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E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Voss Wasser


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-940036-86-5
Verlag: Low, Torsten
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-940036-86-5
Verlag: Low, Torsten
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Sommerferien stehen vor der Tür. Am letzten Schultag bringt ein Gewitter den Regen mit, der nicht aufhören will. Das Wasser steigt im norddeutschen Henstedt-Ulzburg an und mit ihm ereignen sich mysteriöse Ereignisse.
Paul, Mark, Dirk, Sasch und Lucie wollen in den Ferien ein neues Baumhaus bauen. Fast keine Kinder mehr und auch noch keine Jugendlichen - so erobern sie die Plätze der 'Großen' und machen dabei eine grausame Entdeckung. Sie wollen Hilfe von den Erwachsenen holen, aber stellen fest, dass ihnen bereits etwas folgt …
Mit dem Wasser kommt das Böse!

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2
Schon um halb Zehn sah Sasch sie auf ihren Rädern in seine Kehre fahren. Er trat aus der Einfahrt seiner Nachbarn auf die Straße und winkte ihnen. »Wir können uns heute nicht bei mir treffen. Mein Alter würde Fragen stellen«, erklärte er, nachdem sie vor ihm zum Stehen gekommen waren. »Kaltz?«, wollte Mark wissen und wischte sich den Regen aus dem Gesicht. Sasch nickte. »Wurde bei euch auch angerufen?«, wollte Sasch wissen und ihre Mienen waren Antwort genug. »Ja, bei mir waren sie sogar da. Der Polizeichef. Gestern Abend noch«, sagte Lucie. »Und ich muss euch allen unbedingt etwas erzählen«, ergänzte sie mit leiser werdender Stimme. »Wie wär´s mit dem Kellereingang bei der Schule?«, schlug Mark vor. »Da ist jetzt niemand, und es ist dort überdacht.« Er deutete mit dem Kopf in die Höhe und meinte den anhaltenden Regen. Mark trug als einziger eine Regenjacke mit Kapuze und war auch der einzige, der noch nicht durchnässt worden war. »Gute Idee! Los dann!«, gab Sasch das Signal zum Aufbruch, holte sein Rad aus der Einfahrt und sie fuhren los.   Gerade waren sie mit ihren Rädern den kleinen Stichweg zum Friedhof eingebogen, als ein Polizeiwagen in die Kehre einbog, langsam an den Einfamilienhäusern vorbeifuhr und vor Saschs Haus hielt.   Der Kellereingang der Schule stand unter Wasser. Wie ein Wasserfall rann es an der grünen Aluminiumfassade des Neubaus hinab, das Abflusssiel und das Straßenablaufgitter direkt an der letzten Stufe waren schon nicht mehr zu erkennen. Sie fuhren zur Turnhalle und stellten sich dort unter den überdachten Eingang, auch wenn man sie dort gut sehen konnte. »Bei dem Wetter wird hier eh kaum jemand langgehen«, mutmaßte Sasch und eröffnete ihren Bandentreff, indem er Lucie zunickte. Lucie holte tief Luft und sammelte sich. Jetzt, wo es soweit war, wusste sie gar nicht, wo sie anfangen sollte. »Gestern Abend hat meine Mutter einen Anruf von Pauls Vater bekommen. Die Polizei hat ihn angerufen. Kaltz war nicht beim Abendessen, nicht auf dem Fußballplatz und auch nicht bei Vincent, da haben seine Eltern die Polizei verständigt. Die haben Kaltz Mutter nach all seinen Bekannten gefragt und dann angefangen, alle anzurufen. Pauls Eltern haben dann von der Bande erzählt …« »So ein Scheiß, Mann! Paul hätte das niemals zugelassen!«, schimpfte Dirk. Alle starrten ihn an. »Bist du behindert!«, fuhr Sasch ihn an. »Kaltz ist weg, verschwunden, vielleicht ist ihm was zugestoßen! Klar müssen Pauls Eltern von uns erzählen!« Dirk starrte wütend in den Regen. Schließlich nickte er. »Ja, ihr habt recht«, gestand er ein. Lucie wartete, bis sich die Aufregung legte und fuhr dann fort. »Na ja, und dann kam der Anruf bei uns. Und kurz darauf stand der Polizeichef, Brünning oder Bruhns …« »Brünning. Polizeihauptmeister und Wachleiter der Polizeistelle«, berichtigte Mark. »… ja, genau der und hat Fragen gestellt. Erst so über Kaltz, ob ich wüsste, wo er sein könne, ob er Probleme oder Ärger hatte, ob er sich in der letzten Zeit anders verhalten hätte, eben so etwas. Dann aber…«, Lucie begann zu flüstern, »… hat er eine Menge Fragen zu unserer Bande gestellt. Wollte wissen, was das für eine Bande ist, wer der Anführer ist und was die anderen so für eine Rolle spielen.« »Das hast du dem doch nicht gesagt, oder?«, regte sich Dirk wieder auf. Lucie sah ihn finster an. »Was glaubst du denn, hä? Natürlich nicht!« Marks bewundernden Blick bemerkte sie nicht, Dirk nickte zufrieden und klopfte ihr auf die Schulter. »Was haben wir damit zu tun?«, fragte Sasch. »Warum will der so viel über uns wissen?« »Keine Ahnung.« Lucie zuckte mit den Schultern, zögerte. »Und ich muss euch noch etwas erzählen«, flüsterte sie. Sasch, Mark und Dirk lauschten gespannt. Lucie erzählte von ihrer vergessenen Tasche, dem Wasser in den Umkleidekabinen, dem wiedergefundenen Foto, dann stockte sie und schauderte. »Ich habe das Foto angesehen und neben Kaltz stand Rieke und hat seine Hand gehalten. Dann verschwand sie ganz langsam, als würde sie sich in Luft auflösen.« Ihre Stimme war brüchig geworden. Mark grinste sie an, er vermutete, Lucie würde sie alle hochnehmen und bestenfalls gleich verraten, dass Kaltz bei ihr übernachtet hatte. Sasch überlegte angestrengt und Dirk wurde schlagartig bleich. »Was grinst du so?« Lucie sah Mark an. »Ich warte noch darauf, dass der Witz kommt«, antwortete dieser. »Der kommt nicht. Echt jetzt!« Marks Grinsen verschwand, er nestelte an dem Reißverschluss seiner Regenjacke. Über Geister, Erscheinungen und Übersinnliches hatten sie sich oft und gerne unterhalten. Bei jeder gemeinsamen Übernachtung in ihrem Baumhaus, beim Zelten im Garten von Marks Großeltern oder nachts auf dem Heuboden bei Lucies Großvater auf dem Bauernhof, immer waren sie zu später Stunde auf dieses Thema zu sprechen gekommen. Eher aus der Absicht heraus, sich gemeinsam gruseln zu können, nie aber in einem wahren Glauben daran. Auch wenn sie sich alle die Existenz von Geistern vorstellen konnten, blieb die Vorstellung doch vage und fern. Konkret mit so einer Sache konfrontiert zu werden, war etwas anderes. Sie wehrten sich dagegen, wollten es nicht glauben. »Bist du dir sicher?«, fragte Sasch. »Ja. Ich träume auch von ihr. Und wenn ich aufwache, glaube ich, sie ist noch da, aber ich kann sie nicht sehen.« »Vielleicht hat das etwas mit der Trennung deiner Eltern zu tun«, wandte Mark ein. »Quatsch! Was soll das damit zu tun haben?«, verteidigte sich Lucie. »Weil du irgendwie traurig bist, Lucie. Geister gibt es nun mal nicht wirklich«, beharrte Mark auf seinem Standpunkt. »Doch!«, widersprach Dirk so entschieden, dass Mark zusammenzuckte. »Ich habe gestern Toto gesehen. In seinem Zimmer. So, wie er wohl direkt nach dem Unfall ausgesehen hat und er hat mit mir geredet.« Dirk zitterte am ganzen Körper, jetzt war es raus. Entweder glaubten sie ihm, oder sie hielten ihn für verrückt. So verrückt, wie Tante Ulla. »Du hast was?!«, rief Mark ungläubig, erinnerte sich an die Krähe an seinem Fenster und ihm wurde unbehaglich. »Was hat Toto gesagt?«, fragten Mark und Sasch zeitgleich. »Das war kein Unfall, Pancho«, schluchzte Dirk, hielt sich ein Nasenloch zu und stieß durch das andere aus. »Dann, ich weiß auch nicht genau, ist er irgendwie verschwunden. Da war nur noch eine Wasserpfütze in seinem Zimmer. Dort, wo er gestanden hatte.« »Sch…, ich glaube das einfach nicht!«, rief Mark und schlug auf seinen Fahrradlenker. »Es war kein Unfall«, flüsterte Lucie und sann der Bedeutung dieses Satzes nach. Ihre Haltung, ihr Gesichtsausdruck, der Ton ihrer Stimme ließ selbst Sasch erschauern. Es war kein Unfall…. Das bedeutete, Toto war umgebracht worden. Eine Erkenntnis, die ihnen allen den Atem raubte. Lucie fühlte sich in ihren Glauben bestätigt, dass auch Rieke nicht verunglückt war. Ihr Gefühl trügte sie nicht. »Geister bleiben entweder an den Orten, wo sie als Lebende gestorben sind oder bis jemand das Verbrechen an ihnen aufgeklärt hat, wenn sie denn umgebracht worden sind«, dachte Sasch laut nach. Die anderen nickten, alle erinnerten sich an die rosafarbenen und grünen EUROPA-Hörspielkassetten, in denen Geister vorkamen. Wie in »Schloss des Graues« zum Beispiel, wo der umtriebige Geist nach seiner lebendig eingemauerten Linda suchte. Mark hatte nächtelang nicht schlafen können und jedes Geräusch im Haus hatte sich nach einem gehauchten ›Linda‹ wie auf der Kassette angehört. »Ich war beim Unfallort. Gestern noch, gleich nachdem Toto mir begegnet ist, aber da habe ich ihn nicht gesehen«, griff Dirk den Gedanken auf. »Warum hat er nicht gesagt, wer es war?«, fragte sich Sasch. »Weil er es nicht weiß«, antwortete Lucie sofort. »Er weiß nicht, wer oder was ihn umgebracht hat«, ergänzte sie. »Okay! Jetzt hört mal zu«, unterbrach Sasch und übernahm die Rolle ihres Anführers. Er fuhr sich mit einer Hand durch das Haar, dachte nach, weil er vergessen hatte, was er sagen wollte. »Also …, Paul geht es gut. Wir können ihn am Dienstag besuchen und vielleicht kann er dann auch schon wieder entscheiden, was zu tun ist. Ich habe mit seinen Eltern telefoniert«, sagte er und wollte doch eigentlich entschieden haben, was sie jetzt tun sollten. Ihre Mienen hellten sich für einen Augenblick auf, als würde die Sonne durch eine Wolkendecke brechen, doch sogleich zog es wieder zu und Lucie wurde ernst. »Wir können aber nicht bis Dienstag warten, Sasch. Vielleicht ist auch Kaltz etwas zugestoßen!«, sagte sie energisch. Wie Rieke, dachte sie im Stillen. Sasch schob seine Ärmel hoch, legte den Kopf in den Nacken und spürte die Last der Verantwortung. Es hatte nie eine Absprache gegeben, dass er Paul ersetzte, aber er folgte einem unausgesprochenen Gesetz. So war es schon immer. Wenn Paul nicht da war, hielt Sasch den Laden zusammen. Bisher waren aber auch noch nie so weitreichenden Ereignisse eingetreten. »Ihr habt recht, wir müssen etwas unternehmen. Ich weiß nicht, habt ihr den Bullen sagen können, wo Kaltz sich aufhält?« Mark zuckte bei dem Wort ›Bullen‹ kurz zusammen, Lucie und er schüttelten den Kopf. »Paul hat am meisten mit Kaltz zu tun«, gab Mark zu bedenken. »Eben. Wenn Kaltz nicht gerade auf dem Bolzi ist. Kaltz verbringt dort doch die meiste Zeit. Mein Alter meinte, vielleicht ist er da mit jemandem mitgegangen, solche Typen gibt es. Aber wenn nicht, habe ich folgenden Vorschlag. Ihr habt doch auch diesen Knall nach dem Training gehört, oder?«, fragte Sasch in die Runde. »Ja, der war...


Vincent Voss ist Vater dreier Kinder und lebt mit seiner Familie glücklich im Norden Hamburgs. Er arbeitet als Geschäftsführer eines »Unternehmens«, das im Sommer Zeitreisen anbietet. In der dunklen Jahreszeit schreibt er und zehrt von den Erfahrungen seines kulturwissenschaftlichen Studiums und seiner unzähligen Jobs. Von ihm sind mehrere Kurzgeschichten, sowie der Roman "Wasser" erschienen.



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