Weinland Maddrax - Folge 430
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7325-3387-9
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Botan
E-Book, Deutsch, Band 430, 64 Seiten
Reihe: Maddrax
ISBN: 978-3-7325-3387-9
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wie ein feuriger Komet stürzen Matt, Aruula und Kalmazz' Avatar der Oberfläche eines grünen Mondes entgegen. Als Pilot hat Matthew Drax schon so manchen Absturz überlebt - aber hier beginnt die größere Gefahr erst nach der Landung! Sie finden sich in einer Welt wieder, die keinen stärkeren Kontrast zum Maschinenmond Binaar bieten könnte: ein einziger Dschungel mit fremdartiger Flora und Fauna. Sie wissen, dass sich Mi-Ruut hier befinden muss - und vielleicht auch Xaana. Aber wie sollen sie die beiden finden, bevor Botan sie verschlingt - und das wortwörtlich?
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Für einen Moment drückte Schwermut auf Mi-Ruuts Herz; die tiefe Sehnsucht nach anderen Dreen, mit denen er sich, wie es typisch für seine Art war, mittels Gebärden hätte verständigen und austauschen können. Aber in diesem Dschungel, der den Mond wie ein Kokon umschloss, war daran nicht zu denken. Stattdessen musste er auf Schritt und Tritt um sein Leben fürchten. Seit er auf Botan angekommen war, hatte es keinen Moment wirklicher Entspannung mehr gegeben. Selbst im Schlaf musste ein Teil von ihm wachsam bleiben und achtgeben, dass er sich nicht allzu tief in einem Traum verstrickte. Sein Überleben hing davon ab, die Warnsignale der Umgebung rechtzeitig zu erkennen, zu deuten und darauf zu reagieren. Botan mochte vieles sein, aber gewiss nicht die Herausforderung, auf die Mi-Ruut in seiner von Romantik verklärten Naivität gehofft hatte. Mit jedem Tag, den er hier zubrachte, erinnerte ihn der Mond mehr an einen gefräßigen Moloch. Alles Leben hier war letztlich nur die Beute von irgendetwas. Für jedes Geschöpf gab es einen Fressfeind, der größer, stärker oder einfach nur listiger war. Längst bereute er es, sich auf Aquus von seinen Gefährten getrennt zu haben.1) Die Vorteile, die er in ihrer Gesellschaft genossen hatte – aber das war ihm erst rückblickend richtig bewusst geworden –, wogen die Nachteile bei weitem auf. Gegängelt, missverstanden und in seiner Freiheit beschnitten hatte er sich gefühlt. Im Nachhinein erschienen ihm die Spannungen, die zwischen ihm und der Menschenfrau Aruula geherrscht hatten, als völlig banal. Verglichen mit dem Gefühl von Sicherheit, das sie ihm zugleich vermittelt hatte. Sie und der männliche Mensch, den sie Maddrax nannte, obwohl er selbst sich als „Matt“ vorgestellt hatte. Matt und Aruula – was wohl aus ihnen geworden war? Oder aus der Carnat, die mit ihnen in den Turm der Herren eingedrungen war. Für einen Moment erschien ein ganz anderes Wesen vor Mi-Ruuts geistigem Auge: ein kleines, braun bepelztes Tier mit spitzen Ohren und noch spitzeren Zähnen. Anfangs hatte der Dreen eine instinktive Abneigung gegen den Schnurrer entwickelt, die sich erst nach und nach gelegt hatte. Wie banal war diese Antipathie doch im Vergleich zu den Heimsuchungen gewesen, die hier auf Botan auf ihn gewartet hatten, auf einem neuerlichen Pfad der Prüfung, nur mit dem Unterschied, dass er diesmal auf sich allein gestellt war. Das Grollen setzte fast übergangslos ein. Und es kam, anders als die allgegenwärtigen Stimmen des Waldes, dessen feuchtmodrige Wärme den Dreen wie fauliger Atem umspülte, von irgendwo aus großer Höhe. Viel höher als selbst die langlebigsten Funken zu fliegen im Stande waren, weiter entfernt noch als die Wipfel der höchsten Bäume. Mi-Ruut bog den Kopf weit in den Nacken und spähte zwischen den verwitterten Knochen des Tierskeletts hindurch zum funkelnden Sternenmeer, aus dem der beringte Planet hervorstach, den sämtliche Monde umkreisten. Gleichzeitig verwandelte sich das Grollen in ein Krachen, als entlade sich ein Gewitter mit einem ersten Donner. Einen Blitz hatte der Dreen jedoch nicht bemerkt und auch keine Wolken. Das Krachen wiederholte sich, untermalt von einem stetig lauter werdenden Rauschen, und dann brach plötzlich doch grelles Licht durch die kreisrunde Lücke im Blätterdach über der Lichtung. Aber nichts, was auf Blitze hätte schließen lassen. Es erinnerte vielmehr an ein Feuer, das sich weit oben in der Atmosphäre entzündet hatte und dabei einen flammenden Schweif hinter sich herzog. Mi-Ruut schrie erstickt auf, schlug die Decke zurück und stemmte sich vom Boden hoch. Ohne dass er es verhindern konnte, entwich seiner Nase ein auf und ab klingendes Geräusch, als würde jemand Luft durch ein Blasinstrument stoßen. Es brauchte ein paar tiefe Atemzüge, bis Mi-Ruut sich wieder gefangen hatte. Hastig trat er vom Feuer weg und suchte sich eine Position, von wo aus der Blick zum Firmament freier war. Der silbrige Glanz des Ringplaneten wurde von dem Feuerball überstrahlt, der die Lufthülle des ganzen Mondes in Flammen zu setzen schien. Dem Dreen wurde angst und bange. Falls dieser Meteorit – und was sollte es sonst sein? – in der Nähe einschlug, bestand höchste Lebensgefahr. Wenn Mi-Ruut Pech hatte, würde beim Aufprall so viel Energie freigesetzt, dass er sich über seine Zukunft keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Die Druck- und Hitzewelle würde ihm und zahllosen anderen Kreaturen des Dschungels zum Verhängnis werden. Sein Magen krampfte sich zusammen. Ihm wurde schlecht. Der Feuerball hüllte die Landschaft in gespenstisches Zwielicht, und immer ohrenbetäubender wurde der Lärm, der das nahende Unheil begleitete. Der Dreen stand wie gelähmt da, nicht in der Lage, dem Fluchtreflex zu folgen. Doch dann, ohne Vorwarnung, änderte das feurige Objekt abrupt seine Fallrichtung und den Winkel! Es scherte seitlich aus und bewegte sich in atemberaubendem Tempo nun fast waagrecht, immer noch den feurigen Schweif, der die Luft zum Kochen brachte, hinter sich herziehend. Mi-Ruut realisierte kaum, wie seine Fäuste zu kribbeln begannen, so fest presste er die Finger gegen die Handballen. Ihm dämmerte, was das da oben wirklich sein musste: ein Fahrzeug! Ein Fluggerät, das offensichtlich in Not war und dessen Insassen den kaum noch zu verhindernden Absturz verzweifelt abzuwenden versuchten. Steckten die Initiatoren dahinter? Waren die Transfertürme nach den Vorkommnissen auf Terminus und Aquus gesperrt worden und nun griff man auf Raumschiffe zurück, um die Probanden zu den Monden zu bringen? Das Getöse wurde merklich schwächer, während sich das mutmaßliche Fahrzeug von Mi-Ruuts Standort entfernte. Er prägte sich die Richtung ein, in die sich der Feuerball entfernte und wenig später bei abnehmender Flughöhe seiner Sicht entschwand. Unwillkürlich wartete der Dreen auf eine letzte Lichtentladung als Begleiterscheinung des Aufpralls, aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen kehrte die Dunkelheit zurück. Die Stille nicht. Zwar war das Brausen am Himmel verschwunden, doch an seine Stelle war ein anderes Geräusch gerückt, das Mi-Ruut zunächst nicht lokalisieren konnte. Der Boden unter seinen Füßen begann zu erzittern – nicht als Folge eines Absturzes, sondern kontinuierlich anschwellend wie zuvor das Grollen am Himmel. Alarmiert überwand er die Starre und eilte zu seinem Schlaflager zurück. Ohne zu wissen, was hinter dem Beben steckte, raffte er seine Decke und den kleinen Rucksack zusammen, in dem sich alles befand, was er mit nach Botan gebracht hatte und nicht am Körper trug. Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, hing immer noch dem Ereignis am Nachthimmel nach. Gleichzeitig verlangte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Etwas, das sich ihm näherte! Der Boden unter seinen Füßen bebte inzwischen, als würde irgendwo in der Nähe ein Riese aufstampfen, immer und immer wieder. Nein, korrigierte sich Mi-Ruut. Nicht ein Riese – wenn, dann mussten es mehrere sein, eine ganze Armee! Dann teilte sich einen Steinwurf entfernt das Gestrüpp zwischen den Baumgiganten und eine Flut von Leibern ergoss sich über die Lichtung. Ohne nachzudenken, fuhr der Dreen herum und rannte in die entgegengesetzte Richtung, die Stampede im Nacken. Hufe, Pfoten und Krallen trommelten über den weichen Urwaldboden und trampelten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Mi-Ruut hielt vergeblich Ausschau nach einer Deckung, die geeignet sein könnte, dem Ansturm der entfesselten Horde standzuhalten. Er wagte nicht, über die Schulter zu blicken, glaubte aber, den Atem der vordersten Verfolger bereits im Nacken zu spüren. Jeden Moment mussten sie ihn einholen und zu Fall bringen. Er fasste es nicht, dass er auf diese Weise sterben sollte – nach allem, was hinter ihm lag, nach allem, was er überstanden hatte. Er tauchte zwischen die ersten Bäume am Rand der Lichtung, hoffte, dass er hier Schutz fand. Aber dann stolperte er und sah im Fallen, wie hinter ihm die Umrisse derer auftauchten, die ihn eigentlich gar nicht verfolgten, sondern selbst flohen! Dann schlug er auf dem Boden auf. Über ihm verdunkelten sich die Sterne, als Gestalten ohne Zahl über ihn hinwegsetzten. Die Brille über seinem einzigen Auge war verrutscht, und so konnte er nicht einmal richtig erkennen, welcher der Kolosse ihn auf die Hörner nahm und in hohem Bogen durch die Luft schleuderte. Mi-Ruut schrie wie am Spieß. Aus, dachte er. Und wartete darauf, dass er seine Existenz aushauchte wie die Funken, denen er eben noch beim Sterben zugeschaut hatte. Kurz zuvor Hinter Matthew Drax thronte auf dem Notsitz götzenhaft der robotische Avatar in der Enge der Shuttle-Kabine. Von seinem Pilotensitz aus versuchte Matt verzweifelt, die Kontrolle über das abstürzende Beiboot wiederzuerlangen. Aufgeben war keine Option. Zumal es nicht nur um sein Leben ging. Auch seine Gefährtin war an Bord, nur eine Armlänge von ihm entfernt, die Augen weit aufgerissen und die Arme schützend um den Schnurrer gelegt hatte, dessen Wimmern im Chaos unterging. Nicht so Aruulas Stimme, die Matt aufforderte, endlich etwas zu tun. Was denkst du, was ich gerade versuche? Die Technik des kleinen Raumfahrzeugs war kein völliges Neuland für ihn, obwohl sie nicht von Menschen, sondern von Außerirdischen erbaut worden war. Dennoch wirkte vieles vertraut – als wären die Grundprinzipien der Technologie überall im Universum sich zumindest ähnlich. Matt stöhnte auf, während er immer neue Versuche...