E-Book, Deutsch, Band 3503, 164 Seiten
Reihe: Regional Krimi
Wallon Der Regional-Krimi 03: Sprung in den Tod
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-95719-992-8
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 3503, 164 Seiten
Reihe: Regional Krimi
ISBN: 978-3-95719-992-8
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Laura Hollisch war viel zu jung, um zu sterben. Trotzdem setzte sie ihrem Leben mit einem Sprung vom Balkon eines Appartements im Augsburger Hotelturm ein Ende. Für die Polizei war es ein Selbstmord und sie stellt die Ermittlungen bald ein. Was hat Laura zu diesem tragischen Schritt veranlasst? Der Vater des toten Mädchens beauftragt den Privatdetektiv Frank Gerber, Licht in das Dunkel des Todes seiner Tochter zu bringen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 2
Irgendjemand schien besonders hartnäckig zu sein, mich zu erreichen. Denn das Telefon klingelte Sturm. Wie es mir vorkam, schon seit einer gefühlten halben Ewigkeit. Missmutig öffnete ich die Augen, schaute auf meine Armbanduhr und zuckte zusammen, als mir bewusst wurde, dass es schon 9.00 Uhr morgens war. Im normalen Berufsleben wäre das ein klassischer Fall für eine ordentliche Zurechtweisung gewesen, weil ich ja in diesem Fall zu spät gekommen wäre. Aber ich musste niemandem Rechenschaft darüber ablegen, dass ich mir gestern Abend die Kante gegeben und das offensichtlich ein wenig übertrieben hatte. Das lag vor allem daran, dass nach drei Tagen sehr spartanischen Essverhaltens eine vorzeitige Honorarzahlung eines Klienten meinem Konto gutgeschrieben worden war. Damit hatte ich erst in gut zwei Wochen gerechnet. Solche freudigen und vor allen Dingen frühzeitigen Überraschungen sind in manchen Situation Balsam für die Seele. Zu wissen, dass man wieder über einen gewissen finanziellen Rahmen verfügen kann, nimmt einem die psychische Belastung und die Existenzangst. Ich bin in solchen Dingen immer sehr nervös, und deshalb war ich mehr als nur dankbar für diesen Zahlungseingang. So hatte ich beschlossen, gestern Abend in die Stadt zu gehen und es mir so richtig gut gehen zu lassen. Dazu gehörte nicht nur ein Besuch des indischen Restaurants Samgan in der Nähe des Rathauses, sondern auch ein würdiger Abschluss dieses Abends in der Caipi-Bar. Vermutlich hatte ich den letzten Teil dieses Abends zu sehr genossen – in Form von mehreren Cocktails, die mich auf dem Weg nach Hause in eine sehr beschwingte Stimmung versetzt hatten. Die angenehmen Erinnerungen an den vergangenen Abend wichen der schonungslosen Realität – und einem Brummschädel, wie ich ihn schon lange nicht mehr gehabt hatte. Das Klingeln des Telefons nervte mich so sehr, dass ich das schon fast als Körperverletzung betrachtete. Also griff nach dem Telefon, das aus alter Gewohnheit immer in der Nähe meines Bettes lag – um für potenzielle Klienten stets und zügig Tag und Nacht erreichbar zu sein – und meldete mich. „Endlich!“, hörte ich Jo Poschmanns ungeduldige Stimme. „Habe ich dich womöglich geweckt?“ Die Frage klang ein wenig vorwurfsvoll, wie ich fand. Deshalb reagierte ich entsprechend verschnupft und ließ ihn wissen, dass ihn das nichts anging. „Ich muss mit dir reden“, sprach Jo einfach weiter, ohne auf meine Bemerkung direkt einzugehen. „Können wir uns nachher am Moritzplatz im Erkercafé treffen? So gegen 11.00 Uhr?“ „Um was geht’s denn?“, wollte ich wissen. „Ich hab vielleicht einen Job für dich“, erwiderte er. „Aber wenn du keine Zeit hast und ohnehin ausgebucht bist, dann tut’s mir leid, dass ich dich jetzt gestört habe.“ Manche Worte können unglaublich motivierend sein. Dazu gehört auch das Wort Job. Vor allen Dingen bei jemand, der eine weitere Finanzspritze braucht. War Jo etwa derjenige, der dafür sorgen wollte? „Das hast du nicht“, antwortete ich deshalb sofort, und meine Tonlage klang auf einmal ganz anders, während ich weitersprach. „Ich werde pünktlich da sein. Verlass dich drauf.“ „Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann, Frank“, sagte er. „Also dann bis gleich.“ Er beendete das Gespräch, ohne abzuwarten, ob ich noch etwas hatte sagen wollen. Das war im Grunde genommen auch nicht notwendig. Also stand ich rasch auf und ging unter die Dusche. Ich merkte, wie die Müdigkeit allmählich nachließ und ich wieder ganz normal wurde. Bis auf die Tatsache, dass man mir den erhöhten Alkoholkonsum der vergangenen Nacht noch anmerken konnte, wenn man ganz nahe bei mir stand. Ich beschloss, diesen Zustand mit zwei oder drei Pfefferminz fürs Erste zu bekämpfen. Dann zog ich mich an, ließ rasch einen Cappuccino durch die Maschine laufen und trank ihn im Stehen. Anschließend machte ich mich auf den Weg zur Tiefgarage und zu meinem Auto. Der Weg von meiner Wohnung bis zum Moritzplatz war nicht sonderlich weit. Normalerweise hätte ich diese Strecke auch in einer guten halben Stunde zu Fuß zurücklegen können. Aber den Wunsch nach Frischluft wollte ich lieber nicht in ungeahnte Höhen schnellen lassen, sondern zog das Auto vor. Schließlich soll man den neuen Tag nicht mit Hochleistungssport beginnen. Heute jedenfalls schien mich das Pech nicht zu verfolgen. Ich fand in der Nähe vom Zeughaus einen freien Parkplatz, stellte meinen Wagen dort ab und musste dann erkennen, dass mir das nötige Kleingeld fehlte, um einen Parkschein aus dem Automaten zu ziehen. Ich schaute kurz nach links und rechts, sah aber niemanden in der Nähe, der so aussah, als würde er Strafzettel verteilen, und beschloss, dieses Risiko dennoch einzugehen. Seit ich hier in Augsburg lebe – und das sind jetzt immerhin schon fünf Jahre – habe ich niemals einen Strafzettel für falsches Parken bekommen, und deshalb hoffte ich, dass das Glück auch diesmal wieder auf meiner Seite war. Ich ging an der Moritzkirche vorbei in Richtung Erkercafé und hatte nur wenige Minuten später mein Ziel erreicht. Über eine schmale gewundene Treppe ging ich nach oben in den kleinen Gastraum, der nur wenige Sitzmöglichkeiten bot. Von hier aus hatte man einen schönen Ausblick in Richtung Rathausplatz – das wussten aber nur die wenigsten Gäste. Denn die saßen lieber draußen oder holten sich einfach nur ein Eis auf ihrer Shopping-Tour durch die Stadt. Jo Poschmann war schon da. Er saß ganz links an einem Ecktisch und war bis jetzt der einzige Gast. Umso besser, dachte ich, als ich ihm zuwinkte und dann zu ihm herüberging. „Wartest du schon lange?“, fragte ich ihn, während ich ihm gegenüber Platz nahm. „Nein, ich bin auch erst vor fünf Minuten gekommen“, erwiderte er. „Schau dir die Karte und die Auswahl mal an. Du bist eingeladen heute.“ „Wie komme ich denn zu der Ehre?“, fragte ich sichtlich überrascht. Obwohl es mir insgeheim natürlich recht war, dass Jo sich heute als so spendabel erwies. In meiner finanziell immer noch angespannten Lage war das mehr als hilfreich. „Wie ich schon am Telefon sagte, hätte ich vielleicht einen Job für dich, Frank“, rückte Jo nun mit seinem Anliegen heraus. „Ich selbst kann das nicht machen. Du aber schon.“ „Und was ist das genau? Soll ich deinen Chefredakteur überwachen und ihm nachweisen, dass er fremdgeht?“ „Nein“, schmunzelte Jo. „Es hat was mit der Sache vor drei Tagen zu tun. Der Vorfall am Hotelturm …“ Jetzt wurde ich auf einmal doch neugieriger, als ich es selbst zugeben wollte. Aber ich musste trotzdem abwarten, weil in diesem Moment die Bedienung kam und nach unseren Wünschen fragte. Da Jo mich eingeladen hatte, erinnerte ich mich wieder daran, dass ich heute noch kein Frühstück zu mir genommen hatte. Somit ein idealer Zeitpunkt, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, und das tat ich dann auch. Ich entschied mich für einen Café au Lait und dazu eine belgische Waffel mit möglichst viel Sahne und ein paar Erdbeeren dazu. Das Ganze garniert mit zwei Kugeln Vanilleeis. „Jetzt rück schon raus mit dem, was du weißt“, forderte ich Jo auf, nachdem die Bedienung wieder gegangen war. „Hast du zwischenzeitlich über die Sache etwas herausgefunden?“ „Ja und nein“, lautete Jos ausweichende Antwort. „Die Polizei erwies sich als ausgesprochen unkooperativ, wenn du verstehst, was ich meine. Bei Selbstmorden dieser Art darf möglichst wenig nach außen treten. Sonst könnte unter Umständen noch jemand anderes auf den Gedanken kommen, sich auf diese Weise von der Welt zu verabschieden. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass dort sowas passiert ist …“ „Ach ja?“ Jo klärte mich daraufhin entsprechend auf und ließ mich wissen, dass es vor mehr als sieben Jahren schon einmal einen solchen Vorfall gegeben hatte. „Ich kenne Leute wie Hauptkommissar Brandner“, meinte Jo. „Die haben natürlich Anweisungen von ganz oben, die Sache möglichst nicht publik werden zu lassen. Aber dann müssen die erst einmal dafür sorgen, dass deren eigene Kanäle dichthalten. Es gibt immer Informanten, die uns solche Nachrichten zuspielen. Deshalb kam ich auch relativ schnell an den Ort des Geschehens.“ „Was weißt du sonst noch?“, fragte ich Jo. „Hat dir die Polizei denn überhaupt was gesagt? Ich kann mir gut vorstellen, dass dich Brandner hat abblitzen lassen.“ „Hat er auch“, bestätigte Jo meine Vermutung. „Aber ich wäre nicht Journalist mit Leib und Seele, wenn ich keine anderen Kanäle hätte, um das in Erfahrung zu bringen, was ich wissen will.“ „Spann mich bitte nicht länger auf die Folter als unbedingt nötig“, verlangte ich von ihm. „Reden wir übers Geschäftliche. Deshalb bin ich schließlich hier.“ Dazu kam es aber nicht gleich, denn in diesem Moment kam die Bedienung und brachte das, was wir bestellt hatten. Mein Hunger meldete sich unüberhörbar zu Wort, und diesem Verlangen konnte ich nicht widerstehen. Deshalb aß ich zunächst einen Teil der Waffel mit Eis und nahm einen Schluck von dem Café au Lait zu mir. Jo dagegen hatte nur einen normalen Kaffee vor sich stehen und wartete geduldig ab, bis ich meinen Heißhunger wenigstens zum Teil gestillt hatte. „Bist du jetzt wieder aufnahmefähig?“, fragte er mich in einem vorwurfsvollen Tonfall, als hätte er einen halb verhungerten Menschen vor sich sitzen, den man erst einmal wieder vernünftig aufpäppeln musste. „Immer“,...