität nachhaltig gestalten? Den Anfang des Nachhaltigkeits-Konzeptes markiert der 1987 erschienene Brundtland-Bericht, der für eine neue Art steht, globale Probleme zu sehen und auch praktisch anzugehen: Ökologische, aber auch die weltweit wachsenden Armutsprobleme werden als „Teil einer einzigen Krise" (Hauff, 1987, S. 4) wahrgenommen, und das Nachhaltigkeitsprinzip sollte nicht länger als bloße „regulative Idee" oder moralphilosophische Debatte eine Rolle spielen.
Vielmehr stellt Nachhaltigkeit eine optimistische Antwort auf diese Krise dar – eine Antwort, die verspricht, Probleme der intra- und intergenerationalen Gerechtigkeit zu lösen: Durch „nachhaltiges Wirtschaften" lassen sich unsere natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft sichern und befriedigende Lebensbedingungen für alle Menschen schaffen.
Eine Idee, die beansprucht, solches zu leisten, muss auch im Sinne Robert Musils als wahrhaft groß verstanden werden. Entsprechend ist auch mit obigem „Verteilungsvorgang" und mit „allgemeiner Vieldeutigkeit" zu rechnen. In der Tat besteht seit nunmehr fast 20 Jahren mit Blick auf so generelle Prinzipien wie „intergenerationale Gerechtigkeit" zwar ein relativ breiter Konsens, und es gibt wohl kaum einen gesellschaftlichen oder politischen Akteur, der sich nicht einen „großen Fetzen" davon herausgerissen hätte.
Über alle konkreteren und stärker auf die Umsetzung bezogenen Schlussfolgerungen aus dem „nachhaltigen Wirtschaften" herrscht aber das Prinzip „Zuneigung und Abneigung", womit sich zahlreiche Konfliktfelder öffnen und die zu lösenden Probleme sich im Grunde bis heute haben trefflich vertagen oder aussitzen lassen.
Konzilianter ausgedrückt: „Diese Konzepte [einer nachhaltigen Wirtschaftsweise] formulieren sehr anspruchsvolle Forderungen und Ambitionen, die gesellschaftliche und politische Akteure vor neuartige Herausforderungen stellen." (Beschorner et al., 2005, S. 20)
Bei der Umsetzung komme es nämlich in besonderer Weise ebenso auf neue Formen der Partizipation an, wie auch neue Konsum- und Produktionsmuster seitens der Verbraucher bzw. der Privatwirtschaft unverzichtbar seien, schließlich sei Nachhaltigkeit „in hohem Maße auf Innovationen und gesellschaftliche Lernprozesse in den verschiedensten Bereichen angewiesen" (a.a.O., S. 21, Hervorh. im Orig.)
Mit mehr „Innovation" und „Partizipation", mit neuen „integrierten" und „effizienteren" Produktionsprozessen und veränderten Verbrauchsgewohnheiten sind bereits zentrale Strategien der Umsetzung von Nachhaltigkeit benannt – Strategien, bei denen sich im Übrigen auch trefflich zwischen „Freund und Feind" unterscheiden lässt.