E-Book, Deutsch, Band 9024, 246 Seiten
Wallon Western Legenden 24: Das Goliad-Massaker
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-95719-534-0
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 9024, 246 Seiten
Reihe: Western Legenden (Historische Wildwest-Romane)
ISBN: 978-3-95719-534-0
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
u Beginn des Jahres 1836 spitzt sich der Konflikt zwischen Texas und Mexiko immer weiter zu. Die junge Republik Texas strebt nach Unabhängigkeit. Der mexikanische Diktator, General Antonio López de Santa Anna, will das mit allen Mitteln verhindern. Eine Invasionsarmee unter Führung des Generals José Cosme de Urrea versucht, die Feinde aus Texas aufzuhalten, die den Hafen von Matamoros angreifen. Die Texaner verlieren diesen Kampf und ziehen sich in die kleine Stadt Goliad zurück. Oberstleutnant James Fannin und seine Männer müssen Goliad verteidigen, denn die Festung Alamo ist bereits gefallen. General Urrea und seine Truppen marschieren ungehindert auf Goliad zu. Der Scout Tom Collins wird in diese dramatische Eskalation mit hineingezogen. Das blutige Massaker in Goliad fand nur wenige Tage nach der Schlacht von Alamo am 27. März 1836 statt und forderte um die 400 Menschenleben unter den Verteidigern.
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Kapitel 1: Umzingelt!
27. Februar 1836 In der Nähe des Rancho von Julian de la Garza Drei Stunden nach Mitternacht
Capitano Rafael Pretalia zog sich den Kragen seiner Uniformjacke etwas höher, weil die peitschenden Regenschleier sein Gesicht trafen. Erst vor einer halben Stunde hatte es zu regnen begonnen, und dieser Regen hatte sich zu einem heftigen Wolkenbruch entwickelt, der ihm und seinen dreißig Soldaten das Vorwärtskommen deutlich erschwerte. Am fernen Horizont zuckten die ersten grellen Blitze auf, denen nur Bruchteile von Sekunden später heftige Donnerschläge folgten. Zum Glück lag das Zentrum dieses Gewitters etwas weiter westlich, so dass der Capitano und seine Soldaten nur einen Teil des Unwetters abbekamen. Das war jedoch trotzdem so heftig, dass die nassen Uniformen unangenehm auf der Haut der Soldaten klebten. Capitano Pretalia versuchte jedoch, mit gutem Beispiel voranzugehen, indem er nach außen hin diese widrigen Umstände einfach ignorierte und die Soldaten förmlich antrieb, den Marsch auf den Rancho de la Garza umso schneller fortzusetzen. Es waren die Stunden zwischen Mitternacht und Morgengrauen, in denen der Schlaf des Menschen bekanntlich am tiefsten war. Eine kleine Vorhut von vier Spähreitern hatte dem Capitano berichtet, dass diese elenden Tejanos1 sich offensichtlich völlig unbehelligt fühlten. Sie hatten noch nicht einmal Wachposten aufgestellt – obwohl ihnen eigentlich hätte klar sein müssen, dass die mexikanische Armee diesen Vormarsch in Richtung Matamoros sehr bald stoppen würde. Falls diese Eindringlinge wirklich glaubten, Mexiko würde ihnen Texas einfach kampflos überlassen, dann würden sie bald lernen müssen, mit welcher Härte und Entschlossenheit Mexiko sein ureigenes Territorium verteidigte. Pretalia wusste, worauf das Ganze hinauslaufen sollte. Gegen Ende des vergangenen Jahres hatten diese sogenannten texanischen Freiheitskämpfer den größten Teil der mexikanischen Truppen weiter nach Süden vertrieben und benahmen sich auf diesem, ihnen einst vertraglich zugesicherten Siedlungsland so, als seien sie schon immer die Herren dieses Landes gewesen. Der Präsident von Mexiko, General Antonio López de Santa Anna, hatte diese feindlichen Bestrebungen jedoch schon rechtzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen mit seinem obersten General José Cosme de Urrea getroffen. Nachdem Urrea erfahren hatte, dass ein Trupp von texanischen Kämpfern sich in der Gegend von San Patricio aufhielt, um von dort aus weiter nach Matamoros zu ziehen und den strategisch wichtigen Hafen zu besetzen, hatte er sofort entsprechende Gegenmaßnahmen in die Wege geleitet, und Capitano Pretalia und seine Soldaten waren ein Teil dieser Planungen. Er war so intensiv mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, dass er den Sargento erst dann bemerkte, nachdem dieser bereits sein Pferd neben ihm gezügelt hatte und ihn zackig grüßte. „Si?“, murmelte Pretalia mürrisch. „Was gibt es?“ „Die Späher sind zurück, Capitano“, lautete die Antwort von Sargento Eduardo Cruz. „Auf dem Rancho ist nach wie vor alles still. Diese Hunde schlafen tief und fest. Als wenn sie glaubten, sie wären im Paradies.“ Er grinste bei den letzten Worten höhnisch, weil er genau wie die anderen Soldaten den Zeitpunkt kaum erwarten konnte, an dem sie die Texaner umzingeln und dann alle töten würden. „Sehr gut“, erwiderte der Capitano und strich sich genüsslich über seinen buschigen Oberlippenbart. „Wir werden ihnen eine böse Überraschung bereiten. Sargento, schwören Sie die Männer darauf ein, dass das Gefecht bald beginnen wird. Kein Pardon und keine Gefangenen, claro?“ Das erneute Aufleuchten eines grellen Blitzes tauchte das Gesicht des Sargentos für Bruchteile von Sekunden in ein helles Licht. Capitano Pretalia sah das triumphierende Funkeln in den Augen von Cruz, der sich so schnell wie möglich in den Kampf stürzen wollte. Das galt für viele Soldaten der mexikanischen Armee, die von General Urrea kommandiert wurde und aufgebrochen war, um die Texaner auf breiter Front zu stoppen. Nach so viel Unrecht, das während dieses Aufruhrs entstanden war, wurde es endlich Zeit, diese Eindringlinge aufzuhalten. Viele Mexikaner hatten bereits einen oder mehrere Verwandte in diesen Kämpfen verloren, und die Situation war mittlerweile sehr ernst. Alles lief auf eine oder mehrere große Schlachten zu, und viele weitere Soldaten und Zivilisten würden in den nächsten Tagen und Wochen sterben müssen. Die Fackel des Aufstandes brannte lichterloh – und Präsident Santa Anna war nicht gewillt, weiter nachzugeben. Es wurde Zeit, dass die Texaner in ihre Schranken verwiesen und nach und nach aus dem Land verjagt wurden. Texas war zu Beginn eine kleine Kolonie gewesen, aber dann waren immer mehr amerikanische Siedler gekommen und wollten bleiben. Daraus resultierten weitere Auseinandersetzungen um Grund und Boden, und nun stand ein großer Krieg unmittelbar bevor, den weder die eine noch die andere Seite aufhalten konnte. Capitano Pretalia gab seinem Pferd die Zügel frei. Seine Soldaten folgten ihm. Ein wissendes Lächeln schlich sich in die Züge des Offiziers, als er auf einmal spürte, dass der Regen allmählich wieder nachließ und die dichten Wolken vom Wind weitergetrieben wurden. Schlamm spritzte unter den Hufen der Pferde auf, weil sich der Weg an vielen Stellen in Morast verwandelt hatte. Mit diesen ahnungslosen Texanern würden sie auf dem Rancho leichtes Spiel haben. Er hoffte, dass auch General Urrea und weitere 200 Soldaten genauso viel Glück hatten, wenn sie die Stadt San Patricio kontrollierten und weitere Feinde seines Heimatlandes umzingelten. Der Capitano wusste von seinem General, dass die Texaner unter der Führung der Colonels James Grant und Frank W. Johnson diese Aktion schon lange geplant hatten. Auch Urrea hatte überall seine Spione und Zuträger und hatte von diesem Plan schon frühzeitig genug etwas mitbekommen und dem Präsidenten davon berichtet. Und dessen Entscheidung war klar und eindeutig: Die Texaner mussten um jeden Preis aufgehalten werden! Etwa hundert Meter entfernt ließ Pretalia seine Männer anhalten und befahl ihnen, abzusteigen. Sie schlichen sich in einem großen Halbkreis näher an die Gebäude des Ranchos heran, in dem die Texaner untergekommen waren. Der Capitano war erzürnt darüber, dass ausgerechnet ein Mexikaner den Feinden seines Landes Unterschlupf gewährte. Und nicht nur das – er hatte es auch offensichtlich zugelassen, dass die Texaner sich hier mit Vorräten ausrüsteten und vermutlich auf weitere Leute warteten. So was musste unterbunden werden! Und zwar noch bevor die Sonne aufging! Eine Gänsehaut strich ihm über den Rücken, weil er wieder die nasse Kleidung spürte. Aber auf so etwas durfte er jetzt keine Rücksicht nehmen. Der Rancho musste umstellt werden, bevor einer der Texaner womöglich etwas bemerkte und Alarm schlug. Diesen Augenblick der völligen Überraschung wollten er und seine Männer nutzen! Lautlos schlichen die mexikanischen Soldaten durch die Nacht. Schließlich tauchten in einiger Entfernung die Gebäude des Rancho de la Garza auf. Der Capitano ließ seine Männer zur Sicherheit noch einmal die Waffen überprüfen. Es hatte schließlich stark geregnet, und wenn das Pulver Nässe abbekommen hatte, würden die Baker-Gewehre und die Brown Bess Rifles nur eingeschränkt funktionieren. Diese Waffen zählten zur Standardausrüstung der mexikanischen Armee und hatten sich in etlichen Gefechten bisher als sehr gut erwiesen. Hoffentlich auch in dieser Nacht! „Nirgendwo brennt Licht, Capitano“, flüsterte Sargento Cruz. „Die schlafen wirklich den Schlaf der Gerechten.“ „Dieser Schlaf wird nicht mehr von langer Dauer sein, Sargento“, erwiderte Pretalia mit einem Lächeln, das seine Augen kalt bleiben ließ. „Nehmen Sie zehn Mann und sichern Sie das Gebäude von der hinteren Seite. Fünfzehn weitere Soldaten schleichen sich von den Corrals heran. Der Rest der Soldaten und ich nähern uns auf direktem Weg. Geschossen wird nur auf mein Kommando. Verstanden?“ „Si, Capitano“, versicherte ihm Cruz. „Es wird alles so geschehen, wie Sie es befohlen haben.“ Dann verschwand er mit seinen Männern aus Pretalias Blickfeld. Währenddessen zeichneten sich am fernen Horizont die ersten rötlichen Schimmer der einsetzenden Morgendämmerung ab. Und wenn es nach Capitano Pretalia ging, dann würde es ein blutiger Morgen für die Texaner werden!
*
Tom Collins war von einem Augenblick zum anderen hellwach. Verwirrt rieb er sich die Augen und blickte um sich. Er wusste nicht, weshalb er aus dem Schlaf aufgeschreckt war. Und doch spürte er, dass sich irgendetwas verändert hatte – etwas, das er mit seinen Sinnen noch nicht ganz greifen konnte. Aber wenn Gefahr drohte, hatte sich der schwarzhaarige Scout bisher immer auf seinen Instinkt verlassen können. Er erhob sich von seinem Lager und ging zum Fenster des Raums, in dem außer ihm noch sechs weitere Männer schliefen. Colonel Johnson und weitere zehn Mann hatten sich in einem Nachbargebäude einquartiert, das ihnen der Besitzer des Rancho zur Verfügung gestellt hatte. Die restlichen Texaner hatten ihre Decken in den angrenzenden Schuppen und Stallungen des Ranchos ausgebreitet. „Was ist los?“, murmelte auf einmal Zeke Hawthorne, der das Lager neben Collins hatte. „Warum zum Teufel schläfst du nicht?“ Er bemühte sich, leise zu sprechen, um die anderen Schlafenden nicht zu wecken. „Ich weiß nicht“, erwiderte Collins mit...