E-Book, Deutsch, 552 Seiten
ISBN: 978-3-7534-7121-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Bereits im Alter von sechzehn Jahren begann Uwe Wagner seine ersten Geschichten niederzu-schreiben. Sein Interesse an Physik und Raumfahrt konnte so mühelos die fließenden Grenzen zur Phantasie überwinden. Doch wie so oft im Leben gerät manches aus dem Fokus, wenn im Studium und im Beruf wis-senschaftliche Nüchternheit, Realismus und die Konzentration auf Mögliches die volle Auf-merksamkeit in Anspruch nehmen. Die Erlebnisse in und die Freude an der eigenen Familie waren dann der Auslöser sich erneut dem Schreiben von Belletristik zuzuwenden, und zwar zu einer Zeit, in der sich andere fatalis-tisch der Midlife-crisis ergeben. Mit seinem Erstlingswerk Et respice finem! hat er nicht nur einen reizvollen Zweig des Science-Fiction neu belebt und einen der faszinierendsten Aspekte der Physik zum Spielball abenteuerli-cher Gedanken gemacht, sondern bereits auch eine neue Phantasiewelt von herzerfrischender Realität erschaffen. Auch in der nachfolgend erschienen Reihe Emigra 3000 knüpft er wieder an jene Phänomene an. Wiederum gelingt es ihm die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zu verwischen und zugleich bekannte Strukturen und Charaktere auf angenehme Art neu zu beleben und auf diese Weise die Familiengeschichte auf ungeahnte Weise fortzuführen und sogar mit den Elementen der Fantasyliteratur zu verbinden. Diesem Stil bleibt der Autor auch in seinem jüngsten Werk Kaira Saltiem und das Vermächtnis der Templer treu. Diesmal wendet er sich vornehmlich an eine jüngere Leserschaft. Doch wer sagt denn, dass wir im fortgeschrittenen Alter uns nicht noch gern an die erste Liebe und die, aus der Perspektive der Jugend gesehen, schier unbegrenzten Möglichkeiten erinnern? Schon drängt sich die Frage auf, mit welchem Abenteuer es mit Kaira weitergeht.
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Prolog
Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt. „Vielen Dank, Tanja. Wir brauchen Sie heute Abend nicht mehr.“ Die alte Dame lächelte verständnisvoll. „Nehmen Sie sich doch einfach den Abend frei.“ „Oh, vielen Dank, Frau von Zwietlow“, erwiderte Tanja. „Falls Sie doch noch einen Wunsch haben sollten, erreichen Sie mich auf meinem Handy.“ Doch die Tür wurde bereits geschlossen und Tanja wusste nicht, ob ihr Angebot überhaupt wahrgenommen worden war. ‚Alte, scheinheilige Ziege‘, ging es ihr durch den Kopf als sie auf dem Absatz kehrt machte, um ihr eigenes Zimmer aufzusuchen. Das befand sich, wie es stets in herrschaftlichen Häusern üblich gewesen war, ganz oben, direkt unter dem Dachfirst. Eine Kammer für Dienstboten. Dabei war ihre Position, hier in dieser alten Burg, mit dem hochtrabenden Begriff Hausverwalterin tituliert worden. Ha! - Einen Dreck bedeutete das. Ein besserer Sklave, das war sie für diese alte Hexe. Ja, Hexe. Denn seit einiger Zeit geschahen seltsame Dinge im Haus. Oder wäre es richtiger zu sagen, dass einige Dinge eben nicht geschahen und dass dies seltsam war? Jedenfalls hatte Tanja seit einiger Zeit das Gefühl, dass sie zwar eine Menge Leute kommen, aber nicht mehr gehen sah. Doch wo sollten die geblieben sein? Sie wusste, dass es einen kleinen seitlichen Ausgang in der äußeren Mauer gab, zu dem man durch den Weinkeller gelangte. Diese Tür hatte selbst dieser Bengel aus dem Dorf entdeckt. Unglaublich! Sie mochte gar nicht daran denken, wo der Bursche überall herumgeschnüffelt haben musste. Es fehlte ihr bloß noch, dass der mit seinem Anfängerglück noch vor ihr den Stein fand. Doch der Bursche würde so schnell nicht wiederkommen, dafür hatte sie gründlich gesorgt. Trotzdem hatte sie diesen Ausgang fortan und stets im Blick gehabt. Deshalb war sie sich sicher, dass die geheimnisvollen Besucher die Burg auch auf diesem Wege nicht verlassen hatten. Gab es doch noch einen weiteren geheimen Zugang zur Burg? Möglich wäre das durchaus. Schließlich hatten Burgherren in früheren Zeiten stets vorgesorgt, wenn es darum ging sich heimlich davonschleichen zu können. Im Innern des Hauses hatte Tanja einige dieser geheimen Verbindungsgänge bereits entdeckt. So existierte eine Wendeltreppe, zu der man durch den großen Kamin im Saal gelangte, wenn man wusste wie. Ganz offensichtlich hatte die einer der früheren Burgherren erbauen lassen, damit er heimlich die Schlafgemächer einiger Konkubinen aufsuchen konnte. Für Tanja hatte sich damit die Gelegenheit ergeben, einige Gespräche der alten Dame, die von der Existenz dieser Gänge nichts zu ahnen schien, zu belauschen. Allerdings war das bislang nie sehr ergiebig gewesen, wenn man davon absah, dass Tanja auf diese Weise in Erfahrung bringen konnte, dass auch Frau von Zwietlow von dem legendären, hier versteckten Schatz wusste. Allerdings schien die sich nicht viel daraus zu machen. Naja, Geld hatte die alte Dame wohl mehr als genug, denn sämtliche Renovierungsarbeiten an der Burg sowie alle weiteren Anschaffungen und Besorgungen beglich sie stets aus ihrem eigenen Fundus ohne mit der Wimper zu zucken. Kredite brauchte sie ganz offensichtlich nicht. Daher fand es Tanja auch nicht verwunderlich, dass Frau von Zwietlow bei jeder Gelegenheit beteuerte, dass sie sehr wohl von dem sagenumwobenen Edelstein, der irgendwann den Namen Licht der Königin erhalten hatte, wusste, aber nicht sonderlich daran interessiert war. Für Tanja war dieser Stein jedoch von höchstem Interesse. Er war auch der Grund, weshalb sie sich überhaupt um diese Stelle bemüht hatte und weswegen sie es noch immer in dieser Hölle aushielt. Oh, wie sie das hasste herumkommandiert zu werden. Ein Seufzer entrang sich ihrer Brust. - Doch bald, bald würde sie den Schatz oder zumindest den Stein gefunden haben und dann konnte die alte Schachtel von ihr aus hier verschmachten. Aber bis dahin blieb ihr nichts anderes übrig als das üble Spiel mitzuspielen. Sie hatte es denn auch gewissenhaft getan und sogar darauf gehofft, im Testament bedacht zu werden. Immerhin schien Frau von Zwietlow die Achtzig längst hinter sich gelassen zu haben und das Alter schien wirklich nicht spurlos an ihr vorübergegangen zu sein. Doch im Gespräch mit dem Notar, das Tanja natürlich mitbekam, hatte die alte Hexe alles ihrem Neffen hinterlassen, obwohl sie ihn stets als Nichtsnutz bezeichnete. Undankbarkeit war eben der Welt Lohn. Nein, Tanja musste die Dinge wieder einmal selbst in die Hand nehmen. Deshalb hielt sie sich auch gar nicht lange in ihrer Kammer auf, sondern setzte ihre Suche nach dem Stein fort. Dabei ging sie inzwischen systematisch vor. Sie durchsuchte Raum für Raum in diesem alten Gemäuer, auch die geheim gehaltenen. Denn an jenen Orten, an den ihrer Vermutung nach ein solcher Stein sicher verwahrt und verborgen war, hatte sie nichts gefunden. „Die ersten zwanzig Verstecke, die dir einfallen, kannst du gleich wieder vergessen“, hörte sie den alten Ben im Geiste sagen. „Auf die kommt jeder.“ Und Ben musste es wissen. War er nicht lange Zeit beim Geheimdienst gewesen? Oder war das auch wieder nur eine der Geschichten, die er gerne allen erzählte? Es war Tanja letztendlich auch einerlei. Der Logik in der Aussage konnte sie jedenfalls folgen. Also musste sie ihre Suche Raum für Raum auf eine andere Art intensivieren. Und das tat sie. Auch heute. Da sie jedoch nicht alleine im Haus war und nicht von der Burgherrin bei ihrer Suche überrascht werden wollte, wäre jetzt wieder einer jener Räume an der Reihe, in die sich so schnell niemand verirrte, vor allem nicht Frau von Zwietlow. Dachte sie zumindest. Daher war Tanja überrascht als sie, wenn auch gedämpft, die wohlbekannte Stimme der Burgherrin vernahm. Daher blieb sie im Gang vor dem geheimen Zugang zum Raum stehen und lauschte. „Nein, meine Liebe, das halte ich nicht für eine gute Idee.“ „Wieso nicht? Was soll schon groß passieren?“, vernahm Tanja die Frage der Besucherin, die seit ein paar Tagen hier in der Burg logierte. Wenn sie sich nicht täuschte, dann musste es die zierliche Frau mit den hochgesteckten dunklen Haaren sein. Tanja vermutete, dass es sich bei ihr um eine Spanierin oder Italienerin handelte und war daher verwundert, dass sie akzentfrei sprach. Das war ihr bei der Begrüßung der beiden Frauen schon aufgefallen. Die Begleiterin, eine schlanke Blondine, die mit ihren Kurven die Männer sicher scharenweise dazu brachte sich ihre Hälse nach ihr zu verrenken, hatte nur gelächelt und keinen Ton gesagt. Aber Tanja war inzwischen die seltsamsten Besucher gewöhnt. „Du weißt doch genau, dass es nur in eine Richtung funktioniert.“ „Nicht ganz …“ „Oh doch!“, unterbrach Frau von Zwietlow sie barsch. „Willst du deine Tochter solange allein lassen, bis du es gefunden hast?“ Tanja horchte auf. Gefunden? Sprachen die von dem Schatz? Kein Wunder also, dass die alte Hexe sie fortgeschickt hatte. Wie gut war es doch, dass sie sich heute Abend noch auf ihre eigene Suche begeben hatte. Manchmal war der Zufall doch auf ihrer Seite. „Nein, natürlich nicht. Aber wir wären ja zu zweit.“ „Papperlapapp.“ Tanja sah die Alte im Geiste vor sich wie sie mit einer herrischen Geste alle Gegenargumente vom Tisch wischte. „Das heißt überhaupt nichts.“ „Außerdem habe ich es schon einmal hinbekommen.“ „Eben.“ „Ja eben.“ „Du verstehst mich nicht. Einmal. Eben nur einmal und seitdem nicht mehr.“ Wovon sprachen die? So langsam konnte Tanja sich keinen Reim mehr darauf machen. Aber es ging auf jeden Fall um etwas Geheimnisvolles, etwas, dass niemand, sie selbst eingeschlossen, wissen sollte. Soviel war klar. Schweigen trat ein und Tanja hielt unwillkürlich den Atem an, so als könnten die drei sie sonst entdecken. Vielleicht war das wirklich der Fall, denn in der Regel war der Zugang zu den Zimmern durch eine lose Wandvertäfelung oder durch die Rückwand eines alten Schranks verborgen. Die konnten stets mit einem raschen Griff entfernt werden und wenn sie das jetzt taten, säße sie ganz schön tief in der Patsche. Ihr Herz schlug ihr plötzlich bis zum Hals und der kalte Schweiß brach ihr aus. „Aber es hat geklappt“, hörte Tanja die Dunkelhaarige sagen. „Und wenn nicht? Wer soll dir helfen? Ich kann es nicht und deine Tochter ist noch zu jung.“ „Das weiß ich.“ „Außerdem wissen wir nicht, ob sie überhaupt eingeweiht werden kann. Schließlich hat sie ja nur die Hälfte von dir.“ „Jaja.“ „Also?“ Das sah Frau von Zwietlow gar nicht ähnlich. Wollte sie eine Entscheidung etwa jemand anderem, vielleicht sogar der jungen Frau, überlassen? „Ich muss es tun“, verkündete die dann auch bestimmt. „Wie du meinst.“ „Ja“, kam es zur Bekräftigung. „Und ich weiß, dass sie es versteht.“ „Da werden wir wohl nie einer...