E-Book, Deutsch, Band 1, 280 Seiten
Reihe: Fink und Denk
Walther Das Schweigen der Kanarienvögel
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7099-8460-4
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Fink und Denk ermitteln auf Teneriffa
E-Book, Deutsch, Band 1, 280 Seiten
Reihe: Fink und Denk
ISBN: 978-3-7099-8460-4
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Vogelfrei auf Teneriffa? Zwei alte Freundinnen nehmen auf der Kanareninsel heimische Beutegreifer ins Visier.
Fink und Denk oder "Nomen est Omen"
Vogelkundlerin Amalia Fink und ihre beste Freundin Lydia Denk, ihres Zeichens Salzburgs bekannteste Hobby-Philosophin, weilen auf Teneriffa, denn in der Pension kann man sich so etwas schon mal gönnen. Amalia hat das Ziel, ein wissenschaftliches Buch über die kanarische Vogelwelt zu verfassen. Lydia offenbar das Ziel, sie abzulenken, denn die eigenen Philosophiebücher im Koffer bleiben unangetastet. Dann verschwindet ein Rotkehlchen. Nein, nicht der Vogel, sondern eine junge Frau namens Katie, in der Amalia Fink ein Rotkehlchen zu erkennen glaubt – so wie sie alle Menschen, die ihr begegnen, unweigerlich mit einer bestimmten Vogelart in Verbindung bringt.
Vogelfrei oder im goldenen Käfig?
Weil ihnen Katies Verschwinden nicht geheuer ist, stellen Fink und Denk auf der Insel Nachforschungen an und beginnen, das Gestrüpp an Verstrickungen, das den gewöhnlichen Urlauber*innen verborgen bleibt, zu entwirren. Hat Katies Verschwinden etwas damit zu tun, dass erst kürzlich ihr nackter Nachbar – der nicht per se nackt ist, es aber in diesem verhängnisvollen Moment war – vom Balkon gefallen ist? Oder musste sie die Insel überstürzt verlassen, weil ihre Affäre aufgeflogen ist? Und sitzt da etwa eine Lorbeertaube im Gebüsch? Nein, Fehlalarm … zumindest, was die Lorbeertaube betrifft.
Herbe Schönheit abseits der gängigen Pfade
Ingrid Walther, bisher Provence-Krimi-Täterin, betritt mit "Das Schweigen der Kanarienvögel" neues Terrain und tauscht Lavendelfelder gegen schwarze Strände. Sie zeigt uns eine unbekanntere Seite Teneriffas, wie etwa das Hinterland mit seinen dschungelartigen Lorbeerwäldern und kargen Vulkanlandschaften. Und dann sind da noch die geflügelten Bewohner dieser Landschaften, die wir durch Amalia Finks Fernglas beobachten können. Wer nicht schon vor diesem Buch vogelbegeistert war, wird sich spätestens danach mit Vogelhäuschen, Nistkästen und Meisenknödel eindecken.
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„Halt, bitte stehen bleiben“, rief Amalia. „Ich muss kurz aussteigen!“ „Bitte nicht gerade hier, Lady“, sagte der Taxifahrer und drehte seinen tätowierten Kopf nach hinten. „Sie sehen doch das Polizeiaufgebot. Da brauchen wir nicht auch noch auf uns aufmerksam zu machen.“ „Ich sehe aber dort eine Bekannte und muss wissen, was los ist.“ „Na gut, ich biege in die Seitenstraße ein. Da kann ich parken und auf Sie warten.“ „Danke, junger Mann“, sagte Amalia. „Ich bin gleich wieder da.“ Lydia, die über diese unerwartete Verzögerung ihrer Heimfahrt nicht gerade erfreut war, beschloss, im Fahrzeug auf Amalia zu warten. Nach ihrem zufälligen Zusammentreffen mit Katie Falkensteiner hatten Amalia und Lydia noch Einkäufe erledigt. Die anschließende Fahrt mit dem Taxi war nicht geplant gewesen. Trotz der einsamen Lage ihrer Finca hatte Amalia, die eine erklärte Umweltschützerin war, ursprünglich darauf gedrängt, auf einen Mietwagen zu verzichten und die Umgebung mit öffentlichen Bussen zu erkunden. Bei ihren Ausflügen zu den näher gelegenen Küstenorten hatte das auch gut funktioniert. Es hatte sich jedoch herausgestellt, dass die Anreise zu den grandiosen Vulkanlandschaften im Inneren der Insel, zum Aufstieg auf den 3800 Meter hohen Teide oder zu den von Amalia geplanten Wanderrouten im Nordosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum zu bewältigen war. Erst gestern hatten sie deshalb entschieden, sich demnächst doch noch einen Mietwagen anzuschaffen. Jetzt am Nachmittag war der Linienbus so vollgestopft mit Schulkindern gewesen, dass Lydia kurzentschlossen ein vorbeifahrendes Taxi herbeigewinkt und Glück gehabt hatte. Der junge Taxifahrer war hocherfreut gewesen, als sie ihm ihr Fahrtziel nannten. In Chirche wohne er auch, hatte er strahlend gesagt, und das passe perfekt. Sie seien für heute ohnehin seine letzte Fuhre. Wenn er so verwegen fährt, wie er aussieht, müssen wir uns heute noch ordentlich festschnallen, dachte Lydia jetzt, als sie hinter ihm saß und seine ziemlich gut gemachten Tätowierungen genauer betrachtete. *** Amalia hatte inzwischen jene Stelle erreicht, an der sie Katie Falkensteiner als Teil einer kleinen Gruppe von Schaulustigen gesichtet hatte. Sie alle hatten den Blick auf die rückwärtigen Eingänge eines Gebäudekomplexes gerichtet, der auf einem hohen Felsen direkt über dem Meer errichtet worden war. Unüberhörbar gesellte sich hier zu den Rufen der Menschen und den Geräuschen der vorbeirollenden Autos das Tosen eines aufgewühlten Meeres. Es war plötzlich sehr windig. Gemeinsam mit anderen Neugierigen stand Katie vor einer Wohnanlage und beobachtete das Großaufgebot von Polizisten und Rettungskräften vor einem der Eingänge. Sie zuckte zusammen, als Amalia unvermittelt neben ihr auftauchte. „Frau Professor Fink! Wo kommen Sie so plötzlich her?“ „Lydia und ich waren gerade mit einem Taxi auf dem Weg nach Hause. Im Vorbeifahren habe ich Sie entdeckt. Was ist denn hier los?“ „In diesem Haus wohne ich“, erklärte Katie, „derzeit jedenfalls. Ich traue mich aber nicht hinein. Von einer Nachbarin habe ich erfahren, dass der Mann, der in der Wohnung neben mir wohnt, auf eine der Terrassen unter uns gestürzt ist. Schrecklich. Er ist tot! Man weiß noch nicht, ob es ein Unfall oder Suizid war – oder vielleicht sogar ein Verbrechen. Die Polizei ermittelt, wie man sieht. Ich möchte aber ungern befragt werden. Meine Wohnung gehört Héctor, und der würde durchdrehen, wenn dadurch unsere Beziehung öffentlich bekannt würde. Ich habe ihn am Handy noch nicht erreicht!“ Wie auf Befehl läutete das Handy von Katie, und es war Héctor, wie sie Amalia zu verstehen gab. Der Schwall von italienischen Wörtern, den sie jetzt von Katie zu hören bekam, war einer zukünftigen Opernsängerin würdig und an Dramatik kaum zu überbieten. Das Gespräch dauerte jedoch nicht lange, und als es beendet war, hatte Katie einen entschlossenen Gesichtsausdruck. „Héctor sagt, ich solle schleunigst von hier verschwinden. Er organisiert mir für heute Nacht ein Hotelzimmer. Ich muss weg. Ich treffe ihn gleich. Bitte entschuldigen Sie mich. Wir sehen uns morgen!“ Schon hatte sie Amalia den Rücken zugewandt, aber die wollte sie nicht so einfach davonkommen lassen. „Einen Moment, Katie“, rief sie. „Für den Fall, dass etwas dazwischenkommt, gebe ich Ihnen meine Visitenkarte.“ Katie unterbrach ihre Flucht, drehte sich um und nahm die Karte entgegen. „Danke“, sagte sie. „Wenn Sie ohnedies noch länger hier sind, können Sie zu einem meiner Arienabende kommen. Ich trete von Zeit zu Zeit mit Chansons und Opernarien auf.“ Sie warf einen Blick auf Amalias Visitenkarte. „Ah, da ist auch Ihre E-Mail-Adresse drauf. Ich schicke Ihnen meine Konzerttermine. Bis morgen also!“ Amalia hob leicht die Hand zum Gruß und wollte gerade kehrtmachen, um zum Taxi zurückzukehren. Aber ihre Füße, die seit jeher zu eigenwilligen und überraschenden Schritten neigten, marschierten in Richtung des Gebäudes, in dem sich Katies Wohnung und im Augenblick auch ein größeres Aufgebot der Polizei befanden. „Kann ich Ihnen helfen?“ Der Polizist, der sie ansprach, bemühte sich um Höflichkeit. Zu den Segnungen der späteren Jahre gehörte es, dass man von offizieller Seite mit einem gewissen Respekt behandelt wurde. „Ich bin auf der Suche nach einer Ferienwohnung“, improvisierte Amalia. „Ich habe zufällig gehört, dass hier eine frei geworden ist.“ Spanisch konnte sie von all den Sprachen, die sie sich im Laufe ihres Lebens anlässlich ihrer zahlreichen Forschungsreisen angeeignet hatte, am besten. Katies schnellem Redefluss bei dem in Italienisch geführten Telefongespräch vorhin hatte sie wiederum leider nicht folgen können. „Wir können Deutsch sprechen“, sagte der Polizist, „ich habe mal in Deutschland gelebt.“ „Fein!“ Amalia verzichtete auf eine Frage zu seinem Deutschland-Aufenthalt. Jetzt war keine Zeit für Konversationen. Das fand auch der Polizist. „Sie sind aber schnell!“ Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen und er sah sie neugierig an. „Hier scheint tatsächlich eine Wohnung frei geworden zu sein. Ich würde an Ihrer Stelle aber erst in ein, zwei Wochen nachfragen. Der Herr, der dort gelebt hat, wird sie vermutlich nicht mehr benötigen.“ „Gab es einen Unfall?“ „Danach sieht es aus. Es gibt einen Toten.“ „Oh, das tut mir leid. Hoffentlich denken Sie jetzt nicht …“ Amalia verstummte und setzte eine bedauernde Miene auf. Jetzt lachte der Polizeibeamte kurz und laut, sodass sich ein anderer Kollege nach ihm umdrehte. „Nein, ich denke nicht, dass Sie ihn ermordet haben, um an eine Wohnung zu kommen. Wir wissen auch noch nicht, was wirklich passiert ist, und es ist jetzt wohl besser, wenn Sie gehen.“ Er blickte sie an, als bedauere er es, ihr diese Antwort geben zu müssen. „Selbstverständlich“, antwortete Amalia, dankte für die Auskunft und ging endlich zum Taxi zurück. *** „Ist Señora Fink nun klüger als zuvor?“, fragte die Philosophin, während Amalia sich in den Autositz sinken ließ. „Ein wenig“, antwortete diese. „Ich hatte Kontakt mit einem sehr attraktiven Polizisten und mit Katie Falkensteiner.“ „Interessant, dass du den attraktiven Polizisten zuerst erwähnst und erst dann Katie Falkensteiner.“ „Mit dem habe ich eben zuletzt gesprochen“, winkte Amalia ab, und während der Fahrer den Wagen über gewundene Wege in rasantem Tempo bergauf lenkte, berichtete sie ihrer Freundin von den Begegnungen. Die beiden Frauen am Rücksitz wurden ordentlich durchgeschüttelt. „Dann steht uns ja demnächst ein Konzert bevor“, sagte Lydia wenig begeistert, als sie von Katies Gesangsauftritten erfuhr. Während Amalia eine ausgewiesene Liebhaberin aller Arten von Musik war, konnte die Freundin noch nie allzu viel mit Musik anfangen. Auch dies war etwas, worin sie sich unterschieden. Manchmal fragten sie sich verwundert, warum sie sich eigentlich so gut verstanden. Den Rest der Fahrt schwiegen sie. Ihr Fahrer fuhr schnell und konzentriert. Erst als sie sich auf engen, steilen Straßen dem Dorf Chirche näherten, an dessen Rande ihr Urlaubsdomizil lag, drosselte er sein Fahrtempo. „Acht Euro bitte“, sagte er, als er in der Zufahrt zur Finca mit beeindruckendem Panoramablick parkte. Er stieg aus, öffnete die Hintertür und half den beiden Damen aus dem Wagen. „Sind Sie eigentlich normalerweise mit dem Bus unterwegs?“, fragte er. „Das ist ja hier oben mehr als umständlich.“ Amalia gab ihm recht und erklärte, dass sie ohnedies vorhatten, ab der nächsten Woche einen Wagen zu mieten. „Seit hier die Touristen in Massen herkommen“, informierte sie der Taxifahrer, „sind Mietautos immer teurer geworden. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie rechnen sich aus, was...