E-Book, Deutsch, Band 78, 64 Seiten
Reihe: Lore-Roman
Warden Lore-Roman 78
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7325-9697-3
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Liebst du mich, auch wenn ich arm bin?
E-Book, Deutsch, Band 78, 64 Seiten
Reihe: Lore-Roman
ISBN: 978-3-7325-9697-3
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Das Schicksal hat für die zierliche Marianne Bloch nur ein bescheidenes Heim gewählt. Gemeinsam mit ihrem Vater und der Tante lebt sie am Rand der Stadt. Die kleine Kate ist halb verfallen, und der Putz bröckelt ab.
Die kleine Marianne besitzt nichts weiter als ihre bezaubernde Schönheit, und dessen ist sie sich nicht einmal bewusst. Kaum eine freie Minute hat das arme Mädchen, denn die Tante führt den Haushalt mit strenger Hand und hält Marianne zur stetigen Arbeit an.
Doch die wünscht sich nichts sehnlicher, als wieder mal zu einem Fest zu gehen und zu tanzen. Sie hofft, dort auf Karl Rehmann zu treffen - ihre heimliche Liebe, ihr Idol. Was die Leute Schlechtes über ihn reden, das glaubt sie nicht. Sie weiß nur, dass sie ihn sofort heiraten würde. Dass Karl sich aber mit einer 'armen Kirchenmaus' keineswegs belasten will, ahnt sie nicht.
Mariannes Leben soll sich schlagartig ändern, als sie eine große Erbschaft macht. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht, dass Marianne Bloch nun ein reiches Mädchen ist. Und plötzlich geht Karl bei ihr ein und aus ...
Autoren/Hrsg.
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Liebst du mich, auch wenn ich arm bin?
Ergreifender Roman um das Schicksal der bezaubernden Marianne
Von Ruth von Warden
Das Schicksal hat für die zierliche Marianne Bloch nur ein bescheidenes Heim gewählt. Gemeinsam mit ihrem Vater und der Tante lebt sie am Rand der Stadt. Die kleine Kate ist halb verfallen, und der Putz bröckelt ab.
Die kleine Marianne besitzt nichts weiter als ihre bezaubernde Schönheit, und dessen ist sie sich nicht einmal bewusst. Kaum eine freie Minute hat das arme Mädchen, denn die Tante führt den Haushalt mit strenger Hand und hält Marianne zur stetigen Arbeit an.
Doch die wünscht sich nichts sehnlicher, als wieder mal zu einem Fest zu gehen und zu tanzen. Sie hofft, dort auf Karl Rehmann zu treffen – ihre heimliche Liebe, ihr Idol. Was die Leute Schlechtes über ihn reden, das glaubt sie nicht. Sie weiß nur, dass sie ihn sofort heiraten würde. Dass Karl sich aber mit einer „armen Kirchenmaus“ keineswegs belasten will, ahnt sie nicht.
Mariannes Leben soll sich schlagartig ändern, als sie eine große Erbschaft macht. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht, dass Marianne Bloch nun ein reiches Mädchen ist. Und plötzlich geht Karl bei ihr ein und aus …
Aus irgendeinem Grund hatte das Schicksal für die zierliche Marianne Bloch nur ein bescheidenes Haus gewählt. Ihr Vater war Steuerberater und lebte am Rande der Stadt mürrisch seinen Tag. Er war schon alt und arbeitete kaum noch. Den Haushalt versah ihm seine Schwester, die nach dem Tode seiner Frau einen herrischen Einzug gehalten hatte. Das kleine Haus, das einmal weiß gewesen war und hübsche grüne Fensterläden gehabt hatte, war halb verfallen. Der Putz bröckelte ab wie das Lachen verstummt war, seit Mariannes Mutter tot war.
Seit diesem Tage gab es kein Hoffen, kein Lachen, keinen Gesang mehr in dem Haus, denn Marianne war traurig gewesen – tief traurig, als sie der Mutter das letzte Geleit geben musste. Damals hatte sie an kein Lied gedacht – und heute? Nun, Irmgard Bloch, die Schwester des Vaters, kannte keine Lieder. Ihre Lippen waren verkniffen, ihr Haar straff zurückgekämmt, ihre Augen stechend. Sie liebte die Welt nicht, am wenigsten aber mochte sie Marianne.
Da Irmgard Bloch schon als junges Mädchen ein verkniffenes Gesicht gehabt hatte, hatte sich kein Mann ernstlich um sie bemüht. So hatte sie damals zusehen müssen, wie alle ihre Freundinnen einen Mann fanden, ein – wenn auch bescheidenes – Glück erhaschten, aber doch glücklich wurden. Und sie? Sie hatte niemanden. Als dann noch ihr einziger Bruder heiratete und eine Frau in das kleine Haus brachte, war sie schier zersprungen vor Neid, hatte es sich aber nicht anmerken lassen. Und Herbert Bloch?
Er hatte viel zu tun gehabt, damals, hatte seine junge Frau geliebt und sich auf sein erstes Kind gefreut. Dieses Kind war Marianne, von den Eltern freudig erwartet, von der Tante aber schon neidisch betrachtet, als sie kaum das Licht der Welt erblickt hatte.
Marianne hatte alle Schönheit der Mutter mit auf den Weg bekommen. Sie war zierlich, fast klein zu nennen, und ihr Gesicht strahlte eine Ebenmäßigkeit aus – eine Reinheit, wie man sie nur ganz selten sieht.
Eine klassisch schöne Nase, ein lieblicher Mund und strahlende blaue Augen, die von langen, dunklen Wimpern überschattet wurden, gaben dem Gesicht den äußeren Rahmen.
Und Marianne war zwanzig Jahre alt.
Herbert Bloch kümmerte sich kaum um seine Tochter. Wohl liebte er sie, aber er wusste mit einem Mädchen nichts anzufangen. So verließ er sich auf den Rat seiner Schwester, die der Meinung war, dass ein Mädchen eben tüchtig arbeiten musste, wenn sie später einmal einen Haushalt leiten wollte.
Dass Irmgard Bloch sich bemühte, Marianne von allen Menschen fernzuhalten, dass das arme Mädchen kaum eine Minute freie Zeit hatte, das bemerkte der Vater nicht.
***
An einem strahlenden Morgen, der zum Fröhlichsein einlud, gellte die Stimme von Irmgard Bloch durch das Haus: „Marianne.“
„Ja, Tante?“
„Wo bleibst du denn nur? Du weißt doch ganz genau, dass wir noch schrecklich viel zu tun haben. Vor allen Dingen muss heute noch jemand nach Blessen hinüber, um der Schneiderin meinen Stoff zu bringen.“
Blessen war ein kleines Dorf, fast sieben Kilometer von der Ortschaft entfernt, wo Marianne ihr Zuhause hatte. Dort war eine alte Frau, die für billiges Geld Kleider anfertigte, und Irmgard Bloch hatte sich gerade diese Schneiderin erkoren.
Marianne nickte.
Die Tante aber fuhr fort: „Das Gemüse muss geputzt werden, das Futter für das Vieh gekocht, der Kaninchenstall gesäubert werden und …“
„Aber Tante, das schaffe ich doch gar nicht alles.“
Ruckartig fuhr Irmgard Blochs Kopf herum.
„Wieso nicht?“
„Hast du vergessen, dass heute das große Fest im Ort ist?“
„Was für ein Fest?“
„Erntedankfest – wie in jedem Jahr, Tante. Wir werden wieder tanzen und einmal richtig fröhlich sein. Buden sind aufgebaut worden, wo eine Kapelle aufspielt, wo man Würstchen frisch gebraten vom Rost bekommen kann und …“
„Wenn du deine Arbeit erledigt hast, kannst du ja auch von mir aus hingehen.“
Marianne schluckte einmal, dann hauchte sie: „Aber Tante, wenn ich alles tun soll und außerdem noch nach Blessen muss, dann werde ich kaum Zeit haben.“
„Aha, dich stört also die kleine Fahrt nach Blessen, ja? Es ist dir zu viel, für mich einmal einen Weg zu machen? Ja, ja, gib es nur zu, dass es dir zu viel ist. Ich kann mich den ganzen Tag für dich und deinen Vater abschinden, ich habe kaum Zeit, einmal an mich selbst zu denken. Immer muss ich für euch auf den Beinen sein, habe keine eigene Familie, nichts, verzichte auf alles, nur um euch ein Heim zu bieten – und was tust du? Du willst nicht einmal meinen Stoff wegbringen, weil du tanzen willst. Ob ich endlich nach langen Jahren einmal ein neues Kleid bekomme – das ist ja gleichgültig, nicht wahr?“
„Aber Tante, so war es doch nicht gemeint. Vielleicht könnte ich nur den Kaninchenstall morgen machen?“
„Die Arbeit liegen lassen? Wo denkst du hin? Nein, daraus wird nichts. Wenn ich nicht auf alles aufpasse, dann würde hier alles verkommen. Geh endlich und fange an, steh hier nicht rum, und wenn du fertig bist – dann fährst du meinen Stoff nach Blessen.“
Marianne gab – wie sie es immer tat – nach.
„Ja, Tante“, seufzte sie, dann ging sie hinaus, erntete frische Mohrrüben, verputzte sie, sorgte für das Vieh und wollte sich auf den Weg nach Blessen machen.
Aber die Tante hatte Marianne beobachtet. Zu schnell war sie mit allen Aufträgen fertig geworden – viel zu schnell, und so gab sie dem Mädchen noch mehr Aufträge, wachte darüber, dass diese mit dem Stoff erst aus dem Haus kam, als sich die anderen Mädchen schon auf den Straßen versammelten, um das Erntedankfest zu feiern.
Marianne schob ihr Rad einen kurzen Weg, dann fuhr sie los.
Sie war den Tränen nahe. Sie hatte sich so sehr auf dieses Fest gefreut – hatte sie doch die Gewissheit, dass sie Karl wiedersehen würde. Karl Rehmann, den Sohn des Studienrates und selbst im Begriff, Lehrer zu werden.
Marianne liebte Karl Rehmann. Niemand wusste etwas davon. Es war ihr Geheimnis, und sie hütete es, als wäre es das Kostbarste, das sie auf der Welt besäße.
Während sie den langen Weg, der steil bergan ging, nach Blessen fuhr, hatte sie Muße, an den Tag zu denken, an dem sie Karl zum ersten Mal gesehen hatte.
Das war ein heißer Tag gewesen, und gemeinsam hatte sie mit vielen anderen gebadet. Auch Karls Bruder Paul war dabei gewesen und andere Jungen und Mädchen. An diesem Tag hatte Marianne begriffen, dass sie keine Kinder mehr waren und dass sie Karl liebte.
Früher, als Kinder, hatten sie zusammen getollt. Dieser Tag aber, an dem sie badeten, an dem Marianne erfasste, dass sie Karl Rehmann mit anderen Augen ansah, der erschien ihr als das schönste Erlebnis und lag nun schon einige Jahre zurück.
In all den Jahren hatte sie Karl Rehmann angebetet. Wenn sie ihm begegnete, bei einem Weg zum Kaufmann oder bei einem zufälligen Treffen, dann klopfte ihr Herz bis zum Halse. Sie versuchte, es zu verbergen, so gut sie konnte. Aber jedes Mal, wenn sie ihm die Hand reichte, fühlte sie einen Schwindel in sich aufsteigen.
Dass die Leute redeten, er hintergehe seinen Vater, er besuche nur zum Schein die Universität und treibe sich herum, das glaubte sie nicht. Dass die Leute erzählten, er nehme nichts ernst, er mache sich über alles und über alle Leute lustig – das glaubte sie ebenfalls nicht. Karl Rehmann war ein solider Typ, fand sie. Dass sie ihn in ihren Träumen so sah, wie sie ihn sehen wollte, erfasste sie nicht.
Weiter ging die Straße bergan. Plötzlich tauchte ein Trüpplein junger Leute auf, die aus Blessen kamen, um an dem Fest teilzunehmen. Grußworte flogen hin und her, man lachte und fragte sie, warum sie denn in eine falsche Richtung fahre. Marianne lachte ebenfalls, betonte, dass sie bald...




