E-Book, Deutsch, Band 4208, 196 Seiten
Reihe: Lobo
Wallon Lobo - Der Einzelgänger 08: Jagd auf Black Horse
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-95719-398-8
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 4208, 196 Seiten
Reihe: Lobo
ISBN: 978-3-95719-398-8
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mitten im Winter des Jahres 1876 brechen Black Horse und hundertsiebzig Comanchen aus der Reservation von Fort Sill aus und ziehen in den Llano Estacado. Sie wollen noch einmal Büffel jagen. Sollten weiße Jäger sie daran hindern, dann werden sie bis zum Tod kämpfen. Lobo Gates besucht einen alten Freund in einem Büffeljäger-Camp und wird Zeuge von ersten Auseinandersetzungen. Die Jagd auf Black Horse hat begonnen. Die Kämpfe werden immer blutiger. Lobo versucht, eine Eskalation zu verhindern.
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Kapitel 1 – Nächtliche Flucht
28. Dezember 1876 In der Reservation bei Fort Sill / Oklahoma Gegen 20:00 Uhr
Draußen heulte und pfiff der Wind zwischen den Zelten und armseligen Hütten, in denen die Comanchen und Kiowa lebten. Immer wieder flackerte das kleine Feuer auf, wenn der Wind durch die Ritzen der Balken drang und die Krieger spüren ließ, dass es ein harter und kalter Winter werden würde. Vor zwei Tagen war der erste Schnee gefallen. Seitdem hatte es einen deutlichen Wetterumschwung gegeben, und man spürte, dass der eigentliche Wintereinbruch kurz bevorstand. Die fünf Comanchen, die sich am Feuer in der Hütte versammelt hatten, streckten ihre Hände in Richtung der Flammen aus, um sich wenigstens ein bisschen zu wärmen. Aber die eigentliche Kälte saß tief in ihren Herzen, gepaart mit Wut und Verzweiflung, weil sie schon seit Tagen hungerten und die Vorräte der Weißen schon längst nicht mehr ausreichten, um alle Bewohner der Reservation satt zu bekommen. Die ersten Alten und Schwachen waren bereits gestorben, aber das kümmerte Ranald Mackenzie, den Soldatenhäuptling von Fort Sill, nicht. Stattdessen versuchte er, die Comanchen, Kiowa und Apachen, die seit Kurzem auch an diesen trostlosen Ort in einem kargen Landstrich Oklahomas gebracht worden waren, irgendwie zu besänftigen, indem er großartige Versprechungen mit salbungsvollen Worten machte. Es waren leere Phrasen, von denen fast alle hier lebenden Indianer mittlerweile überzeugt waren, dass man ihnen schamlos ins Gesicht log und das noch nicht einmal bedauerte. Währenddessen starben weitere Menschen vor Entkräftung, und niemanden schien das zu interessieren. „Wir können das nicht länger dulden“, sagte Lone Eagle, ein junger Krieger, in dessen Augen sich der Hass auf alle Weißen widerspiegelte. Er hatte zu denjenigen Comanchen gehört, die bis zuletzt an der Seite von Quanah Parker gekämpft hatten, bis auch er schließlich begriffen hatte, dass sein Volk nicht länger kämpfen konnte. Vor wenigen Monaten hatten er und seine Krieger sich Colonel Ranald Mackenzie ergeben und lebten seitdem in der Reservation. „Es ist kein Leben, sondern wir siechen dahin. Bis wir so schwach sind, dass wir nicht mehr aufstehen können“, fuhr er fort. „Dieser Ort ist nicht gut für uns.“ „Das sind gute Worte“, ergriff nun auch White Eagle das Wort, der einige Winter älter war als Lone Eagle. Quer über sein Gesicht zog sich eine hässliche Narbe, die ihm von einem Blaurock-Soldaten mit einem Säbel zugefügt worden war, als er sich geweigert hatte, seine Waffen abzugeben. Das war kurz nach dem Eintreffen von Quanah Parker und seinen Kriegern geschehen, und White Wolf hatte mehr Glück als Verstand gehabt, dass der Soldat nicht noch einmal mit dem Säbel ausgeholt hatte. Der Schmerz war längst abgeklungen, aber die Wut brannte immer noch heiß in ihm. „Von Worten geht der Hunger nicht weg“, ergriff nun ein Comanche das Wort, dessen Name Gewicht hatte. Er hieß Black Horse und war einer der Häuptlinge seines Volkes. Auch er hatte mit seinen Kriegern lange Zeit gegen die Weißen gekämpft und schließlich einsehen müssen, dass er diesen Krieg auf Dauer nicht gewinnen konnte. „Wir müssen etwas tun, um das zu ändern.“ „Und was?“, fragte ein älterer Comanche namens Red Feather, der schon seit sechzig Wintern in dem Land lebte, das einst seinen Ahnen gehört hatte und von den Weißen einfach gestohlen worden war. Red Feather wusste, dass er und sein Volk mittlerweile Fremde im eigenen Land waren, und das schmerzte mehr, als man es mit Worten hätte ausdrücken können. „Wir müssen die Reservation verlassen“, sagte Black Horse. „Sonst sterben wir alle.“ Erstaunen spiegelte sich in den Gesichtszügen der Krieger wider, die Black Horse zu dieser Zusammenkunft gebeten hatte. Natürlich hatten sie schon geahnt, dass Black Horse mit ihnen etwas Wichtiges besprechen wollte. Aber das, was er gerade gesagt hatte, klang so unglaublich, dass die anderen Comanchen erst einmal verunsichert waren. „Die Soldaten werden uns alle töten“, gab White Wolf zu bedenken. „Sie werden nicht einfach zusehen, wie wir von hier weggehen. Und selbst, wenn uns das gelingt: Wohin sollen wir gehen? Es gibt keinen Platz mehr für unser Volk. Die Weißen sind überall. Sie sind so zahlreich wie die Sandkörner in der Wüste. Wir können sie nicht mehr vertreiben, auch wenn jeder von uns sich das so sehr wünscht.“ „Der Winter hilft uns“, hielt Black Horse dagegen. „In dieser Nacht wird wieder Schnee fallen. Niemand glaubt, dass wir im Winter fliehen werden. Aber genau das werden wir tun, schon in der kommenden Nacht. Geht und redet mit allen. Sagt ihnen, dass wir das Recht haben, unser Leben selbst zu bestimmen.“ „Wohin sollen wir gehen?“, fragte Lone Eagle. In seiner Frage klang noch eine gewisse Skepsis mit, und Black Horse hatte das natürlich bemerkt. „In den Llano Estacado“, antwortete der Comanchenhäuptling. „Selbst die Weißen haben dieses Land bisher gemieden. Aber es ist auch das Land im Westen, in dem die Büffelherden während des Winters zu finden sind. Ich will das Korn und den Mais der Weißen nicht mehr essen. Ich will Büffel jagen und so leben, wie es mein Vater und mein Großvater getan haben. Selbst wenn es nur noch ein einziges Mal ist.“ Die anderen Krieger nickten anerkennend bei diesen Worten. Über Red Feathers faltige Gesichtszüge huschte ein kurzes Lächeln, als er sich vorstellte, was Black Horse ihm und den anderen Kriegern damit hatte verdeutlichen wollen. „Selbst wenn es unser letzter Winter ist, sollten wir das tun, was Black Horse gesagt hat“, fügte er nach kurzem Überlegen hinzu. „Ich will in Würde sterben und nicht in Schande.“ „Die Soldaten und die anderen Weißen werden das nicht hinnehmen, wenn sie unsere Flucht bemerken“, meinte Lone Eagle. „Sie werden uns verfolgen und gegen uns kämpfen. Auch die Jäger, die unsere Büffel jagen, werden auf uns schießen.“ „Sie sollen es versuchen“, antwortete Black Horse. „Wir sind Krieger und wissen, was Kämpfen heißt.“ Mit der rechten Hand vollzog er eine kurze Bewegung, um den anderen Comanchen zu signalisieren, dass er fest entschlossen war, seinen Plan so schnell wie möglich umzusetzen. „Nun geht und sagt es all denen, die noch Mut haben.“ Die Krieger erhoben sich und verließen die Hütte. Nur Red Feather drehte sich noch einmal in der Tür um und schaute zu Black Horse. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch einmal den Tag erlebe, an dem unsere alte Lebensweise wieder zurückkehrt. Wenn auch nur für einen Winter. Dafür danke ich dir, Black Horse.“ „Es geht nur um Leben oder Sterben“, sagte der Comanchenhäuptling. „Und falls wir alle sterben sollten, dann als tapfere Krieger, die bis zuletzt gekämpft haben. Du hast viele Büffeljagden hinter dir, Red Feather. Du weißt, dass das zu unserem Leben gehört. Ich will, dass die Kinder das nicht vergessen. Die Weißen werden sie irgendwann zwingen, nur nach ihren Gesetzen zu leben. Aber wenn sie ihre Wurzeln nicht mehr kennen, werden sie sich in dieser neuen und fremden Welt nicht mehr zurechtfinden.“ „Ich weiß“, fügte Red Feather hinzu. „Ich bin stolz auf das, was du vorhast, Black Horse. Und ich werde mit dir kommen und kämpfen, wenn es sein muss.“ Black Horse nickte anerkennend. Dann verließ auch Red Feather die Hütte. Der ältere Krieger besaß immer noch großen Einfluss in seinem Volk. Deshalb war Black Horse dankbar dafür, dass Red Feather auf seiner Seite stand. Auch die anderen Krieger würden ihn bei seinem mutigen Plan unterstützen. Natürlich wusste er, dass das Ende für die wenigen, noch frei auf der Prärie lebenden Comanchen nicht mehr lange auf sich warten ließ. Aber noch konnten sie frei umherziehen und auf die Büffeljagd gehen. Black Horse griff nach einer der Decken, die man unter den Indianern verteilt hatte, bevor es kälter wurde. Aber sie waren schlecht und sehr dünn und schützten nicht genügend vor der Kälte des einsetzenden Winters, dessen erste Vorboten bereits gekommen waren. Wieder heulte draußen der Wind, und Black Horse fror, weil selbst das Feuer nicht genügend Wärme gab. Dazu gab es zu viele Ritzen in den Baumstämmen, mit denen die Hütten in der Reservation errichtet worden waren. Die Weißen hätten sie vielleicht als Schuppen oder Ställe genutzt, aber dort zu leben mit Frauen, Kindern und alten Menschen war nichts anderes als ein langsames Todesurteil. Black Horses Erinnerungen drifteten ab in eine Zeit, als noch große Büffelherden auf den Plains gelebt hatten. Dann waren die weißen Jäger und Häutesammler gekommen und hatten die riesigen Herden innerhalb kürzester Zeit ausgerottet. Die Kadaver und Skelette blieben zurück, und die Comanchen wurden ihrer Lebensgrundlage beraubt. Häuptlinge wie Quanah Parker hatten versucht, sich so lange wie möglich der Herrschaft der Weißen zu widersetzen, aber auch er hatte sich schließlich ergeben müssen. Black Horse erinnerte sich noch gut an den Tag, an dem Quanah Parker mit seinen Leuten nach Fort Sill gekommen war und damit ein Zeichen gesetzt hatte, dass die Tage der freien Comanchen zu Ende gingen. Trotzdem nahm die Sehnsucht, zur alten Lebensweise zurückzukehren, immer größere Ausmaße an, und Black Horse wusste, dass er etwas tun musste, bevor sein Volk unterging. Eine letzte Jagd auf die Büffel, ein letztes Aufbäumen gegen den übermächtigen Gegner und der Wunsch, dass jeder Comanche, der zusammen mit Black Horse die Reservation...