Wagner | Frau Holle | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 95 Seiten

Wagner Frau Holle

Gedichte und Geschichten zur verhüllten Göttin
307. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8190-6881-2
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Gedichte und Geschichten zur verhüllten Göttin

E-Book, Deutsch, 95 Seiten

ISBN: 978-3-8190-6881-2
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Frau Holle kennen wir aus Kindertagen als die alte Frau mit den großen Zähnen aus dem Märchen, die im himmlischen Haus für Schnee und das Wetter sorgt. Doch wer ist sie? Sie geht zurück auf die alte Muttergöttin Frigg unserer Vorfahren, die den Beinamen Hulla, die Huldreiche trug. In diesem Buch wird gezeigt, dass sie in Märchen und Sagen die Erbin fast aller Göttinnen der alten Zeit ist: sie hütet die Apfelbäume, die einst Iduna gehörten, sie wacht über Geburt und Tod wie Frigg und Hel, sie sorgt sich um die Fruchtbarkeit des Landes wie Freya, sie gibt Arbeit und Essen, Lohn und Strafe, Segen und Fluch und webt darin Schicksalhaftes wie einst die Nornen. Sie ist unter verschiedenen Namen und Nuancen bekannt: als Frau Frigg in Brandenburg, Frau Holle in Mitteldeutschland, Frau Gode in Mecklenburg, Frau Berchta im süddeutschen Raum, Frau Herke im Westen u.a.m. In Gedichten und Geschichten präsentieren wir den Geist dieser Sagengestalt, die viel vom alten vorchristlichen Erbe für uns bewahrt hat.

Studium der Theologie und Philosophie in Tübingen, Jerusalem, Hamburg Zen-Training Promotion über 'Gelassenheit' bei Meister Eckhart und Martin Heidegger Arbeit als Evang. Pfarrer und Kursleiter
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II ELEMENTE VORCHRISTLICHER SPIRITUALITÄT


Dunkle Schatten


Unsere germanischen Vorfahren waren keine Naturmystiker und schon gar keine Pazifisten. Sie waren äußerst kriegerisch, auf Ehre aus und mit der Rache schnell bei der Hand. Vor allem bekriegten sich die Stämme untereinander. Die offiziellen Zeremonien waren geprägt von blutigen Tier- und Menschenopfern. Den berühmten Seidr, ihren Zauber praktizierten sie beileibe nicht nur zur Heilung und zum Segen. Zur Zeit des Kaisers Augustus erzählte man über den dänischen König Frodidass er eine Seidhkona (Magierin) beauftragt habe, um seine Neffen aufzuspüren und zu töten, die ihrerseits zuvor eine Seidhkona beauftragt hatten, den rechtmässigen König zu töten und sich seitdem verstecken mussten. Die Seidhkona ist natürlich in der Lage, die Neffen aufzupüren, verrät aber deren Aufenthaltsort nicht, weil sie zuvor bestochen wurde und redet sich mit einer feindlichen magischen Attacke heraus, die sie gehindert habe, die Neffen aufzufinden.

Damit müssen wir uns in den Holle-Geschichten nicht mehr auseinandersetzen. Sie zeigen zwar noch etwas von der Härte und Unerbittlichkeit des alten Mythos und Ethos, aber das Christentum hat durch seine Betonung der Liebe und des Herzens hier vieles abgemildert und transformiert (Mk 12/28-34).

er wurde mehr und mehr weisheitlich durchdrungen und sicher auch durch den Einfluss des Christentums gemildert. Insbesondere wird dies dort sichtbar, wo zu sprechen und zu handeln beginnt.

Heller Schein


Es lassen sich an der Holle-Gestalt einige Grundlinien jener alten Spiritualität zeigen, die heilvoll waren und sind. Sie fand nicht in Gotteshäusern statt, sondern im Alltag und war in den Jahreskreis eingebunden. Es hebt sich von der jüdisch-christlichen Tradition hebt Folgendes deutlich ab:

  • - die Bedeutung des Schicksals für den Menschen, das er annehmen muss und mit dem er sich auseinanderzusetzen hat. Dieses begegnet ihm manchmal sehr direkt, z.B. in der Frau ‚mit der Spindel‘. Das kann natürlich auch jeder andere Mensch sein, durch den wir auf eine innere Probe gestellt werden
  • - die grundlegende Bedeutung der Arbeit, die uns von der Natur aufgetragen und zugemutet wird. Faulheit und Bequemlichkeit werden nicht geduldet. Was zu tun ist, wird sogleich erledigt, Fleiß und Zuverlässigkeit werden verlangt
  • - Die Göttin der Huld, die auch vom Menschen verlangt, dass er freundlich und mitfühlend mit den Wesen ist; Pflanzen und Tiere werden geschätzt und geachtet
  • - die Magie: Wunder, Zauber und Orakel sind ein Teil des Lebens. Man lebte damit ebenso wie mit den Naturgeistern, den Göttern und den Ahnen.
    Die alte schamanische Geistarbeit hat sich in allen Kulturen erhalten, nur mit anderen Namen. Magier und Zauberer nannte man sie bei uns, von prophetischen Zeichen spricht das Alte Testament, vom Wirken des Heiligen Geistes das Neue.
  • - die geistige Welt: sie ist vielgestaltig und an kraftvollen Stellen in der Natur auch spürbar. Dort waren die heiligen Plätze und Kultstätten, nicht in steinernen Gotteshäusern oder Tempeln. Die Anderswelt ist keine völlig jenseitige und unzugängliche Himmelswelt wie im Christentum, wo ein dreifaltiges Wesen eine Alleinherrschaft ausübt und einen ausschließlichen Anspruch auf Wahrheit und Wirklichkeit erhebt. Sie ist in ihren drei Dimensionen in einem anderen Bewusstseinszustand durchaus erlebbar und zugänglich. Manchmal geschieht dies sogar durch außergewöhnliche Erlebnisse im Alltag
  • - dass Mann und Frau ihre gesellschaftlichen, aber auch ihre spirituellen Gaben und Aufgaben haben. Auch die Göttin hat andere Schwerpunkte als der Göttervater und beide agieren getrennt. Doch von einer Unterordnung der Frau wie im Alten oder Neuen Testament kann nicht die Rede sein
  • - das Verhältnis Gott-Mensch ist keine Liebesbeziehung. Der Mensch weiß um die Götter, er achtet und ehrt sie, er bittet sie und bringt ihnen Opfer dar – wie auch den Ahnen. Er dankt ihnen meist damit, dass er die Gabe nutzt und etwas daraus macht
  • - die heilige Zeit, das sind vor allem die Rauhnächte, die ‚Zwölften‘. Sie haben besondere Regeln, die eingehalten werden müssen. Es ist eine Zeit der Durchlässigkeit zwischen dieser und der anderen Welt, aber auch eine Zeit der Gemeinschaft und des Feierns. Dieses wie auch die anderen Feste im Jahr richten sich nach der Natur und den Sternen
  • - das Geben und Nehmen: sie müssen im Ausgleich sein. Wenn der Mensch etwas lassen muss, wird er auch wieder etwas bekommen. Nimmt er etwas, muss er auch wieder etwas geben. Im christlichen Glauben ist das Verhältnis zwischen dem heiligen Gott und dem sündigen Mensch sehr asymetrisch: der Mensch bleibt sein Leben lang ein ‚Kind‘ Gottes‘, das auf Vergebung und die Gnade Gottes angewiesen ist. Was der Gott für ihn getan hat und tut, wiegt immer ungleich schwerer als das, was er tut. So bleibt er in einer lebenslänglichen, ja ewigen Abhängigkeit von seinem Schöpfer und Erlöser.

1. HEILIGE ZEIT

DIE SCHWERE WAHL

Es war in jener heil‘gen Zeit

Die rau und kalt und hoch geweiht

Ein blinder Mann kehrt‘ spät nach Haus

Da zog sein Hund und wollt‘ hinaus

Er hörte wilde Winde weh’n

Er hob den Kopf, konnt‘ plötzlich seh’n

Ein Schiff vom Himmel kam im Licht

Und fuhr, als hätt' es kein Gewicht

Es schwebte sanft herab zur Erd‘

Und landete ganz unversehrt

Mit Elfen, Tieren und der Frau

Der Mann, er wusste schon genau:

‚Frau Holle, rief er, kann Dich seh’n!

So bitte ich, kann's auch gescheh’n,

Dass ich in Zukunft wieder schau?‘

Es sprach zu ihm die hohe Frau:

‚Ich geb' Dir heute diese Wahl:

Schau Glück und Leid ganz ohne Zahl

Ein ganzes langes gutes Jahr -

Du kannst auch, wie heut‘ wunderbar

in dieser Zeit stets bei uns sein‘.

‚Ich nehm‘ das Jahr und gehe heim!‘

Er sprach entschlossen und ganz froh

Die Tiere seufzten irgendwo

"So werde sehend für die Welt,

Doch blind für uns – wie’s Dir gefällt!"

Sie strich mit ihrer sanften Hand

Ihm über’s Auge und entschwand

Sein Hund, der brachte ihn zur Stadt

Kaum kam er zu dem Haus hinab

War’n ihm die Augen aufgetan

Doch blieb zurück ein leiser Gram

WENN STÜRME ÜBER FELDER JAGEN

Wenn Stürme über Felder jagen

Und Eiswind fegt durch Wald und Haus

In solchen harten Wintertagen

Sah man der Götter wilder Braus

Da starben manche arme Seelen

Ob Mann, ob Frau, ob kleines Kind

Manchmal, da konnten sie noch wählen

Doch meistens ging es zu geschwind

Und himmelwärts sind sie gefahren.

So ging ein Bauer einst nach Haus

Mit drei Sack Mehl auf seinem Wagen

Und hielt im Sturm den Weg g'radaus

Die Luft war voll Gebell und Heulen

Frau Frick, die kam ihm in den Sinn

In seiner Angst tat er sich beugen

Warf all sein Mehl ihr‘n Hunden hin

‚Die Tiere‘ haben es gefressen

Der Wind nahm alles, alles mit

Zuhause gab’s nichts mehr zu essen

Und keiner zeigte, was er litt

‚Sind Deine Säcke leer geworden‘

So sprach zu ihm die Ehefrau

‚So wirf sie hin mit deinen Sorgen!‘

Er tat es – und im Morgentau

Da standen sie gefüllt am Hause

Sie staunten über dieses Glück

2. SCHICKSAL UND GERECHTIGKEIT

DER KRUMME LUTZ

Ein Vater hatte einst zwei Söhne

Der eine war gesund und stark

Der andere bekam zumeist nur Häme

Als Krüppel war sein Leben karg

Der Vater starb mit e in e m Erben

Dem ersten gab er Burg und Hof

Dem krummen Lutz blieb das Verderben

Er schlief im Stall und galt als doof

Sein Anteil ward ihm vorenthalten

So ging er in den tiefen Wald

Er konnt‘ nicht länger an sich halten

Und weinte hemmungslos. Doch bald

Da konnte er sich leicht erheben

Er sah ein Mütterchen, das spann

Sie fragte ihn nach dem Ergehen

Und bot ihm ihre Hilfe an

Drei Jahre pflegte er den Garten

Bestellte dieser Frau das Haus

Er konnt‘ noch mal von neuem starten

Gesundete, wurd‘ gradeaus

Dann machten sie sich auf die Reise

Sie wanderten zum hohen Herrn

Die Alte bat den Bruder leise

Auch ihm den Anteil zu gewähr'n

Der Burgherr warf sie aus dem Zimmer

Beschimpfte sie als Lumpenpack

Die Frau nahm ihren Stock: ‚für immer

Gescheh Dir so, wie Du sagst!‘

Sie stieß den Spinnstock in die Linde

Die Vögel flohen furchterregt

Die Burg, der Herr und sein Gesinde

Sie wurden bald hinweggefegt

Das Glück verließ sie allerorten

Die Burg verfiel, der Bruder starb

Das Gold, das konnten sie noch horten

Das nahm er nicht mit in sein Grab

Der Lutz bekam das halbe...



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