E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Vujicic Wenn Gott einen Mann ohne Arme und Beine gebrauchen kann, dann kann er jeden gebrauchen
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7655-7528-0
Verlag: Brunnen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-7655-7528-0
Verlag: Brunnen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nick Vujicic, 1982 ohne Arme und Beine in Brisbane, Australien, geboren, ist ein weltweit bekannter Bestsellerautor, Redner und Motivationstrainer. Er lebt in den USA und ist Präsident der Non-Profit-Organisation 'Life Without Limbs'. Inzwischen ist einer seiner größten Wünsche wahr geworden: Er ist mit seiner Traumfrau, Kanae, verheiratet und hat vier Kinder.
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Kapitel 1
Zum Dienst berufen
Dass ausgerechnet ich Gottes Hände und Füße auf dieser Erde sein sollte, damit hatte ich früher nie und nimmer gerechnet. Obwohl ich in einem gläubigen Elternhaus aufwuchs und mein Vater sogar Laienprediger war, gehörte ich als Teenager eher zu denen, die in der Schule einen großen Bogen um diese „Christen“ machten. Ich wollte cool sein und anderen von Gott zu erzählen – das war alles andere als das.
Ich musste erst lernen, mich selbst und meine Glaubensüberzeugungen anzunehmen, bevor ich mit gutem Gefühl meinen Glauben mit anderen teilen konnte. Nachdem ich Jesus als meinen Erlöser angenommen hatte, war ich noch lange nicht so weit. Ich wollte ja eigentlich Profifußballer werden, aber weil ich so stark tiefergelegt bin, hatten die Ligaverantwortlichen Sorge, dass mich niemand aufhalten kann. Also musste ich einen anderen Beruf ergreifen, um meine Gegner nicht zu übervorteilen.
Als Manchester United also für mich gestorben war, wusste ich erst nicht, was ich nach der Schule mit meinem Leben anfangen sollte. Mein Vater meinte, ich hätte gute Chancen als Buchhalter, und weil mir nichts anderes einfiel, schlug ich diesen Weg ein.
Dass gerade der Glaube Kern meines Berufslebens werden würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Glaube war etwas ganz Persönliches und Intimes für mich. Als Familie gingen wir in die in Keilor Downs im australischen Bundesstaat Victoria. In meinen Erinnerungen sehe ich noch, wie meine Eltern, mein Bruder, meine Schwester und meine ganzen Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen dort zusammentrafen. Gottesdienst hatte etwas sehr Geselliges für mich.
Mein Vater sang Tenor im Kirchenchor, Onkel Ivan Bass. Als Gründer und Laienpastoren saßen sie vorn beim Rest des Chors. Ich als inoffizieller Schlagzeuger gesellte mich zu ihnen. Mit meinem Füßchen klopfte ich den Rhythmus auf einem Gesangbuch als Trommelbehelf. Später bekam ich einen Drumcomputer und schließlich ein Keyboard, das ich mit dem Fuß spielen konnte. Musik machte mir riesigen Spaß und war mit das Schönste am Gottesdienst. Für mich als Kind verband ich Gott mit allem, was mir gut gefiel.
Wenn mein Vater über Gott sprach, dann nicht abstrakt, sondern ganz persönlich. Das nahm ich mir zum Vorbild. Ich redete ständig mit Gott. Er war für mich ganz real, wie ein Familienmitglied oder ein guter Freund. Ich hatte das Gefühl, dass er mich besser kannte als jeder andere. Mit allem konnte ich zu ihm kommen. Er war immer für mich da. Ich sah ihn nicht als Vaterfigur oder als Rachefürst; für mich war er eher ein Mentor und ein alter, weiser Freund.
Ich betete jeden Abend, aber als religiös hätte ich mich nicht bezeichnet. Pastor wollte ich jedenfalls nicht werden. Unsere Familie war eben gläubig. Für mich war Christ sein so ähnlich wie Serbe sein oder Australier. Daran fand ich nichts Besonderes, und ich sah mich vor allem nicht heiliger als andere.
Jahrelang fühlte ich mich schuldig, weil ich wenig „christliche“ Gedanken hatte. Ich erinnere mich da an Victor und Elsie Schlatter, Freunde meiner Eltern, die einen Diavortrag über ihre Arbeit als Missionare in der Wildnis Neuguineas hielten. Sie hatten die Bibel ins Pidgin-Englisch übersetzt und Hunderte Einheimische hatten sich zu Gott bekehrt. Es war für mich schwer zu glauben, dass es Menschen gab, die noch nie von Gott gehört hatten. Ich hatte immer gedacht, er wäre weltweit bekannt. Victors und Elsies Einsatz faszinierte mich. Aber ich muss zugeben, dass mich am meisten die Bilder der nackten Frauen unter den Ureinwohnern beeindruckten. Das war vermutlich nicht im Sinne unserer Bekannten, aber nun ja, ich war nun mal ein ganz normaler Junge. Ich war schon immer recht leicht abzulenken. Zum Beispiel von Miss Isabell, unserer Betreuerin in der Sonntagsschule. Sie hatte kurze blonde Haare, blaue Augen und ein süßes Lächeln. Ich fand sie damals sehr hübsch. Heimlich war ich sogar verknallt in sie.
Ich war kein Heiliger – ganz bestimmt nicht. Wiederholt kaute ich unerlaubterweise Kaugummi im Gottesdienst, und eines Sonntagmorgens verschluckte ich mich kurz vor Gottesdienstbeginn an einem Bonbon. Da wir ganz vorn saßen, konnte die ganze Gemeinde schön beobachten, wie mein Vater mich packte, auf den Kopf stellte und mir auf den Rücken schlug, damit das Bonbon wieder herauskam!
Auf der Suche nach Antworten
Das war nicht das letzte Mal, dass ich in der Kirche gerettet wurde. Normalerweise klopften die ungeduldigen Kinder mit den Füßen auf der Betbank oder trommelten mit den Fingern auf der Lehne. Wenn ich hibbelig wurde, fuhr ich mit meinem kleinen Rollstuhl in die letzte Reihe und rieb meinen Kopf an der Backsteinwand. Verrückt, oder? Jedenfalls war ich eine ganze Zeit lang der Jüngste in der Gemeinde mit einer kahlen Stelle am Kopf.
Ich war nicht nur albern, sondern manchmal auch schwer von Kapee. Als eines Tages ein Junge aus Südamerika in meiner ersten Klasse auftauchte, der Jesus hieß, war ich ziemlich verwirrt.
„Wieso heißt du denn Jesus?“, fragte ich ihn. Sollte nicht das Ende der Welt kommen, wenn Jesus, der Messias, wiederkam?
Ich war ziemlich irritiert, schließlich hatten wir im Kindergottesdienst gelernt, dass am Ende der Zeit der Teufel auftreten und sich als Jesus ausgeben würde. Ich hielt ständig die Augen nach Betrügern offen. Mein armer Klassenkamerad Jesus verstand nicht, wieso ich ihm andauernd wegen seines Namens auf den Zahn fühlte.
Was ich im Kindergottesdienst lernte, nahm ich eben sehr ernst. Als ich sechs oder sieben war, wir hatten gerade die Wiederkunft Christi durchgenommen, träumte ich davon. In meinem Traum war ich gerade bei meinen Großeltern zu Besuch, die gleich um die Ecke von der Kirche wohnten, und ich sah lauter Engel vom Himmel herabkommen und Menschen mit sich nach oben nehmen. Jemand aus meiner Familie wurde „abgeholt“, und ich wartete, aber es kam kein Engel zu mir. Völlig verzweifelt dachte ich: Da wachte ich auf und war doch ziemlich erleichtert!
Ich wollte nicht zurückgelassen werden, also strengte ich mich umso mehr an, ein guter Junge zu sein. Jeden Sonntag fragte uns der Pastor, ob Jesus in unserem Herzen wohnte, und ich rief immer „Ja!“, so laut ich konnte, falls die Engel gerade zuhörten. Man brachte uns bei, dass man als Christ Gott jeden Tag braucht. Ich hatte kein Problem damit zu sagen, dass wir in die Kirche gingen, aber dass man mit seinen nicht christlichen Freunden über Gott sprechen sollte, erklärte uns niemand. Vielmehr sollten wir es für uns behalten und die Leute einfach lieben. Ich kann mich nicht erinnern, öffentlich dafür gebetet zu haben, dass meine Freunde Jesus erlebten und in ihr Leben ließen.
Die einzigen Evangelisten, über die wir sprachen, waren Missionare wie die Schlatters. Victor und Elsie wurden später für mich zu Mentoren. Sie waren die ersten richtigen „Soldaten in Gottes Armee“, die ich kennenlernte. Victor sah aus wie eine Figur aus der Bibel: groß, lange graue Haare und ein grauer Bart, länger als mein Kopf. Bei ihnen klang das Leben als Missionar sehr aufregend. Sie erzählten uns tolle Geschichten über das Leben im Regenwald oder darüber, wie sie vor Leuten fliehen mussten, die gegen Christen waren.
Ich war schwer beeindruckt. Für mich waren die Schlatters Exoten, wie eine Mischung aus Indiana Jones und Billy Graham. Als meine Eltern noch jünger waren, hatten sie überlegt, mit Victor und Elsie als Missionare zu arbeiten. Sie waren sogar auf ihrer Hochzeitsreise nach Neuguinea gefahren, um sich alles anzusehen, aber mein Vater sagte hinterher, es sei ihm zu wild gewesen. Ich habe mir oft vorgestellt, wie unser Leben wohl ausgesehen hätte, wenn sie dort geblieben wären. Heute bin ich froh, dass sie in Melbourne geblieben sind.
Über den Tellerrand
So sind wir nun Botschafter an Christi statt,
denn Gott ermahnt durch uns.
2. Korinther 5,20 (Luther 2017)
Nie im Leben sah ich mich als Missionar. Die Schlatters waren eben besondere Leute, die unter extrem schweren Bedingungen nicht nur überlebten, sondern auch noch in ihrer Arbeit Frucht brachten. Aber immerhin weckten sie in mir den Wunsch, so gut ich konnte, den Armen dieser Welt zu helfen.
Sie warfen ihre Dias an die Wand in unserer Gemeinde, und da sah man lauter nackte Kinder, die anscheinend nur Wurzeln und Insekten zu essen hatten. Wir beteten für sie und schlachteten unsere Sparschweine, damit sie etwas zum Anziehen und zu essen haben konnten. Ich bewunderte Victor und Elsie, weil sie ihr Leben als Botschafter Gottes einsetzten.
Ich war noch ein Teenager, da hörte ich von einem Missionar, dessen Flugzeug mitten in der Wildnis von Papua-Neuguinea abgestürzt war. Er war gefangen genommen worden, konnte aber fliehen. Ich sah ein Interview mit ihm, in dem er erzählte, seine Flucht sei eigentlich unmöglich gewesen, aber Gott habe...




