E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Reihe: Digital Edition
Warren Endlich wieder Liebe
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7337-8719-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Digital Edition
E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-8719-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Schon beim ersten Blick des berühmten Reporters Chase Reynolds verspürt Nettie ein wundervolles Kribbeln! Überraschend hält er gleich um ihre Hand an. Aber will er die Ehe vielleicht nur, um die Vormundschaft für seinen Sohn zu behalten? Nettie jedenfalls lehnt ab …
Wendy lebt mit ihrem Ehemann in der Nähe der Pazifikküste. Ihr Haus liegt nordwestlich des schönen Willamette-Flusses inmitten einer Idylle aus gigantischen Ulmen, alten Buchläden mit einladenden Sesseln und einem großartigen Theater. Ursprünglich gehörte das Haus einer Frau namens Cinderella, die einen wunderbaren Garten mit Tausenden Blumen hinterließ. Wendy und ihr Mann bewirtschaften diesen eifrig, allerdings mit wechselndem Erfolg ... Wendy Warren ist Mitglied bei den 'Romance Writers of America' und war bereits Finalistin für den RITA®-Award. Wenn sie nicht schreibt, unternimmt sie gern lange Spaziergänge mit ihrem Hund, chattet mit guten Freunden und kocht für sich und ihren Ehemann.
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1. KAPITEL
Nettie Owens blickte trotzig zum Himmel, der sich grau in grau über der Prärie von North Dakota erstreckte. Gleich geht es los, dachte sie. Und da frischte auch schon der Wind auf und blies ihr die dunklen Locken aus dem Gesicht.
„Eins zu null für mich“, freute sie sich und atmete tief die frische Luft ein.
In letzter Zeit glich ihre Stimmung nicht selten diesem trostlosen Grau des Himmels, obgleich es auch Zeiten gab, da der Wunsch, etwas zu verändern, sich zu befreien, unermesslich groß wurde. Nettie runzelte die Stirn. Was würde passieren, wenn sie jemandem, den sie gut kannte, von dieser tiefen Ruhelosigkeit erzählte?
Ein verschmitztes Lächeln umspielte ihren Mund. Sie würden Dr. Brody rufen, der daraufhin so viele Beruhigungstabletten verschrieb, dass man damit eine ganze Stadt ruhigstellen konnte.
Eine Frau, die solche Schicksalsschläge wie Nettie verkraften musste, sollte damit rechnen, dass die Nachbarn sofort zum Telefonhörer griffen, wenn sie verrückt spielte. Jedenfalls in Kalamoose, North Dakota.
Was zu verstehen war. Während der letzten zwei Jahre hatte Nettie keinen einzigen Schritt über die Grenzen ihrer kleinen Stadt hinaus getan. Und noch ein Jahr zuvor hatte sie sich kaum aus ihrem Haus gewagt. Das mit Schindeln gedeckte Gebäude bedeutete für sie die feste Burg, der sichere Hafen.
Agoraphobie nach traumatischem Stress war die Diagnose für ihren Zustand. Der Laie würde sagen, sie wäre überängstlich. Alles flöße ihr Furcht ein.
Voller Angst erinnerte sie sich an Ereignisse in der Vergangenheit und lebte in der Erwartung, sie könnten sich wiederholen. Sie fürchtete sich vor Geschehnissen, die nie passiert waren und wahrscheinlich nie eintreten würden. Sie machte sich Sorgen um ihre Schwestern und Freunde, und was passieren konnte, falls der Weizenpreis fiel. Und seit Kurzem machte sie sich auch wegen ihrer großen Ängste Sorgen.
Früher war das anders gewesen. Früher ähnelte Nettie mehr ihren Schwestern, war mutig wie Sara und keck wie Lilah. Damals war sie überaus neugierig auf die Welt außerhalb von Kalamoose.
Der Wind wirkte belebend. Nettie stand still und breitete die Arme aus. Als die ersten Tropfen fielen, begann sie zu laufen.
Sie war barfuß, das Gras fühlte sich kühl und weich an, ihr Sommerrock umspielte ihre Beine. Allmählich steigerte sie die Geschwindigkeit, spürte, wie ihr der Wind um die Ohren pfiff. Als es stärker zu regnen begann, lief sie noch schneller und verlangsamte erst ihre Schritte, als sie den ungepflasterten Weg erreichte, der ihr Grundstück begrenzte.
Keuchend beugte sie sich vornüber und stützte die Hände auf die Knie. Ihr Herz klopfte so wild wie während jener Zustände, die ihre Ärzte in Chicago Panikattacken nannten.
Hätte man Nettie während der letzten drei Jahre nach ihrem größten Wunsch gefragt, so hätte sie zur Antwort gegeben: „Ich wünsche mir, keine Angst mehr zu haben.“
Aber so einfach ließ sich das Leben nicht meistern, das hatte Nettie inzwischen gelernt. Immerhin, jetzt suchte sie es wieder, das Leben – Regen und Wind – und einen Körper, der vor Lebendigkeit sprühte.
Wie und ob ihr Ziel überhaupt erreichbar war, wusste sie nicht mehr. Es war so lange her …
Inzwischen ging der Regen in Nieseln über. Die Wolkendecke war ein Stück aufgerissen. Nettie lächelte staunend. Ein doppelter Regenbogen. Wenn das kein Zeichen war!
Als Chase Reynolds am Donnerstagabend gegen Viertel nach acht die kleine Dorfkneipe betrat, fiel ihm als Erstes der Duft nach Kaffee und Essen auf.
Da er seit drei Tagen unterwegs war, begann er bereits das Gefühl für Zeit und Raum zu verlieren. Im Moment wusste er nur, dass er sich in North Dakota befand und hungrig war wie ein Wolf.
„Hallo, Honey. Wünschen Sie einen Tisch oder einen Platz an der Theke?“, fragte eine blonde Bedienung mittleren Alters, die ihm mit einer Menükarte und einer Kanne Kaffee entgegenkam.
Gewohnheitsmäßig suchte sich Chase einen Platz, von wo aus er die Ein- und Ausgänge des Restaurants im Auge behalten konnte, ohne selbst sofort bemerkt zu werden. Aber vermutlich war das in einer Provinzkneipe wie dieser überflüssig. Gesegnete Anonymität. Die meisten kleinen Städte, die er passiert hatte, hatten wahrscheinlich seit Reagans Zeiten außer ihrem Lokalblatt keine andere Zeitung mehr gesehen.
Chase fand eine Nische am Fenster. Hier nahm er mit Blick auf die Tür Platz, kehrte aber gleichzeitig den beiden Männern den Rücken zu, die außer ihm die einzigen Gäste waren. Es war offensichtlich, dass sich die beiden über den Porsche ereiferten, den Chase vor der Tür geparkt hatte. Harmlos, dachte Chase. Sollen sie glotzen so viel sie mögen. Hauptsache, sie erkennen mich nicht.
Er bestellte das Gericht, das ihm auf der Menükarte zuerst ins Auge fiel, und ließ sich eine Tasse Kaffee einschenken. Was er neben einer warmen Mahlzeit jetzt brauchte, war eine Woche ungestörten Schlafes.
Auf der Suche nach einem Ort der Ruhe hatte er das Angebot eines alten Freundes angenommen, ihn auf seiner großen Getreidefarm in der Wildnis von North Dakota zu besuchen.
Ein müdes Lächeln huschte über Chases Gesicht. Als Versteck schien die Farm wohl das Richtige zu sein. Bis jetzt hatte er sie noch nicht ausfindig machen können.
Sobald er gegessen und getankt hatte, wollte er weiterfahren. Sollte ihm das Schicksal gnädig sein, würde er sicher bald in der Lage sein, über den nächsten Schritt seines Planes zu entscheiden.
Am Freitagabend betrat Nettie das Bezirksgefängnis von Kalamoose, um dem Sheriff, der seit dem frühen Morgen im Dienst war, das Abendessen zu bringen. Sie wurde mit den Worten: „Na, was bringst du mir heute?“, salopp begrüßt.
Nettie schüttelte den Kopf. „Niemand könnte dich jemals wegen zu höflichen Benehmens verklagen.“
„Das weiß doch jeder.“ Die Akten klatschten auf den mit Unterlagen vollgestellten Schreibtisch. „Du bist die in unserer Familie, die über die guten Manieren verfügt.“
Nettie machte auf dem Tisch Platz und servierte den heißen Kaffee und eine ordentliche Portion Pfirsichkuchen. Sie musste lachen, als Sara sofort eifrig zulangte. „Mmm.“
Seit ihr Onkel Harmon Owens vor zwei Jahren verstorben war, arbeitete Nettie Owens’ ältere Schwester Sara als Sheriff in Kalamoose. Da sie lange Stellvertreter ihres Onkels gewesen war, hatten ihre Nachbarn Zeit genug, sich daran zu gewöhnen, dass Sara den Stern trug. Obwohl sie nicht älter als dreißig und eine Frau war, äußerte niemand in dem konservativen Ort Bedenken gegen ihre Position als Sheriff.
„Himmlisch“, lobte Sara. „Deine Backkünste stehen denen von Mama in nichts nach.“
„Danke.“ Lächelnd akzeptierte Nettie das Kompliment. Sie pflegte zu backen, wenn sie sich angespannt oder niedergeschlagen fühlte.
Nettie war nur fünf Jahre jünger als Sara, aber sowohl äußerlich als auch in ihrer Art sich zu geben grundlegend anders. Während Nettie die schwarzen Locken ihrer Großmutter mütterlicherseits geerbt hatte, helle Haut und runde Formen besaß, glich Sara eher der Owens-Seite der Familie. Sie war groß und dünn wie eine Bohnenstange, und ihre leuchtend roten Haare unterstrichen noch ihre unerschrockene Art, mit der sie den Menschen begegnete.
Noch während sie genüsslich ihren Kuchen verspeiste, suchte Sara unter einem Stapel Unterlagen nach einem hochinteressanten Bericht, den sie eine Woche zuvor erhalten hatte.
Plötzlich erklang die Stimme von Ernie Karpoun, dem Besitzer des Lokals Gute Küche über den Polizeifunk. „Erster Wachhund an den roten Sheriff.“
„Was ist los, Ernie?“ Keine Antwort. Sara verdrehte die Augen und betätigte noch einmal energisch den Knopf. „Wachhund, hast du was für mich?“
„Eine Menge Arbeit. Am besten lässt du schon mal den Streifenwagen warm laufen.“
„Himmel.“ Sara sah ihre Schwester an. Arbeit in Ernies Lokal bedeutete gemeinhin, jemand hatte bemerkt, dass die Pommes nicht frisch, sondern aus der Gefriertruhe kamen. „Was gibt’s?“
„Du hast doch von diesem Burschen gehört, der in der Nähe von Fargo einige Banken überfallen hat? Unsere Bank könnte die nächste sein.“
„Wirklich?“ Sara lächelte matt. „Wieso sollte der Gentleman-Anrufer an unserer kleinen Zweigstelle interessiert sein, Ernie?“
„Warum hängt er sonst hier in Kalamoose herum?“ Sara hätte sich beinahe verschluckt. „Das musst du mir erklären.“
„Der Kerl sitzt hier in meinem Lokal.“ Ernies Aufregung war nicht zu überhören. „Zuerst war ich mir nicht ganz sicher, aber … Oh, Gloria winkt mir gerade zu. Das ist unser Zeichen für den Fall, dass er Anstalten zum Aufbruch macht. Er bestellte den Grillteller. Das ist eine Riesenportion, aber er isst schnell, weil er immer auf der Flucht ist …“
„Ernie“, unterbrach ihn Sara, während Nettie sich vor Lachen die Hand vor den Mund hielt, „sag mir genau, warum du glaubst, dein Gast könnte der Gentleman-Anrufer sein. Beschreib ihn mir.“
„Er gleicht dieser Abbildung in der Zeitung vor ein paar Wochen. Sieht eigentlich eher normal aus. Gloria findet sogar, er sei attraktiv. Trägt einen Dreitagebart, wahrscheinlich, damit ihn niemand erkennt.“
Nettie war überrascht, dass Sara tatsächlich Notizen machte. „Das Bild in der Zeitung war so undeutlich, das hättest auch du sein können, Sara.“
Wieder ertönte Ernies krächzende Stimme. „Okay, Sheriff. Was hältst du davon? Als Gloria die Rechnung auf den Tisch legte, zahlte er sofort. Aus seiner Tasche kam ein...