E-Book, Deutsch, Band 4
Weaver Ein mörderischer Duft
2. Auflage 2022
ISBN: 978-3-98637-919-3
Verlag: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 4
Reihe: Ein Fall für Amory Ames-Reihe
ISBN: 978-3-98637-919-3
Verlag: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der Tod eines berühmten Parfümeurs wirft Fragen auf …
Der fesselnde vierte Band der historischen Cosy Crime-Reihe
Kaum sind Amory Ames und ihr Ehemann Milo in Italien ankommen, um endlich etwas Ruhe zu finden, erreicht Milo ein beunruhigender Brief von seinem ehemaligen Kindermädchen, Madame Nanette. Ihr Arbeitgeber, der berühmte Parfümeur Helios Belanger, ist nur wenige Tage zuvor verstoben und Madame Nanette ist überzeugt, dass jemand nachgeholfen hat. Sofort reisen Amory und Milo nach Paris, um der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei stoßen sie auf Geheimnisse, die besser nie entdeckt worden wären und die sie selbst in Gefahr bringen. Können die beiden den Mörder fassen, bevor sie selbst zum Ziel werden?
Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienenen Titels Amory Ames und die Schatten von Paris.
Erste Leser:innenstimmen
„Cosy Crime in den 1930er-Jahren – so gemütlich und dabei trotzdem spannungsgeladen!“
„Die britische Ermittlerin Amory Ames ermittelt in diesem Band in Paris. Eine tolle Umgebung und ein spannender Mordfall sorgen für fesselnde Lesestunden.“
„Ich liebe historische Krimis wie diesen: kluge Charaktere, ein mysteriöser Mordfall und ein atmosphärisches Setting.“
„Amory Ames wird so langsam aber sicher zu meiner Lieblingsdetektivin. Mit Feingefühl und Cleverness deckt sie dieses Mal einen Mordfall in Frankreich auf. Sehr unterhaltsam!“
Ashley Weaver ist die Autorin der Ein Fall für Amory Ames-Reihe. Das erste Buch der Reihe, Eine Leiche zur Hochzeit, wurde für den Edgar Award als bester Debütroman nominiert. Weaver arbeitet auch als Bibliothekarin in der Allen Parish Librarie. Sie lebt in Oakdale, Louisiana, USA.
Weitere Infos & Material
1
Comer See, Italien
April 1933
Falls diese Dummheit meinen Mann nicht ohnehin das Leben kostete, würde ich ihn eigenhändig umbringen.
Es war ein herrlicher Vormittag im Frühling am Ufer des Comer Sees, aber gedanklich war ich weder beim Wetter noch bei dem atemberaubenden Ausblick aufs Wasser, das sich vor einer Kulisse aus dunstig-blauen Bergen vor mir ausbreitete. Stattdessen schirmte ich mir die Augen gegen die Sonne ab und beobachtete vom Balkon des Ferienhauses aus, wie sich ein Wasserflugzeug absenkte und dann weit über dem See hinwegglitt. Am Steuerknüppel saß mein Mann Milo, was mir, gelinde gesagt, so gar nicht behagte.
Am Morgen hatte noch nichts auf einen so gefährlichen Zeitvertreib hingedeutet. Während Milo sich ausgeschlafen hatte, war ich nach dem Frühstück am Strand spazieren gegangen. Als ich eine Stunde später wieder ins Ferienhaus kam, fand ich eine hastig hingekritzelte Notiz von Milo: Er sei draußen und fliege ein Wasserflugzeug. Ich musste die Nachricht zweimal lesen, um mich zu vergewissern, dass ich sie nicht missverstanden hatte. Da er, soweit ich wusste, noch nie im Leben ein Wasserflugzeug oder sonst irgendetwas geflogen war, fand ich die Vorstellung etwas beunruhigend.
Völlig überrascht war ich allerdings nicht. Erst gestern hatte Milo sich beschwert, dass es noch zu kalt zum Wasserskifahren sei, und so hatte er offenbar zu anderen, drastischeren Mitteln gegriffen, um seine körperliche Unversehrtheit aufs Spiel zu setzen.
Außerdem wusste ich ganz genau, wer ihm diese Flausen in den Kopf gesetzt hatte: André Duveau, unser Nachbar hier am See. Er bewohnte das Ferienhaus direkt neben uns und teilte die Vorlieben meines Mannes für Autorennen, Glücksspiel und offenbar auch dafür, das eigene Leben zu riskieren. Kein Wunder, dass sie sich so schnell angefreundet hatten.
Mir blieb beinahe das Herz stehen, als die Maschine im Sturzflug auf das Wasser zusteuerte. Instinktiv klammerte ich mich an den Rand des steinernen Blumentopfs auf dem Podest vor dem Geländer. Gerade als ich dachte, das Flugzeug würde ins Wasser stürzen, hob sich die Nase und es stieg wieder auf. Unwillkürlich fragte ich mich, ob Milo wusste, dass ich auf dem Balkon stand, und mich absichtlich erschreckte.
Ich sah zu, wie das Flugzeug in die Höhe stieg, bis ich den Anblick nicht mehr ertragen konnte, dann drehte ich mich um und ging zurück ins Ferienhaus. Wenn Milo so wild entschlossen war, sich umzubringen, dann musste ich ihm nicht auch noch dabei zusehen.
Keine Stunde später näherten sich Schritte dem Wohnzimmer, in dem ich ein französisches Modemagazin las und hoffte, im Sommer nicht Trauer tragen zu müssen.
Mein Mann betrat das Zimmer, gefolgt von André Duveau. Beide waren leger gekleidet, hemdsärmelig und mit in die Stiefel gesteckter Hose – vermutlich der obligatorische Fliegerdress.
In den Wochen unter der Mittelmeersonne war Milo braun geworden. Der dunkle Teint brachte das schwarze Haar zur Geltung und ließ die blauen Augen noch heller erscheinen. Doch ich war nicht in der Stimmung, mich erweichen zu lassen, nur weil er mit dem vom Wind zerzausten Haar so gut aussah. Ich achtete penibel darauf, mir meine Erleichterung, dass er wieder wohlbehalten im Haus angekommen war, nicht anmerken zu lassen.
„Du hast es also an einem Stück zurückgeschafft, ja?“, fragte ich und legte die Zeitschrift weg.
„Du hast meinen Zettel gefunden.“ Milo lächelte. Er kam zu mir, beugte sich herunter und hauchte mir einen Kuss auf die Wange, bevor er sich mir gegenüber in den Sessel fallen ließ. Von meiner gespielten Gleichgültigkeit ließ er sich nicht täuschen.
„Du hättest dir keine Sorgen machen müssen, Liebling. Du weißt doch, nichts bringt mich so sicher auf den Boden der Tatsachen zurück wie du.“
Ich verkniff mir einen bissigen Kommentar und wandte mich an unseren Gast. Nun tat ich nicht mehr, als hätte mir der Ausflug nichts ausgemacht. „Eigentlich müsste ich sehr böse auf Sie sein, Mr Duveau.“
Er lächelte. „Dann möchte ich Sie in aller Förmlichkeit um Verzeihung bitten, Mrs Ames. Ich wäre am Boden zerstört, wenn ich bei Ihnen in Ungnade fallen würde.“
Trotz seines französisch klingenden Namens hatte er kaum einen Akzent, denn er hatte den Großteil seiner Kindheit in England verbracht, wie er uns erzählt hatte. Derzeit lebte er unter anderem in Paris, aber am liebsten zog er sich nach Como zurück. Er besaß ein großzügiges Ferienhaus und mehrere Flugzeuge, die er regelmäßig flog.
„Natürlich kann ich Ihnen nicht allein die Schuld geben“, sagte ich zu Mr Duveau, während er Platz nahm. „Milo tut immer, was er will.“ Wenn man bedachte, dass Milo zu Leichtsinn neigte, konnte ich von Glück reden, dass er sich nicht schon früher in die Lüfte erhoben hatte.
Wie gut, dass wir nicht mehr lange in Como bleiben würden. Wir hatten das Ferienhaus nur für vierzehn Tage gemietet und wollten noch diese Woche zurück nach London. Nach einem Monat auf Capri hatten wir gerade die Heimreise antreten wollen, als Milo plötzlich nach einem Zwischenstopp am Comer See war. Natürlich hatte ich nichts dagegen gehabt, unseren Aufenthalt in Italien zu verlängern. Die Zeit hier war sehr angenehm und dank der Bekanntschaft von Mr Duveau sogar noch schöner.
„Dann verzeihen Sie mir also?“, fragte Mr Duveau augenzwinkernd.
„Ja“, antwortete ich gnädig. „Ich denke schon.“
Wieder lächelte er. Wie schwer es doch war, Mr Duveau lange böse zu sein. Genau wie mein Mann verfügte er über die unwiderstehliche Kombination aus verblüffend gutem Aussehen und Unmengen an Charme. Das helle Haar war immer ein wenig vom Wind zerzaust, egal, ob er in der Luft gewesen war oder nicht, und in der kurzen Zeit, seit ich ihn kannte, hatte ich schon so einige Frauen wegen der doppelten Anziehungskraft aus dunklen Augen und schelmischem Grinsen erröten sehen.
„Ich hingegen werde mir die Vergebung erst noch verdienen müssen“, sagte Milo. „Meine Frau hält nichts von Flugzeugen.“
„Ich weiß die Vorteile von Flugzeugen durchaus zu schätzen“, erwiderte ich. „Was mir nicht gefällt, ist die Vorstellung, dass mein Mann Hunderte Meter über dem Boden herumsaust.“
„Ich versichere Ihnen, Mrs Ames, Ihr Mann hat das Zeug zu einem hervorragenden Piloten. Noch ein paar Flüge und wir qualifizieren uns vielleicht für die Schneider-Trophy.“
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, dass Milo sich das Fliegen womöglich noch zur Gewohnheit machen oder gar an Flugzeugrennen teilnehmen würde. Falls es so weit kommen sollte, hätte ich ein paar Takte mit ihm zu reden, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.
„Bleiben Sie zum Mittagessen, Mr Duveau?“, fragte ich.
„Das klingt verlockend, aber ich habe leider keine Zeit. Morgen früh reise ich zurück nach Paris, und ich muss mich davor noch um einiges kümmern.“
„Oh, ich wusste nicht, dass Sie schon so bald abreisen“, sagte ich.
„Das hatte ich auch nicht vor, aber da ist etwas … etwas, das meine Aufmerksamkeit erfordert.“
Eine Frau, dachte ich sofort. Da er so sorgsam vermied, den Grund für die plötzliche Abreise zu nennen, tippte ich auf eine Liebesangelegenheit. Sicher freute sich die Glückliche, dass er alles stehen und liegen ließ, um zu ihr zu fliegen. Was für eine romantische Geste.
„Wie schade, dass Sie wegmüssen“, sagte ich. „Aber ich wünsche Ihnen eine gute Reise.“
„Danke. Es war mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft zu machen. Ich habe das Gefühl, alte Freunde zurückzulassen. Da fällt mir ein: Ich habe Ihnen ein Abschiedsgeschenk mitgebracht.“ Bisher war mir die kleine Schachtel, die er mir nun hinhielt, gar nicht aufgefallen.
Ich öffnete sie und fand darin ein in Samt gebettetes Glasfläschchen. Es war Parfum. Ich nahm den Flakon aus der Schachtel und sah ihn mir genauer an. Das Glas war in Facetten geschliffen und schimmerte im Licht, das durch die großen Fenster hinter mir fiel. „Wie schön.“ Ich nahm den Stöpsel heraus und ein schweres, blumiges Aroma stieg mir in die Nase.
„Der Duft ist brandneu“, erklärte Mr Duveau. „Sie werden eine der ersten Frauen sein, die ihn tragen.“
„Das ist aber nett von Ihnen“, sagte ich und betupfte mir mit dem Stöpsel das Handgelenk. Das Parfum roch herrlich, auf beruhigende Weise vertraut und doch exotisch.
„Mir ist aufgefallen, dass Sie Gardenie tragen. Da dachte ich, dieses Parfum könnte Ihnen gefallen. Es heißt Shazadi. Es hat einen blumigen Duft, aber mit einer warmen, sinnlichen Note, die zu Ihnen passt.“
„Danke. Ich werde es sicher gern tragen.“
Er lächelte. „Das hoffe ich. Jetzt muss ich mich aber verabschieden. Es hat mich gefreut, Sie beide kennenzulernen. Vielleicht sehen wir uns mal in London?“
„Das würde uns freuen“, sagte ich.
„Und beim nächsten Mal setzen wir uns in ein Jagdflugzeug, was, Ames?“, sagte er. Dann zwinkerte er mir zu und ging.
Als ich relativ sicher sein konnte, dass er weg war, wandte ich mich an meinen Mann. „Ich weiß, es bringt nichts, dich zu bitten, so etwas Leichtsinniges zu unterlassen, aber du könntest dich wenigstens persönlich verabschieden, bevor du mich zur Witwe machst.“
Wie ich geahnt hatte, winkte Milo ab. „Du machst dir zu viele Gedanken, meine Schöne. Wasserflugzeuge sind absolut sicher. Das ist kaum anders als Auto fahren.“
Ich hatte nicht vor, ihm zu widersprechen. Über die Jahre hatte ich gelernt, wann sich eine Diskussion lohnte und wann nicht. Ich konnte nur hoffen, dass nun, da André Duveau weg war, Milo der Zugang zu diesem speziellen Laster...




