E-Book, Deutsch, Band 528, 64 Seiten
Hofball im Schloss
E-Book, Deutsch, Band 528, 64 Seiten
Reihe: Die Welt der Hedwig Courths-Mahler
ISBN: 978-3-7517-0598-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ab und zu zieht es den Fürsten in die Ferne, und niemand weiß, wo er sich genau aufhält. Prinz Udo von Purkhammer wünscht sich im Stillen, der Fürst möge sich den Hals brechen. Dann könnte er seinen Platz für immer einnehmen und den Thron besteigen. Vielleicht würde es ihm sogar gelingen, Bertolds Braut von seiner Liebe zu überzeugen und sie zum nächsten Hofball zu führen. Denn der Prinz liebt die entzückende Prinzessin Julie mehr als sein Leben. Und dann geschieht das Unfassbare: Der Landesfürst kehrt nicht von seiner Reise zurück und bleibt unauffindbar!
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Hofball im Schloss Ein zauberhafter Liebesroman aus der goldenen Zeit Ich verreise für drei Wochen mit unbekanntem Ziel und bin in dieser Zeit nicht erreichbar«, informiert der Landesfürst Bertold von Tettenborn seinen Vetter. »Du wirst mich würdig vertreten.« Ab und zu zieht es den Fürsten in die Ferne, und niemand weiß, wo er sich genau aufhält. Prinz Udo von Purkhammer wünscht sich im Stillen, der Fürst möge sich den Hals brechen. Dann könnte er seinen Platz für immer einnehmen und den Thron besteigen. Vielleicht würde es ihm sogar gelingen, Bertolds Braut von seiner Liebe zu überzeugen und sie zum nächsten Hofball zu führen. Denn der Prinz liebt die entzückende Prinzessin Julie mehr als sein Leben. Und dann geschieht das Unfassbare: Der Landesfürst kehrt nicht von seiner Reise zurück und bleibt unauffindbar! »Wie lange wirst du diesmal fortbleiben?« Udo von Purkhammer ging unruhig im Raum auf und ab. »Ich weiß es nicht genau. Zwei Wochen, vielleicht auch drei.« »Und wo kann man dich erreichen?« »Gar nicht. Ich verreise mit unbekanntem Ziel.« Zwei- oder dreimal im Jahr fuhr der Landesfürst Bertold von Tettenborn fort, und niemand wusste, was er in der Zeit seiner Abwesenheit trieb. Sein Kammerdiener Karl, der ihn als Einziger begleitete, verriet mit keiner Silbe etwas. Udo allerdings glaubte zu wissen, was seinen Vetter hinauszog. Ganz bestimmt hatte Bertold eine Liebschaft. Warum hätte er sonst solche Heimlichkeiten um seinen Aufenthaltsort aufgebaut? »Etwas Besonderes ist nicht zu erwarten, und falls doch, werde ich aus den Zeitungen davon erfahren und zurückkehren.« »Was sagt deine Braut Julie zu diesen Abstechern ins einfache Leben?«, wollte Udo wissen. »Sie hat mir dazu geraten, mein Lieber.« Bertold ahnte die Gedanken seines Vetters, konnte darüber aber nur geringschätzig lächeln. »Ich verstehe, dass du vorsichtig sein musst, aber mir könntest du ruhig etwas erzählen. Ist sie sehr hübsch?« »Ja.« Die Landschaft, dachte Bertold. Natürlich wusste er, dass seine Antwort durchaus missverständlich war. Manchmal machte es ihm einfach Spaß, seinen Vetter Udo ein bisschen aufzuziehen. »Hübsch. Auf dich wartet eine Frau wie Julie, und du ...« »Und ich verreise. Die Vollmachten für dich habe ich unterschrieben, und ich bitte dich herzlich, die Audienztage korrekt einzuhalten.« »Wie du befiehlst.« Udo machte eine übertrieben tiefe Verneigung. »Du bist ja der Herr. Hast du sonst noch Befehle für mich?« »Wir sind Vettern, lieber Udo. Sprich nicht in solch einem Ton zu mir.« Begütigend legte Bertold von Tettenborn dem Prinzen die Hand auf die Schulter. »Lebe wohl, Udo. Wenn ich zurück bin, dann kannst du verreisen. Ich bin froh, dass ich hier jemanden habe, auf den ich mich verlassen kann.« Prinz Purkhammer wünschte sich, sein Vetter würde sich den Hals brechen. Nach Bertolds Tod könnte er den Thron besteigen, aber mit solch einem Glück durfte er wohl nicht rechnen. »Leb wohl.« Er brachte es nicht fertig, seinen Vetter anzuschauen, als er die entgegengestreckte Hand nahm. »Erhole dich gut.« »Danke, ich habe es nötig. Draußen in der freien Natur werde ich aufleben.« »Ich würde sie gern kennenlernen«, stieß Udo von Purkhammer hervor. »Sie muss irgendetwas Besonderes haben, wenn sie dich so fesseln kann. Und das nun schon ein paar Jahre hindurch.« Der Fürst zuckte die Achseln und ging hinaus. Von seiner Braut, Prinzessin Julie, hatte er sich schon verabschiedet. Der Wagen stand vor dem Schloss, um ihn und Karl zum Bahnhof zu bringen. Er wartete allerdings am Hintereingang, und er trug auch nicht das fürstliche Wappen an den Türen. Für seine Abreise pflegte Fürst Tettenborn einen Mietwagen aus der Stadt kommen zu lassen. Und wenn er einen unauffälligen Anzug trug, den Hut tief ins Gesicht gezogen, dann würde ihn niemand erkennen. In der Öffentlichkeit trug er stets eine Uniform, ganz selten einmal einen Zivilanzug. Den im schlichten Mantel gekleideten Mann beachtete niemand, als er eine knappe Stunde später ausstieg. Karl entlohnte den Fahrer und trug die beiden Koffer auf den Bahnsteig. Kurz darauf fuhr der Fürst seinen geliebten Bergen entgegen. ??? »Herrlich!«, rief Fürst Tettenborn, als nach langem, beschwerlichem Weg die kleine Hütte vor ihnen auftauchte. Karl blieb stehen und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Er war etwas beleibt und konnte die Begeisterung seines Herrn für die schöne Natur nicht teilen. Fürst Tettenborn schloss die Tür auf. »Meine armen Füße«, murmelte Karl, als er ihm folgte. »Ruh dich einen Moment aus, ich hole Wasser«, rief der Fürst Karl zu, der seinen Rucksack ächzend absetzte. »Du kannst ein Feuer im Herd anzünden. Ich freue mich auf eine Tasse Kaffee.« »Sehr wohl, Königliche Hoheit.« Karl war froh, dass er noch genügend Holz liegen hatte. Bei ihrem letzten Aufenthalt in der Hütte hatte er für einen ordentlichen Vorrat gesorgt. Mit skeptischem Blick schaute Karl sich in der Hütte um. Wie primitiv hier alles war! Waldarbeiter hatten diese Hütte wahrscheinlich einmal gebaut, später hatte der Förster sie erweitert und mit etwas Komfort versehen lassen. Aber primitiv war dennoch alles. Als Fürst Tettenborn zurückkehrte, flackerte ein lustiges Feuer im Herd. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, da begann es in Strömen zu regnen. »Da bin ich gerade im richtigen Moment zurückgekommen«, stellte er fest und goss das Wasser in den Kessel. Karl wollte ihm helfen, aber der Fürst winkte ab. »Lass mich nur. Mir macht es Spaß, den Kaffee mal selbst zu kochen.« Er trug eine Lodenhose, ein bunt kariertes Hemd und eine schlichte Jacke, wie sie die Waldarbeiter bevorzugten. Auf den ersten Blick konnte man ihn tatsächlich für einen Waldarbeiter halten, aber auch nur auf den ersten Blick, denn Seine Königliche Hoheit sah immer gut aus. Karl fand es ganz selbstverständlich, dass sein Herr die schönste und charmanteste Prinzessin zur Braut hatte. »Es klart schon wieder auf«, stellte Bertold von Tettenborn nach dem Mittagessen fest. »Das war ja eine richtige Sintflut«, meinte der Kammerdiener. »Morgen früh wird wieder alles trocken sein. Dann klettern wir auf den Bocksberg. Oder bleibst du lieber hier?«, fragte der Fürst. »Selbstverständlich komme ich mit, Königliche Hoheit.« Karl fand es nicht richtig, dass der Fürst allein ging. Allerdings taten ihm schon allein beim Gedanken an den beschwerlichen Aufstieg, der ihm bevorstand, die Beine weh. ??? Am nächsten Morgen lachte die Sonne von einem wolkenlos blauen Himmel herunter. Nach dem Frühstück machten Bertold von Tettenborn und sein Diener sich auf den Weg und wanderten stundenlang durch die Berge. »Bald haben wir es geschafft.« Karl schaute den steilen Hang zur rechten Seite empor. Noch ein paar Hundert Meter. Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Da bewegte sich doch etwas? Dicke Felsen! Und eine verkrüppelte Fichte hatte sich in Bewegung gesetzt. Plötzlich war ein Donnern in der Luft, und das bei blauem Himmel. Vögel stoben entsetzt hoch, während Karl wie angewurzelt dastand und starrte. »Eine Gerölllawine!« Der Fürst hatte die Gefahr schneller erkannt als sein Kammerdiener. »Los, komm!« Er packte Karls Arm und riss ihn mit sich fort. Zu verstehen war nichts mehr, aber sie brauchten auch keine Worte, um sich zu verständigen. Karl lief, so schnell er konnte, hinter seinem Herrn her. Wir schaffen es!, dachte er, als er plötzlich stürzte. Es war eine Erhebung im Felsen, die er nicht beachtet hatte. »Königliche Hoheit!«, schrie er. Das waren seine letzten Worte auf dieser Welt. Dann hörte er nichts mehr und sah nichts mehr. Er war sofort tot. Die Gerölllawine aber staute sich, wuchs und wuchs, bis die ganze Landschaft völlig verändert war. Der Regen hatte das Gestein gelockert. Ein paar Vögel flogen um den Mann herum, der mit dem Gesicht nach unten im Gras lag. Neben ihm lag ein kopfgroßer Felsbrocken, der seine Stirn getroffen hatte. Wie ein Geschoss war er heruntergekommen. Fürst Tettenborn hatte ihn nicht frühzeitig genug gesehen. Allmählich wurde es ruhig in der Luft. Das Echo der Lawine verstummte, und die ersten Vögel ließen sich auf den Bäumen nieder. ??? »Da hat es ganz schön was gegeben«, sagte der Waldarbeiter Dahlke zu seiner Frau und wies mit dem Daumen nach oben. »Und wenn schon. Was macht es?« Frau Meta zuckte die Achseln. »Es ist ja kein Mensch hier in der Gegend.« »Wäre ihm auch schlecht bekommen. Hast du noch eine Tasse Kaffee für mich,...