E-Book, Deutsch, 182 Seiten
Wallace In den Tod geschickt
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-1049-4
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 182 Seiten
ISBN: 978-3-8496-1049-4
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Schmugglerkönig Tony Perelli bekam Besuch in seinem Dachgarten hoch über den Lichtern von Chicago. Einer seiner Leute beschwerte sich darüber, dass man seinen Freund liquidiert hat. Die Folge: eine Hinrichtung - ein Polizeieinsatz - Maschinengewehrsalven am Stadtrand und mindestens ein Toter mehr als geplant ... (Zitat aus www.krimi-couch.de)
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6
Tony Perelli dachte sehr viel über seinen neuen Mann nach. Jimmy war ihm irgendwie sympathisch, soweit ihm überhaupt irgend jemand sympathisch sein konnte. Dauernd überlegte er, welchen Platz er ihm in seiner Organisation anweisen könnte; leider schien vorerst keine Stellung für ihn zu passen. Für einen Unterhändler besaß er nicht die nötigen Kenntnisse und auch nicht die nötige Ruhe. Sicher würde er nie etwas verraten, aber ebensowenig war er wohl dazu fähig, jemand aus dem Weg zu räumen.
Am besten schien Jimmy am Platz zu sein, wenn er in Tonys Wohnung Minn Lee aufmerksam zuhörte. Offensichtlich war er in sie verliebt, aber Tony kümmerte sich nicht viel darum. Er sah es fast als ein Kompliment an, daß ein Mann mit Universitätsbildung den gleichen Geschmack hatte wie er selbst.
Auch Kelly interessierte sich für den jungen Mann, und das war in gewisser Weise nicht angenehm. Tony unterschätzte diesen klugen Beamten durchaus nicht, der kaltblütig, schlau und rücksichtslos vorgehen konnte. Daß Kelly eigentlich einen sehr menschenfreundlichen Charakter hatte, ahnten nur wenige Menschen.
Meistens erschien er unerwartet auf der Bildfläche. So kam er auch eines Nachmittags in Tonys Wohnung und unterhielt sich dort mit dem Hausherrn und mit Minn Lee, die er recht gern hatte.
"Sie führen jetzt ein recht glückliches Leben, Minn Lee?" fragte er.
Tony grinste.
"Und ob! Ihr Leben hat ja erst begonnen, als sie zu mir kam!"
"Und wann wird sie sterben?" entgegnete Kelly, der Minn Lee unverwandt ansah.
Tony verzog das Gesicht. Er, dessen Leben ständig bedroht war, fand es sehr unbehaglich, wenn über den Tod einer ihm nahestehenden Person geredet wurde.
"Wer ist denn eigentlich dieser junge Mann, den man jetzt dauernd in Begleitung Ihrer Leute sieht?" wechselte Kelly das Thema.
Tony spielte den Überraschten.
"Ich verstehe nicht ..."
"Sie verstehen sehr gut – ich meine Mr. McGrath."
"Ach so, Jimmy!" Tony lächelte nachsichtig. "Er ist ein Freund von einem Bekannten und kommt aus New York, um sich unsere Stadt anzusehen."
"Wäre es nicht einfacher gewesen, wenn er in New York geblieben wäre und brieflichen Fernunterricht genommen hätte, wie man einen Mord begeht?"
Tony schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
"Ein gräßliches Wort – Mord! Manchmal könnte ich fast Angst bekommen; aber dann fällt mir wieder ein, daß ja mein guter Freund Mr. Kelly im Polizeipräsidium sitzt und dafür sorgt, daß alle Verbrecher auf den elektrischen Stuhl kommen."
"Ein beruhigendes Gefühl für mich, für Ihren ruhigen Schlaf zu sorgen", erwiderte Kelly und wiederholte dann seine Frage nach Jimmys Tun und Treiben.
"Ich weiß selbst nicht, was ich mit ihm tun soll. Er stammt aus einer vornehmen Familie und eignet sich eigentlich nicht richtig für unsere Organisation. Vielleicht kann ich ihm einen Posten in Kanada geben."
"Ist er der Nachfolger Vinsettis?" Kelly nahm kein Blatt vor den Mund. "Ich war schon neugierig, wen Sie als Ersatz wählen würden, nachdem Sie Vinsetti erschossen haben."
Mr. Perelli war empört.
"Nachdem ich Vinsetti erschossen habe?" wiederholte er aufgebracht. "Wie kommen Sie denn darauf? Ich werde doch nicht Vinsetti, meinen besten Freund, erschießen! Wenn Sie meine Meinung wissen wollen, dann kann ich Ihnen nur sagen, daß ihn Tom Feeneys Leute auf dem Gewissen haben. Und vor allem dieser verdammte Shaun O'Donnell steckte dahinter!"
Kelly wußte längst, daß die Rivalität der beiden Schmuggelorganisationen sich in der letzten Zeit erheblich verstärkt hatte. Er vermutete auch, daß es noch zu bösen Zwischenfällen kommen würde. Feeney war der einzige Bandenführer, der es noch einigermaßen mit Perelli aufnehmen konnte, und es war klar, daß Perelli das ein Dorn im Auge war.
Perelli versuchte, mit Shaun O'Donnell Verbindung aufzunehmen, denn zu seinen Gunsten muß gesagt werden, daß er Frieden haben wollte. Sinnloses Blutvergießen war ihm zuwider, und er hätte gern einen hohen Preis dafür gezahlt, wenn ihn seine Gegner in Ruhe hätten arbeiten lassen. Verbindung mit Shaun herzustellen gelang ihm allerdings vorerst nicht. Dem war zu gut bekannt, daß Tony eines Abends Emilio Moretti mit der einen Hand begrüßt und mit der anderen rücksichtslos niedergeknallt hatte.
Gegen kleinere Banden war Tony von jeher ohne Hemmungen vorgegangen. Er hatte sie weggewischt, wie die Fliegen von der Wand. Tom Feeney aber war ein Brocken, mit dem auch er nicht so schnell fertig wurde.
Perelli bemühte sich also, zu unterhandeln. Jimmy erhielt den Auftrag, mit Shaun O'Donnell zu reden, und traf sich mit ihm beim Mittagessen. Shaun mochte den Jungen recht gern, wenn er auch heimlich über seine Naivität lachte. Keinesfalls sah er eine Gefahr in ihm.
Er hörte ernst zu, als Jimmy möglichst diplomatisch das Terrain zu sondieren versuchte. Dann schüttelte er den Kopf.
"Unmöglich, mein Junge. Tony und mich bringen Sie nicht unter einen Hut."
"Aber ich versichere Ihnen, daß Tony die Schwierigkeiten zwischen den beiden Organisationen aus der Welt schaffen will."
Shaun sah ihn von der Seite an.
"Wenn Sie damit zum Ausdruck bringen wollen, daß er mich auf möglichst gefahrlose Weise umbringen will, können Sie recht haben. Nein, nein, kümmern Sie sich nicht weiter um die Sache. Sie passen sowieso nicht richtig hierher. – Übrigens können Sie Con O'Hara ausrichten, daß er seine Frau von Tony Perelli fernhalten soll. Abgesehen davon ist Con sowieso der nächste, der ins Gras beißen muß, wir haben schon ein Kreuz hinter seinen Namen gemacht."
Er sah Jimmy fast mitleidig an.
"Verschwinden Sie doch aus Chicago", fuhr er dann fort. "Es wäre viel besser, wenn Sie wieder zu Mama gingen."
Jimmy schüttelte den Kopf. Was auch sein Schicksal sein mochte, Minn Lee war das Risiko wert, hierzubleiben. Von Tag zu Tag machte sie tieferen Eindruck auf ihn und beeinflußte ihn immer mehr.
*
Als Jimmy eines Tages in einem der vornehmsten Hotels in Chicago Tee trank, kam Con O'Hara strahlend auf ihn zu. Er war ein lauter, brutaler Mensch, der viel prahlte, aber trotzdem einen gewissen Sinn für Humor besaß.
"Darf ich Ihnen meine Frau vorstellen, Jimmy ...?"
Der junge Mann sah Mrs. O'Hara erstaunt an. Sie war verhältnismäßig groß, blond und schlank, mit klaren braunen Kinderaugen in einem Madonnengesicht. Ihre Lippen waren sehr rot, und sie wirkte äußerst attraktiv.
"Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. McGrath", sagte sie. "Habe schon viel von Ihnen gehört."
Er wünschte fast, daß sie nicht gesprochen hätte, denn ihre sehr gewöhnliche, nachlässige Redeweise paßte ganz und gar nicht zu ihrem Aussehen.
Mary betrachtete Jimmy eingehend und mit offensichtlichem Wohlwollen. Er merkte, daß er ihr gefiel, ohne daß sie sich deshalb besonders für ihn interessierte. Von Con hatte sie schon viel über Jimmy gehört und begegnete ihm deshalb auch nicht mit dem Respekt, den sie ihm entgegengebracht hätte, wenn sie ihn für ein wichtiges Mitglied der Organisation gehalten hätte. Auf jeden Fall trug ihr Benehmen dazu bei, daß Jimmy bald bezahlte und sich verabschiedete.
Als er das Hotel verließ, stieß er unerwartet auf Tony Perelli, der zum Michigan Boulevard ging. Er hatte vier seiner Leute bei sich; zwei gingen vor und zwei hinter ihm. Jimmy vermutete mit Recht, daß auf der anderen Straßenseite ebenfalls vier seiner Leute sich in gleicher Höhe mit ihm hielten. Perelli machte häufig derartige Exkursionen zu Fuß; meistens um irgendwelche kleineren Besorgungen zu erledigen und sich dabei die nötige körperliche Bewegung zu verschaffen.
Jimmy wußte, daß Perelli es nicht liebte, wenn man ihn auf der Straße begrüßte; er folgte deshalb dem...




